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Disziplinar- und strafrechtliche Vorsorgen bei Auslandseinsätzen

Auf Grund meiner nun mehr als 30-jährigen Erfahrung hinsichtlich des Gesetzesdschungels in dem ein Soldat bzw. ein Beamter lebt, weiß ich; jeder kann in die Mühlen eines Disziplinar- oder Strafverfahrens kommen - auch ohne sich eines Vergehens schuldig gemacht zu haben.
Emotionen, Sprachverwirrung, Missgunst und Unverständnis führen oft zu vorschnellen Verdächtigungen, die sich am Ende in Luft auflösen. Bis dahin jedoch wird ein erhebliches Maß an unnötiger Zeit, Angst und Ärger aufgewendet. Durch die folgenden Ausführungen will ich mithelfen, einige Klarheit in den angesprochenen Bereich zu bringen.

Der Kontingentskommandant ist Disziplinarbehörde

Bei UN-Missionen ist auf Grund des regelmäßig gleichlautenden „Status of Forces Agreement (SOFA)“ zwar grundsätzlich der internationale Kommandant (Force Commander) für Ordnung und Disziplin innerhalb seines Befehlsbereiches verantwortlich, für konkrete Disziplinierungsmaßnahmen muss er sich jedoch zwingend der nationalen Kontingentskommandanten und der nationalen Disziplinarverfahren bedienen. Die dem Force Commander unterstehende internationale Militärpolizei darf Festnahmen vornehmen und hat den Sachverhalt nach den jeweils nationalen Erfordernissen zu erheben, darf selbst aber keine Strafe aussprechen. Theoretisch darf der Force Commander sogar von sich aus, ohne Einvernehmen mit dem Kontingentskommandanten einen Soldaten repatriieren.
Anderes gilt hingegen im Falle von Truppen, die im Rahmen der „Partnership for Peace“-Verträge, unter dem Kommando der NATO stehen. Hier liegt die Verantwortung sowohl für Ordnung und Disziplin, für Sachverhaltserhebungen, als auch für Repatriierungen im alleinigen Bereich des nationalen Kontingentskommandanten. Einem eventuellen Repatriierungsansuchen eines internationalen Kommandanten nachzukommen, gebietet allenfalls die internationale Übung, nicht jedoch eine rechtliche Verpflichtung. Grundsätzlich übt jeder Kontingentskomman-dant die Funktion einer Disziplinarbehörde zweiter bzw. dritter Instanz über den, die Disziplinarstrafbefugnis innehabenden taktischen Kommandanten aus.

Im Falle des Falles: Ruhe bewahren und den genauen Sachverhalt feststellen

Wenn die Emotionen hochgehen, sieht jeder Beteiligte nur seinen Teilaspekt des Sachverhalts. Wichtig ist es daher, dass jeder Betroffene die Ereignisse chronologisch und ohne emotionelle Bewertung so rasch wie möglich schriftlich festhält. Vergessen, verdrängen, gruppendynamische Prozesse, Gefühle und später dazugekommene Informationen verändern die Erinnerung und machen die genaue Rekonstruktion eines Vorfalles in vielen Fällen unmöglich, was meist zu „ungerechten“ Entscheidungen führen wird. In solchen Fällen haben mir oft nur mehr meine internen Kenntnisse des Bundesheeres aus meiner aktiven Dienstzeit geholfen, die wahrscheinlichste Version des Vorfalles und damit die beste Verteidigungsstrategie für den Mandanten zu entwickeln.

Rechtsvertretung ist auch im Ausland möglich

Fehler und Versagen sind menschlich und kein Grund zur Panik. Falls nach einem angeblichen Fehlverhalten disziplinäre, strafrechtliche oder schadenersatzrechtliche Konsequenzen angedroht werden, ist es jedenfalls ratsam für den Betroffenen, möglichst rasch mit einem Offizier seines Vertrauens zu sprechen um eine weitere Sichtweise des Falles zu erfahren.
Es besteht auch während des Auslandseinsatzes die Möglichkeit, einen österreichischen Rechtsanwalt mit der Vertretung zu beauftragen. Dadurch wird jedenfalls mehr Zeit gewonnen, um alle Umstände des Problems in Ruhe zu bedenken und wird eine unabhängige Beurteilung gewährleistet.
Im Gegensatz zu den Grundsätzen der meisten Personenversicherungen kann man Organhaftpflicht- und sonstige Rechtschutzversicherungen meist auch für den Auslandseinsatz wirksam abschließen.

ObstdhmfD Dr. Hermann Heller,
Rechtsanwalt und Verbindungsoffizier zur Polizei beim MilKdo Wien

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