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Die Streitkräfte Indonesiens im Wandel

von Andreas Ufen

Kurzfassung

◄ Seit dem Sturz des Diktators Suharto auf dem Höhepunkt der schwersten Wirtschaftskrise des Landes 1998 kommt Indonesien nicht zur Ruhe. Zwar konnte das Land wirtschaftlich stabilisiert und in gewissem Umfang reformiert werden, doch 2002 machte sich Ost-Timor selbstständig, in der sezessionistischen Provinz Aceh musste 2003 das Kriegsrecht ausgerufen werden und auch in Papua ist keine Einigung mit den separatistischen Kräften in Sicht. In dieser prekären Lage spielen die Sicherheitskräfte Indonesiens eine zentrale Rolle.

Die indonesische Armee ging aus zwei Gruppierungen, einerseits aus der multiethnisch zusammengesetzten und vormals von holländischen Kolonialoffizieren kommandierten KNIL-Truppe und andererseits aus den vom japanischen Faschismus geprägten Heiho- und Peta-Hilfstruppen, hervor. Nach dem verlustreichen Sieg gegen die Kolonialmacht musste sich die Armee 1949 in die Kasernen zurückziehen und Berufspolitikern die Führung des Landes überlassen. Nach der Niederschlagung regionalistischer Kräfte Mitte der 50er-Jahre wurde die Armee aber zur einflussreichsten politischen Kraft, die auch im Spitzenmanagement verstaatlichter Firmen mitmischte.

Ein ausschließlich den Kommunisten angelasteter Putschversuch brachte schließlich 1965 Suharto an die Macht, zuerst nur als Leiter des "Kommandos zur Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung" und Armeechef , 1966 auch als De-facto-Präsident. Er schuf sich einen loyalen Generalstab, säuberte die Streitkräfte und besetzte alle Kommandeursposten mit seinen Anhängern. Auf Grund ihrer dwifungsi (Doppelrolle) wurden Militärs in den Staatsunternehmen, sämtlichen Bereichen der Verwaltung und dedm Parlament eingesetzt.

Auf Grund der einzigartigen territorialen Organisation ABRI war der Durchgriff des Militärs bis auf die unterste lokale Ebene gesichert. Bis Mitte der 90er-Jahre umfasste dieses Kontrollnetz mehr als 475.000 Mann, die sich einer Kontrolle durch Justiz und Legislative entzogen. Daneben beherrschten Militärs auch die Regierungspartei Golkar, den unumstrittenen Hegemon im indonesischen Dreiparteiensystem. Mitte der 90er-Jahre setzte dann ein Entfremdungsprozess zwischen Suharto und der Militärführung ein, wodurch die Doppelfunktion der Streitkräfte immer mehr in Frage gestellt wurde.

Im Mai 1998 wurde Suharto zum Rücktritt gezwungen; seinen Platz nahm sein bisheriger Stellvertreter Habibie ein, unter dem 1999 erstmals freie Wahlen abgehalten wurden. Habibie startete vorsichtige Reformen, darunter die Begrenzung der Doppelfunktion der Streitkräfte. Das Militär musste politisch neutral werden, seine Sitzzahl im Parlament reduzieren, sich aus der Verwaltung zurückziehen und die Abtrennung der Polizei akzeptieren.

Im Oktober 1999 wurde der liberale Muslimführer Wahid zum Präsidenten gewählt, der nach der zweifelhaften Rolle des Militärs in Ost-Timor seinen Koordinierungsminister für Politik und Sicherheit Wiranto suspendierte. Wahid hatte wegen seiner chaotischen Amtsführung am Ende nicht nur das Militär, sondern auch das Parlament, die Unternehmer und den Großteil der Zivilgesellschaft gegen sich. Im Juli 2001 emthob ihn der Volkskongress seines Amtes und ersetzte ihn durch Megawati Sukarnoputri. Seit deren Amtsantritt ist der Einfluss des Militärs wieder gewachsen.

Präsidentin Megawati ist offensichtlich nicht in der Lage, sich gegen das Militär durchzusetzen, das alle Konflikte von Aceh bis Papua mit ausschließlich militärischer Gewalt lösen will. Jüngst beschlossene Gesetze zur Terrorbekämpfung räumen den Sicherheitskräften neue weitreichende Befugnisse ein und wirken so einer echten Reform des Sicherheitssektors entgegen. Weiters fehlen eine Militärdoktrin, die die zivile Suprematie anerkennt, eine Reorientierung der Streitkräfte auf die Aufgabe Landesverteidigung, die konsequente Ahndung von Strafdelikten, die von Militärangehörigen begangen werden, und die Bestrafung von Menschenrechtsverletzungen. ►


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Die Streitkräfte Indonesiens im Wandel

Indonesien kommt seit 1998, dem Sturz des Diktators Suharto auf dem Höhepunkt der schwersten Wirtschaftskrise des Landes, nicht mehr aus den Schlagzeilen. Zwar hat sich die ökonomische Lage mittlerweile stabilisiert, außerdem konnte eine Reihe wichtiger politischer Reformen durchgesetzt werden, aber eine nationale Einheit ist noch nicht erreicht. Ost-Timor machte sich 2002 selbstständig, in Aceh (Nord-Sumatra) wurde im Mai 2003 das Kriegsrecht ausgerufen, in der Provinz Papua ganz im Osten des Archipels ist ein Kompromiss mit den verschiedenen sezessionistisch orientierten Gruppierungen nicht in Sicht, und in den Molukken ist der mehrjährige, vornehmlich religiös definierte Bürgerkrieg noch frisch in Erinnerung. Alles dies sind Anzeichen dafür, dass der Zentralregierung die Kontrolle über Teile des Landes entglitten ist.

Welche Rolle spielen die Sicherheitskräfte in diesem Prozess? Um diese Frage zu beantworten, soll in diesem Artikel zunächst kurz auf die Ursprünge der Armee und in ihre Rolle im Suharto-Regime eingegangen werden. Im Hauptteil geht es um die Frage, wie sich das Verhältnis zwischen den Streitkräften und den Zivilregierungen B.J. Habibie, Abdurrahman Wahid und Megawati Sukarnoputri entwickelt hat, um schließlich, daran anknüpfend, die noch notwendigen Reformen des Sicherheitssektors aufzuführen.

Entwicklungen bis 1965 - Der Weg zur militärischen Vorherrschaft

Die indonesische Armee(Fußnote 1/FN1) ging zum einen aus der kolonialen KNIL(FN2), einer 30.000 Mann starken, fast ausschließlich von niederländischen Offizieren befehligten, multiethnisch zusammengesetzten Truppe, zum anderen aus den beiden von den Japanern 1943-45 geschaffenen Einheiten Heiho und der Armee der "Verteidiger des Vaterlandes", Peta (FN3), hervor.(FN4) Die Heiho-Hilfstruppen wurden nur zwei Monate ausgebildet und dann für Transportdienste, den Straßenbau und bei der Flugabwehr eingesetzt. Wichtiger für die postkoloniale indonesische Armee war die aus 38.000 Soldaten bestehende Peta-Miliz, in der bereits die Hälfte der Truppenangehörigen mit Waffen versorgt war und deren 1.600 Offiziere in Bogor ausgebildet worden waren.

Nach dem Abzug der Japaner konstituierte sich 1945 eine von den Peta- und KNIL-Offizieren angeführte indonesische Armee. Ihr schlossen sich im Kampf gegen die Niederländer Milizen (laskar-Einheiten) an, die z.T. aus an Parteien gebundenen Jugendverbänden hervorgegangen waren. Die Truppen waren ohne gemeinsame oberste Führung über das Land verstreut, wählten häufig ihre Kommandeure selbst und organisierten sich in Guerilla-Einheiten. Die Heerführer insbesondere auf den Außeninseln agierten oft ohne direkte Weisung aus der Zentrale. Sie sorgten als charismatische Vaterfiguren (bapak) für ihre "Kinder" (anak buah).(FN5) Die Armee war also von Anfang an sehr heterogen zusammengesetzt.(FN6) V.a. der Konflikt zwischen den "unpolitischen", professionellen KNIL-Offizieren und den vom japanischen Faschismus geprägten Peta-Soldaten, die das Militär als "Seele der Nation" betrachteten und die Bedeutung des "Kampfgeistes" (semangat) betonten, prägte die Armee auch noch lange nach dem Ende der Revolutionsphase.(FN7) 1949 - nach dem verlustreichen Sieg gegen die Niederländer - waren die Soldaten gezwungen, sich in die Kasernen zurückzuziehen und den Berufspolitikern die Führung der Republik zu überlassen. Für viele Militärs war dieses Zurücktreten ins zweite Glied und die dauernde Androhung durch Teile der Armee-Führung und einige Politiker, überschüssige Truppenteile zu demobilisieren, schwer zu ertragen. Ein Teil der Streitkräfte arbeitete langsam darauf hin, die Rolle des Militärs wieder auszuweiten. Schon 1952 kam es zu einem "halben Putsch", als Truppen kurzzeitig den Präsidentenpalast belagerten. 1955 erkannte das Militär eine wichtige Personalentscheidung des Verteidigungsministers nicht an. Der Dualismus zwischen dem Militär und den Politikern verstärkte sich nach und nach. Im März 1957 rief Präsident Sukarno auf Vorschlag Nasutions, des Stabschefs des Heeres, wegen der Bedrohung der nationalstaatlichen Integrität durch regionalistische Bewegungen das Kriegsrecht aus. Die territorial organisierte Armee wirkte danach auf allen Ebenen direkt auf den Verwaltungsapparat ein.(FN8) Nach der Niederschlagung der regionalistischen Bewegungen und der Nationalisierung niederländischer Unternehmen, deren Spitzenmanagement von Offizieren besetzt wurde, gehörte das Militär zu den einflussreichsten politischen Kräften. Nasution definierte daher im Jahre 1958 die Rolle der Streitkräfte neu. Sie sollten weder blind den Weisungen der Regierung folgen noch selbst die Macht übernehmen, sondern einen "mittleren Weg" (jalan tengah) finden.

Mit der Einführung der "Gelenkten Demokratie" im Jahre 1959 wurde der Parlamentarismus in Indonesien endgültig liquidiert. Sukarno versuchte in populistischer Manier, die Bevölkerung unter Mithilfe der PKI(FN9) zu mobilisieren. Mit aufwendigen Kampagnen zur "Befreiung" West-Irians(FN10) und gegen Malaysia lenkte er die Aufmerksamkeit auf außenpolitische Themen. Das Militär erfuhr in dieser Phase eine weitere Aufwertung, weil die neu eingerichteten Organe Peperti und Koti, die für die Überwachung der Administration bzw. als inoffizielles Kabinett dienten, von Armeeangehörigen dominiert waren.(FN11) Außerdem fungierten viele Offiziere als Minister, Parlamentarier oder Gouverneure.(FN12) Dennoch war das Militär noch kaum professionalisiert und hielt noch immer an den Prinzipien einer "territorialen Kriegführung" fest, womit eine Art Guerillakampf mit gefestigter Führungsstruktur gemeint war.

Das Militär in der "Neuen Ordnung" (1965-1998)

Der entscheidende Wendepunkt war der bis heute unaufgeklärte Putschversuch durch Sukarno nahe stehende Offiziere, der von einer Militärfraktion um Suharto, dem Kommandeur der strategischen Einsatzreserve Kostrad(FN13), vereitelt wurde.(FN14) Der Putschversuch wurde in der "Neuen Ordnung"(FN15) einzig und allein der Kommunistischen Partei (PKI) angekreidet.(FN16) Zwar wird diese - nach allem, was man weiß, falsche - Interpretation der Ereignisse heute in Indonesien zunehmend bezweifelt, sie stellt dort aber immer noch die vorherrschende Sicht der Dinge dar, und Kommunisten müssen noch heute mit Verfolgung rechnen.

Suharto übernahm am 10.10.1965 die Leitung des neu eingerichteten "Kommandos zur Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung", Kopkamtib,(FN17) wurde am 16.10. Heereskommandeur und erhielt am 11.3.1966 vom unter Druck gesetzten und nur noch de jure amtierenden Präsidenten Sukarno weitreichende Vollmachten. Er schuf sich einen loyalen Generalstab, mit dessen Hilfe er 1966/67 die Streitkräfte von kommunistischen, sukarnoistischen und militant antisukarnoistischen Kräften "säuberte". 1969 waren nahezu alle bedeutenden Kommandeursposten von Anhängern Suhartos besetzt. Auf Grund ihrer Doppelfunktion (dwifungsi) wurden Soldaten in den Staatsunternehmen, in den Parlamenten, in der Regierungspartei Golkar und in sämtlichen Bereichen der Verwaltung eingesetzt. Militärs waren auch in zahllosen anderen Organisationen tätig, sodass z.B. selbst die großen Sportverbände von Generälen geführt wurden. Eine weitere wesentliche Stütze der Militärherrschaft war die einzigartige territoriale Organisation. ABRI(FN18) war in ganz Indonesien und auf allen Ebenen präsent. Es gab nicht einen Dorfvorsteher oder Bürgermeister, nicht einen Unternehmer oder lokalen Politiker, der nicht auf die gute Zusammenarbeit mit den jeweiligen lokalen Militärs angewiesen war.

In den 1970er- und 80er-Jahren wurde dieses Kontrollnetz immer engmaschiger. Mitte der 90er-Jahre verteilten sich die 476.400 ABRI-Angehörigen auf die Polizei (180.000), die Marine (42.000), die Luftwaffe (19.400) und das Heer (235.000). Das Heer bestand aus 10 Kodam(FN19) und 39 Korem (FN20), die wiederum in 271 Kodim (FN21) und 3.818 Koramil (FN22) eingeteilt waren. Auf der untersten Ebene arbeiteten 16.000 babinsa(FN23), i.d.R. Unteroffiziere mit Portepée, in den 64.765 Dörfern mit den Dorfvorstehern zusammen (siehe Abbildung 1). Von den 235.000 Armeesoldaten waren ca. 150.000 bei den Territorialtruppen, 27.000 bei Kostrad und 3.500 bei Kopassus(FN24) (1996: 5.000) sowie 55.000 in anderen Einheiten (Ausbildung, Logistik).(FN25) Dieses System territorialer Truppen wurde ergänzt durch eine umfangreiche Zivilverteidigung, durch Studenteneinheiten (die Resimen Mahasiswa, Menwa) sowie - kontrolliert durch die Polizei - durch halbzivile Sicherheitskräfte (Satpam) und das Nachbarschafts-Sicherheitssystem Siskamling. Es gab außerdem zwei Veteranenorganisationen, nämlich LVRI (Veteranen der Revolution) mit 843.000 und Pepabri mit 428.000 Mitgliedern.

Außerdem agierte das Militär in einem für die Sicherung des Herrschaftssystems essenziellen Graubereich, in dem Geheimdienste, militärische Sondereinheiten, Golkar-Unterorganisationen und Verbrecherbanden zusammenarbeiteten.(FN26) Der Begriff preman z.B. bezeichnete ursprünglich den Soldaten in Zivilkleidung, später wurde diese Bedeutung jedoch zusehends verdrängt.(FN27) Zuletzt verstand man darunter i.d.R. Gangster, die Märkte, Busbahnhöfe, Bordelle, Spielhallen etc. kontrollierten und dabei oft stille Koalitionen mit den örtlichen Militärmachthabern eingingen. Diese preman wurden immer wieder auch bei Maßnahmen zur Einschüchterung oder gar Ermordung von Oppositionellen engagiert, wenn der Einsatz von Soldaten unpassend zu sein schien. Die Erstürmung der Zentrale der oppositionellen Demokratischen Partei Indonesiens (PDI) im Juli 1996 fand unter Teilnahme von preman und deren Leuten statt.(FN28) Mit gedungenen Kriminellen arbeitete auch das Sondereinsatzkommando Kopassus zusammen. Kopassus war zwar offiziell kein Geheimdienst, übernahm aber im Rahmen des Counterinsurgency-Konzeptes ähnliche operative Aufgaben. Das Kommando war von Beginn an in die Kämpfe und die geheimdienstlichen Operationen in Ost-Timor involviert. Die Einheit beteiligte sich an der Gefangennahme von Xanana Gusmão (dem heutigen Präsidenten Ost-Timors) sowie an den brutalen Aktionen gegen die Befreiungsbewegung in Aceh in den Jahren 1976-78 und v.a. 1989-91. In Ost-Timor vermengten sich geheimdienstliche und militärische Aktionen besonders deutlich. Die Geheimdienste sowie Kopassus beteiligten sich an Operationen, ohne dass selbst die regulären Truppen in Ost-Timor darüber immer informiert waren.

Das Militär wurde allenfalls von Suharto, nicht aber von der Legislative und der Jurisdiktion kontrolliert. Die ABRI-Geschäfte waren häufig undurchsichtig und am Rande der ohnehin fragwürdigen Legalität. Insgesamt lassen sich folgende Finanzierungsquellen unterscheiden: - regulärer Sold: Je höher der Dienstgrad, desto unbedeutender wurden diese offiziellen Zahlungen; - Anteile bei der Beschaffung von militärischem Gerät; - Schutzgelder vom Kleinstunternehmer bis hin zu den größten Konglomeraten; - Bezahlung für die Arbeit als Sicherheitspersonal im privatwirtschaftlichen Sektor (z.B. bei den großen ausländischen Erdöl- und Bergbaugesellschaften); - Einnahmen aus der Vergabe von Lizenzen, Konzessionen und Staatskrediten; - Einnahmen aus sonstigen illegalen Tätigkeiten: Prostitution, Drogenhandel, Holzeinschlag, Schmuggel und - Einnahmen aus unternehmerischen Tätigkeiten (in Managementpositionen oder durch die Gewinne von militäreigenen Unternehmen).(FN29) Die letztgenannte Verdienstmöglichkeit ergab sich u.a. aus dem institutionalisierten Einsatz von Militärs in zivilen Verwaltungspositionen. 1967 waren 25.000 Soldaten in eigentlich nichtmilitärischen, so genannten kekaryaan-Positionen eingesetzt, 1980 waren es noch 20.000, und 1995 ging diese Zahl im Zuge einer vorsichtigen Demilitarisierung auf 14.000 zurück.(FN30) Die - oft pensionierten - karyawan-Offiziere in den obersten Rängen der Zentralexekutive, die fast ausschließlich Generäle waren, befanden sich v.a. in jenen Stellungen, die eine besondere Nähe zum Präsidenten auszeichnete, und in Verwaltungsbereichen, die ausschlaggebend für die Herrschaftsausübung, d.h. bei der Durchdringung auch der unteren Ebenen der Administration, waren. Im Verteidigungsministerium waren erwartungsgemäß fast alle höheren Beamten Soldaten, sodass dieses Ministerium als Auffangbecken für pensionierte Offiziere galt. Im Innenministerium, dessen umfangreiche Befehlsgewalt sich bis hinunter zu den Dörfern erstreckte, wurde der Militäranteil in Spitzenpositionen von 29% (1966) auf 71% (1971) und 89% (1981) ausgeweitet. 1971 gehörten 22 von 26 und 1980 19 von 27, 1995 noch 11 von 27 Provinzgouverneuren dem Militär an.(FN31) Auch die Regierungspartei Golkar, der unumstrittene Hegemon in einem Dreiparteiensystem(FN32), wurde von Militärs beherrscht. Erst in den letzten Jahren der "Neuen Ordnung" setzte auch in dieser Partei eine Demilitarisierung ein. Darüber hinaus waren die Streitkräfte im 500 Mitglieder starken nationalen Parlament mit einer eigenen Fraktion (75-100 Abgeordnete) vertreten.

Trotz all der genannten Merkmale wäre es zu einfach, die "Neue Ordnung" auf die aus Lateinamerika bekannten Strukturprinzipien einer Junta zu reduzieren. Suharto war zwar selbst ein Militär, er geriet aber spätestens nach seiner Pensionierung in einen Gegensatz zu Teilen der Militärführung. Auch wegen der ökonomischen, sozioökonomischen und kulturellen Veränderungen, die das wirtschaftliche Wachstum mit sich brachte, kam es zu einer Stärkung der nichtmilitärischen Kräfte und Institutionen. Das Herrschaftssystem differenzierte sich, es entstanden neuartige Organisationen, die Vertreter eines politischen Islams forderten zunehmend Mitspracherechte. Die vormals regimetreuen Amerikaner setzten außenpolitisch neue Prioritäten, überhaupt führte die sich intensivierende wirtschaftliche, soziale und kulturelle Verflechtung mit der westlichen Welt zu einer Aushöhlung der staatlichen Ideologien und der patrimonialen, antidemokratischen politischen Kultur.(FN33) Die Doppelfunktion der Streitkräfte wurde in den 90er-Jahren zunehmend in Frage gestellt, und eine von Suharto in Auftrag gegebene Studie legte sogar einen allmählichen Rückzug ABRIs nahe.

Die relative Schwäche des Militärs, die starke Abhängigkeit von Suharto sowie die sich verschärfenden Interessengegensätze in der Militärführung erklären die eher ambivalente und passive Haltung ABRIs in den Wochen vor dem Sturz Suhartos im Mai 1998. Er wurde auf dem Höhepunkt der Asienkrise und unter starkem ausländischem Druck letztlich von einer informellen Koalition der radikalen Opposition (Studenten, NGO-Aktivisten, muslimische Gruppierungen etc.) mit Teilen der Eliten (Parlamentarier) zum Rücktritt gezwungen. Die Fraktion um den Kommandeur der Streitkräfte Wiranto unterstützte zusehends die Reformbewegung, war aber nicht in der Lage oder nicht gewillt, den Druck auf den Präsidenten unmittelbar selbst zu erhöhen. Erst am 20. Mai, wenige Stunden vor dem Rücktritt Suhartos, sagte sich auch Wiranto von ihm los.

Das Militär unter Präsident Habibie (Mai 1998-Oktober 1999) - Das Bündnis gegen die radikalen Reformer

Suharto trat am 21. Mai zurück und wurde einen Tag später von seinem Stellvertreter B.J. Habibie abgelöst. Der neue Präsident galt zwar nicht als Reformer, auf Grund des Drucks der internationalen Kreditgeber und der Opposition im eigenen Land war er aber zu Reformen gezwungen. In den folgenden Monaten gewährte er die Presse-, Versammlungs- und Organisationsfreiheit, und es bildeten sich unabhängige politische Parteien und Gewerkschaften. Schließlich wurden im Juni 1999 die ersten freien, weitgehend fairen und gewaltfreien nationalen Wahlen seit 1955 durchgeführt.

Auf Grund seiner schwachen Position war Habibie von Anfang an auf die enge Kooperation mit der Militärführung um Wiranto angewiesen. Schon in den ersten Tagen wurde der Hardliner-Flügel um Prabowo, den Schwiegersohn Suhartos, entmachtet.(FN34) Eine der wichtigsten Fragen in der Transitionsphase betraf dann die Begrenzung der Doppelfunktion der Streitkräfte. Am 17.7.1998 reformulierte Wiranto in einer Rede vor höheren Offizieren die dwifungsi. ABRI wolle - so Wiranto - die Doppelfunktion gewahrt wissen, sei aber bereit, sich ein wenig zurückzuziehen. Im August präsentierte er das "Neue Paradigma" ("Paradigma Baru"),(FN35) das u.a. folgende Ziele bestimmte: - politische Neutralität des Militärs (bei den Wahlen und im Hinblick auf die Arbeit in und die Zusammenarbeit mit den politischen Parteien); - Reduzierung der Sitze in den Parlamenten; - Trennung von Polizei und Militär; - Rückzug aktiver Militärs aus der zivilen Verwaltung.

Im September 1998 verkündete Wiranto, dass ABRI-Angehörige fortan jeder Partei angehören dürften. Im November beschloss der MPR(FN36), allerdings ohne konkrete Schritte festzulegen, die allmähliche Aufhebung der dwifungsi. Und im Januar 1999 wurde die Zahl der ABRI-Abgeordneten im noch zu wählenden nationalen Parlament DPR(FN37) auf 38 festgesetzt.

Sehr bedeutend für die Machtbeschränkung des Militärs war die De-jure-Abschaffung des kekaryaan-Systems im Oktober 1998. Die Militärs in zivilen Funktionen mussten bis zum 1.4.1999 entscheiden, ob sie in die Streitkräfte zurückkehren oder ihren Zivilposten behalten wollten.(FN38) Von dieser Regelung waren allein 10 der 27 Gouverneure und 128 der 306 bupati, das sind Leiter von Verwaltungsdistrikten unterhalb der Provinzebene, betroffen. Eine weitere wichtige Neuerung war die Herauslösung der Polizei aus den Streitkräften, mit der ebenfalls am 1.4.1999 begonnen wurde.(FN39) Damit wurde - zumindest auf dem Papier - eine der Voraussetzungen erfüllt, um die Vermischung von Aufgaben der inneren Sicherheit und der Landesverteidigung zu beenden.

Ein reformorientierter ABRI-Flügel um Agus Wijoyo und Agus Wirahadikusumah präsentierte bereits Strategien zum Rückzug des Militärs aus zivilen Bereichen. Trotz dieser Bemühungen blieb die Rolle der Streitkräfte, die sich seit 1999 wieder TNI (Tentara Nasional Indonesia = Indonesische Streitkräfte) nannten, unklar. Den TNI war daran gelegen, Diskussionen über ihre Rolle in der "Neuen Ordnung" zu unterbinden, ihre Privilegien zu sichern und die Demokratisierung zu blockieren. Die Militärführung distanzierte sich deshalb nur sehr halbherzig von der dwifungsi-Doktrin, und viele Maßnahmen waren eher symbolische Akte. So wurde der verhasste Kassospol (Kepala Staf Sospol, Stabschef für soziopolitische Angelegenheiten) im November 1998 in Kaster (Kepala Staf Territorial, Stabschef für territoriale Angelegenheiten) umbenannt, ohne dass die Kontrollstruktur umgestaltet worden wäre.(FN40) Dass die TNI bis weit in das Jahr 1999 hinein weiterhin die mächtigste Gruppe in der fragilen Koalition von Habibie bildeten, ließ sich besonders an ihrer Präsenz auf den Außeninseln ablesen. Dort wurden die Streitkräfte bei Unruhen und gegen sezessionistische oder regionalistische Bewegungen eingesetzt.

Das Militär in der Regierungszeit von Abdurrahman Wahid (Oktober 1999-Juli 2001) - Blockade der Reformen

Im Oktober 1999 wurde der liberale Muslimführer Abdurrahman Wahid vom Volkskongress (MPR) zum Präsidenten gewählt. Wahid gehört einer islamischen Partei, der PKB(FN41), an, die bei den nationalen Wahlen nur 12,6% der Stimmen erhalten hatte. Er konnte sich bei der Präsidentenwahl durchsetzen, weil er auch von den Abgeordneten der modernistisch-muslimischen Parteien, der Partei Golkar sowie des Militärs/der Polizei gewählt wurde. Von Anfang an musste er also auch auf die Interessen jener Gruppierungen Rücksicht nehmen, die eine weitreichende Demokratisierung ablehnten und die Doppelfunktion des Militärs faktisch nicht antasten wollten.

Im neuen Kabinett waren fünf Generäle, darunter Wiranto als Koordinierungsminister für Politik und Sicherheit, sowie Suryadi Sudirja als Innenminister. Den Posten des Verteidigungsministers allerdings übernahm ein Zivilist, nämlich der Politologie-Professor Yuwono Sudarsono. Er galt zwar als eher konservativ und hatte als ehemaliger Vizegouverneur der Militärakademie gute Kontakte zu einigen Generälen, war aber bereit, eine Beschränkung des TNI-Einflusses zu unterstützen. Außerdem wurde mit Widodo zum ersten Mal ein Admiral Kommandeur der TNI.

Die Streitkräfte hatten längst keine Rückendeckung mehr in der Bevölkerung und bei den Kreditgebern und Investoren. Ein Putsch hätte unweigerlich zur Einstellung der IWF-Hilfen und zum Sturz des Rupiah-Kurses geführt. Trotzdem wurden im Januar erste Putschgerüchte in Umlauf gebracht.(FN42) Der Kostrad-Kommandeur Jaya Suparman meinte, dass die Untersuchungen über die Verfehlungen des Militärs zu unkontrollierten Aktionen der TNI führen könnten.

Diese konservativen oder gar reaktionären Militärs wurden von Wiranto, dem Koordinierungsminister für Politik und Sicherheit, angeführt. Dieser soll als verantwortlicher ABRI-Kommandeur und Verteidigungsminister von den Machenschaften der Milizen in Ost-Timor im Anschluss an das dort im August 1999 abgehaltene Referendum unterrichtet gewesen sein.(FN43) Ein UNO-Bericht(FN44) etwa machte die indonesischen Streitkräfte unmittelbar für die Gewaltakte verantwortlich und forderte sogar die Einrichtung eines internationalen Menschenrechtstribunals. Im Februar 2000 suspendierte der Präsident auf Grund dieser Untersuchungen schließlich seinen Koordinierungsminister - gegen dessen lang anhaltenden Widerstand - vom Dienst.

Wahid setzte seinen Reformkurs am 1.3.2000 mit der Neubesetzung von 47 Spitzenpositionen fort. Agus Wirahadikusumah übernahm das Kostrad-Kommando, und viele Anhänger Wirantos verloren ihre Posten.(FN45) Im selben Monat kündigte die Regierung die Auflösung der "Koordinationsbehörde für die Konsolidierung der Nationalen Stabilität", Bakorstanas,(FN46) an. Bakorstanas war die Nachfolgerin des bis 1988 sehr mächtigen "Operationskommandos zur Wiederherstellung von Sicherheit und Ordnung", Kopkamtib.(FN47) Die dwifungsi-Doktrin spielte mittlerweile keine Rolle mehr in den offiziellen militärischen Zukunftsplanungen.(FN48) Allerdings waren die Streitkräfte immer noch territorial organisiert. Einige Generäle wie Agus Wirahadikusumah und Tyasno Sudarto stellten diese Doktrin der Territorialität in Frage. Tyasno schlug vor, diese Struktur - außer in Krisenregionen - nur noch bis zur Distriktebene aufrechtzuerhalten. Agus Wirahadikusumah erklärte vor einer Parlamentskommission, dass diese Organisationsstruktur ein Machtinstrument sei und abgeschafft werden solle. Er fügte aber hinzu, dass nur etwa 20% der Offiziere mit seinen Ansichten sympathisierten.

Die führenden konservativen Offiziere verfügten noch über genügend Machtmittel, um den Aufstieg der Reformer immer wieder zu verhindern.(FN49) So wurden Saurip Kadi im April als Kaster (Kepala Staf Territorial = Stabschef für territoriale Angelegenheiten) und Agus Wirahadikusumah im August 2000 als Kostrad-Chef ausgebootet. Den beiden wurde vorgeworfen, an einem Geheimtreffen teilgenommen zu haben, bei dem umfassende personelle Veränderungen in der Armee geplant worden sein sollen.(FN50) Der eigentliche Grund für die Versetzung von Agus Wirahadikusumah, dem prominentesten und entschlossensten Reformer, dürfte aber sein Verhalten als Kostrad-Chef gewesen sein. Er hatte nämlich eine Untersuchung der illegalen Geschäfte dieser Einheit eingeleitet. Außerdem hatte er im Januar 2000 Wiranto öffentlich kritisiert.

Wahid soll - vermutlich angesichts dieser innermilitärischen Kämpfe - gesagt haben, dass er die Armeeführung nicht mehr kontrollieren könne. Auf viele Vorschläge würde er einfach keine Antwort erhalten. Bei der Besetzung von Spitzenpositionen kam es mitunter sogar zum offenen Konflikt mit den höchsten Generälen. So entließ er im Oktober 2000 überraschend den Heeresstabschef Tyasno Sudarto, dem man vorwarf, zu einem Geldfälscherring zu gehören. Vermutlich wollte der Präsident ihn durch Agus Wirahadikusumah ersetzen, musste aber einen Rückzieher machen, weil 46 Generäle eine Petition verfassten, mit der sie gegen dieses Vorhaben protestierten. Nur widerwillig stimmte er der Ersetzung Tyasno Sudartos durch Endriartono Sutarto zu. Selbst als Stellvertreter Sutartos konnte er Agus Wirahadikusumah nicht durchsetzen.(FN51) Wahid, der anfänglich von einer breiten Koalition, die von Golkar und den Militärs bis zu radikaldemokratischen Nichtregierungsorganisationen reichte, unterstützt wurde, geriet schon nach wenigen Wochen wegen seiner unberechenbaren, ja z.T. chaotischen Amtsführung in die Kritik.(FN52) Seit Anfang des Jahres 2000 setzten sich immer mehr Parlamentarier für ein Impeachment ein. In der Endphase seiner Präsidentschaft drohte Wahid deshalb mehrfach mit der Dekretierung des "state of emergency". Um nach der Verhängung dieses Ausnahmezustandes die damit verbundenen exekutiven Vollmachten effektiv nutzen zu können, war Wahid auf das Militär als ausführendes Organ angewiesen. Bei seinen Versuchen, verschiedene Militärführer für seinen Plan zu gewinnen, scheiterte er aber immer wieder. Das Militär, oder zumindest seine Führung, war sich also offenbar über Aussichtslosigkeit und Gefahr eines solchen Unterfangens im Klaren und unterstützte daher die Kräfte, die auf den üblichen parlamentarischen Entscheidungsprozess setzten.(FN53) Wahid hatte am Ende nicht nur das Militär, sondern fast das gesamte Parlament, die ausländischen Kreditgeber, die Unternehmer und den überwiegenden Teil der Zivilgesellschaft gegen sich. Dennoch - in einem letzten Verzweiflungsakt - verhängte er am 23.7.2001 den Ausnahmezustand und verkündete die Auflösung des Volkskongresses (MPR), um so seine eigene Absetzung zumindest bis zur Abhaltung von Neuwahlen zu verhindern. Der MPR trat jedoch zu einer Sondersitzung zusammen, enthob Wahid mit großer Mehrheit seines Amtes und wählte noch am selben Tag, am 23.7., Megawati Sukarnoputri zur neuen Präsidentin.

Das Militär und die Gefährdung der weiteren Demokratisierung unter Megawati Sukarnoputri

Seit dem Amtsantritt Megawatis ist der Einfluss des Militärs in der Politik wieder gewachsen.(FN54) Megawati konnte nur deshalb das Amt übernehmen, weil die Militärspitze sich gegen Abdurrahman Wahid und auf ihre Seite gestellt hatte. Im neuen Kabinett Megawatis sind vier TNI-Angehörige. Der Koordinierungsminister für politische und Sicherheitsangelegenheiten, Susilo Bambang Yudhoyono, hat sich schon im Kabinett Abdurrahman Wahid als effektiver Planer bewährt und wurde erneut berücksichtigt. Er galt vielen nach einigen Monaten als der wichtigste Politiker in Indonesien. Das Innenministerium übernahm Hari Sabarno, der in der "Neuen Ordnung" die Militärfraktion im nationalen Parlament angeführt hatte. Neben Verkehrsminister Agum Gumelar erhielt auch der BIN-Chef Hendropriyono Ministerstatus. Das Verteidigungsministerium wurde wieder (nach Yuwono Sudarsono und Mahfud MD) von einem Zivilisten, nämlich Matori Abdul Jalil, geführt. Wie sehr Megawati dem Einfluss des Militärs unterliegt, zeigte auch die von ihr unterstützte Wiederwahl Sutiyosos, des ehemaligen Militärkommandeurs von Jakarta, zum Gouverneur der Hauptstadt im Jahre 2002.

Der reformasi-Flügel ist mittlerweile vollkommen entmachtet. Einige der Generäle der "Neuen Ordnung" sind inzwischen auf die höchste Ebene zurückgekehrt. Sowohl Wiranto als auch Prabowo, der Schwiegersohn Suhartos, sind als Kandidaten für die Präsidentschaftswahlen 2004 im Gespräch. Mit Endriartono Sutarto als TNI-Chef und Ryamizard Ryacudu als Kostrad-Kommandeur sind zwei ausgesprochen konservative Offiziere in Spitzenpositionen vorgedrungen.

Megawati hat sich immer für die nationalstaatliche Integrität Indonesiens, für den Einheitsstaat Indonesien (NKRI, Negara Kesatuan Republik Indonesia), eingesetzt. Für sie bedeutet dies ein konsequentes Vorgehen gegen sezessionistische Bewegungen. Deshalb hat sie 1999 sogar das Unabhängigkeitsreferendum in Ost-Timor abgelehnt. Sie wird dabei - in der Nachfolge ihres Vaters Sukarno - offenbar von Ideen eines Großindonesien ("Indonesia Raya") geleitet.

Ein Wendepunkt war die Ausrufung des Kriegsrechtes in Aceh (Nordsumatra) im Mai 2003. Das indonesische Militär begann in dem Monat eine Großoffensive zur "Ausrottung" (so der Kommandeur der Streitkräfte Endriartono Sutarto) der GAM (Gerakan Aceh Merdeka = Bewegung Freies Aceh), die sich daraufhin mehrheitlich in die Berge zurückgezogen haben soll. Gegen die 5.000 Kämpfer der GAM waren ca. 30.000 Soldaten und 10.000 Polizisten im Einsatz. Das Ziel ist es, die militärische Truppenstärke auf 50.000 Mann zu erhöhen, um die für die Bekämpfung der Guerilleros angestrebte Relation von 10:1 zu erreichen.(FN55) Auch im Osten Indonesiens, in Papua, ist mittlerweile eine Eskalation der Gewalt zwischen Militär und sezessionistischen Kräften möglich. Diese würde - etwas anders als in Aceh - wohl in erster Linie vom Militär-Geheimdienst-Komplex ausgehen. Die ohnehin schon bestehenden Spannungen zwischen Hoch- und Tieflandpapuas, zwischen diesen beiden Gruppen und den aus anderen Teilen Indonesiens "spontan" oder im Zuge der Transmigrasi-Politik zugewanderten Migranten sowie zwischen Moderaten und Radikalen könnten durch geheimdienstliche agents provocateurs zu gewaltsamen Konflikten verstärkt werden. In Papua ist schon jetzt eine inoffizielle Vorstufe eines zivilen Ausnahmezustandes erreicht.(FN56) Präsidentin Megawati ist offensichtlich nicht in der Lage, sich gegen die Hardliner im Militär durchzusetzen, die allem Anschein nach sehr daran interessiert sind, Konflikte allein militärisch zu lösen. Immer noch gibt es Teile in den TNI, welche die nie wirklich vollkommen aufgegebene militärische und Doppelfunktion der Streitkräfte wieder einführen möchten. Diesem Zweck dienen lange blutige Kämpfe gegen Separatisten und Fundamentalisten, denn sie legitimieren eine Aufrüstung des Militärs sowie dessen Einsatz bei Konflikten, die eigentlich durch die Polizei gelöst werden müssten. Sowohl viele Militärs als auch GAM-Kämpfer haben zudem ein genuines Interesse an der Fortsetzung der Kämpfe, da sie auf diese Weise durch Schutzgelder, Drogen- und Waffenhandel sowie illegalen Holzeinschlag reich werden können.(FN57) Hinzu kommen Beteiligungen etwa am Palmöl- oder Kaffeegeschäft.

Ein Anfang 2003 publiziertes "White Paper" des Verteidigungsministeriums empfiehlt daher auch eine Stärkung der TNI und deren Einsatz auch für Aufgaben, die nach dem Gesetz gegenwärtig die Polizei erfüllen soll.(FN58) Das "White Paper" dient in erster Linie dazu, die de facto noch existente dwifungsi zu legitimieren, weil zu den Aufgaben des Militärs die Bekämpfung von Terrorismus, Separatismus, Piraterie, illegalem Holzeinschlag, Menschenhandel etc. gezählt wird.

Auch mehrere Gesetze und Gesetzentwürfe zielen darauf ab, die Macht der Streitkräfte zu stärken und sie der zivilen Suprematie zu entziehen: - Das neue Polizeigesetz, das verabschiedet wurde, ohne dass eine breite öffentliche Diskussion stattfand, legt u.a. fest, dass nach Art. 18, § 1, Polizisten "on their own assessment" ihre Funktion wahrnehmen können. Außerdem soll die Polizei direkt der Präsidentin verantwortlich sein.(FN59) Da bei den Beratungen über den Gesetzentwurf Bestechungsgelder geflossen sein sollen, nehmen NGO-Vertreter an, dass reaktionäre Kräfte an einer kaum kontrollierbaren Ausweitung von Machtbefugnissen der Zentralregierung und der Polizei interessiert sind.

- Das Anti-Terrorismus-Gesetz, das kurz nach dem Bombenanschlag von Bali (Oktober 2002) verabschiedet wurde,(FN60) erlaubt den Behörden, Verdächtige, gestützt auf geheimdienstliche Informationen, bis zu sechs Monate zu inhaftieren.

- In dem TNI-Gesetzentwurf vom Februar 2003 wurde in Artikel 19 (dem so genannten "Coup d’Etat-Artikel") festgelegt, dass das Militär Truppen verlegen kann, ohne vorher den Präsidenten zu konsultieren.(FN61) - Im August 2003, nur drei Tage nach einem neuerlichen Bombenanschlag in Jakarta, schlug Verteidigungsminister Matori vor, den Internal Security Act (ISA), so wie er in Malaysia und Singapur angewandt wird, zu übernehmen. Erwartungsgemäß stieß er damit auf begeisterte Zustimmung des Kommandeurs der Streitkräfte, Endriartono Sutarto. Nach dem ISA können Verdächtige allein auf Weisung des Innenministers bis zu zwei Jahre festgehalten werden. Kritiker der Initiative Matoris verwiesen auf die Gefahren, die mit einem solchen Gesetz verbunden sind. Auf Grund der von vielen Spitzenpolitikern geäußerten Bedenken (Justizminister Yusril Ihza Mahendra, Vizepräsident Hamzah Haz, PDI-P-Fraktionsvorsitzender Roy B.B. Janis, etc.), aber wohl auch wegen des Antiterrorismusgesetzes 15/2003 nahm die Regierung von dem Vorschlag Matoris nach einigen Tagen Abstand.(FN62) V.a. der Geheimdienstapparat und die Eliteeinheiten haben ein Interesse an der Blockierung der Demokratisierung. Zu diesem Zweck können sie zivilgesellschaftliche Gruppen, ja sogar Verbrecherbanden und paramilitärische Milizen mobilisieren. Die Politik der "verbrannten Erde" in Ost-Timor nach dem Unabhängigkeitsreferendum 1999 hat das eindrücklich gezeigt.

Das Militär hat aber über weite Bereiche der Gesellschaft und über Teile des Staatsgebietes die Kontrolle verloren.(FN63) Diese anarchische Situation führt zu einem Prestigeverlust der Sicherheitskräfte, in ihrer Bedeutung als Bewahrer der staatlichen Einheit jedoch werden sie paradoxerweise eher aufgewertet. Somit ist eine wirkliche Beendigung der dwifungsi mittelfristig, d.h. in den nächsten zehn Jahren, nicht zu erwarten.

Notwendige Reformen

Eine Reform des Sicherheitssektors ist immer abhängig von gesamtgesellschaftlichen Demokratisierungsfortschritten. Die Durchsetzung der zivilen Suprematie über das Militär und die Polizei erfordert freie und faire Wahlen, einen funktionierenden Parlamentarismus, eine weitgehend korruptionsfreie Verwaltung und Justiz, eine Machtbalance zwischen dem Zentralstaat und den Gebietskörperschaften sowie ausreichende Finanzmittel für den Sicherheitssektor. Diese Rahmenbedingungen sind in Indonesien noch lange nicht gegeben. Hinzu kommen folgende Reformhindernisse und -gefahren: - Die TNI haben ein Interesse an der Aufrechterhaltung der Territorialstruktur, denn sie garantiert Sondereinnahmen und die starke Machtstellung außerhalb Jakartas.

- Große Teile von TNI und Polizei wollen mit allen Mitteln die Einrichtung von Tribunalen zu Menschenrechtsverletzungen und die strafrechtliche Verurteilung von Soldaten und Polizisten verhindern.

- Die Zentralregierung, die die TNI und die Polizei momentan nur zu etwa 25% finanziert, wird mittelfristig nicht in der Lage sein, den Finanzrahmen wesentlich auszuweiten.

- TNI und Polri können, wenn sie zu sehr unter Druck geraten, jederzeit neue Unruhen schüren, Milizen ausstatten usw.

- Die Demobilisierung bestimmter Truppen, v.a. der Eliteeinheiten und der Geheimdienste, kann dazu führen, dass die Milizen neuen Zulauf bekommen.

Trotzdem ist eine Weiterführung der Reformen nicht auszuschließen.(FN64) Immerhin konnte bisher Folgendes erreicht werden: - Die dwifungsi-Doktrin wurde offiziell aufgegeben, und führende Militärs stellten erste Reformvorschläge zur territorialen Organisation vor.

- Die vielstimmige Presse und aktive zivilgesellschaftliche Gruppen sorgen dafür, dass sich die Streitkräfte, die inzwischen viel von ihrem Renommee eingebüßt haben, zunehmend demokratisch legitimieren müssen.

- Im Jahre 2004 wird es im DPR und im MPR keine TNI/Polizei-Fraktion mehr geben.

- Die Sicherheitskräfte verhalten sich bei parteipolitischen und parlamentarischen Auseinandersetzungen häufig neutral. Die alte Verbindung zur ehemaligen Regierungspartei Golkar ist weitgehend gekappt.

- Aktive Militärs dürfen nicht mehr in der Verwaltung tätig sein. Damit ist eine der wesentlichen Machtbastionen ausgehöhlt.

- Auch in der Justiz ist der Einfluss des Militärs zurückgegangen. Unter den 17 Kandidaten für den Obersten Gerichtshof befand sich z.B. kein TNI-Angehöriger.

- Mit der Trennung von Polizei und TNI wurde begonnen.

- Das Verteidigungsministerium wird weiterhin von einem Zivilisten besetzt.

- Der TNI-Kommandeur war - erstmals in der Geschichte der Streitkräfte - ein Angehöriger der Marine.

Trotz dieser Fortschritte ist der Rollenwandel des Militärs bisher unbefriedigend. Folgende Reformen sind noch notwendig: - Das Militär muss eine neue Doktrin ausarbeiten, mit der die zivile Suprematie deutlich anerkannt wird. An der Formulierung sollten auch zivile Gruppen (Parteien, Parlamentsausschüsse, NGOs etc.) beteiligt sein. Die vorgelegten Gesetzentwürfe dürfen dementsprechend nicht verabschiedet werden.

- Das Militär sollte langfristig nur für die Landessicherung, nicht für die Bekämpfung innenpolitischer Gegner, eingesetzt werden. Deshalb muss auch die Territorialstruktur aufgelöst und die Trennung zwischen TNI und Polizei vollendet werden.

- Strafbare Handlungen durch Angehörige der TNI/der Polizei müssen konsequent geahndet werden. Für die Bestrafung von Menschenrechtsverletzungen müssen Tribunale eingerichtet werden, die auch hohe Offiziere verurteilen.

- Die Einnahmen der Streitkräfte und der Polizei aus undurchsichtigen Geschäften sollten durch reguläre Bezahlungen aus dem Staatshaushalt ersetzt werden. Bis dahin ist, beispielsweise durch gut ausgestattete Aufsichtsbehörden, für eine ausreichende Transparenz der noch bestehenden Finanzierung zu sorgen.

- Einzelne Sondereinheiten (Brimob, Kopassus, Kostrad etc.) müssen entweder aufgelöst oder hinsichtlich ihres Aufgabenbereiches neu definiert werden.

ANMERKUNGEN:

(Fußnote 1/FN1) Die besten Übersichten zu dieser Phase finden sich bei: Crouch, H.: The Army and Politics in Indonesia; Ithaca, New York 1978 und Sundhaussen, U.: The Road to Power: Indonesian Military Politics 1945-1967; Oxford, London, Glasgow 1982 (FN2) Koninklijk Nederlands Indisch Leger = Königliche Niederländisch-Indische Armee. Die Niederländer waren von 1800-1942 Kolonialmacht in Niederländisch-Indien. In den folgenden 3 ½ Jahren machten die Japaner Indonesien zu einem Teil ihrer "Großostasiatischen Wohlfahrtssphäre". 1945-1948 versuchten die Niederländer das Inselreich zurückzuerobern.

(FN3) Pembela Tanah Air.

(FN4) McVey, R.: "The Post-Revolutionary Transformation of the Indonesian Army, Part 1"; in: Indonesia, No.11, 1971, S.131-176, 133ff.

(FN5) Nöbel, H.W.: Heer und Politik in Indonesien. Zielsetzung und Zielverwirklichung einer militärischen Organisation 1945-1967. Boppard 1975, S.84. Zum Guerilla-Hintergrund: Dahm, B.: Das indonesische Heer und die Politik. Vor dem Hintergrund der Guerillatradition auf Java. In: Dahm, B./Weyand, R. (Hg.): Das Militär in ASEAN-Staaten - auf der Grundlage unterschiedlicher soziokultureller Voraussetzungen; Hamburg 1993, S.98-115.

(FN6) Allerdings hatten sie radikale Kräfte (Kommunisten und Islamisten) schon frühzeitig ausgeschaltet und waren durch den "Geist der Revolution" geeint.

(FN7) Die Zeit von 1945-1949 wird auch als eine Phase der Revolution beschrieben, da nach Erringung der Unabhängigkeit und während des Kampfes gegen die Niederländer die Herrschaftsstrukturen in den verschiedenen Regionen des indonesischen Archipels grundlegend verändert wurden.

(FN8) Sundhaussen, U.: The Military: Structure, Procedures, and Effects on Indonesian Society. In: Jackson, K.D./Pye, L.W. (Hrsg.): Political Power and Communications in Indonesia; Berkeley, Los Angeles, London, 1978, S.45-81, S.52.

(FN9) Partai Komunis Indonesia = Kommunistische Partei Indonesiens.

(FN10) Das ist die heute östlichste Provinz Papua, die 1969 nach einer manipulierten Abstimmung der Stammesführer der Republik angegliedert wurde.

(FN11) Crouch, H.: The Army and Politics in Indonesia. Ithaca, New York, 1978, S.47ff.

(FN12) 1965 waren 12 der 24 Provinzgouverneure Militärs.

(FN13) Komando Cadangan Strategis Angkatan Darat = Strategisches Reservekommando des Heeres.

(FN14) Es ist allerdings bis heute nicht geklärt, ob Suharto nicht von den Putschabsichten informiert worden oder gar selbst in die Planungen einbezogen war.

(FN15) Zur Neuen Ordnung: Ufen, A.: Herrschaftsfiguration und Demokratisierung in Indonesien (1965-2000); Hamburg, 2002.

(FN16) Man schätzt, dass 1965-67 etwa 500.000 vermeintliche und wirkliche Kommunisten in erster Linie vom Militär und von muslimischen Jugendorganisationen umgebracht wurden.

(FN17) Kommando Pemulihan Keamanan dan Ketertiban.

(FN18) Angkatan Bersenjata Republik Indonesia = Streitkräfte der Republik Indonesien; Bezeichnung gültig seit 1962 (bis 1999, danach: TNI, Tentara Nasional Indonesia = Indonesische Streitkräfte).

(FN19) Komando Daerah Militer = Regionales Militärkommando.

(FN20) Komando Resort Militer = Subregional-Militärkommando.

(FN21) Komando Distrik Militer = Distrikt-Militärkommando.

(FN22) Komando Rayon Militer = Subdistrikt-Militärkommando.

(FN23) Bintara pembina desa.

(FN24) Komando Pasukan Khusus = Sondereinsatzkommando.

(FN25) Lowry, R.: The Armed Forces of Indonesia. St. Leonards, Australien, 1996, S.229ff.

(FN26) Der Geheimdienst entwickelte sich unter den Geheimdienstzaren Ali Murtopo und Benny Murdani zu einer Art Staat im Staate. Siehe: Tanter, R.: The Totalitarian Ambition: Intelligence Organisations in the Indonesian State. In: Budiman, A. (Hrsg.): The State and Civil Society in Indonesia. Clayton, Victoria, 1990, S.213-289.

(FN27) Inside Indonesia Jan.-März 1998, S.4f.

(FN28) Vgl. dazu: Ryter, L.: Pemuda Pancasila: The Last Loyalist Free Men of Suharto’s New Order? In: Indonesia 66, 1998, S.45-73.

(FN29) Iswandi: Bisnis Militer Orde Baru. Keterlibatan ABRI dalam Bidang Ekonomi dan Pengaruhnya terhadap Pembentukan Rezim Otoriter; Bandung 1998; Samego, I., et al.: Bila ABRI Berbisnis: Buku pertama yang menyingkap Data dan Kasus Penyimpangan dalam Praktik Bisnis Kalangan Militer; Bandung 1998.

(FN30) Far Eastern Economic Review, 18.5.1995. Ein gutes Jahr vorher fanden sich in derselben Zeitschrift etwas andere Zahlen: Danach besetzten 1967 25.000 Offiziere kekaryaan-Positionen, 1986 waren es 13.000 und 1992 nur noch etwa 9.500 (Far Eastern Economic Review, 28.4.1994).

(FN31) Siehe MacDougall, J. A.: Patterns of Military Control in the Indonesian Higher Central Bureaucracy. In: Indonesia, No.33, 1982, S.89-123; und ders.: Military Penetration of the Indonesian Government: The Higher Central Bureaucracy. In: Indonesia Reports, No.14, 1986, S.2-15.

(FN32) Neben Golkar, die bei den hochgradig manipulierten Wahlen immer 60-70% der Stimmen erhielt, waren das die schon erwähnte PDI und die muslimische Vereinigte Entwicklungspartei (PPP = Partai Persatuan Pembangunan).

(FN33) Zum Patrimonialismus: Crouch 1979, a.a.O.

(FN34) Siehe: Far Eastern Economic Review, 4.6.1998. Zum Militär in den ersten zwei Jahren nach dem Sturz Suhartos: Heinz 2001; Crouch 1999 und 2000; Herrmann 2000; Honna 2000.

(FN35) Vgl. Heinz, W.S.:"Militär und Demokratie in Indonesien. In: Nord-Süd aktuell, Nr.1/2001; S.119-128.

(FN36) Majelis Permusyawaratan Rakyat = Volkskongress. Die zweite Kammer, die bis 2004 u.a. den Präsidenten wählte.

(FN37) Dewan Perwakilan Rakyat. Zu diesem Zeitpunkt waren 75 der insgesamt 500 Parlamentarier Militärs.

(FN38) Tempo, 12.4.1999.

(FN39) Forum Keadilan, 11.4.1999.

(FN40) Wandelt, I.: ABRI nach den Wahlen - Eine Analyse zur inneren Lage der indonesischen Streitkräfte. In: Indonesien Information, Nr.3/99; S.30-34.

(FN41) Partai Kebangkitan Bangsa = Partei des Volkserwachens; am 23. Juli 1998 gegründet.

(FN42) Vgl.: Tempo, 9.1. und 13.2.2000.

(FN43) Ost-Timor wurde schließlich 2002 unabhängig. Vgl. ausführlich dazu: Ufen, A.: Der lange Weg Ost-Timors zur Unabhängigkeit (1974-2002). In: Südostasien aktuell 3/2002; S.262-280.

(FN44) Vgl.: UN Office of the High Commissioner for Human Rights (2000); außerdem: Komisi Penyelidik Pelanggaran Hak Asasi Manusia Timor Timur (2000).

(FN45) Vgl.: Tempo, 12.3.2000.

(FN46) Badan Koordinasi Bantuan Pemantapan Stabilitas Nasional.

(FN47) Komando Operasi Pemulihan Keamanan dan Ketertiban.

(FN48) Zu den Entwicklungen im Militär siehe auch: Wandelt, I.: Veränderte Kontinuität. Die indonesischen Streitkräfte und das neue indonesische Ministerkabinett. In: Indonesien Information; Nr.3/2000, S.56-59.

(FN49) Crouch, H.: Indonesia: Democratization and the Threat of Disintegration. In: Southeast Asian Affairs 2000, S.115-133, S.129.

(FN50) Dazu und zu den Vorstellungen dieser Reformer: Kadi, S.: TNI-AD. Dahulu, Sekarang dan Masa Depan; Jakarta 2000.

(FN51) Far Eastern Economic Review, 9.11.2000.

(FN52) Wahid wurde bis zum Ende seiner Amtszeit wegen zweier Korruptionsskandale ("Buloggate" und "Bruneigate"), umstrittener Kabinettsumbesetzungen, ausgedehnter Auslandsreisen und seiner Passivität in Fragen der Wirtschaftspolitik sowie bei verschiedenen Unruhen attackiert.

(FN53) Auch der Versuch Wahids, den Polizeichef Bimantoro abzusetzen, scheiterte an dessen Weigerung. Bimantoro berief sich zu Recht auf Verfassungsklauseln, die die Zustimmung des Parlamentes für eine solche Entscheidung vorsehen. Wahid ernannte daraufhin einen neuen Stellvertreter des Polizeichefs und übertrug ihm weit reichende Vollmachten, sodass es an der Spitze der Polizei eine Zeitlang eine Art Doppelherrschaft gab. Da die Mehrheit der Polizeioffiziere aber offenbar auf der Seite Bimantoros stand, der auch von den meisten Parlamentariern unterstützt wurde, konnte sich Wahid auch bei dieser Personalentscheidung de facto nicht durchsetzen.

(FN54) Zu neueren Entwicklungen: Honna, J.: Military Politics and Democratization in Indonesia. London 2003; Wanandi, J.: Challenge of the TNI and its Role in Indonesia’s Future. In: Soesastro, H./Smith, A.L./Han M.L. (Hg.): Governance in Indonesia. Challenges Facing the Megawati Presidency. Singapur 2003; S.91-105; Mietzner, M.: Business as Usual? The Indonesian Armed Forces and Local Politics in the Post-Soeharto era. In: Aspinall, E./Fealy, G. (Hg.): Local Power and Politics in Indonesia. Decentralisation & Democratisation; Singapur 2003; S.245-258.

(FN55) Vgl. zur Entwicklung in Aceh: International Crisis Group: Aceh: Why Military Force Won’t Bring Lasting Peace, Asia Report N°17, 12 June 2001; International Crisis Group: Aceh: Why The Military Option Still Won’t Work, Indonesia Briefing Paper, 9 May 2003 und International Crisis Group: Aceh: How Not to Win Hearts and Minds, Indonesia Briefing Paper, 23 July 2003.

(FN56) Vgl. zu Papua International Crisis Group: Dividing Papua: How Not To Do It, Asia Briefing Paper, 9 April 2003. Für Papua und Aceh sind im Zuge der Dezentralisierungspolitik Sonderautonomieregelungen getroffen worden, die aber nur in Ansätzen implementiert wurden. Vgl. zur Dezentralisierung: Bünte, M.: Regionale Autonomie in Indonesien. Wege zur erfolgreichen Dezentralisierung; Hamburg 2003.

(FN57) Siehe den Kommentar von James van Zorge in: Wall Street Journal, 30.4.2003.

(FN58) The Straits Times Interactive, 10.4.2003.

(FN59) Siehe Tapol Bulletin 164/5, Dec 2001/February 2002: "Civilian rule, military power"; http://tapol.gn.apc.org/164-5ncivi.htm, gelesen am 20.3.2002.

(FN60) Zum terroristischen Netzwerk Jemaah Islamiyah, das für den Bombenanschlag, bei dem 202 Menschen ums Leben gekommen sind, verantwortlich gemacht wird: International Crisis Group: Jemaah Islamiyah in South East Asia: Damaged but Still Dangerous, Asia Report N°63, 26 August 2003.

(FN61) The Jakarta Post, 11.9.2003.

(FN62) The Jakarta Post, 13.8. und 14.8.2003; International Herald Tribune, 11.8.2003.

(FN63) Das verdeutlichen auch Zusammenstöße von Militär- und Polizeieinheiten wie in Binjai (Nordsumatra), wo je ein Gebäude der örtlichen Polizei und der mobilen Polizeibrigade (Brimob) mit Macheten, Gewehren und Handgranaten angegriffen worden ist. Der Angriff, der zur Freilassung eines Gefangenen führen sollte, dauerte mehrere Stunden. Der von der Polizei festgehaltene Soldat war offenbar in den Handel mit Drogen verwickelt - es ist von eineinhalb Tonnen Marihuana die Rede (Wall Street Journal, 2.10.2002).

(FN64) Siehe: International Crisis Group: Indonesia: Keeping the Military Under Control, Asia Report N° 9, 5 September 2000; sämtliche ICG-Berichte unter: www.crisisweb.org.

Dr. phil. Andreas Ufen

Geb. 1965; 1988-94 Studium der Politologie und Sinologie in Berlin (FU), Abschluss als Diplompolitologe 1994; Einjähriger Forschungsaufenthalt in Singapur und Indonesien 1997/98; Dissertation in Hamburg (April 2000): "Herrschaftsfiguration und Demokratisierung in Indonesien - Entstehung, Entwicklung und Zerfall der Neuen Ordnung (1965-1999)"; Seit Juli 2000 wissenschaftlicher Referent am Institut für Asienkunde; Juli 2004-Juli 2006 Leiter des DFG-Forschungsprojektes "Islam und Demokratie in Südostasien. Politischer Islam, Konfliktlinien und Demokratisierung in Indonesien und Malaysia".



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