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Das Österreichische Bundesheer im Kosovo

Von der Aufhebung der Autonomie bis hin zum NATO-Einsatz

Der gewaltsame Konflikt zwischen dem serbischen Militär und den Polizeikräften einerseits und Kosovo-Albanern anderseits eskalierte im Jahr 1989. Dieser Konflikt konnte in weiterer Folge nur durch den Einsatz von NATO-Truppen beendet werden. Seit 1999 sorgt die Kosovo Force (KFOR) für Ruhe und Stabilität in der Region.

Schon am Beginn der achtziger Jahre waren die politischen Spannungen in der Region des Kosovo deutlich erkennbar. 1981 kam es zu ersten schweren Unruhen, initiiert von albanischen politischen Aktivisten.

Im Jahr 1989 hob der damalige serbische Präsident Jugoslawiens, Slobodan Milosevic, die Autonomie des Kosovo auf. Die kosovarischen Abgeordneten des ehemaligen jugoslawischen Bundesparlamentes bildeten daraufhin 1991 eine Untergrundregierung. Danach schufen sie eine eigene provisorische Verfassung für das Gebiet des Kosovo und veranstalteten am 24. Mai 1992 - von der Bundesrepublik Jugoslawien allerdings nie anerkannte - Wahlen.

Die eskalierende Unterdrückung der Albaner im Kosovo durch die Serben führte 1994 zur Aufstellung der bewaffneten "Untergrundarmee", der UCK (Ushtira Clirimtare e Kosoves - Kosovo-Befreiungsarmee).

Bei ersten Scharmützeln kam es im Sommer und Herbst 1998 zu Vertreibungen zahlreicher Angehöriger der albanischen Volksgruppe durch serbische Polizeieinheiten. Immer stärker beteiligten sich aber auch serbische Freischärlergruppen an diesen Operationen, dabei kam es zu ersten Gräueltaten an Zivilisten der albanischen Volksgruppe.

Offene Feindseligkeiten zwischen dem serbischen Militär und den Polizeikräften einerseits und Kosovo-Albanern anderseits führten im Jahre 1998 zum Tod von über 1 500 Kosovo-Albanern. 400 000 Menschen wurden vertrieben. Die Eskalation des Konfliktes beunruhigte zusehends auch die Internationale Staatengemeinschaft, vor allem hinsichtlich der humanitären Konsequenzen (ethnische Säuberungen, Flüchtlinge usw.) und der Gefahr der Ausdehnung der Kampfhandlungen auf die Nachbarstaaten. Auch die Missachtung diplomatischer Bemühungen zur friedlichen Beilegung des Konfliktes durch Präsident Milosevic sowie die destabilisierende Rolle der militanten kosovo-albanischen Kräfte waren beunruhigend.

Nachdem vierzig Leichen - darunter auch einige von Angehörigen der UCK, mehrheitlich aber Alte, Frauen und Kinder - gefunden worden waren, erregte das vermutlich von serbischen Freischärlern oder sogar von Polizeiverbänden um den 10. Jänner 1999 verübte Massaker von Racak weltweites Aufsehen. Die Vermittlungsbemühungen der Vereinten Nationen, der EU und der NATO waren bis dahin durchwegs erfolglos geblieben.

Diplomatische Anstrengungen

Am Außenministertreffen des Nord-Atlantik-Rates am 28. Mai 1998 legte die NATO zwei Hauptziele für eine Lösung der Kosovo-Krise fest, nämlich

  • durch Übernahme von Verantwortung durch die Internationale Staatengemeinschaft zu einer friedlichen Lösung des Konfliktes beizutragen sowie
  • die Stabilität und Sicherheit in den Nachbarländern mit besonderem Schwergewicht in Albanien und in der ehemaligen jugoslawischen Teilrepublik Mazedonien (Former Yugoslavian Republic of Macedonia, FYROM) zu fördern.

Das Treffen der Verteidigungsminister des Nord-Atlantik-Rates am 12. Juni 1998 regte eine Beurteilung von weiterführenden Maßnahmen durch die NATO für den Fall einer weiteren Eskalation der Kosovo-Krise an. Dies führte zu einer Vielzahl militärischer Optionen.

Infolge einer Verschlechterung der Situation erteilte der NATO-Rat am 13. Oktober 1998 die Grundsatzweisung für Luftschläge gegen Jugoslawien. Dieser Schritt sollte die Bemühungen der Diplomaten unterstützen, die dem Milosevic-Regime nahelegten, seine Kräfte aus dem Kosovo abzuziehen, die Beendigung der Gewalttätigkeiten anzustreben und die Rückkehr der Flüchtlinge in ihre Heimat zu ermöglichen.

Nach weiteren diplomatischen Initiativen stimmte Präsident Milosevic im letzten Moment den Forderungen zu, und die Luftschläge wurden vorerst abgesagt.

Die UN-Sicherheitsratsresolution 1199 brachte unter anderem die tiefe Beunruhigung über die exzessive Gewaltanwendung durch die serbischen Sicherheitskräfte und die Jugoslawische Volksarmee (JVA) zum Ausdruck und forderte beide Konfliktparteien zu einem Waffenstillstand auf. Im Sinne der Sicherheitsratsresolution wurde die erlaubte Stärke der serbischen Kräfte im Kosovo begrenzt. Der Umfang ihrer Operationen wurde in einem separaten Abkommen mit den Generälen Naumann und Clarke eingeschränkt. Zusätzlich installierten die Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE) eine "Kosovo Verification Mission" (KVM) zur Überwachung der Einhaltung der Abkommen auf dem Boden und die NATO eine Luftaufklärungsmission. Die Einrichtung dieser beiden Missionen billigte die UN-Sicherheitsratsresolution 1203. Verschiedene Partnership for Peace-Nationen (PfP) sagten einen Beitrag zur Luftaufklärungsmission der NATO zu.

Zur Unterstützung der OSZE richtete die Allianz eine militärische Task Force ein, um Mitglieder der KVM bei einem Wiederaufflammen der Auseinandersetzungen evakuieren zu können. Diese Task Force war unter dem Kommando des SACEUR in FYROM stationiert.

Trotz dieser Schritte flackerte der Konflikt im Kosovo nach mehreren Provokationen beider Seiten sowie exzessiver und unangemessener Gewaltanwendung durch die jugoslawische Armee und die Spezialpolizei Anfang 1999 wieder auf. Manche dieser Zwischenfälle wurden durch Vermittlungsbemühungen der örtlichen OSZE-Mitarbeiter entschärft, aber Mitte Jänner 1999 verschlechterte sich die Situation nach der serbischen Offensive gegen die Kosovo-Albaner weiter.

Die Kontaktgruppe der sechs Länder (die USA, Großbritannien, Frankreich, Deutschland, Russland, Italien), die bei der Londoner Konferenz über das ehemalige Jugoslawien 1992 etabliert worden war, traf am 29. Jänner 1999 zusammen. Es wurde vereinbart, dringende Verhandlungen zwischen den beiden Konfliktparteien unter internationaler Vermittlung einzuberufen.

Die NATO unterstützte und verstärkte die Bemühungen der Kontaktgruppe, indem sie am 30. Jänner 1999 allenfalls notwendigen Luftschlägen zustimmte und eine Warnung an beide Konfliktparteien richtete. Diese Initiativen gipfelten in ersten Verhandlungen zwischen den Konfliktparteien in Rambouillet nahe Paris vom 6. bis 23. Februar 1999, gefolgt von einer zweiten Runde in Paris vom 15. bis 18. März 1999. Am Ende dieser zweiten Gesprächsrunde unterzeichnete die kosovo-albanische Delegation das vorgeschlagene Friedensabkommen, die Gespräche endeten aber ohne Unterschrift der serbischen Delegation.

Eingreifen der NATO

Unmittelbar danach verstärkten serbische Militär- und Polizeikräfte die Intensität ihrer Operation gegen ethnische Albaner im Kosovo. Sie brachten zusätzliche Truppen und moderne Panzer in die Region und brachen damit klar das Abkommen vom Oktober 1998. Angesichts dieser systematischen Offensive flüchteten zehntausende Menschen.

Am 20. März 1999 zog sich die KVM der OSZE nach schweren Behinderungen durch die serbischen Kräfte, die ihr die Erfüllung des Auftrages unmöglich machten, aus der Region zurück. U.S.-Botschafter Holbrooke flog nach Belgrad, um in einem letzten Versuch Präsident Milosevic zu bewegen, die Angriffe auf die Kosovo-Albaner zu stoppen. Andernfalls wurde mit NATO-Luftschlägen gedroht. Milosevic weigerte sich, die Forderungen zu erfüllen, und am 23. März 1999 erging der Befehl, mit den Luftschlägen zu beginnen (Operation "ALLIED FORCE").

Am Abend des 24. März begannen die NATO-Luftangriffe, die vorerst ein sehr geringes Ausmaß und eher Signalwirkung und noch wenig Wirksamkeit hatten. Gerichtet waren sie gegen die Verbände der 3. jugoslawischen Armee im Kosovo, aber auch gegen strategische Ziele in Serbien und Montenegro.

Die politische Wirkungslosigkeit, die sich nach einigen Tagen herausstellte (die jugoslawische Führung machte keinerlei Anstalten, auf die Bedingungen von Rambouillet einzugehen), führte innerhalb weniger Tage zur Zuführung weiterer NATO-Luftverbände, die sich nun an den Operationen beteiligten.

Die jugoslawische Luftverteidigung konnte zwar bis zum Ende der Kampfhandlungen nicht vollständig ausgeschaltet werden, blieb aber weitgehend wirkungslos.

Die jugoslawischen Jagdfliegerverbände wurden in Luftkämpfen und zum Teil auf ihren Flugplätzen dezimiert und erzielten keine nachweisbaren Erfolge (siehe TD 5/2009, "Die Luftstreitkräfte Serbiens - Hüter des serbischen Luftraums"). Die jugoslawischen Fliegerabwehrverbände konnten zwar zwei Kampfflugzeuge der U.S. Air Force (USAF) abschießen (einen F-117 Stealth-Bomber und einen F-16 Jagdbomber), deren Piloten wurden aber durch Such- und Rettungsoperationen (Search and Rescue, SAR) der USAF unversehrt geborgen und in Sicherheit gebracht. Mehrere Flugzeuge wurden beschädigt sowie etwa zehn Aufklärungsdrohnen der beteiligten NATO-Streitkräfte zerstört. Trotz mehr als tausend abgefeuerten Luftabwehrraketen und einer gewaltigen Menge verschossener Fliegerabwehrmunition blieb der Erfolg aufgrund der elektronischen Gegenmaßnahmen letztlich sehr bescheiden.

Die materiellen und personellen Verluste der jugoslawischen 3. Armee im Kosovo waren eher gering, die Beweglichkeit der Verbände war aber weitgehend eingeschränkt. Die heftigen Luftangriffe der NATO hatten schwere Zerstörungen der militärischen und zivilen Infrastruktur in Serbien und Montenegro zur Folge.

Insgesamt dauerte der Luftkrieg 78 Tage. Mehr als 38 000 Einsätze wurden geflogen (14 000 davon waren Kampfeinsätze). Zwischen 24. März und 10. Juni 1999 warfen NATO-Verbände über 20 000 Bomben und Flugkörper ab.

Einsätze von Kampfhubschraubern und von Spezialtruppen wurden erwogen aber (nach heutiger Kenntnis) letztlich nicht durchgeführt. Zwei Kampfhubschrauber AH-64 "Apache" waren allerdings bei Unfällen verloren gegangen.

Die schweren Zerstörungen bei den Führungseinrichtungen und bei der Infrastruktur sowie die Aussichtslosigkeit, einen militärischen Konflikt gegen die NATO noch lange durchzuhalten, führten Anfang Juni 1999 letztlich zum Einlenken der jugoslawischen Führung. Nach jugoslawischen Angaben verloren die Streitkräfte durch die Bombardements 532 Soldaten und Sonderpolizisten. Auch mehrere hundert Zivilisten sollen dabei getötet oder verletzt worden sein.

Die jugoslawische 3. Armee hatte im Kosovo allerdings auch materielle Verluste (über 100 gepanzerte Fahrzeuge sowie eine unbekannte Anzahl von Geschützen und Militärfahrzeugen) durch den Luftkrieg hinnehmen müssen und rückte ab 11. Juni 1999 nach Serbien und Montenegro ab.

Von Ende 1998 bis Juni 1999 waren rund 750 000 Albaner vertrieben worden oder geflüchtet. Die meisten von ihnen kehrten bis Ende 1999 unter dem Schutz der KFOR-Truppen, deren erste Vorausabteilungen am 12. Juni mit Hubschraubern im Kosovo abgesetzt worden waren, in ihre Heimat zurück.

Am 10. Juni 1999 gab NATO-Generalsekretär Javier Solana nach einer 78 Tage dauernden Luftoperation bekannt, dass er General Wesley Clarke angewiesen habe, die Luftschläge gegen Jugoslawien auszusetzen. Diese Entscheidung wurde nach Beratungen mit dem Nord-Atlantik-Rat und der Bestätigung durch General Clarke, dass der vollständige Rückzug der jugoslawischen Kräfte aus dem Kosovo begonnen hätte, getroffen.

Der Truppenabzug wurde in einem "Military Technical Agreement" (MTA) zwischen der NATO und der Bundesrepublik Jugoslawien am 9. Juni 1999 festgelegt. Dieses Abkommen wurde seitens der NATO durch Generalleutnant Sir Michael Jackson und seitens Jugoslawiens durch Generaloberst Svetozar Marjanovic (JVA) sowie Generalleutnant Obrad Stevanovic (Innenministerium) unterzeichnet. Der Abzug stand auch im Einklang mit dem Abkommen zwischen der Bundesrepublik Jugoslawien und der Europäischen Union, dem russischen Sondergesandten, dem finnischen Präsidenten Ahtisaari und dem früheren russischen Außenminister Victor Chernomyrdin, das am 3. Juni 1999 unterzeichnet wurde.

Der NATO-Generalsekretär drängte alle Konfliktparteien, die Gelegenheit zum Friedensschluss zu nützen, und erinnerte sie daran, alle Verpflichtungen aus den Vereinbarungen in Übereinstimmung mit allen relevanten UN-Sicherheitsratsresolutionen einzuhalten.

Der NATO-Generalsekretär sprach General Clarke und den Truppen, die zur Operation "ALLIED FORCE" beigetragen hatten, vor allem wegen deren Zusammenhalt und Entschlossenheit, Annerkennung aus. Nach Clarke war die NATO nun bereit, ihre neue Mission zu beginnen, die Menschen zurück in ihre Heimat zu bringen sowie für einen dauerhaften und gerechten Frieden im Kosovo zu sorgen.

Fakten und Zahlen

Zwischen März 1998 und März 1999 wurden als Folge der serbischen Regierungspolitik im Kosovo über 2 000 Menschen getötet. Während des Sommers 1998 wurden über 250 000 Kosovaren vertrieben, Dörfer und Ernten wurden zerstört.

Im Jänner 1999 fand ein UN-Team Beweise eines Massakers an 40 Menschen in Racak. Anfang April 1999 schätzte das UNHCR die Zahl der Flüchtlinge infolge der ethnischen Säuberungen in Albanien auf 226 000, in FYROM auf 125 000 und in Montenegro auf 33 000.

Die Hilfe durch die NATO-Truppen erleichterte die Situation der Flüchtlinge. Diese Hilfe beinhaltete die Bereitstellung von Ausrüstung sowie das Errichten von Camps für 50 000 Flüchtlinge in Albanien und die Erweiterung der Camps in FYROM. Die medizinische Unterstützung umfasste unter anderem die Durchführung von Notoperationen für Opfer von Schießereien. Flüchtlinge wurden in Sicherheit gebracht und Hilfsgüter transportiert.

Ende Mai 1999 hatten über 230 000 Flüchtlinge FYROM erreicht, über 430 000 waren in Albanien und etwa 64 000 in Montenegro eingetroffen. Ungefähr 21 500 erreichten Bosnien und über 61 000 wurden in andere Länder evakuiert. Im Kosovo selbst verloren etwa 580 000 Menschen ihr Heim. Schätzungen zufolge waren Ende Mai 1999 1,5 Millionen Menschen, das sind 90 Prozent der Bevölkerung des Kosovo, auf der Flucht. Etwa 225 000 kosovarische Männer galten als vermisst. 5 000 Kosovaren wurden ermordet.

NATO-Truppen haben viele tausend Tonnen Nahrungsmittel und Ausrüstung in das Gebiet eingeflogen. Ende Mai 1999 waren über 4 666 Tonnen Nahrungsmittel und Trinkwasser, 4 325 Tonnen andere Güter, 2 624 Tonnen Zelte und nahezu 1 600 Tonnen medizinische Hilfsgüter in den Kosovo geflogen worden.

Ahtisaari Plan

Der UN-Sonderbeauftragte für den Kosovo und ehemalige finnische Präsident, Martti Ahtisaari, hatte die Aufgabe, die Interessen der Ethnien zu versöhnen, um eine friedliche Zukunft für den Kosovo zu ermöglichen. Sein Plan vermeidet eine direkte Festlegung des Status des Kosovo. Allerdings enthält er so viele statusrelevante Elemente, wie Statussymbole, Verhandlungsfreiheit zu internationalen Verträgen und Mitgliedschaften bis zu einer eigenen leicht bewaffneten Einheit (im Sinne einer militärischen Kraft), sodass der Weg des Kosovo in die Souveränität vorgezeichnet ist.

Die Kosovo Force - KFOR

In der am 10. Juni 1999 verabschiedeten Resolution 1244 begrüßt der UN-Sicherheitsrat die Akzeptanz einer politischen Lösung der Kosovo-Krise durch die Bundesrepublik Jugoslawien. Diese Lösung müsse ein unverzügliches Ende der Gewalt und einen raschen Abzug der militärischen und paramilitärischen Kräfte sowie der Polizei mit einschließen. Die Resolution wurde mit 14 zu null Stimmen, bei einer Enthaltung (China), angenommen und verkündete die Entscheidung des UN-Sicherheitsrates, internationale zivile Kräfte und Sicherheitskräfte unter UN-Mandat im Kosovo einzusetzen.

Der UN-Sicherheitsrat entschied auf der Grundlage des Kapitels VII der UN-Charta, dass die politische Lösung der Krise auf jenen Allgemeinen Grundsätzen basieren sollte, die am 6. Mai 1999 durch die Außenminister der G-7 (Gruppe der 7; bestehend aus den USA, Deutschland, Großbritannien, Frankreich, Italien, Japan, Kanada) und Russlands beschlossen wurden. Darüber hinaus sollten die Grundsätze, die durch den finnischen Präsidenten und den Sondergesandten der Russischen Föderation am 3. Juni überreicht und von der Regierung der Bundesrepublik Jugoslawien akzeptiert worden waren, angewandt werden.

Die Grundsätze enthielten unter anderem:

  • ein unverzügliches und nachprüfbares Ende der Gewalt und Unterdrückung im Kosovo;
  • den Abzug des Militärs, der Polizei sowie der paramilitärischen Kräfte der Bundesrepublik Jugoslawien;
  • die Verlegung wirksamer internationaler Sicherheitskräfte mit einer substanziellen Beteiligung der NATO unter einheitlicher Führung;
  • die Einrichtung einer Übergangsverwaltung;
  • die sichere und freie Rückkehr aller Flüchtlinge;
  • einen politischen Prozess zur Entwicklung einer substanziellen Selbstverwaltung unter Einschluss der Entwaffnung der Kosovo-Befreiungsarmee (Kosovo Liberation Army, KLA);
  • umfangreiche Bemühungen zur wirtschaftlichen Entwicklung der Krisenregion.

Der Sicherheitsrat autorisierte die Mitgliedstaaten und internationalen Organisationen, eine internatonale Sicherheitspräsenz (Militär) einzurichten, und beschloss, dass deren Aufgaben die Abschreckung von neuen Feindseligkeiten, die Entwaffnung der KLA sowie die Schaffung eines sicheren Umfeldes für die Rückkehr von Flüchtlingen umfassen sollten. Der Sicherheitsrat beauftragte darüber hinaus den Generalsekretär der Vereinten Nationen, die internationale Zivilverwaltung einzurichten und einen "Special Representative" zu ernennen.

Auf der Basis der Anweisungen des Nord-Atlantik-Rates traf Sir General Jackson, gestützt auf ein UN-Mandat (Resolution 1244), unverzüglich Vorbereitungen für eine rasche Verlegung der Schutztruppe (Operation "JOINT GUARDIAN").

Die ersten Teile trafen am 12. Juni 1999 im Kosovo ein. In Übereinstimmung mit dem MTA wurde die Verlegung der Schutztruppe KFOR mit dem Abzug der serbischen Kräfte abgestimmt. Am 20. Juni war der Abzug der Serben abgeschlossen und KFOR im Einsatz. Diese multinationale Truppe unter einheitlicher Führung mit substanzieller NATO-Beteiligung erreichte mit rund 50 000 Soldaten ihre bis heute höchste Truppenstärke. Ebenfalls am 20. Juni erklärte die NATO die Luftschläge formell für beendet.

Die NATO-Kräfte bildeten die Speerspitze der humanitären Bemühungen zur Linderung der Leiden der vielen tausenden von Flüchtlingen, die Opfer der ethnischen Säuberung der Serben geworden waren. In FYROM errichteten NATO-Truppen Flüchtlings- und Aufnahmelager sowie Notverpflegungsstellen und brachten hunderte Tonnen Hilfsgüter zu den Bedürftigen. Auch nach Albanien wurden bedeutende Kräfte verlegt, um ähnliche Hilfsmaßnahmen durchzuführen.

Die NATO unterstützte darüber hinaus den United Nations High Commissioner of Refugees (Hochkommissar für Flüchtlingswesen) bei der Koordinierung der Hilfsflüge und stellte zur Ergänzung Flugzeuge der Mitgliedstaaten zur Verfügung.

Von besonderem Interesse für die NATO und die Internationale Staatengemeinschaft (u. a. auch für Österreich) war seit dem Ausbruch der Krise die Situation jener Kosovo-Albaner, die im Kosovo verblieben waren. Deren Notlage war von Flüchtlingen beschrieben worden. Alle Hinweise deuteten auf eine organisierte Verfolgung einschließlich

  • Massenerschießungen,
  • Missbrauch als menschliche Schilde im Kampf,
  • Vergewaltigungen,
  • Massenvertreibungen,
  • Brandschatzung und Plünderung von Häusern und Dörfern,
  • Vernichtung von Ernte und Viehbestand,
  • Unterdrückung von Identität,
  • Verleugnung der Herkunft und Konfiszierung des Besitzes nach Beschlagnahme von Dokumenten,
  • Aushungerung und Erschöpfung sowie
  • vieler andere Missachtungen der Menschenrechte und internationaler Normen des zivilisierten Verhaltens hin.

KFOR heute

Elf Jahre nach dem Beginn der NATO-Operation im Kosovo wird nunmehr das letzte Kapitel des KFOR-Einsatzes aufgeschlagen. Elf Jahre multinationale Truppenpräsenz in einem geographisch eher kleinen Raum sind eine lange Zeit. Sie zeigen, dass das Konzept der Trennung von Streitparteien zur Friedenssicherung erfolgreich sein kann, wenn die militärische Operation von einem klaren Mandat (hier UN-Resolution 1244) geleitet und mit genügend Mitteln zur Durchsetzung ausgerüstet ist sowie parallel zur und abgestimmt mit der politischen Entwicklung läuft.

Nur einmal, bei den Unruhen im März 2004, war die Entschlossenheit von KFOR herausgefordert worden. Danach lief die Entwicklung, begleitet auch vom Ahtisaari-Plan in Richtung friedvoller Entwicklung des Kosovo (Diesen Plan hat übrigens der frühere österreichische Generalsekretär im Außenamt, Botschafter i. R. Dr. Albert Rohan maßgeblich mitentwickelt).

Heute, mehr als zwei Jahre nach der einseitigen Ausrufung der Unabhängigkeit des Staates Kosovo, ist der junge Staat auf dem Weg zur Normalität. Dies bedeutet nicht, dass der Konflikt "gelöst" ist, aber die Rückkehr zu einer kosovo-weiten gewaltsamen Eskalation wird von den meisten truppenstellenden Nationen als gering beurteilt.

Diese Beurteilung erlaubte die Ausformulierung des Planes "Deterrent Presence" (siehe auch TD 3/2010, "Einsatzvorbereitung unter geänderten Bedingungen - Reduzieren der Kräfte bei KFOR"). Unter Beibehaltung einer "glaubwürdigen, abschreckenden" Präsenz wird die Stärke der Kräfte von KFOR schrittweise abgebaut. Dies verläuft im Gleichklang mit der weiteren Entwicklung der Institutionen im Kosovo. Unterstützt von den vor Ort befindlichen internationalen Organisationen, wie UNMIK, OSCE, ICO und EULEX soll der junge Staat immer mehr Aufgaben übernehmen. Dazu zählen auch Teile jener Kernaufgabe von KFOR, die die allgemeine Sicherheit und die Bewegungsfreiheit aller im Kosovo lebenden Bevölkerungsgruppen betreffen. Sichtbares Zeichen dafür ist die schrittweise Übergabe der Verantwortung von bedeutsamen Objekten, die bisher unter unmittelbarem und alleinigem Schutz von KFOR standen. So wurde z. B. am 18. März 2010 das Denkmal zur Erinnerung an die Schlacht auf dem Amselfeld ("Gazimestan-Denkmal") in die Verantwortung der Kosovo-Polizei (KP) übergeben. Bis dato haben 22 EU-Staaten den Kosovo als Staat anerkannt (Ausnahmen: Slowakei, Griechenland, Zypern, Spanien und Rumänien). Bis Mitte Mai 2010 anerkannten insgesamt 68 UNO-Mitgliedsländer den Kosovo. Bis dato verhindert Serbien mit diplomatischen und rechtlichen Initiativen (unterstützt von Russland) die Aufnahme Kosovos in die UNO und weitere Anerkennungswellen.

KFOR-Stufenplan

Die Reduzierung der Kräfte erfolgt in drei Stufen. Die erste Stufe (Gate 1) ist seit Februar 2010 umgesetzt. Dieser und jeder weiteren Stufe geht eine eingehende Beurteilung der Lage vor Ort voraus. In einem wiederkehrenden Zyklus wird anhand von vielen sicherheitsrelevanten Einzelindikatoren (z. B. ethnisch motivierte Zwischenfälle, wirtschaftliche Entwicklung) aus dem Kosovo geprüft, ob sich die Lage weiter stabilisiert hat. Nur wenn die politischen, wirtschaftlichen, sozialen und militärischen Faktoren eine weitere Reduzierung der Kräfte zulassen, wird durch den Kommandanten von KFOR (COMKFOR), als verantwortlichem operativen Führer vor Ort, eine Empfehlung zur Umsetzung der nächsten Stufe an die übergeordnete Führungsebene vorgelegt. Bei gleicher Beurteilung wird sie zur weiteren Umsetzung dem Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) empfohlen. Der Nord-Atlantik-Rat entscheidet schlussendlich aufgrund dieser Empfehlungen. Der Prozess ist daher zeitlich nicht fixiert, wenngleich Vorstellungen über wünschenswerte zeitliche Abfolgen existieren.

Die drei "Gates" genannten Stufen zur Reduzierung der Truppen sind:

Gate 1:

Betrug die Stärke KFOR noch Mitte 2009 ca. 13 500 Soldaten, so sank sie im Gate 1 (Stufe 1) mit Anfang Februar 2010 auf nunmehr knapp über 10 000. Das brachte auch eine Änderung in der Führungsorganisation von KFOR mit sich. Noch 2009 führte das Hauptquartier KFOR mit fünf multinationalen Brigadekommanden (MNTF; siehe auch TD 1/2009, "Ein Team - eine Mission, Multinationalität - ein Garant für den Erfolg der MNTF S im Kosovo"). Diese führten ihrerseits Bataillone mit mehreren Kompanien. Seit Anfang 2010 wurden die fünf multinationalen Brigadekommanden in fünf multinationale Battle Groups umgewandelt. Die Battle Groups sind verstärkte Bataillone, die nunmehr Kompanien direkt führen. Es erfolgte somit ein "gleichmäßiges" Ausdünnen der vorhandenen Kräfte unter grundsätzlicher Beibehaltung der bisherigen Strukturen im Raum. Konsequenz dieses Vorgehens war nicht nur die Reduktion der Truppenstärke, sondern auch die Verringerung von Spezialelementen vor allem im logistischen Bereich.

Als zumindest teilweisen Ausgleich wurde erstmals in einem Einsatz eine "Joint Logistic Support Group" gebildet. Diese soll durch Koordination zwischen den nationalen Support Elementen (NSE) der truppenstellenden Nationen und durch eigene Logistikkräfte, kosovo-weit die Verbände und Nationen bei logistischen Aufgaben übergreifend unterstützen.

Gate 2:

Gate 2 (Stufe 2) bedeutet eine Halbierung der Truppenstärke auf ca. 5 000 Soldaten und eine Änderung in der Führungsstruktur. Die Anzahl der Battle Groups wird dann voraussichtlich von fünf auf zwei reduziert. Durch die Reduzierung der Kräfte im Kosovo steigt die Bedeutung der Informationsgewinnung zur Beurteilung der allgemeinen Lage im Einsatzraum. Vor allem der Erhalt der "Situational Awareness" - des Lagebildes durch militärische und zivile Quellen (Soldaten, NGO etc.) gewinnt eine besondere Bedeutung. Das zeigt auch die Änderung der entsandten österreichischen Elemente. Österreich leistet bereits ab Gate 1 einen beachteten Beitrag zum Erhalt des Lagebildes für die militärische Führung.

Die Flexibilität der verbleibenden Truppen wird dann vermehrt gefordert werden, da deren kosovo-weiter Einsatz die Regel sein wird. Wesentlich unterstützt wird diese Flexibilität durch die Möglichkeit eines schnellen Lufttransportes der Kräfte. Das Verlegen von Kräften auf dem Landmarsch ist durch den noch relativ schlechten Straßenausbau nur sehr langsam möglich. Durch den Lufttransport der eingesetzten Kräfte können rasch Schwergewichte gebildet werden und damit Eskalationen von Gewalttätigkeiten unterbunden werden. Selbst der Transport leicht gepanzerter Fahrzeuge ist durch die vor Ort eingesetzten U.S.-Hubschrauber des Typs "Black Hawk" möglich. Auch im Bereich Lufttransport leistet Österreich mit der Entsendung von Hubschraubern (derzeit AB212) einen signifikanten Beitrag.

Die im Gate 2 verbleibenden Kräfte sollen auf weniger Feldlager verteilt werden, um die Kosten für den Campbetrieb und die Bewachung zu minimieren. Eine Abdeckung des Raumes mit Soldaten wird dann nicht mehr durch die Anzahl der Feldlager, sondern durch "Liaison and Monitoring Teams" (LMT), wie schon in Bosnien, möglich sein (siehe auch TD 6/2007, "LOT und LMT"). Die in der Bevölkerung lebenden Soldaten der LMT sollen den "Puls" der Gesellschaft fühlen und Veränderungen melden. Der Zeitpunkt der Einnahme dieser Stufe hängt von der weiteren Entwicklung im Kosovo und in Serbien ab.

Faktoren, die beobachtet werden müssen, sind die Entwicklung der Situation vor allem der serbischen Minderheit sowie die wirtschaftliche und soziale Entwicklung im Kosovo. Geht man davon aus, dass sich der positive Trend des letzten Jahres fortsetzt und Serbien eher mäßigend auf die Vertreter der serbischen Minderheit im Kosovo einwirkt, wird im Jahr 2011 die Umsetzung der nächsten Stufe zu erwarten sein.

Gate 3:

Gate 3 (Stufe 3) sieht eine weitere Reduktion der Kräfte von 5 000 auf 2 500 Soldaten vor. Konsequenterweise werden die Kräfte im Einsatzraum dann nur mehr eine Art "Brückenkopf" sein, der bei einer deutlichen Verschlechterung der Lage das Einfließen von zusätzlichen Kräften (Operative Reserven, z. B. das deutsch-österreichische Operational Response Force-Battalion, ORF-Bataillon) unterstützt.

In dieser Phase wird das Schwergewicht der Operationsführung vermehrt auf der Unterstützung der Kosovo Security Force liegen. Diese 2009 aufgestellten, freiwilligen und professionellen Sicherheitskräfte des Kosovo sollen die zivilen Behörden bei Katastrophen und anderen außerordentlichen Ereignissen unterstützen, bei denen die Möglichkeiten der Polizei ausgeschöpft sind, und die bisher durch KFOR wahrgenommen wurden.

Die Nennung eines Zeitpunktes zur Erreichung des Gate 3 wäre heute wohl zu früh. Die Transformation zwischen den Gates unter einem Jahr ist eher schwierig. Dazu kommt, dass auch der psychologische Aspekt in der kosovarischen Politik und Bevölkerung zu bedenken ist, da ein allzu rascher Abzug als das Ende der Unterstützung des Reformprozesses im Kosovo gedeutet werden könnte. Damit könnte genau jener "Funke" ausgelöst werden, der wieder zu einer Verschlechterung der Situation führt. Der angestrebte, methodische Ansatz der Transformation der Kräfte sollte auch unter dem Diktat der Budgetknappheit in allen truppenstellenden Staaten beibehalten werden, um das bisher Erreichte nicht zu gefährden. Vor allem der unilaterale Abzug einzelner Nationen kann den Prozess negativ beeinflussen.

Das formale Ende der Mission und die Vollendung des UN-Mandates wird mit dem Abzug der letzten Kräfte in einer weiteren Phase nach Gate 3 ("Minimum Presence") heranstehen. Vermutlich wird, abhängig von der weiteren politischen Entwicklung im Kosovo, der Staat eine Mitgliedschaft bei der EU und auch bei der NATO anstreben. Die NATO, und insbesondere die USA, genießen kosovo-weit hohes Ansehen, weil sie die Vertreibung und den teilweisen Genozid an der kosovo-albanischen Bevölkerungsgruppe verhindert haben. Das Verbleiben einer NATO-Struktur auch nach Beendigung der Operation zur Beratung der Kosovo Security Force gilt daher als sehr wahrscheinlich.

Resümee

Der Kosovo ist gleichsam ein "Musterfall" für eine Operation zur Friedenswiederherstellung und Friedenssicherung. Zumindest zwei Lehren können für Militärs vorab gezogen werden:

Militärisch hohe Bedeutung hat die Beschaffung eines umfassenden Lagebildes durch Aufklärung und Informationsbeschaffung vor Ort zur Verhinderung von Eskalationen wie im März 2004. Konsequenz für die eigene Armee muss daher eine Verstärkung der bodengebundenen, aber auch die Schaffung einer luftgestützten Aufklärungskapazität für das Österreichische Bundesheer sein.

Politisch muss die Entschlossenheit zu einem militärischen Einsatz hervorgehoben werden, um größeres humanitäres Leid zu verhindern. Weiters ist eine positive Entwicklung nur dann zu erwarten, wenn die militärischen Maßnahmen von intensiven politischen (und wirtschaftlichen) Bemühungen begleitet werden. Der Schlüssel zur Konfliktlösung liegt daher bei der Politik. Die österreichischen Soldaten sind jedenfalls fähig und bereit für weitere Einsätze im Namen der Friedenssicherung bei Missionen der Vereinten Nationen und der Europäischen Union, wenn die österreichische Politik dies als notwendig beurteilt.


Gedanken des nationalen Kontingentskommandanten AUCON 20/21 KFOR

Erfolg ausnützen:

Aus der Sicht der inspizierenden und besuchenden Vorgesetzten sowie des Kontingentskommandanten ist dieser Einsatz des Bundesheeres (wie im Wesentlichen alle Einsätze) als voller Erfolg zu werten. Diese Beurteilung erfolgt nicht aus Eigenlob für die unterstellten Teile, sondern aus ehrlicher Überzeugung und dem Vergleich mit anderen Nationen. Weder die österreichischen Soldaten noch das verwendete Gerät im Allgemeinen geben Anlass zu Klagen. Die Einbindung der Miliz erfolgt selbstverständlich reibungslos und ohne Unterschiede.

Leider findet die Kommunikation dieser Erfolge weder intern noch extern ausreichend statt. Meinungsträger (z. B. Politiker) sind vom Leistungsvermögen des Kosovo-Kontingentes, wenn es ihnen gezeigt wird, positiv überrascht. Auch wenn dieser (in nächster Zeit zu Ende gehende) Einsatz nicht mehr im vollen Medieninteresse steht, sollte die interne und externe Kommunikation verstärkt und auf das Niveau der aus Österreich unterstützten CIMIC-Aktivitäten angehoben werden.

Verankerung in der Führungsstruktur anstreben:

Der österreichische Beitrag konzentriert sich in der MNBG S. Die Spitze der militärischen Führung liegt aber im Hauptquartier von KFOR, immerhin bis Ende 2010 unter dem NATO-Kommando eines Drei-Sterne-Generals. Als mit Abstand stärkster Nicht-NATO-Truppensteller wäre eine noch stärkere Beteiligung in diesem oder vergleichbaren Hauptquartieren von Seiten Österreichs erstrebenswert. Denn nur dort fallen Entscheidungen über die Weiterentwicklung der Mission und sind daher wichtige Informationen verfügbar. Aus dieser Sicht (vergleichbar mit dem Einblick ins Gelände) wäre dort der Platz des nationalen Kontingentskommandanten auf Dauer anzusiedeln.

"Comprehensive Approach" verstärken:

Überraschend ist, welch hoher Österreicher-Anteil im Kosovo in staatlichen und nicht-staatlichen Organisationen besteht. Das informell vorhandene Netzwerk, das durch die Masse der vor Ort befindlichen Österreicher unterstützt wurde, hat sich sehr gut bewährt. Dabei stellt sich die Frage, ob im Sinne eines "umfassenden staatlichen Ansatzes" nicht ein höherer Zielerreichungsgrad der österreichischen Politik gegenüber dem Kosovo möglich gewesen wäre.

Das Zusammenwirken oder die Möglichkeit der Kooperation mit den verschiedenen Dienststellen und Organisationen wurde jedenfalls als sehr positiv empfunden und trägt zumindest indirekt auch zu einer besseren Einschätzung der Lage vor Ort durch den Kontingentskommandanten bei. Sie ist zumindest für das österreichische Kontingent und die österreichischen Staatsbürger vor Ort unmittelbar sicherheitsrelevant.

Spezialisierung wagen:

Österreichische Beiträge zu friedenserhaltenden Informationen konzentrieren sich sehr oft auf einen infanteristischen oder logistischen Beitrag. Aus Sicht der Kontingentskommandanten sollten andere, nicht personalintensive, aber hochwirksame Truppengestellungen vermehrt erwogen werden. Vor allem der Bereich der Aufklärung spielt eine wichtige Rolle. Hier wird durch die Beschaffung des geschützten Mehrzweckfahrzeuges IVECO LMV (siehe auch TD 4/2009, "IVECO LMV - Light Multirole Vehicle"; Anm.) ein Schritt in Richtung Zukunft gesetzt. Genauso wichtig wäre der Bereich der Luftaufklärung. Ohne diese ist eine moderne Operationsführung unvorstellbar. Neben Drohnen erleben auch bemannte leichte Flächenflugzeuge (vergleichbar mit der PC-6) eine Renaissance.

Aber auch Spezialisten der ABC-Abwehr aus Österreich wären gefragt, zumindest als rasch abrufbare Truppe. Den vielfältigen Bedürfnissen der Einsätze entsprechend wäre eine Erweiterung des Leistungsspektrums im Ausland vor allem durch Kräfte zweckmäßig, denen auch eine Bedeutung bei nationalen Einsätzen wie z. B. bei (Luft-)Aufklärung oder Pionieren zukommt.


Autor: Auszug aus TD-Taschenbuch KFOR und ab Kapitel "KFOR heute" Brigadier MMag. Norbert Huber, Jahrgang 1961; Ausmusterung 1984 zum Panzergrenadierbataillon 9 als Zugs-, und Kompaniekommandant, ab 1985 Lehroffizier Panzergrenadier an der Panzertruppenschule, ab 1991 Generalstabslehrgang, danach verschiedene Verwendungen im BMLV; 1999 Kommandant des Jägerbataillons 17, 2000-2001 Command and General Staff Course der U.S. Army, ab Ende 2002 Abteilungsleiter Strukturplanung; Juli 2009 bis Jänner 2010 Auslandseinsatz als stellvertretender Stabschef für Unterstützung (Deputy Chief of Staff Support, DCOS Support) im Hauptquartier von KFOR und österreichischer Kontingentskommandant.

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