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Das Überwachungsgeschwader in der Luftraumsicherungsoperation

Nationale und internationale Großveranstaltungen sind gegen alle Bedrohungen abzusichern - dazu gehören auch jene aus der Luft. Daraus folgt, dass solche Großveranstaltungen und Besuche nur dann durchgeführt werden können, wenn für einen Veranstaltungsort über eine gewisse Zeitspanne eine effektive Luftraumsicherung gewährleistet werden kann. Die Terroranschläge am 11. September 2001 (9/11) in New York haben die Auswirkungen einer solchen Bedrohung aufgezeigt.

Mit den Geschehnissen von 9/11 setzte im militärischen und zivilen Bewusstsein ein Umdenken bezüglich der Sicherheitsinteressen ein. Nach diesem unkonventionellen Angriff wurde die neue Bedrohung von Luftfahrzeugen als terroristische Waffe mit hoher Öffentlichkeitswirksamkeit erkannt und rückte somit auch in den Bereich des Mach- und Denkbaren.

Seit 9/11 sind politische und sportliche Großveranstaltungen - nationaler und internationaler Art - potenzielle Ziele für terroristische Aktivitäten, weil mit solchen Anschlägen durch den Einsatz geringer Mittel eine hohe mediale Wirksamkeit erreicht werden kann.

Erhebliches Interesse erzielen in Österreich in den Medien auch Besuche wichtiger Persönlichkeiten (wie z. B. Staatsoberhäupter, der Papst oder ähnlich hohe Funktionsträger). Diese stellen ebenfalls potenzielle Ziele für terroristisch motivierte Anschläge aus der Luft dar.

Um den Veranstaltungsort vor unbefugtem Einfliegen von Luftfahrzeugen zu schützen, werden Flugverbots- und/oder Flugbeschränkungsgebiete festgelegt. Zur Überwachung dieser verfügten Restriktionen werden sowohl das passive Element der Radarüberwachung als auch eine aktive fliegerische Komponente benötigt. Über die notwendigen Einsatzmittel verfügen in Österreich nur die Luftstreitkräfte des Österreichischen Bundesheeres.

Der koordinierte Einsatz dieser aktiven und passiven Mittel zum Schutz solcher Veranstaltungen erfolgt im Rahmen von Luftraumsicherungsoperationen (LRSiOp). Derartige Operationen wurden u. a. während der österreichischen EU-Präsidentschaft (1. Halbjahr 2006), des Besuches des U.S.-Präsidenten George W. Bush (Juni 2006), des russischen Präsidenten Vladimir Putin (Mai 2007), von Papst Benedikt XVI. (September 2007) sowie bei allen Spielen in Österreich während der mit der Schweiz gemeinsam veranstalteten Fußballeuropameisterschaft 2008 ("EURO 08") durchgeführt. Während dieser "EURO 08" wurden erstmals die neu eingeführten Eurofighter für eine Luftraumsicherungsoperation eingesetzt.

Luftraumsicherungsoperationen "Dädalus"

In Davos in der Schweiz finden jährlich Treffen im Rahmen des World Economic Forums (WEF) mit hochrangigen Vertretern aus Wirtschaft, Politik und Gesellschaft, darunter vielen Staats- und Regierungschefs, statt. Bei diversen Arbeitssitzungen werden die dringlichsten Fragen der Welt, wie Gesundheits- und Umweltfragen, diskutiert.

Dieses Jahr fand das WEF vom 26. bis 30. Jänner 2011 statt. Prominente Gäste waren heuer u. a. die deutsche Bundeskanzlerin Angela Merkel, die Präsidenten von Frankreich Nicolas Sarkozy und Russland Dmitrij Medwedew sowie Großbritanniens Premierminister David Cameron. Aus den USA kam Finanzminister Timothy Geithner und aus China Handelsminister Chen Deming. Für Österreich nahm Außenminister Michael Spindelegger teil.

Zur Absicherung dieser Veranstaltungen führte die Schweiz Luftraumsicherungsoperationen durch. Nachdem Davos nahe der österreichischen Grenze liegt, erging seitens der Schweiz an Österreich das Ersuchen, die Absicherung im österreichischen Hoheitsgebiet durchzuführen. Im Österreichischen Bundesheer sind diese Luftraumsicherungsoperationen seit 2008 mit dem Namen "Dädalus" (davor "Ikarus") versehen.

Das Word Economic Forum (WEF) in Davos und "Dädalus" 11

Als mögliche Bedrohungen aus der Luft wurden vor allem unachtsame, nicht ausreichend informierte Piloten sowie Aktivisten, die medienwirksam provozieren wollen, angenommen. Aber auch Anschläge von Terroristen konnten nicht ausgeschlossen werden.

Zur Absicherung der Treffen wurde ein Flugbeschränkungsgebiet im Ausmaß von 25 nautischen Meilen (etwa 46 km) um Davos eingerichtet und entsprechend der allgemeinen Luftfahrtregeln verlautbart. Diese Kernzone reichte von der Erdoberfläche bis in Flight Level 205 (das sind 20 000 Fuß bzw. ca. 6 250 m). Zusätzlich zu diesem zylinderförmigen Luftraum wurden noch weitere Lufträume eingerichtet, die in der Nutzung ebenfalls Einschränkungen aufwiesen. Davos liegt nur etwa 15 Kilometer von Vorarlberg entfernt. Österreich wurde daher ersucht, den in unserem Staatsgebiet liegenden Bereich ebenfalls durch ein "Zeitweiliges Flugbeschränkungsgebiet (Temporary Restricted Area - TRA)" abzusichern. Diesem Ersuchen wurde entsprochen und zur Durchsetzung des Flugbeschränkungsgebietes eine Luftraumsicherungsoperation angeordnet.

Um alle Geschwindigkeitsbereiche etwaiger einfliegender Luftfahrzeuge (von Klein-, Sportflugzeugen, Hubschraubern bis hin zu schnellfliegenden Jets) abzudecken, wurde der Einsatz von OH-58 "Kiowa", PC-7 "Turbo Trainer", Saab 105 OE und Eurofighter befohlen.

Dem Verband Luftraumüberwachung oblag es, mit den bodengestützten Sensoren des Systems Goldhaube unter Verdichtung durch zusätzliche Radargeräte (Tieffliegererfassungsradar, Skyguard und mobiles Mittelbereichsradar) eine möglichst genaue Luftlage zu erhalten, um durch Bereithalten von fliegerischen Einsatzmitteln aktiv auf etwaige Bedrohungen reagieren zu können.

Einsatz des Überwachungsgeschwaders bei "Dädalus" 11

Die Planungen dieser LRSiOp begannen für das Überwachungsgeschwader (ÜbwGschw) nach Erhalt eines entsprechenden Vorbefehls bereits im Herbst 2010.

Für die Dauer der LRSiOp wurde dem ÜbwGschw ein PC-7-Element der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule unterstellt. Weiters war die Verlegung der fliegerischen Teile PC-7 und Saab 105 OE auf den Flughafen Innsbruck vorgesehen.

Die Absprachen erfolgten mit dem Flughafen Innsbruck und der dort ansässigen Tyrolean Airways betreffend der Nutzung der vorhandenen Infrastruktur, der Aufstellung der bewaffneten Flugzeuge sowie der Hangarierung und Errichtung eines Gefechtstandes.

Die Erkundung umfasste auch die fernmeldemäßige Einbindung in das ortsfeste Heeresfernmeldenetz für die am Flughafen eingesetzten Teile und die Verfügbarkeit des Führungsinformationssystems/Luft für die Durchführung der fliegerischen Aufträge.

Diese Erkundungsergebnisse flossen in die weitere Planung und Befehlsgebung für den Einsatz der Kräfte auf dem Flughafen Innsbruck ein.

Einsatz der Kräfte

Dem ÜbwGschw wurde im Rahmen von "Dädalus" 11 die Aufgabe zugeteilt, die fliegerischen Einsatzmittel Eurofighter, Saab 105 OE und PC-7 bereitzustellen, um die geforderten Einsätze der Air Tasking Order (ATO) durchzuführen. Die Erfüllung dieses Auftrages erforderte die Einbindung alle Einheiten des Verbandes.

Kommando

Aus den Fachbereichen des Kommandos wurde der Geschwadergefechtsstand gebildet und die truppendienstliche Führung für die unterstellten Kräfte wahrgenommen. Mit dem Luftlagedarstellungsmodul Kreidfeuer des Führungsinformationssystem/Luft wurde am Gefechtsstand die Luftlage eingespielt. Die Lageentwicklungen konnten dadurch aktuell mitverfolgt werden.

Stabskompanie

Für die Einsatzbereitschaft des Flugplatzes Zeltweg leistet die Stabskompanie einen grundlegenden Beitrag. Der Luftfahrzeugrettungs-&ABC-Abwehrzug (LfzRt&ABC-AbwZg) und die Sanitätskräfte unterstützen den Betrieb des Einsatzflugplatzes Zeltweg. Die spezielle Ausstattung dieser Kräfte sichert bei Bedarf ein rasches Einschreiten bei Flugnotfällen und Flugunfällen im Flugplatzbereich. Die Betriebsmittelgruppe trägt mit der Betankung der rückkehrenden Eurofighter zur raschen Wiederherstellung der Einsatzbereitschaft bei.

Die notwendige Verlegefähigkeit und Mobilität des ÜbwGschw wird durch die Kräfte im Kf-Bereich gewährleistet.

Militärflugleitung

Die Einheit Militärflugleitung (MFLtg) gewährleistet durch eine fundierte Wetterberatung die Beurteilung der Durchführbarkeit der zu fliegenden Aufträge und leistet damit einen grundlegenden Beitrag zur Festlegung der Einsatzbereitschaft des Flugplatzes Zeltweg unter den gegebenen Wetterbedingungen. Besonders im Operationszeitraum Jänner können Schnee und Nebellagen die sichere Durchführung des Flugbetriebes beeinträchtigen.

Durch Ausübung des Flugverkehr- und Kontrolldienstes trägt die Flug-sicherung zu einer reibungslosen Flugabwicklung bei.

Ausbildungs- und Simulationszentrum Zeltweg (ASZZ)

Mit dem Full Mission Simulator des ASZZ wurde in der Vorbereitung der LRSiOp speziell auftretende Verfahren und Notsituationen am Eurofighter geübt.

Aufträge zur Verdichtung der Radarerfassung im Einsatzraum mittels des Eurofighter-Flugzeugradars im Look-down-Modus können im Vorlauf bereits auf brauchbare Datenerfassungen überprüft werden. Mit diesen Daten werden die Räume für die Combat Air Patrols festgelegt.

1. und 2. Staffel

Während der "Dädalus" 11 wurde die 1. Staffel zur Durchführung der fliegerischen Aufträge für den Eurofighter bestimmt. Damit war sie für die Planung und Flugeinteilung der Piloten zuständig. Auch das Squadron Operations Center (SQOC) Eurofighter wurde von dieser Staffel betrieben. Das Personal der 2. Staffel unterstützte die Flugdurchführung und den Betrieb des SQOC. Die Flüge wurden mit Bordkanone und der Lenkwaffe IRIS-T bewaffnet durchgeführt.

Düsentrainerstaffel (DüTrainSta)

Die Düsentrainerstaffel verlegte die für "Dädalus"11 eingesetzten Flugzeuge Saab 105 OE nach Innsbruck und flog auch ihre ersten Einsätze. Durch die hohe Auslastung des Flughafens Innsbruck, verursacht durch den enormen Charterbetrieb beim Wechsel der Winterurlauber, wurden die Saab 105 OE am Wochenende nach Zeltweg rückverlegt. Die Flugaufträge wurden aber unter Inkaufnahme längerer An- und Rückflugzeiten weiter von Zeltweg aus durchgeführt.

Luftfahrzeugtechnische Kompanie (Trainer) Diese Einheit ist für den technischen Betrieb des Flugzeuges Saab 105 der Düsentrainerstaffel verantwortlich. Deshalb wurden die notwendigen Teile dieser Kompanie nach Innsbruck und in weiterer Folge nach Zeltweg verlegt, um den Flugbetrieb der Saab 105 OE sicherzustellen.

Wachsicherungs- & Ausbildungskompanie

Diese Ausbildungseinheit führt die Grundausbildung für alle Rekruten durch. Im Zuge der LRSiOp "Dädalus" hielt sie sich für Sicherungsaufgaben bereit. Ein spezieller Auftrag war die im Zuge des Verfahrens "Landezwang" notwendige Sicherung des zur Landung gezwungenen Flugzeuges in Zeltweg.

Unterstellte Teile PC-7

Für die Durchführung der Luftraumsicherungsoperation wurde dem ÜbwGschw ein verstärkter Schwarm PC-7 "Turbo Trainer" unterstellt. Diese Kräfte wurden am Beginn ebenfalls vom Flughafen Innsbruck aus eingesetzt. Gemeinsam mit den nach Innsbruck verlegten Saab 105 OE bildeten diese Kräfte das Squadron Operations Center Innsbruck (SQOC LOWI).

Zur Fernmelde-Einbindung und zur Abwicklung des Flugbetriebes wurden diesen Kräften noch FM-Teile, ein Wetterberatungstrupp sowie Flugsicherungsteile und Wachkräfte zugeteilt.

Mit dieser Truppeneinteilung waren die am Flughafen Innsbruck eingesetzten militärischen Teile autark und konnten die fliegerischen Aufträge eigenständig durchführen.

Durchführung der LRSiOp

Während die truppendienstliche Führung über den jeweils eingesetzten Verband sichergestellt wurde, erfolgte die taktische Führung der fliegerischen Einsatzmittel durch die Einsatzzentrale/Luft, das Air Operations Center (AOC). Diese Trennung erfolgt nach dem Prinzip der zentralen Führung von Luftkriegsmittel.

Das AOC plant, dass in den für die Veranstaltung wesentlichen Zeiträumen Luftfahrzeuge für alle Geschwindigkeitsbereiche rasch einsetzbar sind.

Neben einer sofort abrufbaren Einsatzrotte wurden die Flugzeuge auf den dem Flugbeschränkungsgebiet nahe liegenden Lufträumen als Combat Air Patrol (CAP) bereitgehalten. Diese Lufträume wurden vorab in der Airspace Coordination Order (ACO) durch das Streitkräfteführungskommando/Teilstab Luft festgelegt.

Aus diesen Lufträumen werden die Flugzeuge vom Radarleitdienst der Luftraumüberwachungszentrale im Falle des unbefugten Eindringens in die TRA zumeist mit dem Erstauftrag "Identifizieren" auf das Ziel angesetzt. Neben der Dokumentation der Luftraumverletzung wird der Pilot des unbefugt eingedrungenen Luftfahrzeugs aufgefordert die internationale Notfrequenz (121,5 MHz) zu kontaktieren. Dazu ist bei den Saab 105 OE auf den Kanonenbehältern und bei der PC-7 an der Cockpitscheibe der Hinweis "Call 121,5" angebracht. Folgt der Pilot dieser Aufforderung erhält er über die Notfrequenz den Auftrag die Temporary Restricted Area (TRA) zu verlassen. Verbleibt der Pilot jedoch weiterhin auf seinem Flugweg könnte der weitere Auftrag ein "Wegführen" oder die Durchführung eines "Landezwangs" bedeuten. Der ultimative Auftrag "Bekämpfen" darf erst nach Durchlaufen der Genehmigungskette erfolgen.

Bei einem "Landezwang" wird das abgefangene Luftfahrzeug auf einen vorher bereits festgelegten Flugplatz geleitet, dort zur Landung aufgefordert und durch die auf dem Boden bereitgehaltenen Kräfte übernommen.

Während der LRSiOp "Dädalus" 11 wurden einige unbefugt eingedrungene Flugzeuge abgefangen und aus dem Flugbeschränkungsgebiet geführt.

Nachdem die Veranstaltung des WEF früher als geplant abgeschlossen wurde und die Schweizer Luftwaffe ihren Luftraumsicherungseinsatz bereits mit Samstagabend beendete, wurde auch der österreichische Einsatz zu diesem Zeitpunkt abgeschlossen. Am Sonntag wurden die fliegerischen Einsatzmittel nur mehr als eine verstärkte Luftraum-überwachungs-Einsatzbereitschaft von Zeltweg aus durchgeführt.

Zusammenfassung

Großveranstaltungen sind heute nur mit einer entsprechenden Absicherung gegen Bedrohungen aus der Luft durchführbar. Dieser notwendige Schutz wird durch den Einsatz des Bundesheeres im Rahmen von Luftraumsicherungsoperationen gewährleistet. Dazu sind bodengestützte Mittel zur Erfassung von Zielen und deren Auswertung notwendig. Dies geschieht mit Masse durch die Radarsensoren des Kommandos Luftraumüberwachung.

Die aktive Absicherung erfolgt durch Luftfahrzeuge, wobei nach Unterstellung der PC-7 alle eingesetzten Flugzeuge vom Überwachungsgeschwader gestellt werden.

Nur im Zusammenwirken aller Kräfte können festgelegte Flugbeschränkungsgebiete zum Schutz von Veranstaltungen überwacht werden.


Autor: Oberst Gottfried Nöhrer MBA, Jahrgang 1959. 1978 Einjährig-Freiwilligen-Ausbildung beim Landwehrstammregiment 33 in Mautern. Theresianische Militärakademie von 1979 bis 1982. Ausgemustert im Jahrgang Laudon zur Fliegerschule. Verwendungen in den Fachbereichen S1, S2/S5, als Kommandant der Schulkompanie und später als S3. Letzte Funktion an der Fliegerschule als Kommandant der Führungs- & Verwaltungsabteilung und Leiter des Hauptreferats Vorschriften & Erprobung. Absolvent des Universitätslehrganges für Wehrpädagogik und des Lehrganges Universitären Charakters "Bildungsmanagement". 2007 Wechsel zum Überwachungsgeschwader als Einsatzoffizier in die Einsatz- und Operationszentrale des Geschwaderkommandos.

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