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"Brückenbauer für den Frieden" Vom Regional Liaison Monitoring Team zum Joint Regional Detachment

Die Regional Liaison Monitoring Teams (RLMT), Steuerzentralen der Liaision Monitoring Teams (LMT) im Kosovo, wurden im Laufe der Umstrukturierung der KFOR-Truppen zu Joint Regional Detachments (JRD) umgewandelt. Daraus ergibt sich eine neue Struktur der "Puls-Fühler" und künftige daraus abgeleitete LMT-Einsatzaufgaben und Perspektiven.

Um die Bedeutung sowie den Nutzen der im Kosovo eingesetzten LMTs innerhalb der JRDs und insbesondere die der österreichischen LMTs bei AUTCON/KFOR besser verstehen zu können, muss nicht nur die Beschreibung der Ausgangslage und des taktischen Auftrages dieser besonderen Einheit beleuchtet werden, sondern auch das begleitende sozio-ökonomische und gesellschaftspolitische Umfeld, die Geschichte und die Kultur der dort ansässigen Ethnien.

Entstehung der LMTs Mit der Verabschiedung der Resolution 1244 des Sicherheitsrates der Vereinten Nationen vom 10. Juni 1999 wurde ein UN-Protektorat eingerichtet und somit die Grundlage für eine zivile Übergangsverwaltung sowie für die von der NATO geführte KFOR-Operation mit internationalen Truppen geschaffen. Der Auftrag von KFOR besteht darin, im Kosovo die Voraussetzungen für ein multi-ethnisches, friedliches, rechtsstaatliches und demokratisches Umfeld mit autonomer Selbstverwaltung zu schaffen. Im Zuge des Kosovo-Konfliktes waren vom Ende 1998 bis Juni 1999 rund 750 000 Kosovo-Albaner vertrieben worden oder aus eigenem Entschluss geflohen. Die meisten von ihnen kehrten bis Jahresende 1999 unter dem Schutz der KFOR-Truppen, deren erste Vorausabteilungen der Bundeswehr am 12. Juni mit Hubschraubern im Kosovo abgesetzt worden waren, in ihre Heimat zurück.

Die österreichische Bundesregierung hat am 25. Juni 1999 sowie mit Beschlussfassung des Hauptausschusses des Nationalrates vom 1. Juli 1999 den Einsatz eines Infanteriekontingentes (AUTCON/KFOR) mit Mannschaftstransportpanzern "Pandur" in der Stärke von bis zu 500 Soldaten in der deutschen Brigade im Kosovo beschlossen, und Österreich beteiligt sich seit dem 2. Juli 1999 ununterbrochen an dieser KFOR-Mission.

Die März-Unruhen 2004 überraschten die Truppe. Infolgedessen wurde das LMT-Konzept bei KFOR entwickelt, wobei das österreichische Feldhaus in Orahovac das erste außerhalb eines KFOR-Camps war.

Der Auftrag der LMTs besteht einerseits darin, eine konstante Verbindung von KFOR zu den zivilen Institutionen des Kosovo, zur European Legislative Mission (EULEX) und zur internationalen Gemeinschaft (ICO) wie auch zu den NGOs herzustellen und aufrechtzuerhalten. Andererseits sollen die LMTs durch direkten täglichen Kontakt zur Zivilbevölkerung und ihr Umfeld in Bezug auf die Sicherheit, Politik und Wirtschaft beobachten bzw. festzuhalten und damit einen umfassenden und wichtigen Beitrag zum operationellen Lagebild (situational awareness) für den Kommandanten von KFOR (COM KFOR) leisten.

Des Weiteren gehört zum LMT-Auftrag, im Sinne des Schutzes der eingesetzten Truppe (Force Protection) möglichst frühzeitig aufschlussreiche und signifikante Indikatoren im Hinblick auf ein erhöhtes Agressions- und Unzufriedenheitspotenzial der Bevölkerung zu erkennen und weiterzumelden, um Krisensituationen wie jene im März 2004 schon im Ansatz verhindern zu können. Die LMTs sind gewissermaßen die Augen und Ohren von KFOR im täglichen Umfeld der kosovarischen Bevölkerung.

Aufgaben der LMTs

Ein LMT hat ein sehr umfangreiches Aufgabenspektrum abzudecken und gewinnt besonders im Hinblick auf die konstanten KFOR-Truppenreduzierungen immer mehr an Bedeutung (Näheres weiter unten).

Ein weiterer Schwerpunkt des LMT-Aufgabenbereiches liegt in der Beobachtung von so genannten "Go and See Visits" (GSV) oder "Go and Pray Visits" (GPV), wobei ausgewanderte oder vertriebene Kosovo-Serben (KOS), die derzeit in Serbien leben, ihre früheren Besitzungen bzw. Kirchen und Begräbnisstätten besuchen. Neben diesen Aufgaben nehmen die LMTs auch die Beobachtung von Gemeinderats- und Bürgermeisterwahlen wahr und stehen sowohl mit den demokratisch gewählten Institutionen und deren Vertretern als auch mit Vertretern des Wirtschaftslebens und der Bildungseinrichtungen in engem Kontakt. Die Beobachtungen und Wahrnehmungen des "einfachen" Menschen auf der Straße und dessen allgemeinen Lebensumstände und -bedingungen, sozioökonomischen Probleme, Beschäftigungslosigkeit, Infrastrukturprobleme (Wasser, Strom, Müllabfuhr und medizinische Versorgung) und dessen Wünsche und Erwartungen sind Bestandteil des "täglichen Brotes" eines LMT-Soldaten.

Bereits im August 2009 gab es im gesamten KFOR Einsatzbereich insgesamt sieben LMT-Häuser (siehe dazu auch TD-Heft 2/2005, S. 204 und TD-Heft 6/2007, S. 564). Mit Stand Oktober 2010 existierten im Verantwortungsbereich des RLMT-S bereits fünf LMT-Häuser sowie darüber hinaus kosovoweit insgesamt 20 LMT Field Offices (Feld-Büros).

Ausgehend von der über die Jahre hindurch positiven gesellschafts- und sicherheitspolitischen Situation, erfolgte im Jahre 2009 im Bereich der Operativen Einsatzplanung (Concept of Operation, CONOPS) sowie der Streitkräftestruktur eine weitere Entwicklung bei KFOR. Ab Jänner 2010 zogen intensive Planungen eine weitere KFOR-Transformation nach sich, nämlich die Überleitung von einer "MNTF-(Multinational Task Force-)Struktur" in eine "Battle Group-Struktur" mit einer Anpassung der jeweiligen KFOR-Einsatzmöglichkeiten und -fer­tigkeiten in Verbindung mit einer entsprechenden Truppenreduzierung. Der Hauptauftrag von KFOR - die Aufrechterhaltung eines sicheren und stabilen Umfeldes (Safe and Secure Environment, SASE) sowie die Unterstützung der kosovarischen Behörden/Institutionen und internationalen Organisationen aus der dritten Linie (3rd-Responder) und zwar hinter der Kosovo Police (KP) und EULEX heraus operierend - wurde nun durch die neu formierten fünf Battle Groups sichergestellt. Die insgesamt verbesserte sicherheitspolitische Situation hatte es ermöglicht, dass KFOR den Bewachungsauftrag von religiösen und kulturhistorischen Objekten der serbisch-orthodoxen Minderheit den Behörden/Institutionen des Kosovos übergeben konnte.

Mit der Überleitung in die neue Battle Group-Struktur und der Bildung der "Multinational Battle Group South" (MNBG-S), die sich anfangs aus den Nationen Deutschland, Österreich, Schweiz, Bulgarien, Georgien, Aserbeidschan und der Türkei zusammengesetzt hatte, erfolgte am 21. Jänner 2010 die Auflösung des österreichischen Manöverbataillons "Dulje".

Das neue KFOR Battle Group-Konzept basierte auf der Grundlage einer erhöhten Agilität und Mobilität (flexibler Einsatz, rasch und überall verfügbar/einsetzbar) aller KFOR-Truppen. Basierend auf diesem neuen Battle Group-Konzept, wurde nun ebenso den Fähigkeiten bzw. Fertigkeiten der LMTs nachhaltig mehr Bedeutung zugemessen. Die LMTs dienten nämlich als wichtiges Kommunikationsmittel- und -instrument sowie als Bindeglied zwischen KFOR und der lokalen Bevölkerung im Hinblick auf die Erfassung des täglichen Lagebildes, des so genannten "Puls of Kosovo".

Vom RLMT zum JRD

In der Phase, als es noch Task Forces gab, war das RLMT ein eigener Bereich, während in der Battle Group das RLMT mit anderen nicht-kinetischen-(nicht-tödlichen-)Einheiten wie CIMIC, PSYOPS und Liaison-Funktionen in die G9-Branch integriert wurde.

Mit der Überleitung in das JRD-Konzept bildete man fünf Joint Regional Detachments, basierend auf den verbleibenden zwei Battle Groups "West" und "East". Alle fünf JRDs sind dem COM KFOR direkt unterstellt.

Ausgangslage

Nach Einnahme der operationellen Phase Deterrent Presence (siehe Gra­fik S. 581) mit 7. August 2009 und der erfolgreichen Einnahme einer 5-Multinational Battle Group-(MNBG-)Struktur beauftragte das NATO North Atlantic Council (NAC) KFOR mit der Überleitung in die Transition Phase Gate 1 bis zum 31. Jänner 2010. Der Übergang in die Transition Phase Gate 2 wurde dann am 29. Oktober 2010 angeordnet.

Der Auftrag von KFOR bestand darin, unverzüglich unter Beibehaltung der Kernaufgaben in enger Kooperation mit den internationalen zivilen Kräften und den kosovarischen Institutionen sowie unter Anwendung von kosovoweiten Aufklärungs-Operationen und dem Einsatz von Manoeuvre Forces (MF) und Reserven die Reorganisation in die neue Organisationsform, basierend auf einer 2-MNBG-Struktur, durchzuführen und so die Voraussetzungen für die Einnahme der Phase zum Gate 3 zu schaffen.

Allgemeine Charakteristika/Anforderungsprofil des JRD

Vorerst waren alle RLMTs der 5-Multinational Battle Group-Struktur noch dem jeweiligen MNBG-Kommandanten unterstell. Im Rahmen der neuen 2-Multinational Battle Group-Struktur (Überleitung in Gate 2) wurden die fünf neu gebildeten Joint Regional Detachments nun direkt dem COM KFOR unterstellt und von diesem geführt sowie als KFOR-regionale/territoriale Kraft/Einheit mit eigenständigem Verantwortungsbereich dargestellt. Der jeweilige regionale JRD-Kommandant ist nun raumverantwortlich in seinem Bereich und hat die ausschließliche Befugnis und Verantwortung zum Key Leader Engagement (Kontaktpflege zu religiösen, internationalen, nationalen sowie kosovarischen Institutionen-Vertretern). Um ein optimales Zusammenwirken der neu geschaffenen 2-Multinational Battle Group-Struktur mit den neu etablierten fünf JRDs im Hinblick auf Flexibilität und Beweglichkeit zu erreichen, haben die zwei neu geschaffenen Battle Groups keinen fix zugeordneten Verantwortungsbereich mehr.

Aufträge und Aufgaben JRD

Der wichtigsten Aufgabenbereiche der JRDs sind die Anbahnung, Aufrechterhaltung und Verbesserung der Kommunikation zur internationalen Civil Presence (EULEX, UNMIK, OSCE, Internationale Organisationen, NGOs) sowie zu den Behörden im Kosovo. Damit sollen etwaige negative gesellschaftspolitische Trends sowie sozial und ethnisch motivierte aufkeimende Konflikte rechtzeitig im Vorfeld erkannt und identifiziert bzw. daraus etwaige resultierende "Hot Spots" und "Risk Areas" abgeleitet werden. In diesem Sinne arbeiten und fungieren die JRDs als Frühwarnsysteme, so genannte "Early Warning Stations". In Zusammenarbeit mit den KFOR HQ JEC-(Joint Effect Coordination-)Branchen wie PSYOPS, Information Operations (INFOOPS) und Civil and Military Cooperation (CIMIC) ist es eine weitere Aufgabe, die Koordinierung aller nicht kinetischen Kräfte im Verantwortungsbereich (Area of Responsibility - AOR) wahrzunehmen. Eine ganz entscheidende Vorgabe von KFOR ist der dezidierte Ausschluss von CIMIC-Aktivitäten durch die LMTs der jeweiligen JRDs.

Der operative Auftrag der JRDs bei der Überleitung war, in ihrem jeweiligen Verantwortungsbereich die personelle und ausstattungsmäßige Einsatzbereitschaft (Initial Operational Capability - IOC) bis zum 1. März 2011, gefolgt von einer vollen personellen und ausstattungsmäßigen Einsatzbereitschaft einschließlich der trainierten Kampfführung der Kräfte (Fully Operational Capability - FOC) bis zum 1. Mai 2011, herzustellen.

Die Überleitung der fünf RLMTs in die neue Organisationsform der fünf JRDs hatte in weiterer Folge keine Auswirkungen auf das bisherige KFOR-LMT-Konzept. Eine wichtige KFOR-Vorgabe war, gekoppelt mit dem Überleitungs- und Transformationsprozess, dass die Anbindung der künftigen JRD-Standorte an die vor Ort vorhandenen Sanitäts- und medizinischen Einrichtungen (Feldspitäler) zu erfolgen hatte.

In weiterer Folge wurden ein entsprechend auf den Tätigkeits- und Aufgabenbereich der JRDs bzw. LMTs abzielendes "Threat-Assessment" (Bedrohungsanalyse, Bedrohungsbild) unter Berücksichtigung der vorhandenen Unterstützungskräfte (Designated Rescue Forces der MNBGs - DRF) - abhängig vom jeweiligen Grad der Bedrohungsstufe - ausgearbeitet. Die für bestimmte Bedrohungslagen festgelegten Kräfte agieren ab der Bedrohungsstufe "Medium" als Unterstützungs- und Sicherungstruppen (in Zugs- und Kompaniestärke) für die LMTs aus designierten Manöverräumen heraus. Dabei handelt es sich um taktisch geografisch fix zugeordnete Räume für die DRF, in denen der DRF-Kommandant auch das taktische Kommando für die jeweilige Bedrohungssituation inne hat. Dabei müssen sie, operationell gesehen, mit dem Verantwortungsbereich des jeweiligen JRD bestens vertraut sein. Entscheidend dabei ist ein solides Vertrauensverhältnis zwischen dem jeweiligen JRD- und dem DRF-Kommandanten, das nur durch gemeinsames, regelmäßiges und koordiniertes Üben geschaffen werden kann.

Eine weitere Forderung von KFOR für die Überleitung war die Abhaltung von vorgestaffelten Command Post Exercises (CPX) sowie von Field Training Exercises (FTX). Die überzuführenden JRDs wurden in diesen Trainings mit entsprechenden Übungseinlagen auf mögliche Szenarien bzw. Situationen (z. B. Verkehrsunfälle, aufgebrachter Mob, Medical Evacuation - MEDEVAC - etc.) vorbereitet und geschult.

Während des Überleitungsprozesses brachte die Joint Effects Coordination-Zelle vom Hauptquartier-KFOR Empfehlungen ein: Um im Anlassfall einer mittleren Bedrohungsstufe (Medium Threat Level) keine Koordinierungs- und Kooperationsprobleme auf der Kommandantenebene (zwischen dem Kommandanten der Battle Group und dem Kommandanten des JRD) zu erzeugen, sollten die JRD-Kommandantenposition und -funktion mit jener des Battle Group-Kommandanten (Oberst, OF-5) gleichgesetzt werden.

Im Hinblick auf die taktische Kommunikationsinfrastruktur für die JRDs und insbesondere für die im Feld operierenden LMTs schlug man ein einheitliches Kosovo Force Tracking System (KFTS) vor. Das KFTS ist ein so genanntes Blue Force Tracking System, das auf der Voice Communication Network-(VCN-) oder INMARSAT-Basis (satellitengestütztes Ortungssystem) arbeitet und im gesamten Verantwortungsbereich innerhalb des Kosovo zur Anwendung kommen kann. Ungefähr 600 mit dieser Technologie ausgestattete Fahrzeuge könnten gleichzeitig mit einer Genauigkeit von +/- 20 Metern geortet werden. So liefert das System einen wertvollen Beitrag zum allgemeinen Lagebild, dem so genannten Common Operational Picture (COP), ganz gleich ob das Gerät auf der Battle Group-Ebene oder auf der KFOR HQ-Ebene zum Einsatz gebracht wird. Mittels des Fahrzeug-Einbausatzes (Laptop) besteht die Möglichkeit, entweder fix vorgefertigte Textmeldungen oder freie Textmeldungen bis hin zur NATO-Klassifikation "Vertraulich" an das jeweilige Hauptquartier abzusetzen. Das System erlaubt ebenso die schnelle und leichte Integration von KFOR-Kräften wie jene der Operational Reserve Forces (ORF).

Herausforderungen für das JRD-S (-South)

Ausgehend von den Vorgaben des COM KFOR, dass alle fünf JRDs bis spätestens 1. Mai 2011 ihre volle Einsatzbereitschaft einzumelden hatten, bestand hier im RLMT-S-Bereich für die entsprechende Überleitung vom RLMT ins JRD während der KFOR Deterrent Presence (DP) ins Gate 2 nicht nur ein terminliches Problem, sondern vielmehr ein führungstechnisches Problem durch die ab Einnahme von Gate 2 bestimmte Lead Nation Türkei. Im Zuge der Gate 2 "Expert-Talks" vom Oktober 2010 in Graz wurde ein entsprechender Modus Operandi/Concept of Operation sowie ein künftiger Organisationsplan mit den im RLMT-S vertretenden LMT-Ländern Österreich, Schweiz und der Türkei ausverhandelt und festgelegt.

Ausgangsbasis für alle nachfolgenden Planungs-, Organisations- und Durchführungstätigkeiten während der Überleitung vom RLMT ins JRD war die entsprechende Standortwahl des künftigen JRD-S-Hauptquartieres. Für die Lead Nation Türkei stand das bestehende RLMT HQ im Feldlager "Prizren", das türkische Camp "Sultan Murat" oder ein eigenes designiertes LMT-Feldhaus im Raum Prizren zur Auswahl. Die Standortwahl fiel nach Absprache mit den Kommandanten des deutschen Kontingentes auf den Verbleib innerhalb des deutschen Kontingentsgebäudes im Feldlager "Prizren" und bildete damit die Basis für alle nachgeordneten Planungs- und Durchführungstätigkeiten.

Eine wesentliche Bedingung im Hinblick auf die Standortwahl für die künftigen JRDs war die von KFOR geforderte Nähe und Anbindung der jeweiligen JRD-Hauptquartiere an Sanitäts- bzw. medizinische (Role 2/3 oder aber Minimum Role 1) Einrichtungen, so genannte Medical Treatment Facilities (MTF). Mit der Dislozierung im Feldlager "Prizren" und dem dort befindlichen Feldspital (Role 3, Feldspital mit medizinischen Fachbereichen) des deutschen Kontingentes war die Anbindung erfüllt. Das deutsche Feldspital soll gemäß der deutschen Kontingentsplanungen noch bis zum Ende von Gate 3 im Einsatzraum verbleiben und somit den dort eingesetzten Truppen zur Verfügung stehen.

Als Sekundäraufgabe konnte im operationellen Bereich mit der Entwicklung einer der JRD-S entsprechenden, neuen bzw. adaptierten Key Leader Engagement-(KLE-)Matrix begonnen werden. Diese KLE-Matrix regelt die Liaison- und Kommunikationstätigkeit des JRD-S HQ-Stabes und jene der örtlichen österreichischen, schweizerischen und türkischen LMTs mit den Institutionen im Kosovo, den internationalen Organisationen wie EULEX, UNMIK, UNHCR, den NGOs sowie der OSCE, dem Danish Refugee Council (DRC) und mit allen religiösen Würdenträgern und Institutionen. Weiters erfolgte im operativen Bereich die entsprechende Neubearbeitung bzw. Adaptierung sämtlicher Einsatzgrundlagen (Standard Operating Procedures - SOP) wie das LMT-Concept & Reporting System sowie die Neubearbeitung der Evakuierungs- und MEDEVAC-Pläne für die einzelnen LMT-Feldhäuser.

Aus der medizinisch/sanitätsdienstlichen Perspektive heraus stehen innerhalb des gesamten KFOR-Verantwortungsbereiches und in jedem der derzeit noch zehn betriebenen Camps (insgesamt existieren noch 13; drei sind bereits stillgelegt) - von jeder Nation geführte Role 1 (Allgemein- und notfallmedizinsiche Versorgung) medizinische Betreuungseinrichtungen (Medical Treatment Facilities) - ein Role 2 MTF (Fachärztliche Versorgung) wie im Camp "Bondsteel" (soll bald stillgelegt werden) mit zwei dort stationierten U.S. "Black Hawks" für den luftgestützten Krankentransport während bzw. bis zum Ende der Gate 2-Phase zur Verfügung. Das Role 3 (Klinische Akutversorgung) des deutschen Kontingentes wird bis zum Ende der Gate 3-Phase im Einsatzraum verbleiben.

Die Intentionen von COM KFOR im Zuge der 3. Stufe der Ausführungsphase "Deterrent Presence" bestehen in einer graduellen Reduzierung der eigenen KFOR-Kräfte bei gleichzeitiger Bekundung der Möglichkeit und Bereitschaft, zur Aufrechterhaltung eines sicheren und stabilen Umfeldes weiterhin beizutragen, um in weiterer Folge so die Voraussetzungen für den nächsten Schritt zu schaffen, der 4. Stufe "Minimum Presence".

Dieses Ziel soll einerseits durch einen optimierten Einsatz der Manoeuvre-Truppen, durch die Schaffung von territorialen JRD-Kommanden als Lagebild-Zentren (Regional Situational Awareness) und andererseits durch die Unterstützung der Kosovo Security Forces und einer verstärkten Kommunikation und Kooperation mit den Institutionen im Kosovo sowie den internationalen zivilen Stellen wie UNMIK, EULEX und OSCE mit dem Schwergewicht der Befriedung des Nordens des Kosovo erreicht werden.

Sämtliche kommunalen Kontrollaufgaben haben durch die kosovarische Polizei in Kooperation mit EULEX im Zuge deren MMA-(Monitoring, Mentoring, Advising-)Aktivitäten zu erfolgen. Das gilt ebenso für die Grenzüberwachung und sämtliche Bewachungstätigkeiten von RCHS (Religious and Cultural Heritage Sites) der serbischen Minderheit, die bereits großteils von KFOR an die KP übergeben wurden. In der Folge der über Jahre hindurch erzielten positiven sicherheits- und gesellschaftspolitischen Entwicklungen im Kosovo und der damit in Verbindung stehenden Kräfte und Organisationsanpassung der KFOR-Truppen war dementsprechend auch das österreichische Kontingent von der Reduzierung und Neuorganisation (Auflösung des Manöverbataillons "Dulje", Umbenennung der Multinational Task Force "South" in Multinational Battle Group "South" sowie deren Auflösung mit 11. Februar 2011) betroffen.

Ferner werden die eingesetzten KFOR-Kräfte weiteren, der aktuellen Sicherheitslage angepassten Veränderungen unterliegen. Camps werden geschlossen, und anstelle einer permanenten Präsenz werden flexible, bewegliche Elemente und entsprechende Reserven treten, die sich in immer stärkerem Ausmaß auf "Liaison und Monitoring"-Strukturen abstützen.

Gegenwärtig werden insgesamt 20 Religious and Cultural Heritage Sites (Objekte) von der Kosovo Police in einem 24/7-Schicht-System (24 Stunden, sieben Tage die Woche) bewacht. Sechs RCHS (Gazimestan, Graèanica, Zoèi¹te, Gorioè, Budisavci sowie das Erzengel Kloster im Bistrica-Tal bei Prizren) wurden von KFOR direkt an die kosovarische Polizei übergeben.

Auf einen Blick

In einem durchwegs positiven kosovarischen Staatsbildungsprozesses hatten sich die Aufgaben für KFOR im Laufe der Zeit immer weiter von rein militärischen Aufgaben hin zum zivilen Engagement verlagert. Aufgaben, die bisher KFOR zufielen, werden in immer größerem Umfang von den lokalen Institutionen im Kosovo wahrgenommen. Insbesondere die enge Zusammenarbeit mit EULEX, der Kosovo Police und sonstigen internationalen wie lokalen Organisationen machte diese Umstrukturierung erst möglich.

Die Chancen für den Aufbau einer multi-ethnischen Gesellschaft und für einen zügigen Wiederaufbau des Kosovo stehen im engen Zusammenhang mit der militärischen Absicherung des Friedensprozesses. Die Normalisierung des öffentlichen Lebens muss von einer kosovo-albanischen Bevölkerung organisiert werden, die über ein Jahrzehnt lang von der Beteiligung an der amtlichen Regierungs- und Verwaltungsverantwortung ausgeschlossen war. Aber auch die serbische Bevölkerung, die bedroht und großteils vertrieben wurde, sollte beim Aufbau mitverantwortlich sein.

Die politischen Spannungen zwischen Institutionen von Kosovo-Serben und Kosovo-Albanern im Norden des Kosovo repräsentieren die wohl größte Herausforderung für den Kernauftrag von KFOR, nämlich die Durchsetzung von SASE und der Handlungs- und Bewegungsfreiheit (Freedom of Movement). Obwohl beide Parteien eine friedvolle Regelung der Situation mit Dialog proklamieren, setzen beide Parteien gleichzeitig diametral ihre Ansichten und Standpunkte zur Lösung fort: Einerseits erklärt die Kosovo-Regierung und deren Institutionen im Kosovo, welche mittlerweile von mehr als 90 Staaten anerkannt wird, dass der Norden des Kosovo zum Staatsgebiet des Kosovo gehört, andererseits betont die Führung der Kosovo-Serben ständig, dass das Kosovo Teil von Serbien bleiben und Serbien niemals die Unabhängigkeit des Kosovo anerkennen wird.

Eines der letzten traurigen Beispiele für das latent vorherrschende Gewaltpotenzial im Norden des Kosovo hat sich in Form des Brandanschlages auf die Administrative Boundary Line (ABL) am Grenzpunkt Gate 1 mit Ende Juli 2011 sowie daran anschließend in Form von organisierten Straßenblockaden auf den Hauptversorgungslinien (Main Supply Routes) zu den Gates 1 und Dog 31 als Folge des von der Kosovo-Regierung auferlegte Import-Embargos für serbische und bosnische Güter manifestiert. In den davor vorangegangen Monaten hatte bereits die Verhaftung von Kosovo-Serben durch EULEX im Norden (Zubin Potok) zu organisierten Straßenblockaden geführt.

KFOR mit seinen JRDs und seinen LMTs vor Ort werden weiterhin bemüht sein, unter dem Kommando von COM KFOR als die "Augen und Ohren" für KFOR zu operieren, und so bereits schon im Vorfeld etwaige negative Spannungen im wirtschaftlichen, sozialen und religiösen Umfeld erkennen zu können.


Autoren: Oberstleutnant Helmut Leopold, Jahrgang 1962. 1982 Einjährig-Freiwilligen-Ausbildung beim Landwehrstammregiment 71 in Klagenfurt, Ausbildung zum Sperrjäger an der Sperrtruppenschule Klagenfurt-Lendorf; Mob-Beorderung als Verbindungsoffizier im Militärkommando Salzburg, Auslandseinsätze (im Hauptquartier und als Militärbeobachter) u. a. bei UNTSO, UNMEE, UNMOT, KFOR, UNDOF, SFOR und EUFOR.

Major Peter Nagelstrasser, MA. Jahrgang 1973; 1997 Ausmusterung Jahrgang "Ritter von Trapp" als Logistikoffizier zum Panzerstabsbataillon 4, 1997 bis 2002 verschiedene Funktionen im Bataillon, seit 2002 im Kommando der 4. Panzer­grenadierbrigade (4.PzGrenBrig), seit Juni 2012 S4 der 4.PzGrenBrig, 2010 bis 2011 Absolvierung des 1. Fachhochschul-Mas­terstudienganges "Militärische Führung" an der Landesverteidigungsakademie; bisher 4 Auslandseinsätze, derzeit Leiter der Stabsarbeit bei AUTCON27/KFOR.

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