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Es läuft gut ... ... und schlecht!

In eineinhalb Monaten werden die Österreicherinnen und Österreicher eine für die Sicherheitspolitik richtungsweisende Entscheidung treffen müssen. Kurz, es geht darum, in welcher Organisationsform - allgemeine Wehrpflicht oder Berufsheer - die verteidigungspolitischen Erfordernisse des Landes wahrgenommen werden sollen. Diese von der Regierung erstmals gewählte Form einer Art der direkten Demokratie soll darüber entscheiden, welche Weichenstellung beim Bundesheer vorgenommen werden soll. Entweder es wird das seit 1955 geltende System der allgemeinen Wehrpflicht beibehalten, oder es wird ein Berufsheer, wie es bereits in vielen anderen europäischen Staaten existiert. Um es gleich von Anfang an festzuhalten: Für beide Systeme gibt es gute Gründe für eine Zustimmung, beide Systeme haben auch nicht unbedeutende Nachteile. Also werden sich die Wahlberechtigten entscheiden müssen, wohin die sicherheitspolitische Reise der "Alpenrepublik" gehen soll. Es ist gut, dass diese Causa nach einem schier endlosen politischen Grabenkampf einer Entscheidung zusteuert. Denn diese Regierung hat versprochen, obwohl das nicht zwingend notwendig wäre, die Entscheidung des Volkes bindend anzuerkennen.

Dieses Versprechen hat natürlich auch "Pferdefüße". Erstens: Was tun, wenn nur eine bescheidene Anzahl von Wahlberechtigten (z. B. 30 Prozent) sich an diesem Urnengang beteiligt? Und zweitens, wenn Faymann & Co versprechen, sich an das Ergebnis der Abstimmung zu halten, wie sehr verpflichtet diese Zusage eine ab Herbst 2013 kommende neue Regierung, dem Resultat Folge zu leisten? Verfassungsrechtlich ist diese sicher kommende neue Regierung an den Volksentscheid keinesfalls gebunden. Und wie man die österreichischen Regierungen aus den vergangenen Jahren in ihrem Umgang mit der wichtigen Frage der Sicherheitspolitik kennt, weiß man, dass der neuen Mannschaft auf dem Ballhausplatz jede Möglichkeit der politischen Neubewertung offen steht. Hier zeigt sich, wie sehr die Ergebnisse des 20. Jän­­ner 2013 keinesfalls "in Stein gemeißelt" sind. Aber wie auch immer, es ist zumindest gut - und das ist das Positive -, dass endlich ein Versuch einer Entscheidung über die Zukunft des Bundesheeres gefasst wird. Das ist die eine Seite der Medaille. Die andere, und sie ist schwerwiegender, zeigt uns, dass - so paradox es klingt - die rot-schwarze Regierung beginnt, sich von dieser Entscheidung und der damit folgenden Verantwortung zu entziehen. Eigentlich, und das wäre der politisch korrekte Weg gewesen, hätte die Regierung diese sicherheitspolitische Frage selbst zu entscheiden - dafür ist sie ja gewählt! Und diese sollte dann dem Volk entweder in der Form eines Volksentscheides oder einer allgemeinen Wahl vorgelegt werden. Es fällt jedoch auf, dass sich SPÖ als auch ÖVP in dieser Frage politisch kaum engagieren (Wo bleiben die klaren Worte des Bundeskanzlers und seines Vizes?). Jede Art von Werbemaßnahmen wird tunlichst vermieden, und am liebsten hätten sie regierungspolitisch mit dieser Frage nichts zu tun. Das ist das Schlechte im Verlauf dieser wichtigen Debatte in der Öffentlichkeit. Auffällig ist, dass die Regierungsparteien nicht nur in sich selbst zerstritten sind, sondern konkrete Stellungnahmen, wie vorher schon erwähnt, gänzlich vermeiden. Dafür schickt man irgendwelche Personenkomitees an die Schlachtfront und lässt sie eine Art Stellvertreterkrieg führen. Wo man auch hinblickt, es gibt so gut wie keine bemerkenswerten Werbekampagnen in dieser Frage - weder für noch gegen die Wehrpflicht. Und das Schlimmste, was den Herrschenden vorzuwerfen ist: Es gibt keine sachliche Information für die Wähler, keine Gegenüberstellung von Vor- und Nachteilen der beiden Systeme, keine Grundsatzdiskussion über die Frage mit welchem System die sicherheitspolitischen Interessen Österreichs am besten gewahrt werden könnten. Man lässt die Österreicher im Regen stehen, ohne Information, ohne Aufklärung, ohne Fakten. Auf welcher Grundlage soll nun der Einzelne entscheiden? Oder will man das der Stimmungslage oder den persönlichen Erfahrungen überlassen, wo das berühmte Kreuz am Abstimmungszettel gemacht wird?

Auch in den österreichischen Medien ist relativ wenig über diese wichtige Frage zu lesen. Allerdings - und das muss erwähnt werden: am 20. Oktober 2012 hat der Chefredakteur der "Kleinen Zeitung", Hubert Patterer, einen Leitartikel über das Dilemma dieser Abstimmung verfasst. In nie gelesener Deutlichkeit hat er seiner Leserschaft vor Augen geführt, dass eine seriöse Entscheidung in der Wehrfrage nur dann möglich wäre, wenn es zuvor eine ernsthafte Sicherheitsdebatte unter Einschluss des "Trugbildes Neutralität" und den sicherheitspolitischen Herausforderungen für ein Europa von morgen gegeben hätte. Diese brillante Analyse müsste jedem Regierungsmitglied als Pflichtlektüre verordnet werden.

Trotzdem - gut, dass es eine Abstimmung gibt. Nur leider läuft die Debatte darüber schlecht. Wenn nicht jetzt, wann denn sollten sicherheitspolitische Entscheidungsgrundlagen der Bevölkerung vorgelegt werden?

Professor Walter Seledec

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