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E-Learning Fernseminare Tschechisch

Als 1994 eine Kompanie des Jägerregimentes 4 einige Computer als "Bildschirmschreibmaschinen" erhielt, war es noch unvorstellbar, dass künftig die Masse der Verwaltung und wesentliche Teile der Ausbildung - zum Beispiel der Sprachausbildung - computergestützt erfolgen würden. Doch die optimale Nutzung der modernen Medien und der damit einhergehenden Veränderung traditioneller Ausbildungsmethoden ist auch in der Sprachausbildung noch lange nicht erreicht.

Tradition gegen Innovation?

Auch in der Sprachausbildung gilt es, traditionelle Methoden mit der Nutzung moderner elektronischer Mittel zu verbinden, nicht aber, das eine durch das andere auszuschließen. Es geht also nicht um den Ersatz von Ausbildern bzw. Lehrern und den bewährten Ausbildungsgrundsätzen des Österreichischen Bundesheeres durch Computerprogramme - etwa durch Übersetzungsprogramme, so gut sie auch sein mögen. Vielmehr geht es um die Verbindung von Tradition und Innovation. Die Anlernstufe im Sprachunterricht wird künftig ebenfalls kaum durch andere Methoden als den Kontaktunterricht erfolgen (können). In der Festigungsstufe und der Anwendungsstufe hingegen sind die Stärken der Elektonischen Datenverarbeitung (EDV) voll nutzbar.

Wie bereits im TRUPPENDIENST-Heft 5/2010, "E-Learning im Österreichischen Bundesheer" dargestellt, sollten

  • mehr Lernprogramme angeboten werden,
  • "E-Learning" ein Bestandteil des Beschaffungsvorganges werden,
  • ein Kompetenzzentrum für "E-Learning" entstehen,
  • Lehroffiziere sowie -unteroffiziere Auszubildende auch "online" betreuen können und
  • "Blended-Learning" (Lernform, die didaktisch sinnvolle Verknüpfung von traditionellen Präsenzveranstaltungen und modernen Formen von E-Learning anstrebt) sowie die tutorielle Betreuung über das Internet konsequent weitergeführt werden.

In diese Bereiche fallen u. a. die Fernseminare Tschechisch (FeST).

Nutzen der Fernseminare

In der Sprachausbildung Tschechisch (also einer "Nachbarsprache") dienen die Fernseminare in erster Linie zur Ergänzung der Kontaktunterrichte, die wie bisher in Förderseminaren für Sprachmittlungsgehilfen des Bundesheeres wie auch für Teilnehmer der Sicherheitsakademie des Bundesministeriums für Inneres (BM.I) oder in Sonderausbildungen für die ABC-Abwehrschule erfolgen. Die Kursteilnehmer erreichen mit diesen Fernseminaren die gleichen Ausbildungsziele wie zuvor, allerdings bei deutlich geringerer "körperlicher" Anwesenheitszeit am Sprachinstitut des Bundesheeres bzw. an anderen Kursorten. Fernseminare Tschechisch sind derzeit für vier Gruppen mit jeweils vier bis acht Teilnehmern vorgesehen:

  • FeST 1: für leicht fortgeschrittene Sprachmittlungsgehilfen;
  • FeST 2: für fortgeschrittene Sprachmittlungsgehilfen;
  • FeST ABCAbwS: für das Fachpersonal der ABC-Abwehrschule;
  • FeST Beobachter: für andere Interessenten.

Darüber hinaus ist die Bildung von Fernseminargruppen aus Teilnehmern des BM.I einerseits und aus Angehörigen der Armee der Tschechischen Republik, die Deutsch lernen wollen, andererseits geplant, was ein "Tandem-Lernen" (ein Muttersprachler lernt direkt vom anderen Muttersprachler) ermöglichen wird.

Die Inhalte der Fernseminare sind auftragsbezogen. Primär geht es um Militärterminologie. Die allgemeine Sprachlehre wird, wo dies notwendig ist, ebenfalls behandelt. Weil aufgrund der (im Vergleich zu Englisch) relativ wenigen Bedarfsträger die Erstellung eigener Lehrbücher unwirtschaftlich ist, werden Ausbildungsunterlagen (Fachwortlisten, situationserläuternde Grafiken, Kurztexte zum Übersetzen oder laut Lesen, Grammatikbeispiele etc.) direkt via Internet zum Schüler gebracht. Diese Lehrunterlagen werden exakt auf die Lehrinhalte abgestimmt, vorbereitet und verwendet. Dabei ist die Nutzung aller im Internet verfügbaren Kommunikationsarten möglich: Text, Bild, Ton und Video einschließlich direkter Kommunikation. So können einsatztypische Situationen bestmöglich simuliert werden, wie ein Funkspruch eines tschechischsprachigen Soldaten an sein (multinationales) Kommando.

Die herkömmliche Ausbildung läuft weiterhin nach den traditionellen Vorgaben ab: geeignete Teilnehmer, Inhalte gemäß Curricula und Bedarf, Kontaktunterricht zu festgelegten Terminen gemäß der Jahresplanung und dem Kursinformationssystem an dafür geeigneten Orten. Die Fernseminare Tschechisch schließen kein einziges bisheriges Element aus. Es werden lediglich Definitionen und Inhalte angepasst - die Innovation wird in die Tradition eingebettet und ergänzt diese, denn Fernseminare in Bezug auf Sprachen können und sollen nur ergänzend zum Kontaktunterricht erfolgen. Dabei dürfen keine Überlagerungen hinsichtlich möglicher Einsparungen im Vordergrund stehen (solche sind in Bezug auf Fernseminare grundsätzlich ein Trugschluss), sondern die Hebung der Sprachkompetenz und der Effizienz der Ausbildung.

Durch Fernseminare entstehen "neue Funktionen": Eine Person führt als "technischer Operator" die Veranstaltung, dieselbe Person oder eine weitere "moderiert", übernimmt also das Lehren und steuert das Lernen. Im FeST wird es möglich sein, dass "Figuranten" bei Rollenspielen mitwirken (z. B. tschechische Muttersprachler, die für die Dauer der Übung "online" gehen und nach einem Drehbuch im Sinne der "Wirklichkeitsnähe" in einer Dolmetschsituation die "Gegenseite" darstellen), insbesondere bei auftragsbezogenen Sprachmittlungsübungen.

Grundvoraussetzungen

Als Hardware reicht ein herkömmlicher PC oder Laptop. Der Nutzer muss den PC und das (in Sekunden herunterladbare, einfache) Dienstprogramm beherrschen. Letzteres wird in einem vorgestaffelten Kontaktunterricht vermittelt. Die Teilnahme am Fernseminar selbst ist eine dienstliche Tätigkeit und muss auch von der Dienststelle als solche anerkannt werden.

Allgemeine und militärische Vorgaben, Gesetze und Bestimmungen, insbesondere das Datenschutzgesetz und alle Vorgaben zur militärischen Sicherheit (Geheimhaltungsvorschriften, Regelung von Fernseminaren) sind verbindlich. Ein mögliches Fehlverhalten Einzelner sollte aber nicht als Argument dienen, Innovation zu verhindern. Es darf nicht von vornherein angenommen werden, dass Lernende die neuen Möglichkeiten missbrauchen bzw. sich so "dem Dienst entziehen". Als Nachweis der Tätigkeit und als Kontrolle durchaus auch im Sinne der "Kosten- und Leistungsrechnung" dient ohnedies die Dokumentation der Anwesenheit jedes einzelnen Teilnehmers durch den Moderator.

Vorteile

Die wesentlichsten Vorteile der Fernseminare Tschechisch sind:

  • Das bi- bzw. multinationale Lehrpersonal kann relativ problemlos eingebunden werden (Entfall von Dienstreisen, Zeitersparnis von An- und Rückreise).
  • Die Teilnehmer können je nach ihrer Verfügbarkeit verschiedenen Fernseminaren zugeteilt werden (die anfangs angeführten Gruppen müssen nicht getrennt bleiben, wechselnde Zusammensetzungen sind leicht möglich).
  • Durch gezielte Steuerung des Unterrichtes in Verbindung mit dem "Zu- und Wegschalten" von Teilnehmern kann genau und direkt auf einzelne Teilnehmer eingegangen werden (Verhindern der Bloßstellung von Lernenden).
  • Der Ort ist für Lehrende wie Lernende frei wählbar - vom Wohnzimmer bis zur Kanzlei.
  • Die flexiblere Einbindung der Teilnehmer ermöglicht auch eine flexiblere Zeitkoordinierung - allerdings dürfen Lernzeiten z. B. am Wochenende nicht unter die herkömmlichen Mehrdienstleistungsregelungen fallen.
  • Die Lehrveranstaltungen können zur Gänze aufgenommen und wiedergegeben werden.
  • Eine "punktgenaue" Vorbereitung und Nutzung aktueller Inhalte aus dem Internet in Schrift, Ton und Bild ist möglich.
  • Die Nutzung anderer Lernplattformen oder Programme zur Unterrichtsgestaltung (z. B. Moodle oder Fronter mit all ihren Lehr- und Lernmöglichkeiten) ist ebenfalls möglich.
  • Die "Zettelwirtschaft" durch Kopieren von Texten für Unterrichtszwecke fällt weg.
  • Kontrollierte phonetische Übungen und somit das "drillmäßige Üben", das v. a. im Tschechischen besonders wichtig ist, sind problemlos machbar.
  • Die Anwendung sämtlicher Sprachfertigkeiten (Leseverstehen, Hörverstehen, schriftlicher Gebrauch, mündlicher Gebrauch) erfolgt ohne mühevolle zusätzliche Vorbereitungen (Kassettenrekorder, CD, DVD, Beamer, …) auf dem eigenen PC.

Grenzen

Grenzen bei Fernseminaren ergeben sich aufgrund

  • der Notwendigkeit von EDV-Kenntnissen,
  • der Nutzung offener Quellen und damit der relativen Gefährdung "von außen", insbesondere durch Viren,
  • der stark eingeschränkten Möglichkeit, Prüfungen "online" abzuhalten, und
  • der erforderlichen Implementierung in ein (z. B. im Bereich "Zeit­ordnung") starres, nicht auf solche Möglichkeiten ausgebautes "Beamtendienstrecht".

Auf einen Blick

Fernseminare Tschechisch ermöglichen die optimierte Nutzung aktueller Inhalte mit modernen Kommunikationsmitteln und eine bestmögliche Anpassung der auftragsbezogenen Ausbildung unter Einhaltung des Datenschutzgesetzes und der militärischen Sicherheit. Sie sind gleichsam ein praxisnaher Unterricht durch einen realen Lehrer, der sich zwar nicht im selben Raum, aber in Sicht- und Hörweite in einem virtuellen Nebenzimmer aufhält.


Autor: Oberst dhmfD Mag. Manfred Gratzer, MSD, Jahrgang 1962. Offiziersausbildung an der Militärakademie, Waffengattung Artillerie; Ab 1988 Zugs- und Kompaniekommandant der Ausbildungskompanie des Landwehrstammregimentes 41(LWSR41); Ab 1994 Kommandant der schweren Kompanie/Jägerregiment 4. Ab 1999 S2, S3 & stellvertretender Kommandant/Jägerbataillon 15, 2003 bis 2008 Kommandant/Jägerbataillon 15. Seit 2008 Hauptlehroffizier & Dolmetscher & Übersetzer/Tschechisch am Sprachinstitut des Bundesheeres. Auslandsverwendungen: 1997 Absolvierung eines einsemestrigen Sprachstudiums in Brünn/Tschechien in Fortsetzung der militärischen Sprachaus­bildung "Tschechisch" im ÖBH; 1999 Ab­solvierung des tschechischen Bataillonskommandantenkurses mit Auszeichnung. 2012 Studium Tschechisch/Diplom abgeschlossen; national und international tätig mit Schwergewicht Militärterminologie und deren Anwendung.

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