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Fotografieren -(k)eine Gefahr für die militärische Sicherheit

Mitte 2012 setzte der Leiter der nachrichtendienstlichen Abwehr, der auch für die militärische Sicherheit im gesamten Ressort verantwortlich ist, einen neuen Erlass zum Thema "Fotografieren, Filmen und zeichnerische Darstellungen in militärischen Bereichen" in Kraft, um damit auch dem technischen Fortschritt und den geänderten Rechtsgrundlagen Rechnung zu tragen.

Der neue Erlass "Fotografieren, Filmen und zeichnerische Darstellungen in militärischen Bereichen" aus dem Jahr 2012 ersetzt den aus dem Jahr 1997 stammenden Erlass "Militärische Sicherheit, Objektschutz/Geheimschutz Fotografieren und Filmen im Bereich militärischer Liegenschaften". Auf ein umfassendes Fotografierverbot wurde dabei verzichtet.

Notwendig wurde dies, weil sich einerseits die Rechtsgrundlagen geändert haben und andererseits durch den technischen Fortschritt völlig neue Rahmenbedingungen entstanden sind.

Gefährdung

"Ein Bild sagt mehr als tausend Worte". Dessen Weitergabe an unbefugte Personen oder dessen Veröffentlichung kann gravierende Auswirkungen auf die Sicherheit von Personen, militärische Rechtsgüter oder die Durchführung von militärischen Operationen haben.

Angehörige fremder Nachrichtendienste, der Organisierten Kriminalität, aber auch Kleinkriminelle verstehen Medien systematisch auszuwerten und die ihnen zugänglichen Bilder (und damit verbundenen Informationen) nutzbringend zu verwerten.

Zu denken ist dabei an Fotos von

  • Schriftstücken, die der Verschwiegenheit unterliegende Informationen enthalten,
  • Spezialausrüstung oder -bewaffnung Sicherungs- und Wachanlagen,
  • Angehörigen von Sondereinsatzkräften und Nachrichtendiensten,Spezialisten in Schlüsselfunktionen,
  • Kommandanten,
  • militärischen Liegenschaften,
  • Stellungen etc.

Im Rest des Beitrages wird nicht mehr zwischen Film und Bild/Foto unterschieden. Da die Auswirkungen nahezu ident sind, ist keine Unterscheidung nötig.

Beinahe jedes Mobiltelefon, Notebook und jeder Tablett-PC ist mit Fotofunktion und beachtlichen Speicherkapazitäten ausgestattet. Mühelos können Fotos in Sekundenschnelle über das Internet und über MMS (Multi Media Messaging Service) verbreitet werden. Wird ein Täter daher nicht auf frischer Tat ertappt, ist das kompromittierende Foto schon versendet und vom Gerät gelöscht. Eine Durchsuchung von Geräten liefert dann keine Ergebnisse mehr. Viele Personen - darunter auch Ressortangehörige - verfügen über einen ausgeprägten Mitteilungs- und Selbstdarstellungsdrang (Facebook, Xing, Zeitungen etc.), sodass ein potenziell Interessierter nur aufmerksam die öffentlich zugänglichen Informationen zu sammeln braucht. Die Auswertung und Verknüpfung von im Internet verfügbaren Informationen ist überall auf der Welt möglich. So kann beispielsweise ein CIMIC-Offizier (bzw. dessen Angehörige), der heute in einem Einsatzraum einem einflussreichen Klanführer Mittel verweigert, morgen schon über Kontaktpersonen in der Heimat Drohungen ausgesetzt sein, weil seine Heimatadresse über im Internet verfügbare Informationen ausgeforscht wurde.

Rechtslage

Die Rechtslage spielt angesichts der genannten Fakten eine untergeordnete Rolle. Der Vollständigkeit halber wird sie trotzdem dargestellt. Die Allgemeine Dienstvorschrift (ADV) sieht vor, dass es zum Fotografieren im Kasernenbereich der Bewilligung des Kasernenkommandanten bedarf (§ 19 Abs. 5). Die ADV gilt aber nur für Soldaten. Zivilbediensteten (Beamten/Vertragsbediensteten) gegenüber kann ein Fotografierverbot im militärischen Bereich mittels Weisung des zuständigen Vorgesetzten angeordnet werden. Besuchern einer militärischen Liegenschaft gegenüber kann - abgeleitet aus dem Hausrecht bzw. dem Recht auf ungestörten Besitz - die Auflage gemacht werden, den militärischen Bereich nur zu betreten oder sich dort aufzuhalten, wenn ein Fotografierverbot akzeptiert wird.

Das Fotografieren (Filmen, Zeichnen) von Sperrgebieten und darin befindlichen militärischen Einrichtungen ist verboten (§ 4 Abs. 1 Sperrgebietsgesetz). Im Gegensatz zu den oben angeführten Punkten ist hier auch das Fotografieren von außen erfasst. Dieses Verbot kann durch militärische Wachen nach dem Militärbefugnisgesetz (§ 11 Abs. 2 Z 2 und § 14 Abs. 1 Z 4) auch durchgesetzt werden. Es besteht die Möglichkeit, Anzeige bei der Bezirksverwaltungsbehörde zu erstatten, sodass diese Verwaltungsstrafen bis zu € 2 200,- oder sogar Freiheitsstrafen bis zu sechs Wochen verhängen kann (§ 5 Abs. 1 Sperrgebietsgesetz), sofern ein Täter identifiziert werden kann. Da die wenigsten militärischen Bereiche Sperrgebiete sind (siehe dazu die entsprechenden Verordnungen; eine Aufstellung der Sperrgebietsverordnungen findet sich auf der Intranet-Seite des GrpRechtLeg), besteht von vornherein keine rechtliche Möglichkeit beispielsweise die Veröffentlichung von Straßenansichten von Kasernen oder anderen militärischen Anlagen zu verhindern. Aktualität erlangte dies im Rahmen der Aktivitäten von Google-Street-View.

Die Wachbefugnisse des MBG (§§ 6a - 15) können nur dann zur Durchsetzung/Überprüfung des Fotografierverbotes eingesetzt werden, wenn "militärische Geheimnisse" fotografiert werden bzw. wurden, weil in allen anderen Szenarien kein militärisches Rechtsgut gefährdet ist. Hinsichtlich der Anfertigung bzw. Verbreitung von Luftbildern kann der Bundesminister für Landesverteidigung und Sport Verordnungen erlassen, wenn militärische Interessen dies erfordern (§ 130 Luftfahrtgesetz). In Zeiten käuflich erwerbbarer, gestochen scharfer Satellitenbilder wäre der Wert derartiger Verordnungen wohl eher begrenzt (z. B. www.maps.live.de, Google-Earth).

Gemäß E-Commerce-Gesetz (ECG) muss ein Provider (Diensteanbieter), wenn er darauf hingewiesen wird, dass ein veröffentlichtes Bild (Inhalt) gegen Gesetze verstößt, dieses von seinen Speichern entfernen, sonst haftet er (§ 16 ECG). Jene Fotos, die - aus welchen Gründen auch immer - ins Internet gestellt werden, bleiben dort in der Regel aber für immer, auch wenn sie nach einem Löschungsbegehren an den Provider vielleicht von dessen Plattform entfernt wurden.

Recht am eigenen Bild als Persönlichkeitsrecht

Da das Recht am eigenen Bild auch ein wesentlicher Beitrag zur militärischen Sicherheit ist, weil es die Aufklärung von Personen erschwert, wurde im eingangs erwähnten Erlass ein entsprechender Hinweis aufgenommen. Darüber hinaus kann dessen Missachtung kostspielige Auswirkungen für Fotografen bzw. Personen, die Fotos veröffentlichen, haben.

Bilder von Personen dürfen weder öffentlich ausgestellt noch auf andere Art, wodurch sie der Öffentlichkeit zugänglich gemacht werden, verbreitet werden, wenn dadurch berechtigte Interessen des Abgebildeten oder, falls er gestorben ist, eines nahen Angehörigen verletzt würden (§ 78 Urheberrechtsgesetz). Berechtigte Interessen von Personen, die nicht allgemein bekannt sind, sind in der Regel bereits dann verletzt, wenn Bilder, auf denen sie erkennbar sind, veröffentlicht werden. Sie werden dadurch "optisch" bekannt gemacht ("Prangerwirkung"). Dies stellt einen Eingriff in ihre Privatsphäre dar, der nur durch ein höheres Veröffentlichungsinteresse gerechtfertigt werden könnte. Sollten Abbildungen also nicht im Zusammenhang mit allgemein zugänglichen Orten (etwa bei einer Angelobung oder Waffenschau) oder an Orten eines aktuellen Geschehens erfolgen und die Abbildung vom Geschehen nicht zu trennen oder zu dessen Darstellung erforderlich sein (z. B. bei einem Hochwassereinsatz), ist die Zustimmung der abgebildeten Person erforderlich.

Die Zustimmung kann auch stillschweigend erteilt werden, indem sich jemand bewusst in der Öffentlichkeit darstellt (z. B. freiwillig ein Fernseh- oder Zeitungsinterview gibt oder als Modell fungiert). Dies ist aber auf den jeweiligen Anlass beschränkt und kann nicht befohlen werden, weil dies einen unzulässigen Eingriff in die Privatsphäre darstellen würde. Ausgenommen davon sind lediglich Personen, die bereits allgemein bekannt sind ("jedermann weiß, wie sie aussehen") oder im Blickpunkt der Öffentlichkeit stehen, weil es die Aufgaben ihres Arbeitsplatzes erfordern.

Jede Darstellung, die eine Person in der Öffentlichkeit bloßstellt, entwürdigend oder herabsetzend wirkt (etwa das Zeigen/Posten einer Person im betrunkenen Zustand) oder Anlass zu Missdeutungen gibt, ist generell unzulässig. Die Folgen sind Ansprüche auf Urteilsveröffentlichung, Unterlassung, Beseitigung und bei Verschulden auch Schadenersatz.

Militärische Sicherheit

Im Zusammenhang mit der militärischen Sicherheit muss dringend appelliert werden, es Aufklärungskräften (Nachrichtendiensten, Kriminellen) so schwer wie möglich zu machen. Dies geschieht primär dadurch, dass bereits bei der Anfertigung von Bildern Folgendes beurteilt wird:
  • Werden diese Bilder wirklich benötigt (Zweck)?
  • Wem sollen diese zur Verfügung gestellt bzw. wo sollen sie gespeichert werden?
  • Ist ein Zugang Unbefugter ausgeschlossen?
  • Liegt bei einer Veröffentlichung von erkennbaren Personen die Zustimmung der abgebildeten Personen vor?
Wenn die Zustimmung nicht vorliegt, mit welchem "überwiegenden Veröffentlichungsinteresse" kann eine Veröffentlichung gerechtfertigt werden? Werden die Grenzen zur Amtsverschwiegenheit nicht überschritten?

Vorbeugend sind der Amtsverschwiegenheit unterliegende Tatsachen durch faktische Maßnahmen vor der unbefugten Herstellung von Fotografien zu schützen, wie durch

  • Sichtschutz,
  • Clean desk policy,
  • Bildschirmschoner,
  • Secure Print Funktion bei Druckaufträgen an Stockwerksdrucker,
  • Versperren von heiklen dienstlichen Unterlagen bei Verlassen des Büros,
  • Sicherstellung von Mobiltelefonen und Fotoapparaten bereits vor dem Zutritt gefährdeter Bereiche durch militärische Wachen und
  • Verzicht auf (Selbst)darstellungen im Internet und Printmedien (insbesondere Truppenzeitungen).

In der Öffentlichkeitsarbeit können die notwendigen Botschaften auch transportiert werden, ohne dass in der Öffentlichkeit noch nicht bekannte Personen erkennbar (z. B. durch Volltarnung, Fotografie von hinten) und klassifizierte Gerätschaften oder sensible militärische Bereiche abgebildet werden.

Der neue Fotografier-Erlass soll dies­bezüglich einen Anhalt geben und sensibilisieren. Die Verantwortung liegt aber bei jeder und jedem Bediensteten und insbesondere bei den Vorgesetzten (Vorbild) aller Ebenen. Ist ein Bild einmal veröffentlicht oder in den falschen Händen, ist es zu spät.


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