Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Im Gespräch: Brigadegeneral Walter Huhn

Im Interview mit TRUPPENDIENST erklärt Brigadegeneral Walter Huhn das Krisenmanagementkonzept der EU und die Zusammenarbeit mit dem EUMS. Besonders erwähnt er die Notwendigkeit einer guten Zusammenarbeit.

TRUPPENDIENST (TD): Das CMPD ist eine relativ neue Einrichtung. Was hat sich in den letzten vier Jahren in der Entwicklung getan?

Huhn (H): Die Idee von Solana war damals, auf der strategischen Ebene eine militärisch-zivile Planungs- und Koordinierungszelle zu schaffen und damit Element zusammenzuführen, die vorher getrennt im Ratssekretariat und in Teilen im Militärstab auf der strategischen Ebene angesiedelt waren. Das wurde durch die Mitgliedstaaten breit unterstützt. Der zivil-militärische Ansatz wird konsequent weiterverfolgt. Das CMPD erarbeitet den politisch-strategischen Planungsrahmen für konkrete Krisenmanagementszenarien. Dies ist eine Schlüsselaufgabe. Gut die Hälfte der insgesamt 70 Mitarbeiter des CMPD sind hier tätig. Genauso wichtig ist der Review-Bereich. Dieser hat zu klären, ob man nachsteuern muss oder ob eine Mission sogar beendet werden kann.

TD: Wann steigt das CMPD in die konkrete Planung ein?

H: Zuerst erfolgt ein Meinungsbildungsprozess, den wir mitgestalten, auf Ebene des Politischen und Sicherheitspolitischen Komitees, oder es ergibt sich aus der Lagebeurteilung eine Eigeninitiative. Mit der Billigung des PSK erstellt das CMPD dann ein Crisis Management Concept (CMC). Ein Beispiel ist die Krise im Sahel. Hier gab es im Vorfeld Diskussionen, ob eine militärische oder zivile Mission notwendig ist. Im PSK-Auftrag haben wir dann zunächst eine zivile Krisenmanagementoperation in Niger ausplanen können. Nach der krisenhaften Entwicklung in Mali war dann rasch Konsens für eine Planung einer militärischen Ausbildungsmission für die malische Armee möglich. Solche Entscheidungen können schnell getroffen werden, wie auch das Beispiel der EU Beobachtungsmission in Georgien zeigt, die in wenigen Wochen geplant und implementiert werden konnte. Es ist letztlich der politische Meinungsbildungsprozess, der den Zeittakt vorgibt.

TD: Hat die EU in Mali nicht zu spät auf die Entwicklung der Krise reagiert?

H: Ich glaube, das Gegenteil ist der Fall: Im September vorigen Jahres erfolgte durch die Verteidigungsminister eine umfassende Diskussion. Im Januar 2013 ist dann bereits das Mandat erteilt worden. Die krisenhafte Entwicklung am 11. Jänner 2013, in der die Rebellen versucht haben, die Hauptstadt Bamako einzunehmen, ist eine andere Geschichte.

TD: Wie ist die Zusammenarbeit zwischen dem EU-Militärstab und dem CMPD?

H: Wir sind alle in einem Gebäude untergebracht und die Wege sind kurz. Das erleichtert die Koordination. Das CMPD ist gut beraten, auf die militärische Expertise des EUMS zurückzugreifen und tut dies auch. Wir sind aufeinander angewiesen, wenn wir Qualität produzieren wollen. Die EU hat wie kaum eine andere Organisation eine Vielzahl unterschiedlicher Instrumente für das Krisenmanagement verfügbar: Instrumente der Kommission, der Mitgliedstaaten und des Europäischen Auswärtigen Dienstes. Um diese in einem ganzheitlichen Ansatz (Comprehensive Approach) zusammenzuführen, gilt es, eine grosse Zahl von Akteuren unter einen Hut zu bringen.

TD: Werden Teile des CMPD in einen Einsatz verlegt?

H: Das CMPD ist "Brüssel-based". Es geht mit "Fact-finding"-Missionen ins Feld. Schließlich müssen wir mit den Akteuren vor Ort reden. Das CMPD hat dabei das große Plus, dass zumeist EU-Delegationen ("unsere Botschaften") vor Ort sind. Insgesamt hat das CMPD damit einen guten Zugang zu Krisenregionen.

TD: Wie schaut die Entwicklung in Capabilities und im Training aus?

H: Fähigkeiten für das Krisenmanagement umfassen militärische und zivile Komponenten. Die EU-Battle Group ist eine wichtige Teilkomponente einer schnellen militärischen EU-Krisenreaktion. Derzeit arbeiten wir hier an einer Weiterentwicklung des Konzeptes. Das CMPD stimmt sich auch mit der NATO eng ab, um sicherzustellen, dass wir in der Fähigkeitsentwicklung kohärent arbeiten und nicht duplizieren. Wir arbeiten auch mit den Vereinten Nationen im Bereich der Fähigkeitsentwicklung zusammen. Man ist dort sehr an unserer Unterstützung interessiert. Im Bereich ziviler Krisenmanagementfähigkeiten muss noch sehr viel getan werden, hier bestehen noch erhebliche Fähigkeitslücken, zum Beispiel im Polizei- und Justizaufbau im breiteren Sinne und im Border Management und insgesamt bei der Befähigung zur schnellen Krisenreaktion. Dabei geht es auch um den Schutz, die Ausbildung und die Verfügbarkeit von geeignetem Personal sowie dessen Erfassung in Datenbanken.

TD: Wie ist die Zusammenarbeit mit anderen Institutionen. Gibt es Partnerschaften?

H: Wie die NATO hat auch die EU ein umfassendes Geflecht von Partnerschaften mit Drittstaaten, die Interesse an einer Zusammenarbeit haben. Das spannt sich von den USA, Kanada, Norwegen über Serbien bis nach Argentinien. Die GSVP ist in deren Augen eine attraktive Einrichtung. Es haben bisher 25 Drittstaaten an GSVP-Operationen teilgenommen.

TD: Zum Thema Training & Exercise: Bleibt die Vorbereitung der Experten und des zivilen Personals im nationalen Bereich?

H: Es gibt Initiativen auf europäischer Ebene, mehr Kapazitäten zusammenzuführen. So hat die EU mit dem European Security and Defence College (ESDP-College) ein ausgesprochen leistungsfähiges virtuelles Netzwerk nationaler Ausbildungseinrichtungen geschaffen. Es bleibt aber dabei: Die Vorbereitung auf einen Einsatz liegt in der Verantwortung der Mitgliedstaaten. In den Missionen selbst gibt es eine missionsspezifische Ausbildung. Die meisten der Missionen haben keine eigene Trainingskomponente und brauchen sie auch nicht. Der Fokus liegt hier auf dem "Pre-Deployment Training". Das CMPD versucht dort zu koordinieren. Im militärischen Bereich läuft Training und Ausbildung traditionell gut. Im zivilen Bereich gibt es noch Nachholbedarf. Das CMPD ist dort koordinierend und unterstützend tätig.

TD: Haben sie eine Botschaft, die sie unseren Lesern übermitteln möchten?

H: Common Security and Defence Policy is quite alife and very dynamic. Wir haben in den letzten 18 Monaten vier neue Krisenmanagementmissionen auf die Beine gestellt. Die derzeit ins- gesamt laufenden 11 zivilen und vier militärischen Missionen/Operationen mit über 7 000 Missionsangehörigen agieren in einem komplexen Umfeld mit einem anspruchsvollen Auftrag - und erzielen Erfolge. Die EU ist in der GSVP deutlich besser platziert, als es manche erkennen wollen. Sie hat mit dem Comprehensive Approach einen Trumpf in der Hand, den es auszuspielen gilt. Das Horn von Afrika ist da ein gutes Beispiel. In diesem Ansatz steckt ein großes Potenzial.

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle