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Die Herrschaft der Hundert Tage

Die Herrschaft der Hundert Tage umfasst die Zeit von der erneuten Machtübernahme Napoleons bis zu dessen endgültigem Sturz nach der Niederlage in der Schlacht bei Waterloo. Die zäh verlaufenden, von Spannungen geprägten Verhandlungen auf dem Wiener Kongress erfuhren dadurch eine Beschleunigung.

Der Wiener Kongress

Die Unterzeichnung des 1. Friedens von Paris am 30. Mai 1814 setzte einen vorläufigen Schlussstrich unter die Befreiungskriege und die Herrschaft Napoleons. Gemäß Artikel XXXII dieses Vertrages sollten Bevollmächtigte aller an den Kriegen beteiligten Mächte zu einem Kongress nach Wien entsandt werden, um dort über eine dauerhafte europäische Nachkriegsordnung zu verhandeln. Ziel war es, neben der territorialen Neuordnung Europas, ein funktionsfähiges System zwischenstaatlicher Friedenswahrung und Konfliktregelung in Europa zu schaffen, das schließlich, von lokalen Konflikten abgesehen, für mehrere Jahrzehnte Bestand haben sollte.

Ab Oktober 1814 versammelten sich mehr als 700 Delegierte - Monarchen ebenso wie Diplomaten - aus rund 200 europäischen Staaten, Provinzen und Städten in Wien, um unter der Leitung des österreichischen Außenministers Clemens Wenzel Fürst Metternich zu beraten. Die Verhandlungen, die sich in zahlreichen Ausschüssen manifestierten, gestalteten sich zäh und waren durch Spannungen gekennzeichnet. So kam es etwa im Jänner 1815 zu einem gegen Preußen und Russland gerichteten Geheimbündnis zwischen Österreich, England und Frankreich. Auch zahlreiche Kleinstaaten versuchten zu ihren Gunsten zu intervenieren.

Die Rückkehr Napoleons

Während in Wien verhandelt wurde, machte sich Napoleon an die Neuordnung von Wirtschaft und Justiz in seinem Fürstentum Elba. Doch reichte dies nicht aus, um seine Ambitionen zu befriedigen. Durch sein dichtes Agentennetz hatte Napoleon Kenntnis von der wachsenden Unzufriedenheit der Franzosen mit der Herrschaft Ludwigs XVIII. ebenso wie von den langwierigen, von Meinungsverschiedenheiten unter den Verbündeten geprägten Verhandlungen in Wien erlangt. All dies nährte sein Bestreben, den Versuch zu unternehmen, die Macht in Frankreich erneut an sich zu reißen.

Am Abend des 26. Februar 1815 schiffte er sich mit rund 1 000 Soldaten ein und ging am Nachmittag des 1. März in Golfe-Juan zwischen Cannes und Antibes an Land. Auf seinem 20-tägigen Marsch nach Paris schlossen sich ihm immer mehr königliche Truppen und Garnisonen an, so dass dieser zu einem regelrechten Triumphzug ("Flug des Adlers") ausartete. König Ludwig blieb nur die Flucht. Überstürzt verließ er Paris und ging nach Gent ins Exil. Napoleon wurde indessen in Lyon begeistert empfangen. Vom 10. bis 13. März 1815 erließ er dort mehrere Dekrete zur Absicherung seiner künftigen Herrschaft, darunter auch das Versprechen der Ausarbeitung einer Verfassung entsprechend dem Willen und den Interessen des Volkes. Hatte hier, um den Worten Johannes Willms zu folgen, ein Wandel "von einem diktatorischen Saulus zu einem liberal-konstitutionellen Paulus" stattgefunden? Wohl kaum, denn dieser Schritt war lediglich eine Finte und diente allein dazu, um bei einem binnen Kurzem drohenden Krieg Defizite in moralischer und materieller Hinsicht wettzumachen. Darüber hinaus befahl Napoleon die Abschaffung des eben erst wieder eingeführten Feudaladels. Die nach Frankreich zurückgekehrten Emigranten forderte er unmissverständlich auf, das Land wieder zu verlassen.

Die Reaktion der verbündeten Herrscher erfolgte prompt. Am 13. März wurde in ihrem Namen eine Erklärung verfasst, die sich gegen eine Rückkehr Napoleons aussprach und die Acht über ihn verhängte. Nachdem Napoleon am 20. März unter dem Beifall der Bevölkerung in Paris eingezogen war, erneuerten Österreich, England, Preußen und Russland am 25. März ihr Bündnis (7. Koalition; nach den ersten sechs Koalitionskriegen gegen Napoleon seit 1792) und verpflichteten sich, ihre Waffen nicht eher ruhen zu lassen, bis Napoleon für immer vertrieben sei. Zu diesem Zweck wollten sie je 150 000 Mann bereitstellen. Gemäß einem rasch entworfenen Operationsplan sollten bis Ende Juni 220 000 Österreicher, Bayern und Württemberger unter dem Kommando von Feldmarschall Karl Philipp von Schwarzenberg am Oberrhein, 150 000 Russen unter Feldmarschall Graf Michael Andreas Barclay de Tolly am Mittelrhein und 60 000 Österreicher und Sardinier an der piemontesischen Grenze bereitgestellt werden. Feldmarschall Arthur Wellesley Herzog von Wellington sollte mit 100 000 Mann in Belgien und Generalfeldmarschall Gebhard von Blücher mit 165 000 Mann am Niederrhein Aufstellung nehmen. Der Aufmarsch gestaltete sich jedoch als schwierig, da sich viele Soldaten bereits auf dem Rückmarsch befanden bzw. bereits entlassen worden waren. Nur Preußen verfügte noch über drei schwache Armeekorps (ca. 30 000 Mann) unter General Friedrich Kleist Graf von Nollendorf, die am Rhein standen. Im Laufe des April und Mai begannen sich die Heere der Verbündeten erneut zu sammeln und sich langsam und schwerfällig wieder in Richtung französische und belgische Grenze zu bewegen.

Der Feldzug 1815

Bis Mitte Juni war die mittlerweile aus vier Korps bestehende preußische Armee unter Generalfeldmarschall Blücher auf über 116 900 Mann mit 312 Geschützen angewachsen und hatte weit auseinandergezogen entlang von Sambre und Maas, von Charleroi (Korps Zieten) über Dinant (Korps Thielmann) und Namur (Korps Pirch) bis Lüttich (Korps Bülow), Aufstellung genommen. Wellington stand mit seiner Armee - rund 106 000 Mann -, die neben britischen auch niederländische, hannoversche, braunschweigische und nassauische Einheiten umfasste, und 199 Geschützen zwischen Schelde und Sambre im Gebiet um Gent-Brüssel-Nivelles-Mons.

Während die Heere der Verbündeten noch im Sammeln begriffen waren, kam es in Italien bereits zu heftigen Kämpfen. Da Joachim Murat, König von Neapel, wiederholt hatte verlauten lassen, Italien unter seiner Führung einen und sich zum König krönen lassen zu wollen, hatte er die Gunst der Verbündeten verloren, die am Wiener Kongress Ferdinand IV. aus dem Haus Bourbon wieder in sämtliche Rechte einsetzten und als König von Neapel bestätigten. Daraufhin stellte sich Murat, nachdem er von der Rückkehr Napoleons erfahren hatte, wieder auf die Seite seines Schwagers und brach mit seinem Heer von Neapel nach Florenz auf. Bei Tolentino und Mignano wurde er Anfang Mai 1815 allerdings von numerisch unterlegenen österreichischen Truppen besiegt und bis Neapel verfolgt. Auf Anordnung König Ferdinands wurde Murat gefangen genommen, von einem Kriegsgericht verurteilt und am 13. Oktober 1815 in Pizzo in Kalabrien standrechtlich erschossen.

Napoleons Feldzugsplan basierte darauf, dass lediglich die oben erwähnten Truppen in Belgien bereit stünden, die Österreicher und Russen sich aber erst im Anmarsch auf ihre Bereitstellungsräume am Ober- und Mittelrhein befänden. Trotz zahlenmäßiger Unterlegenheit war Napoleon fest entschlossen, mittels einer Offensive auf der inneren Linie eine Bresche zwischen den beiden feindlichen Armeen zu schlagen, um so die gemeinsame Front der Verbündeten zu durchbrechen, die beiden Armeen getrennt zu schlagen und danach zum Rückzug entlang ihrer Verbindungslinien zum Rhein bzw. zur Küste bei Antwerpen zu zwingen.

Aufgrund der taktischen Fehler von Blücher und Wellington, die Napoleons Pläne zunächst völlig missverstanden hatten, gelang es diesem mit seiner neu aufgestellten Armée du Nord (ca. 128 000 Mann - Oberkommando linker Flügel Maréchal Michel Ney, Herzog von Elchingen, rechter Flügel Maréchal Emanuel de Grouchy), am 14. und 15. Juni 1815 bei Charleroi tatsächlich einen Keil zwischen die beiden verbündeten Armeen zu treiben. In der verfehlten Annahme, dass sich die preußischen Truppen nun nach Namur und Lüttich zurückziehen würden, um einer drohenden Umfassung zu entgehen, stieß Napoleon am 16. Juni nach Ligny, rund 17 Kilometer nordwestlich von Namur, vor. Dort angekommen, musste er allerdings zu seiner großen Überraschung feststellen, dass die Preußen in der Ebene von Ligny Aufstellung genommen hatten. Nach heftigen Kämpfen gelang es den französischen Truppen, in die preußische Schlachtlinie einzubrechen und den Gegner zum Rückzug zu zwingen. Der Feind war zwar besiegt, aber dessen Schlagkraft dennoch nicht entscheidend geschwächt - dies sollte Napoleon wenige Tage später zum Verhängnis werden. Am gleichen Tag konnten britisch-niederländische Truppen bei Quatre-Bras, zwölf Kilometer nordwestlich von Ligny, den Angriff französischer Truppen unter Maréchal Ney abwehren.

Napoleon ging in der Folge abermals von der falschen Annahme aus, dass sich Blücher nun nach Lüttich zurückziehen würde, was ihm die Möglichkeit geboten hätte, sich mit ganzer Kraft auf die Armee Wellingtons zu werfen und diese auszuschalten. Doch Blücher hatte seine Armee im Gebiet um Wavre südöstlich von Brüssel zurückgenommen, um dadurch den Kontakt mit Wellington aufrechtzuerhalten. Dieser hatte erst am 17. Juni die Nachricht von der Niederlage Blüchers bei Ligny erhalten und sich daraufhin entschieden, seine Truppen bei Mont Saint-Jean, südlich von Waterloo und ca. zwölf Kilometer westlich von Wavre, zu konzentrieren. Die zeitweilige Unkenntnis Napoleons über den Verbleib von Blüchers Armee und seine fatale Entscheidung, am 17. Juni zwei Armeekorps unter Maréchal Grouchy (rund 33 000 Mann mit 100 Geschützen) mit dem Befehl, den Standort der preußischen Korps zu erkunden, zu entsenden, verschaffte den Verbündeten einen großen Vorteil. Und dies nicht nur, weil eben diese zwei Korps dann in der Schlacht bei Waterloo fehlten.

Die Schlacht bei Waterloo und deren Folgen

Während Wellington zwischen dem Städtchen Braine-l’Alleud und dem Meierhof Papelotte eine Defensivstellung einnahm, traf Napoleon mit der französischen Vorhut beim Gehöft La Belle-Alliance, das sich in Sichtweite dieser Stellung befand, ein. Nachdem ein Reiterangriff der Franzosen gegen den Hügel im konzentrierten Artilleriefeuer zusammengebrochen war, erkannte Napoleon, dass er es hier mit der Hauptmacht der Briten zu tun hatte und suchte nun rasch mit seiner numerisch überlegenen Streitmacht (rund 74 000 Mann mit 246 Geschützen) eine Entscheidung herbeizuführen. Doch er unterschätzte das taktische Geschick Wellingtons und die Kaltblütigkeit bzw. Durchhaltekraft der Briten.

Am Morgen des 18. Juni 1815 hatte Wellington seine Armee (rund 67 700 Mann mit 157 Geschützen) zu beiden Seiten der Straße von Charleroi nach Brüssel auf einem von Westen nach Osten verlaufenden Höhenzug in zwei Treffen aufgestellt. Der Schwerpunkt seiner Truppen lag auf dem rechten Flügel, was darauf schließen lässt, dass Wellington auf jeden Fall fest mit einem zeitgerechten Eingreifen der Preußen (ca. 45 500 Mann) als Unterstützung für seinen linken Flügel rechnete. Starke Regenfälle verhinderten zunächst den Beginn der Schlacht, die schließlich gegen Mittag mit einem Angriff Napoleons begann. Statt die Entscheidung in der Schlacht wie üblich über die Flügel zu suchen, ließ Napoleon das Zentrum des Gegners um La Haye Sainte angreifen. Die Franzosen kamen zwar bis auf 150 Meter an die Angriffslinie der britischen Geschütze heran, doch konnten sie die Defensivpositionen der Briten und Niederländer nicht erobern, sondern wurden durch einen Gegenangriff der britischen schweren Kavallerie wieder zurückgeworfen. Ein nun folgender Angriff der französischen Kavallerie scheiterte nach heftigen Kämpfen ebenfalls im Kartätschen- (eine Schrotladung der Artillerie) und Kugelhagel der Briten.

Unterdessen tobte der Kampf der Infanterie um den Besitz der Dörfer und Gehöfte. Die Franzosen hatten bereits große Verluste erlitten, und auch Wellingtons Armee war fast bis auf die Hälfte geschrumpft. Doch Wellington hatte noch immer vollstes Vertrauen in die zugesagte preußische Hilfe und hielt allen Angriffen stand.

Schon kurz nach 1300 Uhr hatten die Spitzen des Korps Bülow den östlichen Rand des Schlachtfeldes erreicht. Um 1630 Uhr griff Bülow bei Frichemont Maréchal George Mouton Fürst von Lobau an, der ihm mit zwei Divisionen entgegengeschickt worden war, um den Vormarsch der Preußen aufzuhalten. Doch Mouton war zu schwach und musste sich ins Dorf Planchenois (Plancenoit) zurückziehen, um dessen Besitz nun ein hitziger Kampf entbrannte. Napoleon schickte daraufhin Bataillone der Jungen Garde als Verstärkung dorthin, doch konnte diese die Eroberung des Dorfes durch die Preußen kaum mehr aufhalten. Die Franzosen wurden nun unaufhaltsam zurückgedrängt, der rechte Flügel geriet ins Wanken und sah schließlich keinen anderen Ausweg mehr als den ungeordneten Rückzug. Einzig die Alte Garde deckte die Flucht des Kaisers. Kurz nach 2100 Uhr trafen Blücher und Wellington bei La Belle- Alliance zusammen. Da Wellingtons völlig erschöpfte Truppen allerdings nicht mehr in der Lage waren, den flüchtenden Gegner weiter zu verfolgen, befahl Blücher seinen Truppen, den Franzosen nachzusetzen. Die zur Erkundung des Standortes der Preußen entsandten Verbände der Nordarmee unter Grouchy, der behauptete, erst am Abend dieses Tages entsprechende Befehle von Napoleon erhalten zu haben, leisteten nach der Niederlage kaum mehr Gegenwehr.

Die Verluste der Franzosen an Toten, Verwundeten und Gefangenen beliefen sich auf über 32 000 Mann; außerdem fielen 182 Geschütze in die Hände der Verbündeten. Der Verlust auf Seiten der Verbündeten betrug fast 22 000 Mann, darunter 1 120 Offiziere. Der gesamte Artilleriepark, die Geschütze und der Reisewagen des Kaisers fielen in die Hände der Sieger.

Der Erfolg der Verbündeten basierte vor allem auf der Standhaftigkeit der britisch-niederländischen Armee Wellingtons, aber auch auf der Entsendung nicht unerheblicher Kräfte der Franzosen gegen die Preußen sowie schlussendlich auf deren rechtzeitigem Eingreifen in der entscheidenden Phase der Schlacht.

Napoleon hatte hingegen an diesem Tag seine gewohnte kaltblütige Haltung aufgegeben und durch den letzten ungestümen Angriff die Vernichtung seines Heeres und damit den Verlust seiner hunderttägigen Herrschaft militärisch zu verantworten.

Während die Truppen der Verbündeten nach Paris marschierten - mittlerweile hatte auch die Armee Schwarzenbergs den Rhein überschritten und sich den vorrückenden Truppen angeschlossen - unternahm Napoleon den letzten verzweifelten Versuch, das Volk zu einer Volkserhebung gegen den Feind zu bewegen, doch musste er rasch erkennen, dass dieses dazu nicht mehr bereit war und auch seine Getreuen von ihm abfielen. Kriegsmüdigkeit hatte sich allerorts breit gemacht. Am 22. Juni 1815 diktierte Napoleon daraufhin seine Abdankung zugunsten seines Sohnes. Nachdem die Abgeordnetenkammer am 24. Juni einen Antrag mit der Aufforderung an den Kaiser, die Hauptstadt zu verlassen, verabschiedet hatte, begab sich Napoleon nach Rochefort an der französischen Atlantikküste, um dort die Kapitulation von Paris am 4. Juli mitzuerleben.

Seine Hoffnung auf eine Emigration nach Amerika bzw. auf politisches Asyl in Großbritannien schwand zusehends. So ging er am Morgen des 15. Juli an Bord des britischen Kriegsschiffes HMS "Bellerophon", um nach Plymouth überzusetzen und sich der Gnade der Briten zu überantworten. Dort wurde ihm schließlich am 31. Juli eröffnet, dass er auf die britische Insel Sankt Helena im Südatlantik verbannt würde. Am 8. August ging Napoleon mit seinen Begleitern an Bord des Linienschiffes HMS "North-umberland", das ihn nach Sankt Helena bringen sollte. Am 18. Oktober landete er auf der Insel, wo er bis zu seinem Tod am 5. Mai 1821 im Sitz des Gouverneurs untergebracht war.

Im 2. Frieden von Paris vom 20. November 1815 wurde Frankreich von den Großmächten Österreich, Russland und Preußen in seine Grenzen von 1790 (ohne Saarland, Landau und Savoyen) verwiesen und erhielt Reparationszahlungen von 700 Millionen Francs auferlegt. An die Schweiz musste es sechs Gemeinden abtreten, durch die die Stadt Genf eine Landverbindung mit der übrigen Schweiz erlangte.

Ergebnisse und Folgen des Wiener Kongresses

Noch vor der Niederlage Napoleons bei Waterloo war am 9. Juni 1815 bereits die Kongressakte paraphiert worden, mit der das europäische Gleichgewicht der Großmächte wiederhergestellt werden sollte. Frankreich wurde als Großmacht erhalten und geschont, die Stellung Großbritanniens als führende Seemacht bestätigt, und Russland dehnte seine Einflusssphäre maßgeblich nach Westen und auf den Balkan aus.

Der Wiener Kongress brachte zahlreiche territoriale Veränderungen mit sich: Österreich erhielt die Illyrischen Provinzen (Westkärnten, Krain, Istrien, Dalmatien, Kroatien südlich der Save), in Galizien den Kreis Tarnopol und in Oberitalien das lombardo-venezianische Königreich, das Österreich die Vormachtstellung in Italien sicherte, zurück. Die habsburgischen Sekundogenituren (Nebenlinien) Toskana und Modena wurden wiederhergestellt. Erzherzogin Marie Louise behielt Parma und Piacenza. Österreich verzichtete hingegen auf die Vorlande mit dem Breisgau und auf die Österreichischen Niederlande.

England wurden die Kapkolonien, Sri Lanka, Mauritius, Malta und Helgoland zugesprochen. Russland erhielt Finnland und die Kontrolle über das neue Königreich Polen - Krakau wurde ein Freistaat. Preußen gelangte in den Besitz von Schwedisch-Pommern, der nördlichen Hälfte des Königreiches Sachsen, sowie von großen Teilen Westfalens und des Rheinlandes. Genua ging an das Königreich Sardinien-Piemont. Die ehemaligen habsburgischen Niederlande (Belgien) und Holland sowie das Bistum Lüttich wurden zum Königreich der Niederlande vereint. Schweden und Norwegen wurden unter König Karl XIV. Johann in Personalunion verbunden. Eine vergrößerte Schweiz erhielt die Anerkennung ihrer Neutralität; Baden, Württemberg und Bayern blieben bestehen.

Anstelle des 1806 aufgelösten Heiligen Römischen Reiches Deutscher Nation trat der aus 41 souveränen Staaten bestehende Deutsche Bund unter österreichischem Vorsitz, mit dem Ziel der Erhaltung der inneren und äußeren Sicherheit. Darüber hinaus erfolgten eine Kodifizierung des Gesandtschaftsrechtes (Wiener Reglement) und der Freiheit der internationalen Flussschifffahrt sowie die Ächtung des Sklavenhandels. Das im Wiener Kongress verhandelte Kräftegleichgewicht zwischen den fünf Großmächten Russland, Großbritannien, Frankreich, Österreich und Preußen hatte weitreichende Bedeutung für Europa: Es hielt, von lokalen Ausein-andersetzungen abgesehen, fast hundert Jahre bis zum Ausbruch des Ersten Weltkrieges 1914. Österreich hatte damit noch einmal seine Großmachtposition in Europa gefestigt und seine Vormachtstellung in Deutschland und Italien gewahrt. Napoleons Herrschaft war mit seiner Verbannung nach Sankt Helena endgültig beendet.

Literatur:

Bauer, Frank: Waterloo 18. Juni 1815 (Kleine Reihe der Befreiungskriege 1813-1815, H. 10. Potsdam 2005).

Black, Jeremy: The Battle of Waterloo: A New History. London 2010.

Field, Andrew W.: Waterloo: The French Perspective, Barnsley 2012.

Häusler, Wolfgang: Der Wiener Kongress 1814/15 - Neuordnung oder "Anfang des Endes" Europas?, in: Napoleon - Feldherr, Kaiser und Genie, Ausstellungskatalog zur Niederösterreichischen Landesausstellung auf der Schallaburg. Wien 2009, S. 221-225.

Koch, Hansjoachim Wolfgang: Die Befreiungskriege 1807/1815. Napoleon gegen Deutschland und Europa. Starnberg a. See 1987, S. 430-468.

Otto, Hans-Dieter: Für Einigkeit und Recht und Freiheit. Die deutschen Befreiungskriege gegen Napoleon 1806 - 1815. Ostfildern 2013, S. 155-164.

De Vos, Luc: The four days of Waterloo: the 15th, 16th, 17th, and 18th June 1815, Löwen 2010.

Wenzlik, Detlef: Die Napoleonischen Kriege, Bd. 4/1-4: Waterloo. Hamburg 1997/20082.

Willms, Johannes: Napoleons letztes großes Spiel, in: Napoleon - Feldherr, Kaiser und Genie, Ausstellungskatalog zur Niederösterreichischen Landesausstellung auf der Schallaburg. Wien 2009, S. 215-219.


Autorin: HR Mag. Dr. Claudia Reichl-Ham, MAS, Jahrgang 1968. Studium der Geschichte und Übersetzerausbildung sowie Doktoratsstudium an der Universität Wien, Ausbildungslehrgang des Institutes für Österreichische Geschichtsforschung; seit 1996 am Heeresgeschichtlichen Museum als Leiterin des Hauptreferates Publikationswesen/Bibliothek, seit 2008 stellvertretende Abteilungsleiterin der Forschungsabteilung; Mitglied des Institutes für Österreichische Geschichtsforschung, Generalsekretärin der österreichischen Militärhistorikerkommission (CAHM), Mitglied des Comité de Bibliographie der Internationalen Militärhistorikerkommission (CIHM); Forschungsschwerpunkte: Geschichte der Neuzeit (Militär-, Marine-, Wirtschafts- und politische Geschichte Österreichs, Osmanen, Militärgrenze).

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