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Blackwater - eine Folge des Outsourcing

Im vergangenen September rückte die US Firma Blackwater, ein so genanntes "privates Militärunternehmen", das auch im Irak tätig ist, ins Zentrum der Medienberichterstattung. Mitarbeitern der Firma wurde u. a. vorgeworfen, am 16. September 2007 bis zu 17 irakische Zivilpersonen willkürlich erschossen und zahlreiche andere verletzt zu haben. Vermutet wird, dass die Opfer unschuldige Passanten waren; so äußern sich zumindest offizielle irakische Vertreter.

Blackwater arbeitet u. a. für das US-Außenministerium, für das Pentagon, die CIA sowie andere Organisationen. Die Firma ist angeblich mit rund 1 000 Mitarbeitern im Irak eines der größten von über 100 Unternehmen, die in dem Land ähnliche Dienste anbieten. Insgesamt sind nach Expertenschätzungen rund 120 000 so genannte "private contractors", also "zivile Söldner", im Irak tätig. Die Firmen sind vorwiegend in den USA, in Großbritannien, Australien sowie in Südafrika beheimatet und beschäftigen überwiegend ehemalige Soldaten, die als Elitekämpfer (Special Forces, Fremdenlegionäre udgl.) ausgebildet wurden. Sie stehen an Checkpoints in der Green Zone und überwachen Teile des Regierungsviertels in Bagdad, sie schützen UNO-Einrichtungen, managen US-Stützpunkte, bewältigen die Logistik für die US-Streitkräfte, eskortieren Diplomaten und Kongressabgeordnete und patrouillieren schwer bewaffnet durch die Straßen und im Luftraum. Ob militärische Ausbildung, Strategieberatung oder private Kampftruppen, es gibt wenig, was diese Unternehmen nicht anbieten. Dabei zahlen sie ihren Angestellten ein Mehrfaches dessen, was Unteroffiziere oder Offiziere in der Armee erhalten.

Die Sorge der US-Streitkräfte, dass ihnen diese Konkurrenz das Personal abwirbt, ist verständlich. Doch dabei sind sie selbst die Auslöser für den Boom der so genannten "privaten Militärunternehmungen". Begonnen hat alles nach dem Ende des Kalten Krieges mit der Fehlbeurteilung, dass die USA in Zukunft nur noch kurz dauernde Kriege mit wenig Personal, aber dafür mit viel Hightech-Gerät führen würden. An Kriege wie in Vietnam war nicht mehr zu denken; außerdem wurden gleichzeitig maximal zwei größere Kriegsschauplätze erwartet. Angesichts dieser Zukunftsvision hatte man die aktiven US-Streitkräfte von 2,1 auf 1,3 Millionen Soldaten reduziert. Die Größe und die Struktur der Landstreitkräfte wurden so dramatisch verändert, dass sie ihre Aufgaben ohne Reserve bzw. National Guard nicht bewältigen können.

Der zweite Faktor war die Überlegung, dass man den Streitkräften durch Privatisierung viele Aufgaben abnehmen könne: "Outsorcing" war das Schlagwort für die Privatisierung der Logistik, der Bewachung und vieler anderer militärischer Aufgaben, die früher von Berufssoldaten erfüllt wurden.

Dass die Realität anders aussieht, zeigen die Kriege im Irak und in Afghanistan. Gleichzeitig musste man feststellen, dass man für einen Krieg in Nordkorea oder im Iran - bei Bedarf - keine ausreichenden Bodentruppen gehabt hätte. Nicht einmal für den Irak-Krieg reichten die Kräfte des aktiven US-Heeres. Und selbst mit dem Personal der Reserve und der National Guard zusammen ist das Heer nicht groß genug. So wurden "zivile Söldner" benötigt. Und diese "zivilen Militärunternehmen" bewaffnen ihre Mitarbeiter mit den modernsten Waffen und statten sie auch mit schwerem Gerät aus. Und damit sie sich für ihre Aufgaben auf dem Kriegsschauplatz so frei wie möglich bewegen können, wurden sie nicht einmal in die militärische Befehlskette eingegliedert, sondern man gewährte ihnen größtenteils diplomatische Immunität. Somit sind die offiziellen US-Stellen für sie und ihr Verhalten nicht direkt verantwortlich. Einsätze dieser Personen in politisch brisanten Gegenden belasten daher auch nicht die Streitkräfte. Ein Beispiel: Ein aufgedeckter Waffenschmuggel, den Blackwater-Angehörige trotz des verhängten Embargos in das Kurdengebiet versucht haben sollen, wäre eben eine zivile Angelegenheit und nicht den US-Streitkräften zuzurechnen.

Bisher agierten die "privaten Militärunternehmen" im "rechtsfreien Raum". Weder das irakische Zivilrecht noch die US Forces Regulations noch das internationale Recht berührten die zivilen bewaffneten Akteure, erklärte ein US-Untersuchungsausschuss. Der Bericht des US-Kongresses stellt nun die Blackwater-Angehörigen als aggressive und schießfreudige Privat-Rambos bloß: Schüsse auf Iraker aus fahrenden Autos heraus, tödliche Salven in Volltrunkenheit, fast 200 Schießereien in zwei Jahren - all das konnten sich die Blackwater-Angehörigen im Irak ohne Strafe erlauben. Allerdings zu Lasten der US-Streitkräfte, denen die Iraker das Verhalten der "zivilen Söldner" zurechnen und dementsprechend Hass und Verbitterung auch den Soldaten entgegenbringen.

Der Krieg, der mit Hilfe der vielen privaten Militärunternehmungen - ohne Einhaltung des internationalen Rechts - geführt wird, ist eindeutig eine Folge der falschen strategischen Lagebeurteilung, der daraus abgeleiteten Strukturen für die Streitkräfte und der Privatisierung von militärischen Aufgaben. Er führt zur Vermischung von Militär und Zivil, von Kombattanten und Nichtkombattanten. Die Konsequenz ist die noch größere Verwilderung der Bestie Krieg.

(Abgeschlossen am 12. November 2007)


Autor: Brigadier i. R. Prof. Dr. Horst Mäder

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