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Jagdkommando im ÖBH 2010

Das Jagdkommando wurde am 1. Dezember 2007 in die neue Struktur übergeleitet. Es verfügt somit über jene gliederungsmäßigen und organisatorischen Voraussetzungen, die zur Auftragserfüllung im gesamten Einsatzspektrum erforderlich sind.

Die Ziele, Aufgaben und Fähigkeiten des Österreichischen Bundesheeres wurden aufgrund der Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission, der "Teilstrategie Verteidigungspolitik" und des "Militärstrategischen Konzeptes" definiert. Für die Spezialeinsatzkräfte wurde daraus das "Konzept Spezialeinsätze" erarbeitet und verfügt. Dieses Konzept legt jene Fähigkeiten fest, die zur Führung von Spezialeinsätzen in Österreich und im Ausland erforderlich sind.

Spezialeinsätze (SpezE) sind Einsätze von Spezialeinsatzkräften, die von der obersten Führung festgelegt werden, um politische und militärische Ziele zu erreichen.

Spezialeinsatzkräfte (SEK) sind Truppen, die besonders organisiert, gegliedert, ausgebildet und ausgerüstet sind, um Spezialeinsätze durchzuführen.

Spezialkräfte sind designierte Kräfte anderer Truppen- und Waffengattungen, deren besondere Fähigkeiten zur Unterstützung der Spezialeinsatzkräfte im Regelfall erforderlich sind.

Daraus leiten sich die konkreten Planungen in personeller, struktureller, materieller, ausbildungs- und einsatzvorbereitungsmäßiger, finanzieller sowie in logistischer Hinsicht ab. Eine Grundlage dafür war die internationale Streitkräfteentwicklung mit ihrem Trend zur Professionalisierung, zur Steigerung der Fähigkeit der Interoperabilität sowie zur raschen Verfügbarkeit der Kräfte. Insbesondere geht es um die Schaffung von Strukturen zur Terrorismusbekämpfung und die Befähigung zu einer Beteiligung an multinationalen Einsätzen des internationalen Krisenmanagements sowie der Konfliktprävention. Diese Notwendigkeiten und die internationalen Fähigkeitsanforderungen an Spezialeinsatzkräfte (SEK) führten zu den Folgerungen und strukturellen Ableitungen für die Spezialeinsatzkräfte des Österreichischen Bundesheeres.

Die Entwicklung entsprechender Fähigkeiten ist vorrangig auf die Hauptaufgaben Spezialaufklärung und Kommandounternehmen (Evakuierungs- und Befreiungsoperationen) auszurichten. Die Ausbildung und die Ausrüstung müssen zur national selbstständigen Gefangenenbefreiung im Zuge von Auslandseinsätzen und zur aktiven Einsatzführung gegen terroristische oder irreguläre Kräfte befähigen. Durch den hohen Bereitschaftsgrad eignen sich Spezialeinsatzkräfte auch zur raschen Verstärkung österreichischer Kontingente in Krisensituationen. Spezialeinsatzkräfte decken mit ihren Einsatzmöglichkeiten zur Bekämpfung asymmetrisch agierender Gegner und zur Terrorismusabwehr im In- und Ausland eine Fähigkeitslücke der konventionellen Kräfte ab. Entwicklung und Erhaltung von Fähigkeiten und Kapazitäten für rasche und zeitlich befristete Einsätze (grundsätzlich drei Monate) von Spezialeinsatzkräften (Jagdkommando), Spezialkräften (ABC-Abwehr bzw. Urban Search and Rescue-Elemente) oder anderen Einsatzkräften sind zu schaffen und in gemeinsamen Ausbildungen und bei Übungen zu vertiefen.

Führung

Neben der Entsendung von Stabspersonal in die Kommanden der militärstrategischen und operativen Ebene erfordert die Führung von Spezialeinsätzen die Implementierung einer eigenen Führungsstruktur. Als nationales Anspruchsniveau ist festgelegt, die Planung, Führung und Durchführung von bis zu zwei Spezialeinsätzen zeitgleich über einen längeren Zeitraum ohne Qualitätsverlust sicherzustellen.

Das Jagdkommando unterstützt das Herstellen und Halten der Einsatzbereitschaft der Special Operations Task Group (SOTG) und ist für die konkrete Einsatzvorbereitung der SOTG verantwortlich. Die Führung der SOTG im Inland bzw. die Steuerung des nationalen Führungsanteils im Auslandseinsatz obliegt dem Streitkräfteführungskommando. Dieses stützt sich dabei insbesondere auf die Abteilung Spezialeinsätze ab. International ist die Führung von Spezialeinsätzen einer der obersten oder der oberen Führung zugeordneten vergleichbaren teilstreitkraftübergreifenden Führungseinrichtung übertragen. Spezialeinsatzkräfte bei Auslandseinsätzen agieren meist im multinationalen Verbund, den konventionellen Kräften vorgestaffelt; im Regelfall aber im Rahmen eines Special Operations Component Command (SOCC). Kleine, verdeckt operierende Einheiten benötigen modernste Ausrüstung und Technik. Eine strikte Geheimhaltung vor, während und nach einem Einsatz ist selbstverständlich. Die Kernfähigkeiten eines SOCC sind Planung, Führung und Durchführung von Spezialeinsätzen im Rahmen des militärstrategischen Führungsverfahrens.

Durchführung

Nach Erhalt eines Auftrages wird der taktische Führungsprozess eingeleitet. Der Kräftebedarf ist lage- und auftragsbezogen und kann vom Einsatz weniger Soldaten bis zur Masse des Verbandes, einschließlich der Miliz, reichen. Der Einsatz erfolgt grundsätzlich durch ein Führungselement und ein maßgeschneidertes Einsatzelement.

Eine Special Operations Task Group muss zur selbstständigen Führung von Spezialeinsätzen befähigt sein. Die für die Auftragserfüllung erforderlichen Elemente der Führung und Führungsunterstützung, Kampf- sowie Einsatzunterstützung werden der SOTG anlassbezogen aus dem Kommando bzw. der Einsatzbasis/JaKdo unterstellt (Formierung zur vollen Führungs- und Einsatzfähigkeit).

Bezogen auf die Führungsfähigkeit, verfügt die SOTG über einen Gefechtsstand (TGHQ), der bei Auslandseinsätzen in der Regel in der Forward Operating Base (FOB) errichtet wird. Diese Führungseinrichtung soll den Kommandanten der SOTG befähigen, zu jedem Zeitpunkt des Einsatzes alle am betreffenden Spezialeinsatz beteiligten Kräfte zu führen und mit ihnen Informationen und Daten auszutauschen.

Die Einsatzdauer soll grundsätzlich drei Monate nicht übersteigen. Wenn das Erfordernis der Eigensicherung wegfällt und die Infrastruktur im Einsatzraum genutzt werden kann (z. B. beim Einsatz der österreichischen Rahmenbrigade), ist auch eine Einsatzdauer über drei Monate hinaus, insbesondere für Spezialaufklärung, möglich.

Andere Einsätze, beispielsweise zur Festnahme von Kriegsverbrechern, erfolgen aus Sicherheitsgründen durch Teams, die außerhalb des Einsatzraumes bereitgehalten werden. Für einsatzbereite Teile ist grundsätzlich eine Readiness "A" (Abmarschbereitschaft von fünf Tagen) erforderlich. Die Einsatzdauer, zum Beispiel für Evakuierungsoperationen, kann bis zu mehrere Wochen betragen. Häufig ist eine unverzügliche Entsendung eines Vorausteams (OLRT - Operational Liaison and Reconnaissance Team) in den Einsatzraum notwendig, das innerhalb von 24 Stunden verlegbar sein muss.

Eine rotationsfähig ausgerichtete Struktur verhindert dabei die Überlastung des einzelnen Soldaten sowie des Systems. Variabel zusammenstellbare und bereits vorbereitete Ausrüstungsmodule für den Einzelsoldaten, das Team und die Task Group sind rechtzeitig bereitzustellen. Eine wesentliche Voraussetzung für den erfolgreichen Einsatz von Spezialeinsatzkräften ist die unerkannte Vorbereitung und Durchführung dieser Einsätze. Dies erfordert besondere Schutzmaßnahmen für das Personal, die Ausrüstung, das Gerät und die Infrastruktur. Zur erfolgreichen Auftragserfüllung ist es erforderlich, je nach Notwendigkeit über Mittel und Verfahren zu verfügen, die ein Erreichen und Verlassen des Einsatzraumes auf dem Landweg, auf dem Wasserweg und auf dem Luftweg ermöglichen.

Dies setzt die Verfügbarkeit von spezieller Ausrüstung zum Infiltrieren und Exfiltrieren unter Einsatz von land-, luft- oder seegestützten Mitteln (Fahrzeuge, Boote, Hubschrauber, Fallschirme, Gleitschirme u. ä. sowie Methoden des Rappelling, Fastroping und Fastrigging) voraus.

Rapelling:

Bei diesem System wird aus dem direkt über der Absetzzone schwebenden Hubschrauber für jeden Soldaten ein eigenes Rappelling-Seil abgelassen. Die Soldaten gleiten gesichert das Seil hinab.

Diese Insertionstechnik wird benutzt, um speziell ausgebildete Soldaten auf Landezonen abzusetzen, wenn auf Grund der Geländebeschaffenheit, der Mitnahme von schweren Waffen, schwerem Gepäck und Zusatzausrüstung oder der taktischen Lage kein anderes Absetzverfahren mit Hubschraubern zur Anwendung gebracht werden kann. Die Durchführung ist bei Tag und Nacht möglich. Das Absetzen kann nur ohne direkten Feinddruck durchgeführt werden.

Fastroping (Fast Roping Insertion and Extraction System - FRIE):

Bei diesem System wird aus dem direkt über der Absetzzone schwebenden Hubschrauber das FRIE-Seil abgelassen. Die Soldaten gleiten ungesichert das Seil hinab.

Diese Insertionstechnik wird benutzt, um speziell ausgebildete Soldaten schnellstmöglich auf Landezonen abzusetzen, in welchen eine Hubschrauberlandung auf Grund der Geländebeschaffenheit oder der taktischen Lage nicht möglich ist. Die Durchführung ist bei Tag, Nacht und mit leichtem Gepäck möglich. Das Absetzen kann mit oder ohne Feinddruck durchgeführt werden.

Fastrigging (Special Patrol Insertion and Extraction System - SPIE):

Bei diesem System wird aus dem direkt über der Aufnahmezone schwebenden Hubschrauber das SPIE-Seil abgelassen, in das sich die Soldaten einhängen. Der Hubschrauber hebt im Anschluss daran die Soldaten vertikal aus der Aufnahmezone und setzt sie in der nächst gelegenen, sicheren Landezone ab, in der sie die Möglichkeit haben, in den Hubschrauber einzusteigen.

Diese Insertions- und Extraktionstechnik wird benutzt, um speziell ausgebildete Soldaten so rasch wie möglich aus Gebieten, in welchen eine Hubschrauberlandung auf Grund der Geländebeschaffenheit nicht möglich ist, zu transportieren bzw. Soldaten in diesen Gebieten abzusetzen. Die Durchführung ist bei Tag, Nacht und mit schwerem Gepäck möglich. Die Aufnahme kann nur ohne direkten Feinddruck durchgeführt werden.

Die Auftragserfüllung ist unter allen klimatischen und geografischen Bedingungen (u. a. Wüste, Dschungel, arktische Verhältnisse) sicherzustellen. Besondere sanitätsdienstliche Regelungen und ein entsprechender Impfstatus sind zu gewährleisten.

Von wesentlicher Bedeutung zur Aufrechterhaltung der Führungsfähigkeit sind einsatztaugliche, redundante Führungsmittel. Die Fähigkeit zur Übermittlung von Nachrichten in den Klassifizierungsstufen "Geheim" und "Streng Geheim" sowie eine hohe Datenübertragungsrate sind dabei notwendig. Volle Nachtsicht- und Nachtkampffähigkeit sowie Systeme zur Lokalisierung von einzelnen Soldaten zur Unterstützung von Such- und Rettungseinheiten sind auf dem modernen Gefechtsfeld unabdingbar. Last but not least ist eine logistische Autarkie für bis zu 30 Tage sicherzustellen, was eine nicht zu unterschätzende Herausforderung für die Versorgungsdienste darstellt.

Auf einen Blick

Abgeleitet aus den Empfehlungen der Bundesheer-Reformkommission gewinnen Spezialeinsatzkräfte an Bedeutung. Sie sind den Erfordernissen entsprechend rasch verfügbar und schließen mit ihren Einsatzmöglichkeiten die Fähigkeitslücken der konventionellen Kräfte bei der Bewältigung asymmetrisch agierender Gegner und in der Terrorismusabwehr im In- und Ausland. Ein multinationaler Verbund von Spezialeinsatzkräften ist bei Auslandseinsätzen oder bei Evakuierungsoperationen grundsätzlich anzustreben, was die Bedeutung der Interoperabilität hervorhebt. All diese Faktoren führen zu dem Schluss, dass der Sicherstellung der personellen, materiellen und infrastrukturellen Einsatzbereitschaft des Jagdkommandos hohe Priorität gebührt, um dem Österreichischen Bundesheer als mögliche "Initial Entry Force" (IEF) auch für künftige Einsätze zur Verfügung zu stehen.


Autor: Major Davy Lambach, Jahrgang 1968. Nach der Ausmusterung an der Theresianischen Militärakademie 1990 (Waffengattung Infanterie) Verwendung als Kompaniekommandant beim Fliegerhorstbataillon in Zeltweg. Anschließend Führungslehrgang 1. 1995 Versetzung zum Jagdkommando als S1/S5 und Verwendung in verschiedenen Stabsfunktionen. Absolvierung Stabslehrgang 1 und Stabslehrgang 2, diverse Spezialausbildungen und Beobachterkurs. Einsätze: Assistenzeinsatz Burgenland, Golan 1994, Personenschutzeinsätze, Libanon 2005/2006.

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