Der Assistenzeinsatz an der Ostgrenze
von Christian Segur-Cabanac
Kurzfassung
◄ Nach dem Fall des "Eisernen Vorhanges" und den Untergang totalitärer Regimes in Mittel- und Osteuropa kam es zu einem dramatischen Anwachsen illegaler Grenzübertritte an den österreichischen Ostgrenzen, worauf das Innenministerium das Bundesheer zur Grenzüberwachung anforderte. Am 4.9.1990 beschloss daraufhin der Ministerrat, dem Bundesheer für zehn Wochen die Überwachung eines Grenzabschnittes im Burgenland anzuvertrauen. Da die entsprechenden Vorarbeiten schon weit gediehen waren, konnte das Bundesheer bereits tags darauf mit zwei Assistenzbataillonen die Überwachung aufnehmen.
Weil sich daraufhin die illegalen Grenzübertritte mehr in den Raum Niederösterreich verlagerten, wurde bereits am 17.9. der Einsatzraum nach Norden bis an die Donau erweitert. Als sich absehen ließ, dass mit zehn Wochen Assistenzeinsatz nicht das Auslangen zu finden war, wurde der Einsatz um weitere 26 Wochen ausgedehnt; seit 1991 erfolgen die Verlängerungen jährlich. Gleichzeitig begann auch die Überwachung im Einsatzraum "Süd", wo das dritte, nunmehr in Assistenzkommando umbenannte Assistenzbataillon disloziert wurde. Nachdem 1993 durchschnittlich 1.700 bis 1.900 Mann im Assistenzeinsatz standen, wurde deren Zahl im Jahr darauf um 400 Mann zwecks Überwachung der grünen Grenze zu Ungarn erhöht. 1999 wurde der Einsatzraum entlang der Marchgrenze in Niederösterreich erweitert und die Einsatzdauer eines Turnusses von vier auf sechs Wochen gestreckt.
Die Assistenzkräfte überwachen insgesamt ca. 470km Grenze und haben den Auftrag, illegale Grenzgänger abzuschrecken bzw. aufzugreifen und den Sicherheitsorganen zu übergeben. War ursprünglich die Operationsabteilung desArmeekommandos für die Führung des Einsatzes verantwortlich, so ging diese Befugnis 2002/03 auf den Führungsstab über. Vor Ort führt das Militärkommando Burgenland, dem auch die Koordination mit den Sicherheitsdirektionen obliegt. Die eigentliche Grenzüberwachung wird vom so genannten Assistenzzug mit insgesamt 42 Mann in vier Assistenzgruppen und dem Zugtrupp durchgeführt, wobei bei Tag 156 und bei Nacht bis zu 312 Trupps im Einsatz stehen; diese sind u.a. mit Wärmebild- und Bodenradargeräten ausgerüstet.
Bisher standen über 300.000 Soldaten im Grenzüberwachungseinsatz, die 80.000 illegale Grenzgänger aus 110 Staaten aufgegriffen und den Sicherheitsbehörden übergeben haben. Der Einsatz ist damit die wichtigste Aufgabe des Bundesheeres im Inland und wird dies für die absehbare Zukunft bleiben, bis Österreichs östliche EU-Nachbarn die Schengen-Reife erlangt haben. ►
Volltextversion
Der Assistenzeinsatz an der Ostgrenze
Eine Bilanz vom September 1990 bis heute
Mit dem Fall des "Eisernen Vorhanges" 1989 und dem Untergang der totalitären Regime in Mittel- und Osteuropa konnte man noch nicht ahnen, dass die offenen Grenzen zu Migrationsbewegungen führen würden, welche die Ordnung und Sicherheit im Grenzraum und den Rechtsstaat an sich gefährdeten.
Die politische Entwicklung in Mitteleuropa seit der Liberalisierung in den Staaten des ehemaligen Warschauer Paktes führte im Frühjahr und Sommer 1990 zu einem dramatischen Anwachsen illegaler Grenzübertritte an den österreichischen Ostgrenzen.(Fußnote1/FN1) Zollwache und Gendarmerie konnten den massiven Anstieg nicht mehr bewältigen. Man schätzte die Zahl der Flüchtlinge, welche die Grenze illegal überschritten, auf rund 1.000 pro Woche. Dabei war es neben der immer größer werdenden Zahl von Immigranten vor allem die stark anwachsende grenzüberschreitende Kriminalität, die Österreich zum raschen Ergreifen von Gegenmaßnahmen bewog.
Dieser Einsatz kam aber auch dem Bundesheer nicht ganz ungelegen. Nach dem Wegfall der "Bedrohung aus dem Osten" gab es Bestrebungen verschiedener Politiker und Medien, die ein Bundesheer in dieser Struktur und Organisation auflösen wollten. Der Ruf nach dem "Bundesheer light" versprach Wähler und Leser. Zusätzlich hatten das Bundesheer und vor allem Verteidigungsminister Dr. Robert Lichal gerade die Kampagne gegen die Beschaffung und Stationierung der Draken-Abfangjäger zu bestehen gehabt. Der Schutz der Grenze für die geplante Dauer von zehn Wochen durch das Bundesheer konnte damit das Ansehen wesentlich erhöhen.
Beginn und Entwicklung des Einsatzes
Am 4. September 1990 erfolgte über Antrag des Bundesministers für Inneres der Beschluss des Ministerrates, in dem dem Bundesheer der Auftrag zur Überwachung der Staatsgrenze für eine Dauer von maximal zehn Wochen erteilt wurde. Als Einsatzraum wurde die Staatsgrenze im Burgenland zwischen Deutsch-Jahrndorf und Lockenhaus festgelegt.
Die ersten konkreten Planungen über einen möglichen Einsatz fanden schon vorher, ab dem 31. August 1990, statt. Das Militärkommando Burgenland wurde vom Armeekommando beauftragt, vorbehaltlich eines Ministerratsbeschlusses für diesen Einsatz einen Einsatzstab zu bilden und den Einsatz an der Grenze zu planen. Planungsgrundlage war die Absicht des Armeekommandos: "Führung eines mehrwöchigen Assistenzeinsatzes an der Staatsgrenze in Form der Grenzraumüberwachung zunächst mit Schwergewicht zwischen Deutsch Jahrndorf und Lockenhaus mit zwei Assistenzbataillonen - mit rund 2.000 Soldaten - an einer Sicherungslinie und Bereithalten einer bataillonsstarken Reserve im Südabschnitt, um die Voraussetzungen für die Verhinderung illegaler Grenzübertritte in diesem Raum zu schaffen." (FN2) Zur Unterstützung wurde vom Armeekommando der Einsatz von leichten Fliegerkräften befohlen.(FN3) Am 3. September erfolgte der Armeekommandobefehl Nr. 1 für den Assistenzeinsatz. Dabei kam es besonders darauf an, dass durch den raschen Aufbau einer ersten Präsenz an der Staatsgrenze die schnelle Reaktionsfähigkeit des Bundesheeres dokumentiert wurde, um in weiterer Folge durch eine möglichst lückenlose Überwachung der zugewiesenen Grenzabschnitte einen spürbaren Rückgang der illegalen Grenzübertritte zu erwirken. Die ersten Planungen hiezu wurden bereits am selben Tag abgeschlossen, sodass am 4. September unmittelbar nach dem Ministerratsbeschluss gegen 13:00 Uhr die erste Befehlsausgabe an die drei Bataillonskommandanten Mjr Albel, Kommandant PzGrenB 35 aus Großmittel (Abschnitt "NORD"), Mjr Berktold, stellvertretender Kommandant JgB 21 aus Kufstein ("MITTE") und Obstlt Halder, stellvertretender Kommandant LWSR 13 ("SÜD") durch das Militärkommando Burgenland stattfand.
Die Befugnisse der Soldaten wurden vom Bundesministerium für Inneres genau definiert, in einem Merkblatt festgehalten und den Beteiligten zur Kenntnis gebracht. Der Zustand der Waffe beim Grenzraumüberwachungsdienst wurde festgelegt. Zuerst sollten die Soldaten die Waffe ungeladen tragen und ein volles Magazin mitführen. Da dieser Zustand der Waffe weder die Eigen- noch die Kameradensicherung beim Stellen illegaler Grenzgänger gewährleisten kann, befahl das Militärkommando Burgenland nach berechtigten Bedenken, bei der Grenzraumüberwachung die Waffe halbgeladen zu tragen.
Am 5. September um 19:00 Uhr begannen das Assistenzbataillon "NORD" (Bezirk Neusiedl) und das Assistenzbataillon "MITTE" (Bezirk Eisenstadt Umgebung, Mattersburg und Oberpullendorf) mit der Grenzraumüberwachung. Das Assistenzbataillon "SÜD" bezog als Verfügungsraum die Kasernen im Südburgenland, betrieb Ausbildung und hielt sich als Reserve bereit. Nachdem Kompanien und Züge zur Verstärkung im Norden eingesetzt worden waren, wurde das Bataillonskommando aber sehr bald aufgelöst.(FN4) Neben den "regulär" eingesetzten Assistenzkräften "halfen" auch andere Verbände bei der Grenzraumüberwachung. So meldete am 5. September das Jagdkampfbataillon 521, welches zufällig im Bezirk Jennersdorf eine Waffenübung durchführte, dass einige illegale Grenzgänger gestellt und an die Gendarmerie übergeben wurden.
Ab 17. September wurde der Einsatzraum im Norden bis zur Donau und damit auf niederösterreichisches Gebiet ausgeweitet, weil nunmehr vermehrt zwischen den eingesetzten Assistenzkräften und der Donau die Grenze illegal überschritten wurde. Knapp sechs Wochen später war bereits offensichtlich, dass die Situation der massiven illegalen Grenzübertritte mit einem zehn Wochen dauernden Assistenzeinsatz nicht beruhigt werden konnte. Die Bundesregierung ordnete die Weiterführung des Assistenzeinsatzes für weitere 26 Wochen an. Am Ende des Jahres hatten die Soldaten des Bundesheeres bereits über 1.500 illegale Grenzgänger aufgegriffen und damit einen wesentlichen Beitrag zur Sicherheit in der Grenzregion geleistet. Am 26. Februar 1991 erfolgte eine nochmalige Verlängerung des Assistenzeinsatzes bis Ende 1991. Seit damals wird der Assistenzeinsatz jedes Jahr um ein weiteres Jahr verlängert.
Im Oktober 1991 wurde auf die Zunahme der illegalen Grenzübertritte im bisher durch das Bundesheer nicht überwachten Grenzabschnitt im Süden reagiert. Unter gleichzeitiger Reduzierung von Kräften im Abschnitt "NORD" und "MITTE" wurde zwischen Lockenhaus und der Dreiländerecke im Südburgenland ein Assistenzbataillon "SÜD" eingesetzt. Die Bataillone wurden in Assistenzkommanden umbenannt.
1991 wurden über 8.000 illegale Grenzgänger aufgegriffen. In den weiteren Jahren sank die Zahl der Aufgegriffenen. Im Durchschnitt befanden sich bis August 1993 jeweils ca. 1.700 bis 1.900 Mann des Bundesheeres im Assistenzeinsatz. Von Mitte August bis Oktober 1993 erfolgte auf Grund der Rückläufigkeit illegaler Grenzübertritte eine Personalreduzierung auf ca. 1.500 Mann, wobei in erster Linie das Führungs- und Versorgungspersonal verringert wurde. Die Zahl der unmittelbar zur Grenzüberwachung eingesetzten Soldaten blieb im Wesentlichen gleich.
Die Führung und Versorgung der im Assistenzeinsatz stehenden Kräfte wurde ab Ende 1993 durchgehend Verbänden des Militärkommandos Burgenland, der Abschnitt "NORD" dem Landwehrstammregiment 11 (LWSR 11), "MITTE" dem LWSR 12 und "SÜD" dem LWSR 13 übertragen. Damit wurde zwar eine kostengünstigere Variante gefunden, aber die Belastung der eingesetzten Verbände stieg stark an. Diese Verbände konnten andere Aufgaben (z.B. Teilnahme an Verbandsübungen, Durchführung der Waffenübungen der Mobilmachungsverbände usw.) kaum mehr bewältigen. Außerdem konnten andere Verbände nicht die wertvollen Erfahrungen in Führung und Stabsdienst unter Einsatzbedingungen sammeln. Daher wurde Ende 1994 wieder damit begonnen, möglichst geschlossene Verbände aus ganz Österreich mit der Führung der Assistenzkommanden zu betrauen.
Mit April 1994 wurden aus Einsparungsgründen das Assistenzkommando "MITTE" und die zugehörige Stabskompanie aufgelöst. Ab diesem Zeitpunkt wurde der Assistenzeinsatz von zwei Assistenzkommanden mit jeweils drei Assistenzkompanien durchgeführt.(FN5) Als Reaktion auf wiederum steigende illegale Grenzübertritte verstärkte das Bundesheer im Februar 1997 die Überwachung der grünen Grenze zu Ungarn durch den Einsatz von zusätzlichen 400 Mann. Damit wurde einem Beschluss der Bundesregierung sowie einem Ersuchen des Bundesministeriums für Inneres entsprochen. Es wurde wieder eine Personalstärke wie vor dem Jahr 1994 von ca. 2.000 Mann erreicht. Die verstärkte Überwachung der grünen Grenze durch Kräfte des Bundesheeres sollte der Exekutive die Erfüllung der Normen des Schengener Abkommens ermöglichen.
Nicht zuletzt wegen der verstärkten Überwachung der Grenze im Burgenland wichen Schlepperorganisationen an die Süd- und Nordgrenzen Österreichs aus. Trotz Vollausbau der Grenzgendarmerie in Niederösterreich kam es besonders an der March zu massiven illegalen Grenzübertritten. Politiker aus Niederösterreich wie Landeshauptmann Dr. Erwin Pröll forderten nachdrücklich einen Grenzeinsatz des Heeres in Niederösterreich. Am 21. Dezember 1999 wurde die Grenzüberwachung bis in den Raum Hohenau entlang der Marchgrenze mit einer weiteren Kompanie von rund 200 Mann erweitert. Ab diesem Zeitpunkt betrug der Kräfteeinsatz rund 2.150 Mann. Um den Bedarf an Soldaten trotz sinkender Grundwehrdienerzahlen zu sichern und um zu vermeiden, dass Verbände während eines Einrückungstermins zweimal an der Grenze eingesetzt werden, erhöhte man die Einsatzdauer eines Turnusses Mitte 2000 von rund vier Wochen auf sechs Wochen. Diese Belastung einer längeren Einsatzdauer ist noch zumutbar. Ein weiterer Vorteil der längeren Einsatzdauer ist, dass sich alle Assistenzsoldaten besser mit dem Einsatzraum vertraut machen können.
Aus einem Provisorium wurde mit den Jahren eine nicht mehr wegzudenkende Maßnahme Österreichs zur Sicherung der EU-Außengrenze.(FN6) Alle Ankündigungen des Aufbaus einer eigenen Grenzschutzeinheit, wie sie am Beginn der 90er-Jahre von maßgeblichen Politikern gemacht worden waren,(FN7) wurden nie verwirklicht, im Nachhinein eine günstige Entwicklung für Österreich, da nach der Schengenreife der EU-Mitglieder Ungarn und Slowakei eine Grenzschutztruppe wirklich überflüssig wäre, wohingegen das Bundesheer nach dem Assistenzeinsatz wieder andere Aufgaben zu erfüllen hat.
Aufgaben
Auftrag und Kompetenzverteilung
Im Einsatzraum leistet das Bundesheer einen Assistenzeinsatz gemäß § 2 Abs. 1 lit. B WG 1990. ("Das Bundesheer ist bestimmt...zur Aufrechterhaltung der Ordnung und Sicherheit im Inneren überhaupt.") Das Bundesministerium für Inneres ist die Behörde, die Assistenz vom Bundesheer anfordert. Es bedient sich zur Konkretisierung seiner Aufträge der Sicherheitsdirektionen der Länder Burgenland und Niederösterreich sowie der örtlich zuständigen Bezirkshauptmannschaften. Die Zielvorgabe für den Assistenzeinsatz erfolgt einerseits über die Behörde, die Planung des Einsatzes zur Erreichung des Zieles und alle Maßnahmen zur Durchführung obliegen andererseits den militärischen Kommandanten.
Exekutive und Bundesheer sind im Rahmen der Grenzraumüberwachung gleichberechtigte Partner, deren Aufgabenbereiche klar umrissen und getrennt sind, um den Einsatz zu koordinieren. Die Gendarmerie (die Zollwache bis Ende 2003) kontrolliert an den Grenzübergängen (Grenzkontrollstellen) die Ein- und Ausreise und nimmt Aufgaben in der Tiefe wahr. Das Bundesheer überwacht die grüne Grenze abseits der Grenzkontrollstellen.
Der Auftrag des Bundesheeres ist es, illegale Grenzübertritte zu verhindern.
Aufgaben im Assistenzeinsatz
Die Assistenzkräfte haben insgesamt eine Grenzlänge von 470 km (113 km zur Slowakei und 357 km zu Ungarn) zu überwachen.
Ziel des Einsatzes ist es, - die präventive Abhaltung illegaler Grenzgänger zu gewährleisten, - illegale Grenzgänger, die bereits die Grenze überschritten haben, möglichst grenznah aufzugreifen und den Sicherheitsbehörden zu übergeben und so zu verhindern, dass sich illegale Grenzgänger unkontrolliert auf österreichischem Staatsgebiet bewegen; - durch den Einsatz zu einer Erhöhung des Sicherheitsgefühls der Bevölkerung in Grenznähe beizutragen.(FN8) Das bedeutet, dass, wo immer das Gelände und die Lage es zulassen, in erster Linie Personen am Grenzübertritt nach Österreich durch das Verfahren der Abweisung gehindert werden sollen. Erst wenn die Abweisung nicht erfolgreich ist und Personen der illegale Grenzübertritt gelingt, sind diese aufzugreifen.
Befugnisse im Assistenzeinsatz
Jeder Soldat der Assistenztruppe hat in Ausübung seines Dienstes im Rahmen der Grenzraumüberwachung jene Rechte und Pflichten, die bei Verrichtung eines gleichwertigen Dienstes den Sicherheitsorganen der Exekutive zukommen.
Dies sind insbesondere: - Personen anzuhalten (Anhalterecht), - Identitätsfeststellung (Ausweiskontrolle), - Durchsuchen von Personen, Sachen und Kraftfahrzeugen, - Festnahmerecht sowie - eingeschränkter Schusswaffengebrauch zur Notwehr (Schutz des eigenen Lebens) und Nothilfe (Schutz einer anderen Person).
Eine detaillierte Regelung der Rechte und Pflichten der Soldaten wurde in einem Merkblatt des Bundesministeriums für Inneres festgelegt. Jeder Soldat erhält vor seinem Assistenzeinsatz dieses Merkblatt und wird daraufhin ausgebildet.
Aufbau- und Ablauforganisation der Armee im Assistenzeinsatz
Führungsstruktur
Zu Beginn des Assistenzeinsatzes war die Operationsabteilung des Armeekommandos für die Führung des Assistenzeinsatzes zuständig. Diese gab die Richtlinien für die Durchführung vor und ordnete die Abstellungen von Kräften für den Assistenzeinsatz an. Mit der Neugliederung des Bundesheeres 2002/2003 ist der Führungsstab für die Führung des Assistenzeinsatzes zuständig. Dieser gibt die Richtlinien für die Durchführung im Zuge der Befehlskette über das Kommando der Landstreitkräfte vor. Im Besonderen sind an das Kommando der Landstreitkräfte die Routineangelegenheiten der Planung und Führung abgetreten worden. Das Kommando der Landstreitkräfte plant und ordnet die Kräfteabstellungen für den Assistenzeinsatz an. Die anderen Kommanden des Bundesheeres wie Luftstreitkräfte usw. sind dafür dem Kommando der Landstreitkräfte auf Zusammenarbeit angewiesen.
Dem Kommando der Landstreitkräfte unmittelbar nachgeordnet ist das Militärkommando Burgenland, das für die eigentliche Führung im Einsatzraum verantwortlich ist. Dort erfolgt die Koordination mit den Sicherheitsdirektionen. Zur Sicherstellung einer durchgehenden Führungsfähigkeit hat das Militärkommando einen "Einsatzstab" im Schichtdienst eingerichtet.
Gliederung, Truppeneinteilung der Assistenzeinsatzkräfte
Die Grenzraumüberwachung erfolgt durch zugeführte Kräfte.
Die eingesetzten Kräfte sind zurzeit wie folgt gegliedert: - Assistenzbataillon "NORD" in Neusiedl mit einer Stabskompanie und vier Assistenzkompanien; - Assistenzbataillon "SÜD" am Geschriebenstein mit einer Stabskompanie und fünf Assistenzkompanien.
Die Assistenzbataillone werden als Assistenzkommando bezeichnet.
Die Stärke der Assistenzkompanien ist unterschiedlich und wurde auf Grund der räumlichen Gegebenheiten und des zu überwachenden Geländes festgelegt.
Genormt ist der Assistenzzug: Er besteht aus dem Zugtrupp und vier Assistenzgruppen mit insgesamt 42 Mann.
Insgesamt stehen 39 Assistenzzüge im Einsatz: 37 Züge bei den Kompanien und je ein Verstärkungszug zur Schwergewichtsbildung beim Assistenzkommando "NORD" und "SÜD".
Dienst an der Grenze und Einsatzführung
Dienstzeit und Einsatzdauer
Die Einsatzdauer der zugeführten Kräfte beträgt in der Norm sechs Wochen. Der unmittelbare Dienst an der Grenze erfolgt in einem viertägigen Rhythmus, wobei das Dienstrad in unmittelbaren Grenzdienst und Bereitschaftsdienst in der Unterkunft eingeteilt ist. In diesen vier Tagen hat der Soldat zweimal rund zwölf Stunden in der Nacht und rund sechs Stunden jeweils einmal am Vormittag und am Nachmittag unmittelbaren Grenzdienst. Jeden vierten Tag haben die eingesetzten Soldaten eine Zeit (24 Stunden) ohne geplante dienstliche Inanspruchnahme. In dringenden Fällen können auch diese Soldaten jederzeit ihren Dienst aufnehmen. Diese Zeit ohne geplante dienstliche Inanspruchnahme dient zur Erholung der Soldaten.
Versorgung und Unterkunft
Der Kampfkrafterhaltung aller eingesetzten Soldaten wird ein hoher Stellenwert beigemessen, müssen die Soldaten doch sechs Wochen unter sehr anstrengenden Bedingungen ihren Einsatz versehen. Von zentraler Bedeutung ist die Unterbringung der Soldaten. Zu Beginn des Assistenzeinsatzes wurde noch wie bei Übungen üblich vorgegangen - die Soldaten und Gefechtsstände waren in Zelten und Gasthäusern untergebracht. Da schnell erkannt wurde, dass dieser Einsatz länger dauern wird (über den Winter), war diese Art der Unterbringung nicht vertretbar, außerdem war die dauernde Anmietung nach den vorgegebenen Sätzen für Übungen zu teuer. Vor allem zu Beginn des Assistenzeinsatzes war die wirtschaftliche Benachteiligung des Grenzraumes durch den ehemaligen "Eisernen Vorhang" noch zu erkennen. Daher fehlte zum Teil die Infrastruktur für die Unterbringung und machte somit umfangreiche Maßnahmen zur Schaffung von Unterkünften nötig. Als erste Maßnahme wurden Unterkünfte durch Baupioniere für den Bedarf adaptiert. In weiterer Folge wurden in Gebieten ohne brauchbare Infrastruktur Containerunterkünfte und teilweise eigene Neubauten für Züge errichtet. Die Verantwortung für die Verträge, die Adaptierungen und Neubauten liegt beim Militärkommando Burgenland mit seiner Intendanzabteilung. Eine brauchbare Unterkunft für alle Soldaten im Assistenzeinsatz ist somit sichergestellt, wenn auch weiterhin laufend Verbesserungen durchzuführen sind.
Neben einer annehmbaren Unterkunft ist auch die Truppenbetreuung sehr wichtig zur Aufrechterhaltung der "Moral" der Truppen. Jeweils am vierten Tag kann ein Freizeitprogramm genützt werden, das zur Regeneration der Soldaten dient. Dieses reicht vom kostenlosen Besuch von Bädern oder Kinos bis zur Nutzung von zahlreichen Sport- und Freizeitbetrieben.
Der Dienst an der Grenze erfordert auf Grund der Konfrontation der Soldaten mit der Not und dem Elend von illegalen Grenzgängern alle soldatischen Tugenden. Eine hohe Bedeutung hat dabei auch die seelische Betreuung der Soldaten. Diese Betreuung der Soldaten erfolgt durch Militärseelsorger, die laufend im Einsatz sind. Darüber hinaus hat jeder Soldat die Möglichkeit, sich jederzeit an den heerespsychologischen Dienst zu wenden.
Bewaffnung, Ausrüstung und Anzug
Die Assistenzsoldaten sind mit dem StG77 und einem Magazin mit 30 s-Patronen ausgerüstet. Im unmittelbaren Grenzraumüberwachungsdienst ist die Waffe halbgeladen. Offiziere ab Kompaniekommandant aufwärts, Unteroffiziere im Einsatzstab und Sanitätspersonal tragen die Pistole 80.
Die Soldaten tragen den Feldanzug 75 mit Traggerüst, Magazintaschen, Feldflasche und Feldsack, ohne Helm und ABC-Schutzmaske. Im Einsatzraum ist die Uniform auch in der "Zeit ohne geplante dienstliche Inanspruchnahme" (ZogdI) zu tragen, um der Bevölkerung die Anwesenheit von Soldaten zu deren Sicherheit zu demonstrieren. Gekennzeichnet sind die Assistenzsoldaten durch eine rot-weiß-rote Armschleife (im unmittelbaren Grenzraumüberwachungsdienst mit dem olivgrünen Ärmelschild), die am linken Oberarm getragen wird.
Durchführung der Grenzraumüberwachung
Der eigentliche Träger der Grenzraumüberwachung ist der Assistenzzug. Dem Assistenzzug ist ein Verantwortungsbereich zugeordnet, der in seiner Ausdehnung abhängig von der Anzahl von illegalen Grenzübertritten (Schwergewicht) und den Möglichkeiten zur Überwachung des zugewiesenen Geländes ist. Die Soldaten der Assistenzzüge werden in Trupps zu je zwei Mann als stehender Spähtrupp, als Verbindungsspähtrupp zu Fuß, als Radstreife und vereinzelt auch als berittene Streife, eingesetzt. Die stehenden Spähtrupps stützen sich zum Teil auf Postenstände ab. Diese stehen an günstigen Beobachtungs- und Überwachungspunkten und bieten einen gewissen Witterungsschutz. Auf Grund des Aufkommens der illegalen Grenzgänger vor allem in den Nachtstunden und der schwierigeren Bedingungen zur Überwachung sind am Tag je Zug eine Gruppe und in der Nacht je Zug zwei Gruppen im unmittelbaren Überwachungsdienst an der Grenze eingesetzt. Die Kompanie, das Bataillon und das Militärkommando Burgenland können über den Zug hinaus grundsätzlich zur Schwergewichtsbildung Grenzen verändern und zusätzliche Kräfte einem Grenzabschnitt zuführen. So werden regelmäßig dort, wo es zu vermehrten illegalen Grenzübertritten kommt, Assistenzzüge, die aus "ruhigeren" Räumen abgezogen werden, zur Schwergewichtsbildung eingesetzt.
Im gesamten Grenzabschnitt werden insgesamt am Tag bis zu 156 Trupps und in der Nacht bis zu 312 Trupps eingesetzt. Durch verschiedene weitere Maßnahmen, wie den Einsatz zusätzlicher zeitlich und örtlich begrenzter Streifen von Kräften aus den Kompaniekommanden und den Stabskompanien der Assistenzkommanden, wird die Überwachung verdichtet.
Besonderheiten sind die Bootsstreifen auf der March und der Einsatz eines Reitaufklärungszuges. Auf der March wird die Bootsstreife mit Pionierbooten eingesetzt, um Übertrittsstellen über den Fluss aufzuklären und so geeignete Gegenmaßnahmen auf der eigenen Seite einzuleiten.
Amtshandlungen auf dem Wasser wie Anhaltung oder Abweisung sind nicht vorgesehen. Der Einsatz der Tragtierstaffel zur Grenzraumüberwachung erfolgt periodisch. Die Reiter werden truppweise ausschließlich beweglich eingesetzt. Der Vorteil der Pferde, die hohe Beweglichkeit im Gelände und die bessere Beobachtungsmöglichkeit "hoch zu Ross", wird dabei ausgenützt.
Einsatzverfahren und Gefechtstechnik
Die Einsatzverfahren bei der Grenzraumüberwachung wurden ständig der Lage angepasst und änderten sich dadurch im Laufe der Jahre. Der Anwendung der optimalen Gefechtstechnik und Taktik für die Grenzraumüberwachung lag immer ein militärisches Führungsverfahren zu Grunde. Das richtete sich nach den Vorgaben der Behörde (Auftrag), dem Verhalten der illegalen Grenzgänger sowie der Schlepperorganisationen (Beurteilung der "Feind lage"), den Umfeldbedingungen (Jahreszeit, Infrastruktur) (Beurteilung des Geländes), den eigenen Möglichkeiten, Stärke der eingesetzten Kräfte, technischen Hilfsmitteln zur Überwachung (Nachtsichtgeräte und Wärmebildgeräte) sowie der Zusammenarbeit mit der Exekutive und den slowakischen und ungarischen Grenzwachbehörden (Beurteilung der eigenen Lage).
In den ersten Tagen des Assistenzeinsatzes war dieser eher nach einem Sicherungseinsatz ausgerichtet. Gruppen, die zwei Beobachtungsstellen einrichteten und diese über 48 Stunden besetzten, waren nicht unüblich. Auch der demonstrative Einsatz, um Personen vom illegalen Grenzübertritt abzuhalten, wurde durchgeführt. Diese Methode war nicht sehr lange erfolgreich. Insgesamt zeigte sich aber, dass sich gerade in den ersten Wochen die Auftragstaktik auf Grund sehr knapper Regelungen und Vorgaben bewährte.
Nach den ersten Wochen, als klar wurde, dass der Einsatz länger als die angekündigten zehn Wochen dauern würde, legte man auf einen ökonomischen Einsatz und die Steigerung des Wirkungsgrades der eingesetzten Kräfte Wert. Auch das Verhalten der illegalen Grenzgänger, anfangs gekennzeichnet durch unorganisiertes Überschreiten der Grenze, passte sich rasch der neuen Lage an. Zuerst überschritten vor allem Menschen aus Rumänien und anderen Ländern Südosteuropas die Grenze. Meist waren es junge Männer, die einzeln oder in Kleingruppen den Grenzübertritt wagten. Sie versuchten unerkannt zu bleiben und sich der Festnahme fallweise durch Flucht zu entziehen. Wenn diese Personen geschleppt wurden, war meist folgendes Verhaltensmuster festzustellen: Die Flüchtlinge wurden von den Schleppern nahe der offiziellen Grenzübertrittstellen an die Grenze gebracht und eingewiesen. Die Flüchtlinge überschritten dann ohne Schlepper die Grenze, um in Österreich wieder von Schleppern aufgenommen zu werden. Die illegalen Grenzgänger verhielten sich sehr friedlich gegenüber den Soldaten, sodass grundsätzlich Trupps in der Stärke von zwei Mann ausreichten, auch wenn größere Gruppen von Flüchtlingen gestellt wurden.
Das Verhalten der illegalen Grenzgänger ist nicht zuletzt von ihrer Motivation, illegal die Grenze zu überschreiten, abhängig. Flüchtlinge aus Ländern, wo es Krisen oder Kriege gibt oder die aus verschiedensten Gründen verfolgt werden und daher mit Asyl rechnen dürfen, verhalten sich meist sehr passiv. Zwar versuchen diese Personen, unerkannt die grüne Grenze zu überschreiten, lassen sich aber, wenn sie von Soldaten erst einmal erkannt wurden, ohne Fluchtversuch anhalten. Personen, die vornehmlich aus wirtschaftlichen Gründen in den EU-Raum kommen wollen, versuchen oft auch dann zu flüchten, nachdem sie bereits erkannt wurden. In kurzer Zeit wurden durch die organisierte Kriminalität zahlreiche Schlepperorganisationen aufgebaut, die immer professioneller ("erfolgsorientierter") wurden.(FN9) Die Taktik der Schlepper passte sich flexibel an das Verhalten der eigenen Kräfte an: Aufklärung der Eigenen durch Beobachtung mit modernen technischen Geräten, Abhören des Funksprechverkehrs und der Mobiltelefone, Überwachung der Zugsgefechtsstände und Aushorchen von Assistenzsoldaten gehören ebenso dazu wie die jeweils erfolgversprechendste Wahl des illegalen Grenzübertritts.(FN10) Diesen Verfahren Rechnung tragend begegnet man im Assistenzeinsatz zum einen durch ständige Lagebeurteilung und darauf abgestimmten möglichst flexiblen Einsatz, Verschleierung, Täuschung, gefechtsmäßiges Verhalten und zum anderen durch die Verwendung modernen Gerätes, von Wärmebildgeräten (Sophie) bis zu abhörsicheren Funkgeräten (TFF-41). Die Verwendung von Wärmebildgeräten mit einer Reichweite von über 2.000 m und die im Zeichen der Sicherheitspartnerschaft intensive Zusammenarbeit mit der ungarischen Grenzwache und der slowakischen Fremden- und Grenzpolizei seit 2002 ermöglichten erst die wirkungsvolle Umsetzung des Hauptauftrages im Assistenzeinsatz: "die präventive Abhaltung illegaler Grenzgänger zu gewährleisten".
Beim Verfahren der Abweisung wird ein Grenzübertritt dadurch verhindert, dass eine Annäherung von Personen an die Staatsgrenze mit dem Wärmebildgerät oder mit dem Radar frühzeitig erkannt und an die slowakischen oder ungarischen Grenzorgane weitergeleitet wird. Diese werden dann auf ihrem Staatsgebiet tätig und verhindern den Grenzübertritt. Dieses Verfahren ist kräfteintensiver als das bloße Aufgreifen von Grenzgängern, da letztendlich die Kräfte direkt an der Grenze zum Einsatz gebracht werden müssen. Bei einer Beschränkung auf das Aufgreifen von Personen, die bereits die Grenze illegal überschritten haben, könnte ökonomischer durch Einsatz von Kräften an leicht zu überwachenden Auffanglinien vorgegangen werden.
Insgesamt wird das militärische Führungsverfahren im Assistenzeinsatz uneingeschränkt angewandt.
Einsatz von Nachtsichtmitteln zur Grenzraumüberwachung
Eine besondere Bedeutung kommt dem Einsatz bei Dunkelheit zu. Die illegalen Grenzübertritte werden überwiegend zu dieser Zeit versucht. Daher überwachen zum einen bei Nacht doppelt so viele Kräfte die Grenze als am Tag, zum anderen ist der Einsatz von Nachtsichtmitteln besonders wichtig. Ziel war es von Beginn an, dass jeder Trupp in der Nacht mit einem Nachtsichtgerät ausgestattet ist. Zu Beginn des Einsatzes verfügte die Truppe lediglich über zugeführte night vision goggles AN/PVS-5A. Die Ausrüstung jedes Trupps gelang mit der Zuführung der Nachtsichtferngläser (NSFG 87) und später der Nachtsichtbrillen Lucie. Die Reichweite dieser Nachtsichtgeräte hängt vom Wetter (bewölkt oder sternenklar) und den Mondphasen ab, endet aber in jedem Fall bei rund 400 Metern.
Verstärkung der Überwachung durch Gefechtsfeldaufklärungssysteme
Durch die Verwendung eines Gefechtsfeldaufklärungssystems mit verschiedenen Aufklärungsmitteln wie Wärmebildgeräten und Bodenradargeräten mit einer Reichweite von über 2.000 m steigen die Wahrscheinlichkeit zur Entdeckung illegaler Grenzgänger und damit der Wirkungsgrad der Überwachung. Nach verschiedenen Erprobungen und der Verwendung von Mistral- und Bill-Wärmebildgeräten erfolgte 2002 die Zuweisung von insgesamt 75 Wärmebildgeräten Sophie. Davon sind 68 Stück mit Stativ ausgestattet und sieben Stück befinden sich in VW-Bussen, die einen eingebauten Videobildschirm haben, um so einen beweglichen Einsatz zu ermöglichen. Die Reichweite beträgt ca. 4.000 m gegen Kraftfahrzeuge und 3.000 m bei Menschen. Zusätzlich stehen zwei Gefechtsfeldradargeräte mit einer Reichweite bis zu 20 km im Einsatz.
Die fahrzeuggestützten Wärmebildgeräte und die Gefechtsfeldradargeräte werden als Gefechtsfeldaufklärungssystem (GEFAS) bezeichnet und vom Militärkommando Burgenland unmittelbar geführt. Der Einsatz der Wärmebildgeräte Sophie mit Stativ erfolgt durch die Assistenztruppen selbst. Die Geräte werden so eingesetzt, dass eine weit reichende Beobachtung, möglichst über die Staatsgrenze, möglich ist, wo verstärkt mit Grenzübertritten von illegalen Grenzgängern gerechnet wird. Das GEFAS bildet ein wichtiges Mittel des Militärkommandos Burgenland zur Schwergewichtsbildung in den von illegalen Grenzübertritten am meisten betroffenen Abschnitten und wird dort zur Verdichtung der Überwachung eingesetzt.(FN11)
Ausbildung
Ausbildungsvoraussetzung
Wie zuvor ausgeführt, ist der Einsatz an der Grenze kein bloßer Wachdienst, sondern setzt eine umfassende militärische Ausbildung voraus. Eine qualitätsvolle Vorbereitung der Soldaten ist nicht zuletzt deswegen so wichtig, weil die Masse der Grundwehrdiener den Dienst an der Grenze selbstständig und eigenverantwortlich zu versehen hat.(FN12) Diese Anforderung an die Assistenzkräfte erfordert eine besondere gefechtstechnische Ausbildung der Soldaten sowie eine taktische Schulung der Kommandanten. Diese erfolgt nach dem Eintreffen im Einsatzraum durch das Militärkommando Burgenland, die gefechtstechnische Ausbildung (Gefechtsdienst) aller Soldaten wird bereits in den Heimatgarnisonen durchgeführt, und zwar möglichst einsatznah bei Tag und Nacht. Die Soldaten werden in verschiedenen Standardsituationen ausgebildet wie dem Stellen von illegalen Grenzgängern, dem Abriegeln von Geländeteilen, dem Durchkämmen von Geländeteilen und dem Abtransport von illegalen Grenzgängern. Eine Ausbildung im "gewöhnlichen" Sicherungsdienst mit Personen- und Kfz-Kontrolle alleine reicht nicht aus. Der Einsatz als Spähtrupp setzt weitere Kenntnisse voraus wie Verhalten als Aufklärungsspähtrupp, Verhalten in einer Beobachtungsstelle, Fühlung halten zu illegalen Grenzgängern, Beobachten und Melden, Zielansprache und Orientieren im Gelände. Neben diesen Ausbildungszielen sind die Waffenausbildung (Waffendrill) und der Fernmeldedienst aller Truppen und - im Hinblick auf den Selbstschutz der Soldaten - das Ausbildungsziel Nahkampf von größter Bedeutung.
Gewinn oder Verlust an Ausbildungszeit
In den ersten Jahren des Assistenzeinsatzes wurde immer wieder beklagt, dass dadurch wertvolle Ausbildungszeit verloren gehe. Sogar ein Rechnungshofbericht kritisierte, dass durch den Einsatz schwere Ausbildungsdefizite entstünden, die zu einer nicht verantwortbaren Schwächung der Verteidigungsbereitschaft des Heeres führten.(FN13) Die interne und externe Kritik war und ist zum Teil berechtigt. Natürlich bedeuten die sechs Wochen Assistenzeinsatz für einen Soldaten, der für eine Kommandantenfunktion auf Gruppen- und Truppebene vorgesehen ist und der sich der "vorbereitenden Kaderausbildung" (vbK) unterzieht, einen Ausbildungsverlust in gewissen Bereichen.(FN14) Auch für bestimmte Waffengattungen - wie zum Beispiel den Truppenpionier mit einem der umfangreichsten Ausbildungsinhalte - bringt der Einsatz über sechs Wochen einen gewissen Ausbildungsverlust. Bei anderen Waffengattungen und Tätigkeiten mit einem geringeren Anforderungsprofil(FN15) kann man dagegen nicht von einem Ausbildungsverlust sprechen, da deren erforderliche Ausbildung in der restlichen Zeit leicht vermittelbar ist. Anfang der 90er-Jahre war das Heer noch stärker auf die Miliz ausgerichtet als heute.(FN16) Zu dieser Zeit war eher ein Verlust an Ausbildungszeit gegeben als heute, wo für die Mehrheit der Soldaten der Grundwehrdienst acht Monate, allerdings nur mehr bis Jahresende 2005, dauert.
Auf der anderen Seite fordert der Assistenzeinsatz nicht nur eine gediegene Ausbildung der Soldaten aller Führungsebenen, er ist auch die "Anwendungsstufe" vieler bereits gelernter Ausbildungsthemen. Im Assistenzeinsatz werden über einen längeren Zeitraum Tätigkeiten und Aufgaben durchgeführt und damit Fertigkeiten vermittelt, die in Einsätzen höherer Intensität genauso gefordert sind. Bei keiner Übung können militärische Tätigkeiten über so einen langen Zeitraum 24 Stunden am Tag sechs Wochen durchgehend geübt werden, wie sie im Assistenzeinsatz angewandt werden. Beobachten und Melden, Funksprechdienst, Verhalten als Spähtrupp, täglicher Umgang mit halbgeladener Waffe und regelmäßiger Waffendrill usw. führen zu einer deutlichen Verbesserung dieses "allgemeinen militärischen Könnens".(FN17) Einen ganz großen Nutzen ziehen aus dem Assistenzeinsatz die Kommandanten aller Führungsebenen und Stäbe. Über einen Zeitraum von sechs Wochen ist ununterbrochen das militärische Führungsverfahren anzuwenden, und die Umsetzung desselben wirkt sich unmittelbar aus. Abläufe in den Stäben und Kommanden können hier über einen längeren Zeitraum angewandt und dabei Stärken erkannt und Schwächen behoben werden. Wo sonst lässt sich die Geschäftsordnung der Verbände besser auf ihre Zweckmäßigkeit überprüfen, als bei einem durchgehenden sechs Wochen dauernden Einsatz? Der Einsatz bringt somit für die Kommandanten aller Ebenen einen Zuwachs an Führungserfahrung. Bei keiner Übung ist es für die Kommandanten möglich, über einen so langen Zeitraum ihr persönliches Führungsverhalten unter einsatzmäßigen Bedingungen zu erproben und zu verbessern.(FN18) Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die positive Rückmeldung der eingesetzten Soldaten. Die überwiegende Mehrheit empfindet den Einsatz als belastend, aber sehr sinnvoll. Die Kameradschaft wird gefördert, das Erlernte kann umgesetzt werden, wie es bei der Ausbildung und bei Übungen nur bedingt der Fall ist.
Bevölkerung und Assistenzsoldaten
Das Verhältnis zwischen Bevölkerung und Assistenzsoldaten ist sehr gut. Anfänglich war natürlich die Begeisterung ob dieses Einsatzes enorm; die Soldaten konnten spürbar Sicherheit vermitteln, und die Grenzbewohner waren dankbar dafür. Dabei kam es zu sehr netten Gesten. In manchen Ortschaften wie in Loipersbach wurden die Assistenzsoldaten durch Frauen, liebevoll als "Körberldamen" bezeichnet, regelmäßig mit Kuchen und Torten versorgt. Während des Einsatzes - auf Grund der Dauer - "normalisierte" sich dieses Verhältnis. Die Soldaten werden gern gesehen, und die Sicherheit, die sie im Grenzgebiet aufrechterhalten, wird vor allem dann sehr geschätzt, wenn einmal in einer Ortschaft ein Zugsgefechtsstand für einen Turnus nicht besetzt wird. Vereinzelte Interessenkonflikte, fast ausschließlich mit der Jägerschaft, treten zwar immer wieder auf, werden aber im Gespräch so gelöst, dass der militärische Einsatz nicht darunter leidet.
Zusammenfassung
Am 4. September 1990 erfolgte über Antrag des Bundesministers für Inneres ein entsprechender Beschluss des Ministerrates, und es wurde dem Bundesheer der Auftrag gem. § 2 Wehrgesetz Abs. 1 lit. b zur Unterstützung des Innenministeriums zur Überwachung der Staatsgrenze erteilt. Der Assistenzeinsatz wird auf Beschluss des Ministerrates jedes Jahr um ein weiteres Jahr verlängert.
Die zu überwachende Grenzlänge beträgt 460 km, wobei durch das Assistenzkommando "NORD" 203 km und das Assistenzkommando "SÜD" 257 km überwacht werden. Im Durchschnitt befinden sich um die 2.050 Mann durchgehend im Assistenzeinsatz.
Seit Beginn des Assistenzeinsatzes standen über 300.000 Soldaten aus ganz Österreich an der slowakischen und ungarischen Staatsgrenze im Einsatz. Sie haben bis heute mehr als 80.000 illegale Grenzgänger aus 110 Staaten der Erde gestellt und den Sicherheitsbehörden übergeben.
Der Assistenzeinsatz ist derzeit die wichtigste Aufgabe des Bundesheeres im Inland.
Eine besondere Herausforderung stellt die Verkürzung der Wehrdienstzeit auf sechs Monate ab 1.1.2006 für den Assistenzeinsatz dar. Bestimmte organisatorische Voraussetzungen werden es allerdings möglich machen, den Assistenzeinsatz mit der gleichen Einsatzeffizienz in Bezug auf die Grenzraumüberwachung weiterzuführen wie bisher.
Zur voraussichtlichen Dauer des Assistenzeinsatzes kann aus heutiger Sicht gesagt werden, dass mit der Erreichung der Schengenreife durch unsere EU-Partner Slowakei und Ungarn die Assistenzleistung des Bundesheeres für die Sicherheitsbehörden zu Ende gehen wird. Aus heutiger Sicht wird das vermutlich nicht vor 2007 der Fall sein. Das Bundesheer stellt sich jedenfalls darauf ein, trotz organisatorischer Änderungen im Zuge der Bundesheerreform bis zu diesem Zeitpunkt die Grenzraumüberwachung mit der gleichen Effizienz wie in den vergangenen 16 Jahren durchzuführen. Es wird das dann der wohl am längsten andauernde und vermutlich auch bedeutendste Beitrag des Bundesheeres für das Sicherheitsgefühl der betroffenen Grenzbevölkerung gewesen sein.
ANMERKUNGEN:
1) Vgl. Christian Segur-Cabanac: Assistenzeinsatz an der österreichisch-ungarischen Staatsgrenze. Truppendienst 1/1991, S.40ff.
2) Ebenda, S.41.
3) Vgl. ObstdG Segur-Cabanac,a.a.O. Als Fliegerkräfte wurden vorgesehen: Die Flugeinsatzleitung, zwei Fliegerleittrupps und ein Verbindungshubschrauber beim MilKdoB. AssBaon Nord und Mitte - je ein Verbindungshubschrauber, ein Hubschrauber für die Sanitätsversorgung, ein Tankfahrzeug. Eine geplante Bereitschaft in Langenlebarn bestehend aus vier Transporthubschraubern für rasche Lufttransporte und ein leichtes Luftfahrzeug für Luftbildeinsätze.
4) Vgl. Andreas Steiger: "Zum Schutz der Grenze bestimmt!?" - das Bundesheer und der Schutz der burgenländischen Grenze in den Jahren 1956 bis 2001. Wissenschaftliche Arbeiten aus dem Burgenland (WAB) Band 105, S.400.
5) Ebenda.
6) Vgl. Wolfgang Pusztai: Assistenzeinsatz - nur Wachdienst an der Grenze? Truppendienst 2/2000, S.130ff.
7) Vgl. APA-Meldung vom 21.8.1994: Vranitzky: Eigene Grenzschutzeinheit für Österreich kommt.
8) Vgl. Steiger, a.a.O., S.399.
9) Vgl. Pusztai, a.a.O.
10) Vgl. VU: Schlepperunwesen - eine Gefahr für die militärische Sicherheit; Truppendienst 2/2001, S.152ff.
11) Vgl. Ulrich Székely: Der Einsatz von Gefechtsfeldaufklärungssystemen. Truppendienst 6/2000, S.507.
12) Vgl. Josef Bauer: Assistenzeinsatz zur Grenzüberwachung. Truppendienst 5/1995, S.478.
13) Vgl. Grenzeinsatz führt zu Schwächung des Heeres. In: "Die Presse" vom 17.3.1994, S.1 u. S.7.
14) Ob der zukünftige GrpKdt der Miliz während des GWD in der vbK und dann mit einem MUOK I und MUOK II in der Dauer von insgesamt fünf Wochen das Ausbildungsziel überhaupt erreicht, auch wenn er an keinem AssE teilnimmt, ist grundsätzlich zu hinterfragen. Insbesondere wenn man die äußerst lange Ausbildung der Berufssoldaten zum GrpKdt vergleicht.
15) Wie z.B. die Mun-Schützen der mGrW und sGrW.
16) Der Grundwehrdienst dauerte sechs, in weiterer Folge sieben Monate und die restliche Zeit des Wehrdienstes wurde in Form von Waffenübungen abgeleistet.
17) Vgl. Karl Perger: Hart an der Grenze. Der Fernmeldedienst in der Grenzraumüberwachung. Truppendienst 3/1998, S.236.
18) Vgl. Josef Bauer: Assistenzeinsatz zur Grenzüberwachung, Teil VIII, Truppendienst 5/1992, S.478.
Der Beitrag wurde unter Verwendung diverser Manuskripte aus dem Bereich des einsatzführenden MilKdo B, insbesondere vom MilKdt Bgdr Luif sowie Mjr Gröbming, verfasst.
Mag. Christian Segur-Cabanac
Geb. 1948; Generalmajor; verheiratet, 4 Kinder; Ausmusterung 1971 zur Panzertruppe; Verwendungen als Zugs-, Kompanie- und Bataillonskommandant in einem Panzerbataillon; 1979-82 Generalstabsausbildung; ab 1982 Verwendung im Führungsstab des Armeekommandos; seit 1993-2002 Leiter der Operationsabteilung im BMLV; seither Leiter des Führungsstabes.
Ihre Meinung/your opinion/votre opinion: