China und Russland – Verbündete oder Konkurrenten?
Dokumenttyp:
Schriftenreihe der LandesverteidigungsakademieErscheinungsdatum:
Juni 2025Herausgeber:
Republik Österreich BMLV, Mag. Dr. Gunther HauserVerlag:
Landesverteidigungsakademie/Institut für Strategie & SicherheitspolitikISBN:
978-3-903548-14-5Seiten:
240Autor(en):
Mag. Dr. Gunther HauserBeiträge in dieser Publikation:
Name | Seiten/Dateigröße | |
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China und Russland – Verbündete oder Konkurrenten? | 240 Seiten / 1.72 MB |
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Vorwort
Die Weltordnung nach dem Zusammenbruch der Sowjetsysteme in Europa bzw. in Eurasien – also jene Weltordnung nach dem Kalten Krieg, die mit der deutschen Wiedervereinigung 1989, der Auflösung der Tschechoslowakei 1991 und den Sezessionskriegen im ehemaligen Jugoslawien 1991 bis 1995 und den Einleitungen der EU- und NATO-Erweiterungsprozesse Richtung Mittel- und Südosteuropa begann – ist spätestens mit der Annexion der Krim durch die Russische Föderation im Jahr 2014, dem acht Jahre später folgenden Angriffskrieg der Russischen Föderation gegen die Ukraine und dem ökonomisch-militärischem Erstarken der Volksrepublik China Geschichte.
Spätestens seit 2014 fordern die Russische Föderation und die Volksrepublik China die westliche Welt – bisher angeführt von den USA – geostrategisch, geoökonomisch und militärisch zunehmend heraus. Das gilt nun auch für jene Länder, die bisher an dem Konzept der militärischen Neutralität jedoch nicht an der politischen Neutralität des Landes strikt festhielten. So gilt auch für Österreich laut Aussage von Bundeskanzler Christian Stocker, dass der russische Präsident Wladimir Putin „kein Freund und Partner“ mehr sei.
Während der 1990er und 2000er Jahre waren politische Entscheidungsträger in Washington D.C. und in vielen europäischen Hauptstädten noch überzeugt, sowohl die Volksrepublik China als auch die Russische Föderation künftig in die Weltwirtschaftsordnung nach amerikanischem Vorzeichen integrieren zu können. Besonders nach US-Vorstellungen sollte damit einhergehend ein pluralistisch-demokratischer Wandel in Gesellschaft und Politik vollzogen werden. Diese Einschätzung stellte sich besonders in den letzten zwanzig Jahren seit der Machtübernahme von Waldimir Putin in der Russischen Föderation im Jahr 2000 und durch Xi Jinping in der Volksrepublik China als Irrtum heraus. Sowohl Putin als auch Xi sind bis heute mehr denn je überzeugt, den jeweiligen Einfluss ihrer beiden Staaten als geopolitische und auch geoökonomische Akteure als Gegengewicht zu den USA und zu den westlich-demokratischen Systemen nicht nur auszubauen, sondern auch im Sinne einer multipolaren Weltordnung im Wettbewerb der politischen Systeme dauerhaft festigen zu können.
So ist es Ziel der beiden politischen Führungen in Moskau und Peking, einerseits durch umfassende Wirtschafts- und Infrastrukturprojekte den Wirtschaftsraum Eurasien stärker als bisher zu vernetzen, andererseits ihre Interessen auch militärisch durchzusetzen – sei es durch den Ausbau von politischen und wirtschaftlichen Einflusszonen, sei es auch zum Teil durch Gebietserweiterungen ihrer Territorien. Grundsätzlich bleibt dabei „die wirtschaftliche Stärke ein zentraler Aspekt staatlicher Machtentfaltung, sowohl in Form von Hard Power als auch Soft Power.“ Die Volksrepublik China und die Russische Föderation hatten sich zudem in den letzten Jahrzehnten Fähigkeiten aufgebaut, entwickeln diese weiter und sind nun „versiert darin, die alten und neuen Elemente der Globalisierung – von physischer Infrastruktur wie Gasleitungen und Transportumschlagplätzen bis hin zum Cyberraum, Mobilfunknetzen und den sozialen Medien gegen die EU zu instrumentalisieren – auch durch strategische Aufkäufe und Investitionen.“ Der Autor untersucht in dieser Studie die außen-, wirtschafts-, sicherheits und verteidigungspolitischen Zielsetzungen der Volksrepublik China und der Russischen Föderation – ausgehend von ihrem jeweiligen politischen Verständnis und ihrer strategischen Kultur bis zu geopolitischen und geostrategischen Interessen – und bietet eine aktuelle Analyse systematischer chinesischer und russischer Transformations-prozesse im eurasischen Raum.