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Gaminger Gespräche 1998 (14)

Sicherheit und Kooperation in Mitteleuropa unter besonderer Berücksichtigung der nationalen Wehrstruktur

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Sicherheit und Kooperation in Mitteleuropa - Die Gaminger Gespräche 1998 3 Seiten / 18 KB PDF ansehen
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Integration der Streitkräfte in der Gesellschaft unter besonderer Berücksichtigung der inneren Führung - Erfahrungen in Deutschland 9 Seiten / 57 KB PDF ansehen
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Die nationale Wehrstruktur als Ableitung der Sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen 5 Seiten / 29 KB PDF ansehen
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Die Errichtung von nationalen Militärsystemen zur Wahrung der politischen Stabilität und Sicherheit eines Staates 4 Seiten / 29 KB PDF ansehen
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Die Nationale Wehrstruktur als Ableitung der sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen 6 Seiten / 36 KB PDF ansehen
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NATO-Streitkräftestrukturen im Spiegel der sicherheitspolitischen Lage in Europa 7 Seiten / 43 KB PDF ansehen
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The Defense component of Romanians National Security 3 Seiten / 20 KB PDF ansehen
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Die Nationale Wehrstruktur als Ableitung der sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen 4 Seiten / 33 KB PDF ansehen
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Geopolitical Position and Risks of Threat to the Czech Republic 2 Seiten / 18 KB PDF ansehen
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Die Wehrstruktur der Slowakischen Republik 4 Seiten / 24 KB PDF ansehen
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Neue operative Aufgabenfelder für Streitkräfte? 7 Seiten / 42 KB PDF ansehen
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Vorwort

Vorwort

Die Frage, wie sich die neuen strategischen Rahmenbedingungen auf die jeweilige Wehrstruktur der mitteleuropäischen Länder auswirken, stand diesmal im Vordergrund der jährlichen Gaminger Gespräche. Drüber hinaus galt es der Frage nachzugehen, ob und wieweit sich Synergieeffekte und Kooperationsformen für die Streitkräfte der Länder unser Region ergeben. Vorweg kann festgestellt werden, daß diese Thematik überwiegend vor dem Hintergrund der NATO-Osterweiterung bzw. der intensivierten Zusammenarbeit mit der NATO im Rahmen der "Partnership for Peace" (PfP) darzustellen ist und sich aufgrund der nach wie vor heterogenen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen in den einzelnen mitteleuropäischen Ländern derzeit nur bedingte Optionen zu einer aufgabenteiligen regionalen Kooperation ergeben, wenngleich die Bereitschaft dazu im Wachsen begriffen ist. Im Rahmen der von der Österreichischen Offiziersgesellschaft (ÖOG) organisierten Tagung in der Kartause Gaming vom 14. bis zum 16.5.1998 haben sich von den Teilnehmerländern der Gamiger Initiative - einer Arbeitsgemeinschaft mitteleuropäischer Offiziers- und Reservistenverbände, namentlich der Schweiz, Deutschlands, Österreichs, Tschechiens, der Slowakei, Ungarns, Kroatiens und Sloweniens - hochrangige Delegationen mit den jeweiligen Generalstabschefs bzw. deren Stellvertreter an der Spitze eingefunden, um die Frage der nationalen Wehrstruktur im Lichte der aktuellen sicherheitspolitischen Rahmenbedingungen zu beleuchten. Im Rahmen einer gesonderten Einladung konnte auch eine rumänische Delegation, angeführt vom Vorsitzenden des parlamentarischen Verteidigungsausschusses, Prof. Ioan Pascu, für eine Teilnahme gewonnen werden. Ein Höhepunkt der Veranstaltung war zweifellos das Referat des Vorsitzenden des NATO-Militärausschusses, General Klaus Naumann.

Nach den Vorgaben der Veranstalter sollten die Generalstabschefs bzw. ihre Stellvertreter bei ihren Ausführungen auch derzeit relevante Schlüsse für die zukünftige Rolle der Reservisten- bzw. Milizkomponente und für konkrete Möglichkeiten einer regionalen Kooperation ziehen. Hierbei zeichnet sich - abgesehen von der Schweiz, die noch keine gravierenden Veränderungen in ihrer nahezu ausschließlich auf dem Milizprinzip beruhendem System eingeleitet hat - eine allgemeine Strukturierung in Reaktionskräfte, Hauptverteidigungskräfte und (was die NATO betrifft) Verstärkungskräfte ab. Dies bedeutet, wie General Naumann ausführte, daß die NATO auch künftig ihre Fähigkeit zur Verstärkung und zum Durchhalten längerdauernder Operationen auf ihren Reservekräften aufbauen wird. Dabei bleibt die Konzentration auf die Fähigkeit zur Bündnisverteidigung die zentrale und zugleich die herausforderndste Aufgabe für alle Bündnismitglieder. Naumann trat somit allen "NATO-Beitritts-Aspiranten" mit Entschiedenheit entgegen, die glauben machen wollten, daß Out-of-area-Operationen bereits wichtiger seien als Bündnisverteidigung, was implizit auf eine weitgehende Reduzierung und Spezialisierung der eigenen Kräfte hinauslaufen würde. Auch im Rahmen des von Vizeadmiral Hans Frank, dem stellvertretenden Generalinspekteur der Deutschen Bundeswehr, vorgetragenen Konzeptes einer modularen und flexiblen Streitkräfteplanung als die sinnvollste Antwort auf eine Vielzahl möglicher Einsatzformen und des Verzichtes der Ausrichtung der Streitkräfte auf eine umfassende strategische Herausforderung hielt Naumann als generelle Richtlinie für die Dimensionierung der Streitkräfte unmißverständlich fest: Verteidigungsausgaben unter 1,2% des Bruttoinlandsprodukts (BIP) sowie ein Absinken des Investitionsanteiles unter 30% des Verteidigungsbudgets führen in absehbarer Zeit jegliche sinnvolle Landesverteidigung ad absurdum.

Bemerkenswert war auch die Einschätzung bezüglich der Beibehaltung der allgemeinen Wehrpflicht, als der mittlerweile jahrelange argumentative Trend zur "Professionalisierung" nun immer deutlicher eine Relativierung erfährt. So kommt - wie Korpskommandant Hans-Ulrich Scherrer (Schweiz) und General Karl Majcen (Österreich) ausführten - eine Abgehen von der Wehrpflicht und einem überwiegendem Reserve- bzw. Milizanteil der Streitkräfte auf absehbare Zeit überhaupt nicht in Frage. Vizeadmiral Frank betonte, daß auch und gerade nach den veränderten sicherheitspolitischen Gegebenheiten die Wehrpflicht in Deutschland von zentraler strategischer Bedeutung ist. Nur sie könne für die (Bündnis-)Verteidigung das nötige personelle Potential bereitstellen. In den Vorträgen der Generalstabschefs der ostmitteleuropäischen Länder wurde deutlich gemacht, daß im Unterschied zu den vergangenen Jahren, als die Reservekomponente weitgehend vernachlässigt wurde, nun in den aktuellen Restrukturierungsmaßnahmen der Streitkräfte die Reservekomponenten wieder ihren Platz gefunden haben und sukzessive in den regelmäßigen Ausbildungsbetrieb integriert werden sollen. Insoweit dürfte die Anpassung an die NATO-Strukturen auch hier eine entsprechende Harmonisierung herbeiführen. Die Darstellungen des tschechischen Generalstabschefs, Generalmajor Jiri Sedivy, und des stellvertretenden Generalstabschefs aus Ungarn, Generalleutnant Lajos Fodor, ließen allerdings auch keinen Zweifel darüber aufkommen, daß die Integration in die NATO die vorrangige Aufgabe ihrer Armeen ist und angesichts äußerst beschränkter Ressourcen die Möglichkeiten zu regionalen Kooperation, so etwa im geplanten gemeinsamen Verband für Friedensoperationen (Central European Nations Cooperation on Peace Support - CENCOOP), nur bedingt gegeben sind, wiewohl Ungarn sein Interesse deutlich bekundete. Demgegenüber dürfte sich für die Streitkräfte der Slowakei und Sloweniens, aber auch - in weiterer Folge - Rumäniens und Kroatiens diese spezifische Kooperationsform als attraktive Option zu Herstellung von Kompatibilität und Interoperabilität in einem spezifischen Aufgabenspektrum ergeben, das sich besonders zur arbeitsteiligen Bewältigung eignet. Die Vorträge der Experten, so etwa von Brigadegeneral Hans-Christian Beck (Kommandeur des Zentrums für Innere Führung der Deutschen Bundeswehr) oder von Oberstleutnant Dr. Erich Vad (Führungsstab der Streitkräfte, Bundesministerium der Verteidigung in Bonn), zu spezifischen Problemstellungen des Einsatzes von Reservisten in Szenarien insbesondere im Rahmen von Friedensoperationen zeigten einerseits das enorm gestiegene Anforderungsprofil an den künftigen Soldaten, aber damit auch den Stellenwert des Reservisten, der oftmals in effizientester Weise seine Spezialkenntnisse einbringen kann. Bei der Bewältigung der gesellschaftspolitischen Herausforderungen, aber auch der Selektions- und Ausbildungsverfahren etc., die sich als Folge von Einsätzen gerade auch von Reservisten außerhalb des eigenen Territoriums ergeben, ist vielfach erst ein Anfang gemacht. Besonders bemerkenswert war in diesem Zusammenhang der Vortrag von Oberst Günter Winkler, des Kommandanten des Kommandos Auslandseinsätze des Österreichischen Bundesheeres, in dem er zeigte, daß Österreich im Unterschied zu praktisch allen vergleichbaren Staaten für Auslandseinsätze immer schon überwiegend auf Reservisten zurückgegriffen hat und davon auch künftig nicht abgehen wird. Dies erregte die Aufmerksamkeit der ausländischen Delegationen, da nach dort üblicher Meinung v.a. Berufssoldaten, die in speziellen Verbänden Dienst tun, mit diesen geschlossen für eine Auslandsentsendung vorzusehen sind.

Die Ausführungen des kroatischen Konteradmirals Davor Domazet (die wegen des Charakters der Präsentation in vorliegende Broschüre nicht aufgenommen werden konnten) zeigten freilich, wie sehr die Überlegungen zu Strukturierung der kroatischen Armee und das operative Denken unter dem unmittelbaren Einfluß der Kriege im ehemaligen Jugoslawien stehen und wie sehr das sicherheitspolitische Denken in Kroatien durch die gegebene Konfliktsituation geprägt ist. Daraus ergibt sich zwangsläufig eine andere Perzeption der Wahrnehmung gesamteuropäischer Sicherheitsaufgaben sowie deren Bewältigung. Aber gerade dieses Beispiel zeigt den Wert der gegenständlichen Veranstaltung bzw. der Konzeption der Gaminger Initiative. An der Schnittstelle zwischen Streitkräften, Politik, Öffentlichkeit und den Offiziers- und Reservistenverbänden angesiedelt, eröffnet sie die Möglichkeit, sicherheitspolitisch relevante Themenstellungen von den verschiedendsten Perspektiven her zu beleuchten, aber auch den eigenen Standpunkt kritisch zu hinterfragen bzw. durch wertvolle Anregungen zu bereichern. In diesem Kontext ist auch ein hochrangig beschicktes Symposium Anfang Juni 1998 in Zagreb zu sehen, das von der Gaminger Initiative mitveranstaltet wird und bei dem Fragen der zivilen Kontrolle über die Streitkräfte sowie PfP-Zielsetzungen thematisiert wurden.

Resümierend kann einmal mehr festgehalten werden, daß die Offiziere der verschiedenen Streitkräfte in Mittelosteuropa auf der Basis echten gegenseitigen Verständnisses und getragen vom Wunsch konstruktiver Kooperation ein weites Stück vorangekommen sind und so ein gutes Beispiel nicht zuletzt für die offizielle Politik der Länder unserer Region geben. Verteidigung dürfe, so stellte General Naumann fest, künftig nicht mehr als eng definierte Landesverteidigung verstanden werden. Dieser Leitsatz stand bereits über dem Beginn der Gaminger Initiative vor zehn Jahren.

Oberst Gustav E. Gustenau

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