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Revolution in Reporting Affairs

von Thomas Rid

Kurzfassung

◄ Vor knapp 150 Jahren berichteten die europäischen und amerikanischen Tageszeitungen über den Krimkrieg zwischen Großbritannien und seinen Verbündeten einerseits und Russland andererseits, der eine lange dauernde Mesalliance zwischen Presse und Militär einleitete. Neben waffentechnischen Neuerungen kam 1855 erstmals die Presse als Kriegsberichterstatter zum Einsatz und spielte eine zentrale Rolle in der Beeinflussung der öffentlichen Meinung, insbesondere in Großbritannien.

Das Nachrichtenmanagement in Kriegen, heute salopp als "CNN-Effekt" umschrieben, nahm im Krimkrieg seinen Ausgang, als erstmals Telegraf und Fotografie zum Einsatz kamen, um ein möglichst realistisches Bild vom Kriegsschauplatz zu liefern. William Howard Russell, der als Kriegsberichterstatter der Londoner "Times" oft als der erste dieses Genres bezeichnet wurde, berichtete mittels Telegraf über den desolaten und erbärmlichen Zustand der britischen Truppen auf der Krim und trug so zur Entstehung des ersten "Pressekrieges" bei. Obwohl Russells Verleger bei Weitem nicht Alles druckte, was ihm übermittelt wurde, gingen die Wogen der Erregung hoch, die schließlich zum Sturz der Regierung Aberdeen führte.

Dementis der britischen Regierung schlugen fehl, weil Russells Glaubwürdigkeit durch die Verlustzahlen bestätigt wurde.

Ein gewisser Umschwung in der öffentlichen Meinung sollte erst eintreten, als Roger Fenton mit dem neuen Medium der Fotografie Bericht über den Kriegsschauplatz erstattete. Bis zur Entstehung dieses Mediums waren die Zeitungsleser von Illustrationen abhängig, denen man nur allzu oft mit dem Misstrauen begegnete, dass sie die Lage beschönigten und Greuel ausklammerten. Die Fotografie hingegen stand in dem Ruf, ein realistisches Abbild der Wirklichkeit zu geben.

Fenton produzierte etwa 360 Aufnahmen im Krimkrieg, die aber im Gegensatz zu den von ihm verfassten Bildunterschriften ein geschöntes, idealisiertes und idyllisches Bild des Krieges zeigten. Dass Fenton direkt im Auftrag der Regierung handelte, liegt nahe; sie konnte mit seinen Fotografien den Beweis antreten, dass viele Missstände, wie sie Russell aufgezeigt hatte, mittlerweile behoben worden waren. 312 seiner Fotografien wurden 1855 in London und anderen Städten in einer Ausstellung gezeigt und von der Öffentlichkeit offensichtlich glaubwürdiger wahrgenommen als Russells schriftliche Berichterstattung. Die fotografische Botschaft wurde als "Objektivität" wahrgenommen, und der unkritische Betrachter wagte es nicht, die schillernde Autorität der neuen Technik in Zweifel zu ziehen.

Obwohl im Krimkrieg der politische Einfluss der geschriebenen Nachrichten noch größer war, zeichnete sich erstmals die Wirkmächtigkeit und Einflussgewalt visueller Berichterstattung ab und leitete eine ikonografische Wende in der Art ein, dass sich das Verhältnis zwischen Wort und Bild zu verkehren begann: Das Bild kam nicht mehr zum Text hinzu, um diesen zu illustrieren, sondern das Wort kam zum Bild, wodurch sich diese Beziehung in ihr Gegenteil verkehrte. Die im Krimkrieg aufgetretene erste Revolution in Reporting Affairs stellt so einen Meilenstein auf dem Weg zur Integration medialer Informationskriegführung in das moderne militärstrategische Denken dar. ►


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Revolution in Reporting Affairs

Der Krimkrieg und seine Bedeutung für die Geschichte der Kriegsberichterstattung

Das Jahr 2003 wird rückblickend mit einem zweiten Krieg im Irak in Verbindung gebracht werden. Der Konflikt wird in technologischer, vor allem aber in informationstechnologischer Hinsicht neue Maßstäbe gesetzt haben. Die Gewalt rüstet sich, nach den Worten von Clausewitz, mit den neuesten Errungenschaften der Technik. Satelliten und Drohnen versorgen das amerikanische Militär mit Informationen aus dem Feindgebiet; mit Kameras und Sensoren ausgerüstete Marschflugkörper (Typ Tomahawk) senden vor ihrer Detonation Daten zur Auswertung und Vorführung zurück; umgekehrt werden die Computernetzwerke des amerikanischen Militärs das Ziel von elektronischen Attacken. Auf dem ganzen Spektrum der "Informationsoperationen" gilt es, die "Informationsüberlegenheit" zu erlangen und zu wahren. Die militärische Öffentlichkeits- und Pressearbeit wird als Sonderbereich dieses Spektrums begriffen.(Fußnote1/FN1) Das Central Command präsentiert sich und den Krieg auf einer eigenen Internetseite; spezialisierte Einsatzkameratrupps, sogenannte Combat Camera-Einheiten, dokumentieren mit Hilfe digitaler Fototechnologie die Kriegsereignisse und stellen eine Auswahl dieser Bilder innerhalb kürzester Zeit der Presse zur Verfügung. Zivile Journalisten bekommen militärisches Training für ihren Einsatz, werden gezielt auf die enge Zusammenarbeit mit Soldaten vorbereitet und schließlich bei einzelnen Einheiten der Streitkräfte "eingebettet". Auf Flugzeugträgern, in Aufklärungsflugzeugen sowie bei Einsätzen von Bodentruppen begleiten Reporter die amerikanischen und britischen Soldaten.

Im Jahr 1853, vor genau 150 Jahren, berichten die europäischen und amerikanischen Tageszeitungen ebenfalls über einen militärischen Konflikt. Das britische Imperium konfrontiert in einer Allianz mit anderen europäischen Großmächten den russischen Hegemon. Schauplatz ist die Halbinsel Krim, nach der dieser Krieg benannt werden wird. Vor dem Hintergrund der Industrialisierung ist auch diese Konfrontation deutlich von einer "Revolution in Militärischen Angelegenheiten" (RMA) geprägt. In dem Konflikt am Rande Europas kommen modernste technische Entwicklungen zum Einsatz: Das Perkussionsgewehr (Typ Minié) verändert den Nahkampf, Dampf- und Panzerschiffe lösen die bisherigen Segelschiffe ab und steigern damit die Manövrierfähigkeit maritimer Kampfmittel, erstmals wird der Telegraf zur Kommunikation eingesetzt. Und für die zivile Öffentlichkeit die revolutionärste Neuheit: Professionelle Berichterstatter ziehen mit den britischen Streitkräften in den Krieg. Sogar Fotografen sind erstmals unter ihnen. Der bekannteste Vertreter dieser neuen Profession ist William Howard Russell. Seine offene und unvorteilhafte Berichterstattung wird schließlich für den Sturz der Aberdeen-Regierung mit verantwortlich gemacht. Detaillierte Berichte über die Verhältnisse auf der Krim erschüttern das Vertrauen der Öffentlichkeit(FN2) in die Regierung und das Militär: "Die gesamte britische Öffentlichkeit", schreibt Friedrich Engels Anfang 1855 für die New-York Daily Tribune, "scheint seit den kürzlichen heftigen Leitartikeln der Londoner Times in großer Besorgnis und Erregung über den Zustand der Truppe auf der Krim zu sein".(FN3) Rückblickend auf den Krieg schreibt die britische Zeitung nach dem Fall von Sewastopol im September 1855: "in every café and promenade of Europe the conversation has been of the sorry figure which England has made in the present war." (FN4) Damit begann eine lange Mesalliance zwischen Presse und Militär. Es versteht sich von selbst, dass die britische Krone und Regierung sowie das Militär Russells publizistische Tätigkeit nicht zu schätzen wussten. Prinz Albert soll den Reporter als "miserable scribbler" bezeichnet haben. Der ehemalige Kriegsminister Sidney Herbert vertraute gar darauf, dass die Armee den Times-Korrespondenten lynchen werde.

In vielfacher Hinsicht können der Krimkrieg und seine Mediennutzung als der Anfang eines Lernprozesses moderner Streitkräfte verstanden werden. Durch eine Betrachtung der Form und der Entwicklung der Berichterstattung im Krimkrieg, so möchte ich in diesem Artikel argumentieren, lässt sich besonders der Blick auf das Nachrichtenmanagement der Kriege des frühen 21. Jahrhunderts schärfen. Seit dem Golfkrieg 1991 ist bei westlichen Militärinterventionen regelmäßig vom so genannten "CNN-Effekt" die Rede.(FN5) Damit wird die These ausgedrückt, dass v.a. visuelle Kommunikation "in Echtzeit", die Printmedien und das Fernsehen als Träger nutzend, die öffentliche Meinung beeinflusst und somit die politischen Entscheidungsträger zwingt, auf Ereignisse in entfernten Krisenregionen entsprechend zu reagieren.

Das Argument dieses Artikels ist, dass sich ein vergleichbarer Effekt bereits im Krimkrieg beobachten lässt: Der "CNN-Effekt" ist kein neues Phänomen der Informationsgesellschaften des späten 20. Jahrhunderts. Da das britische Leitmedium Mitte des 19. Jahrhunderts die Londoner Zeitung The Times war, kann der vermeintlich neue, auf Echtzeit und Fernsehbildern beruhende Medieneffekt mit einem "Times-Effekt" als historischem Vergleichsphänomen kontrastiert werden. Die Berichterstattung über den Krimkrieg war weder visuell noch in Echtzeit übermittelt - eine visuelle, bzw. fotografische Darstellung der Ereignisse war technisch nur eingeschränkt möglich, und die Telegrafie war noch zu langsam, um lange und ausführliche Texte zu übermitteln, wie sie von den Zeitungen nachgefragt wurden. Einflussreiche Medienwirkung hängt somit nicht von in Echtzeit übermittelten Bildern ab.

Um den Nachweis für diese These zu führen, sollen in einem ersten Schritt die Hintergründe und die Entstehung des Krimkrieges skizziert und besonders die Rolle der öffentlichen Meinung im England des 19. Jahrhunderts verdeutlicht werden. Anschließend wird speziell die textbasierte Berichterstattung über den Krimkrieg am Beispiel der Zeitung The Times untersucht. Ein dritter Abschnitt widmet sich sodann der auftauchenden Rolle visueller Medienberichterstattung, erst in Form von Zeichnungen, schließlich durch das neue Medium der Fotografie. Im letzten Teil werden aus der Betrachtung des Krimkriegs einige Schlüsse für die heutige Medienverwendung in Kriegszeiten abgeleitet.

Die Bedeutung der öffentlichen Meinung um 1850

Die Militärexpedition auf der Krim war einer der ersten Kriege, zu dessen öffentlicher Berichterstattung nicht mehr die amtlichen Stellungnahmen und Briefe von Offizieren und anderen Militärangehörigen herangezogen wurden. In diesem Krieg sollten erstmals professionelle Reporter zum Einsatz kommen, die ausschließlich ihre publizistische Aufgabe zu erfüllen hatten. Korrespondenten reisten ebenso wie Fotografen und professionelle Zeichner nach Russland, um von jenem Krieg zu berichten, den die britische und europäische Öffentlichkeit so gespannt verfolgte. "The public opinion of civilized Europe", schrieb die britische Tageszeitung The London Illustrated News im Januar 1855, "is so decidedly hostile to the Czar, … the sympathies of the wise and the good are so strongly expressed in favour of those who are engaged".(FN6) Diese Sympathie der Öffentlichkeit drückte sich in der publizistischen Berichterstattung der Ereignisse auf dem Kontinent aus. Ausführliche Artikel, lange Briefe und detaillierte Zeichnungen, zum Teil auf ausklappbaren Doppelseiten, füllten die großen britischen Zeitungen. William Howard Russells detaillierte Depeschen aus der Times sind heute ebenso untrennbar mit dem Krieg verbunden wie die fotografische Dokumentation durch Roger Fenton, einen der ersten Fotografen, die einen bewaffneten Konflikt mit der damals neuen Technologie zu dokumentieren versuchten. Jedoch war es während des Krieges, Mitte des 19. Jahrhunderts, noch nicht möglich, diese Fotografien in Zeitungen zu veröffentlichen. Das sollte erst die Erfindung der Autotypie in den 80er-Jahren jenes Jahrhunderts möglich machen.

Wie die meisten Kriege hat auch der Krimkrieg langfristige und mittelfristige Ursachen und Anlässe. Ausführliche historische Forschungen wurden unternommen, um das Ursachen- und Beziehungsgeflecht um die Konfrontation der europäischen Großmächte auf der Krim zu entwirren. An dieser Stelle können die Kriegsursachen jedoch nur skizzenhaft nachgezeichnet werden. Der Krieg auf der Krim lässt sich als typischer Kabinettskrieg ansehen. Russland hatte als eine von fünf europäischen Großmächten durch seine Forderungen an die Türkei und die anschließende Besetzung der osmanischen Donaufürstentümer die Spielregeln des europäischen Mächtekonzerts verletzt. Dies löste einen zweiten russischtürkischen Krieg aus. Im Unterschied zu dem Konflikt 1828/29 griffen jedoch die Alliierten England und Frankreich in den Krieg ein.

Die orientalische Frage, die Frage also nach der Existenz oder Nicht-Existenz des zerbrechlichen Osmanischen Reiches, des "kranken Mannes" am Bosporus, war seit den 20er-Jahren ein sensibler Punkt für alle Großmächte. Es lassen sich nun eine Reihe von Gründen aufzählen, warum England und Frankreich den russischen Drang ans Schwarze Meer unterbinden wollten. Ein aus englischer Sicht wichtiger Grund war handelspolitischer Natur. Das Osmanische Reich war für Großbritannien Garant für die wichtigste Landverbindung nach Indien und den Fernen Osten, London setzte sich daher nachdrücklich für die Integrität und Unabhängigkeit der Türkei ein.(FN7) Nach einer langen Phase von diplomatischen Bemühungen von allen Seiten, wie etwa der gescheiterten russischen Men¹ikov-Mission oder den Gesprächen des Zaren Nikolaus mit dem englischen Gesandten Seymour, standen die Zeichen immer mehr auf Krieg. Am 2.7.1853 marschierten russische Truppen in die türkischen Donaufürstentümer ein. Daraufhin heizte sich die Stimmung in Konstantinopel auf, Stimmen wurden laut, die einen "Heiligen Krieg" gegen Russland forderten. Am 4.10. kam es schließlich zu einer Kriegserklärung der Türkei an Russland. Dies war der Beginn des zweiten russischtürkischen Krieges. Nachdem England und Frankreich bereits im Juni ihre Mittelmeerflotte in Wartestellung entsandt hatten, spielte besonders ein Ereignis eine wichtige Rolle für den weiteren Kriegsverlauf: das so genannte "Massaker von Sinope". Am 30.11.1853 wurde die im Hafen von Sinope ankernde türkische Schwarzmeerflotte von russischen Schiffen innerhalb von zwei Stunden versenkt.

Die Nachricht von dieser Tat wurde abschnittsweise per Telegraf nach London übermittelt und löste dort "einen Sturm der Entrüstung in der englischen öffentlichen Meinung aus".(FN8) Jeder Widerstand, den es bis dahin im Kabinett noch gegeben hatte, war damit überwunden. Die Wahrnehmung dieses "Massakers" in der englischen Öffentlichkeit - eigentlich ein nicht unüblicher Kriegsakt - hatte einen ausschlaggebenden Einfluss auf den Kriegsverlauf. Durch diese Nachricht wurde der Wille der britischen Bevölkerung gestärkt, in den Krieg gegen Russland einzutreten. Im März 1854 schließlich erklärten die Westalliierten, geführt von Frankreich und Großbritannien, dem zaristischen Russland den Krieg und landeten im September auf der Krim.

Die Alliierten erlitten zahlreiche Verluste, dabei fiel der größte Teil ihrer Truppen jedoch nicht russischen Bajonetten, sondern der Cholera und der Winterkälte zum Opfer. Am 8.9.1855 fiel das von der russischen Armee gehaltene Sewastopol, damit war der Krieg militärisch entschieden. Eine politische Regelung sollte bald folgen. Am 30.3.1856 wurde in Paris ein formelles Friedensabkommen unterzeichnet.

Trotz der Niederlage gegen die Koalition, an der auch die Türken beteiligt waren, endete der Krieg glimpflich für Russland. Der neue Zar Alexander II. musste auf jeden Anspruch auf die Donaufürstentümer verzichten, die russischen Befestigungen an der Schwarzmeerküste schleifen lassen und das Schwarze Meer als neutrales Seegebiet anerkennen. Das Gewässer wurde zur entmilitarisierten Zone erklärt. Damit war die russische Hegemonie, zu der das Zarenreich seit dem Sieg über das napoleonische Frankreich 1815 aufgestiegen war, gebrochen.

Was macht den Krimkrieg jedoch für die Geschichte der Kriegsberichterstattung so interessant? Warum ist diese bereits mehr als 150 Jahre zurückliegende Konfrontation so aufschlussreich? - Auf der Krim kam zum ersten Mal eine Reihe technischer und organisatorischer Neuerungen zum Einsatz. Moderne Handfeuerwaffen wie etwa das Perkussionsgewehr veränderten den Nahkampf, neuartige Transportmittel übernahmen den Platz ihrer Vorgänger, Dampf- oder Panzerschiffe lösten die bisherigen Segelschiffe ab und steigerten damit die Manövrierfähigkeit maritimer Seekampfmittel, erstmals wurde für militärinterne Kommunikation der Telegraf eingesetzt.(FN9) Vor allem jedoch wurde die Berichterstattung kriegerischer Konflikte revolutioniert. Erstmals sollten mehrere professionelle Berichterstatter und sogar Fotografen das Kriegsgeschehen publizistisch dokumentieren. Der Krieg auf der Krim kann daher wohl als früher "Pressekrieg" bezeichnet werden.(FN10) William Howard Russell wird oft als "der erste Kriegsberichterstatter" angeführt, von Roger Fenton, dem Hoffotografen Königin Viktorias, wurde der Krieg erstmals fotografisch dokumentiert, und schließlich wurde im Krimkrieg die militärische Zensur eingeführt, welche fortan das Geschäft der Kriegsberichterstattung bestimmen sollte.(FN11) Bei einem Vergleich mit "Pressekriegen" des ausgehenden 20. Jahrhunderts ist jedoch eine wichtige Einschränkung vorzunehmen. Im Gegensatz zu heutigen Interventionseinsätzen gab es auf der Krim keinen Krieg der beiden Gegner in den Medien, hier wurde nicht versucht, die jeweils gegnerische öffentliche Meinung zu beeinflussen. Russland hatte also weder Ambitionen noch viele Möglichkeiten, die britische Meinung zu seinen Gunsten zu beeinflussen. Lediglich britische Korrespondenten, Zeitungsverleger und Redakteure, Politiker und Militärs sorgten sich um die public opinion in London und versuchten diese zu steuern.(FN12) Der Wille der Briten, sich niederschlagend in der öffentlichen Meinung, hatte entscheidende Auswirkungen auf den Krieg. So schrieb der britische Außenminister Lord Clarendon im Oktober 1853 in einer Mitteilung an Sir G.H. Seymour, den britischen Gesandten in St. Petersburg: "England is governed by public opinion and to war we shall go, if things remain in their present state." (FN13) Aberdeen jedoch, der damalige britische Premierminister, der in den Monaten vor Kriegseintritt am konsequentesten für eine friedliche Lösung eingetreten war, hatte großen Respekt vor den Erwartungen der Bevölkerung. Er gab zu bedenken, dass sich das Volk nicht über die Konsequenzen der geforderten Aktionen im Klaren sei. In einem Brief an die Fürstin Lieven schrieb Aberdeen: "I am convinced, however popular war might be at first, that no Government could stand three months by whom it was declared.” (FN14) Die 40 Jahre dauernde Friedensperiode seit dem Ende der napoleonischen Kriege, argumentierte Aberdeen, habe Europa die Schrecken des Krieges vergessen lassen.

Kurz vor dem britischen Kriegseintritt war die Stimmung in Großbritannien jedoch aufgeheizt, Demonstrationen gegen eine russische Expansionspolitik wurden organisiert, geradezu eine Kriegseuphorie erfasste die Insel. Der "entscheidende Faktor", argumentiert der Historiker Wentker, "der Clarendon schließlich dazu brachte, auch in der Frage nach Krieg oder Frieden Palmerstons Ansicht zu teilen, war die öffentliche Meinung." (FN15) Baumgart betont ebenfalls den Einfluss der Presse und der Öffentlichkeit im England Mitte des 19. Jahrhunderts: "Es ist kaum zu glauben, wie mächtig der Einfluss der öffentlichen Meinung in den Jahren des Krimkrieges gewesen ist." Vor allem die Times spielte eine entscheidende Rolle beim Aufbau der Stimmung gegen Russland und bei der Artikulation von Forderungen der britischen Öffentlichkeit, die für den englischen Kriegseintritt und die englische Kriegführung verantwortlich gewesen sind.(FN16) Lord Clarendon schrieb noch vor dem Kriegseintritt Englands über die Zeitung: "It is a wellknown fact that The Times forms or guides or reflects - no matter which - the public opinion of England.”(FN17) Auch andere zeitgenössische Betrachter heben die Bedeutung der Macht der Öffentlichkeit hervor. "(Die) öffentliche Meinung übte", wie Karl Marx in der New-York Daily Tribune die Vorkriegsstimmung in England kommentierte, "von außen ihren Druck auf das Parlament aus."(FN18) Rückblickend schrieb Kingsley über den britischen Kriegseintritt: "A cabinet, the majority of which was reluctant to enter into the war, was pushed into it by a mysterious force called ‘public opinion’.”(FN19) Diese Bemerkungen zeigen, dass die Öffentlichkeit und deren Meinung und Einstellung zur Kriegsfrage eine nicht zu vernachlässigende Rolle in der außenpolitischen Entscheidungsfindung der britischen Regierung gespielt hat. Es stellt sich unweigerlich die Frage, wie die Kriegsberichterstattung des Krimkrieges im Detail aussah und wie die öffentliche Meinung der britischen Bevölkerung dadurch beeinflusst wurde. Dabei soll jedoch die Frage, wie es konkret zum Krieg kam, vernachlässigt werden. Im Zentrum des Interesses steht vielmehr, wie die Öffentlichkeit den Krieg wahrnahm, während er gekämpft wurde. Analog der obigen Gliederung in wortgestützte, logozentrische Berichterstattung und bildgestützte, ikonozentrische Mediennutzung folgen nun einige Bemerkungen über die briefliche Berichterstattung Howard William Russells, um anschließend das wichtige Werk des Fotografen Roger Fenton näher zu betrachten.

Der Krimkrieg und seine schriftliche Berichterstattung

Mitte des 19. Jahrhunderts beschränkte sich die Kriegsberichterstattung fast ausschließlich auf geschriebene Texte. Fotografien konnten damals noch nicht technisch reproduziert werden. Bis zum Krieg auf der Krim war es für Zeitungen üblich gewesen, die Informationen über eine Militärexpedition oder einen Krieg aus offiziellen Stellungnahmen, Verlustmeldungen, Heereskommuniqués und Briefen von Militärangehörigen zu beziehen. Den Beruf des Berichterstatters, dessen einzige Aufgabe es sein sollte, am Kriegsschauplatz selbst seiner publizistischen Tätigkeit nachzugehen, gab es noch nicht. Dies sollte sich erst mit dem Krimkrieg langsam ändern. Nachdem nur wenige Reporter von diesem Ereignis berichteten, sollte deren Zahl im amerikanischen Bürgerkrieg, also nur vier Jahre später, bereits auf ungefähr 500 angestiegen sein, unter ihnen war wieder "Billy" Russell, der im Krimkrieg berühmt geworden war. Der Korrespondent der Times war jedoch nicht der einzige Autor, der seine Erlebnisse und Nachforschungen aus dem Krimkrieg unter abenteuerlichen Umständen zu Papier brachte und sie brieflich an britische Zeitungen schickte, Thomas Chenery etwa berichtete ebenfalls für die Times, J.A. Crowe oder Constantin Guys schrieben bzw. zeichneten für illustrierte Blätter wie The Illustrated London News. Es waren jedoch Russells Depeschen, die die öffentliche Wahrnehmung des Krieges am nachhaltigsten beeinflussten.

Im Frühjahr 1854 reiste Russell für die Times aus London mit den britischen Streitkräften nach Malta, Ende März schließlich weiter nach Gallipoli. Der schreib- aber nicht kriegserfahrene Ire begann von dort aus in brieflicher Form ausführliche Berichte an seinen Verleger John Delane zu schicken. Diese waren reich an Details und pittoresken Beschreibungen der ungewohnten Szenerie. Der Autor musste jedoch bald die Erfahrung machen, dass der Zustand der britischen Armee, die seit dem Sieg von Waterloo vor 40 Jahren nicht mehr gekämpft hatte, miserabel und mitunter gegenüber den französischen und türkischen Bündnispartnern beschämend war.(FN20) "The management is infamous and the contrast offered by our proceedings to the conduct of the French most painful. Could you believe it - the sick have not a bed to lie upon? They are landed and thrown into a rickety house without a chair or a table in it. The French with their ambulances, excellent commissariat staff and boulangerie etc. in every respect are immeasurably our superiors. While these things go on, Sir George Brown only seems anxious about the men being cleanshaved, their necks well stiffened and waist belts tight.” (FN21) Die Versorgung der Briten mit Zelten war mangelhaft, die Ernährung der Soldaten nicht ausreichend, Epidemien grassierten in den Lagern und die Winterkälte verschärfte diese missliche Lage weiter. All dies wurde von dem Korrespondenten der Times genau berichtet und an seinen Verleger weitergegeben. Seine einflussreichen und vielgelesenen Depeschen brachten Russell schließlich den Ruf des ersten professionellen Kriegsberichterstatters ein. Mag er nun nicht der erste Berichterstatter sein, so ist der Korrespondent der Times jedoch mit Sicherheit der Reporter, der seinen Zeitgenossen und seiner Nachwelt die Macht der Medien auf die öffentliche Meinungsbildung zu Kriegszeiten als erstes vor Augen führte.(FN22) Sein Verleger Delane zögerte zu Recht, Russells Beschreibungen in seinem Blatt zu veröffentlichen. Der Korrespondent schilderte den desolaten und erbärmlichen Zustand der britischen Truppen in einer Weise, die die britische Öffentlichkeit nicht einfach hinnehmen konnte.

"It is now pouring rain - the skies are black as ink - the wind is howling over the staggering tents - the trenches turned to dykes - in the tents the water is sometimes a foot deep. Our men have not either warm or waterproof clothing - they are out for twelve hours at a time in the trenches - they are plunged into the miseries of a winter campaign - and not a soul seems to care for their comfort, or even for their lives. These are hard truths, but the people of England must hear them. They must know that the wretched beggar who wanders about the streets in London in the rain, leads the life of a prince compared with the British soldiers who are fighting out here for their country. The dead, laid out as they died, are lying side by side with the living, and the latter present a spectacle beyond all imagination. The commonest accessories of a hospital are wanting; there is not the least attention paid to decency or cleanliness - the stench is appalling - the foetid air can barely struggle out to taint the atmosphere, save through the chinks in the walls and roofs, and for all I can observe, these men die without the least effort being made to save them.”(FN23) Die zahlreichen Beschreibungen Russells, in denen er v.a. die erbärmlichen Lebensumstände und das Ausstattungsniveau der britischen Streitkräfte anklagte, sollten nicht ohne Wirkung bleiben. Die Berichterstattung des Londoner Blattes wurde nicht weit unter Verrat gehandelt. Nachdem Delane jene Depeschen von Russell, die er nicht zu veröffentlichen wagte, im Parlament zirkulieren ließ, leitete er damit den Sturz der Regierung Lord Aberdeens im Januar 1855 ein.(FN24) Anfang des Jahres, kurz bevor die Regierung Aberdeen nach dem Rücktritt von Sir John Russell stürzte, klagten patriotischer gesinnte Blätter wie etwa die London Illustrated ihr Konkurrenzblatt und "den Autor", jedoch ohne seinen Namen zu nennen, explizit des "Unpatriotismus" an.

"When the Archfiend is represented as rebuking Sin, the poet or the philosopher who puts words into his mouth, always shows us the infernal motive for so singular a display. The journal which for the last two weeks has been doing its utmost to sow disunion and produce discouragement, to prevent recruiting, and to disgust the nation with the war, should be judged in the same way.”(FN25) Die englische Regierungskrise war ausschließlich durch eine rein verbale und textuelle Berichterstattung über den Krimkrieg ausgelöst worden. In der Times Mitte des 19. Jahrhunderts finden sich - außer dem Titelwappen - keinerlei visuelle Darstellungen. Russell standen keine "objektiven” Fotografien zur Verfügung, mit denen er seine Berichte hätte glaubwürdig machen und verifizieren können. Alle Dementis der englischen Regierung und Versuche, Russell als Scharlatan und Schmierfink zu desavouieren, schlugen fehl - die offiziellen Verlustmeldungen verliehen Russells Berichten Glaubwürdigkeit. Dennoch wurde der Times sogar vorgeworfen, sie würde "dem Zweck des Feindes" dienen. Sogar von anderen Zeitungen wurde die zu detaillierte und unvorteilhafte Berichterstattung kritisiert.

"The world only knows a very little of what passes in the French army; while the proceedings and state of the British camp are as plain and clear and minutely exposed to all the world … as if they were photographed.”(FN26) Bei dieser Anklage der zu genauen Berichterstattung über die britischen Truppen ist v.a. der Zusatz am Ende bemerkenswert: "als ob sie fotografiert würden.” Der Verweis auf das neue, fast magische Medium der Fotografie - die erste Daguerreotypie war erst 15 Jahre zuvor in Frankreich hergestellt worden - stand unmittelbar als Garant für unverfälschte, peinlich wahre Repräsentation der Wirklichkeit.

Diese Befürchtung sollte nicht eintreffen. Die Mißstände der englischen Armee wurden in diesem Krieg nicht fotografiert, gleichwohl es das erste Mal war, dass ein Fotograf das Schlachtfeld betreten sollte. Bis zu diesem kritischen Zeitpunkt hatte die Kriegsberichterstattung völlig auf die Möglichkeit einer fotografischen Dokumentation verzichten müssen. Niemals zuvor war ein bewaffneter Konflikt mit dem neuen Medium der Fotografie dokumentiert und erfasst worden.(FN27) Dies jedoch sollte sich mit dem Werk Roger Fentons ändern. Im Folgenden also einige Gedanken zur Rolle Fentons und seiner Fotografien für die öffentliche Wahrnehmung des Krimkrieges.

Der Krimkrieg und seine visuelle Berichterstattung

"Man glaube meiner Versicherung, keine Zeitung, kein geschriebener Bericht, kein Buch liefert von dieser großen Episode des Krimkriegs eine Vorstellung, die der seinigen in allen schmerzlichen Einzelheiten und dem ganzen Umfang des Grauens gleichkäme. Das Auge wandert nacheinander die Ufer der Donau, die Gestade des Bosporus entlang, erblickt das Kap Chersones, erhebt sich am Schlachtfeld von Inkerman, in den Lagern der Engländer, Franzosen, Türken und Piemontesen, in den Hospitälern, und wohnt allen religiösen Feierlichkeiten bei."(FN28) Als Baudelaire diese Reise seines Blickes beschrieb, hatte er nicht etwa den Besuch umfangreicher fotografischer Ausstellungen hinter sich, sondern er beschrieb die Federzeichnungen und Holzschnitte Constantin Guys, eines jener Künstler, die den Krimkrieg im Auftrag großer Zeitungen in Bilder bannen sollten. Die Illustrated London News bemühte sich sehr, das öffentliche Verlangen nach visueller Teilnahme, den Wunsch nach bildlicher Darstellung zu stillen und publizierte wöchentlich Stiche von der Krim; mehrere Zeichner arbeiteten vor Ort für das Blatt. Die folgende Zeichnung (Bild 2) stammt aus der Feder eines Offiziers, der das Schlachtfeld während eines kurzen Waffenstillstandes am Tage nach den Kampfhandlungen besuchte. Daneben ein Auszug des beigefügten Briefes, der u.a. eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Personen auf dem Bild enthält. Den Zeichnungen wurden meist solche Briefbeschreibungen beigefügt.

"In order that the thousands who see the Illustrated London News may be better able to form an idea of the struggle in which the army before Sebastopol is engaged, I send you a rough Sketch representing part of the interior of the Mamelon, stormed and taken by our gallant allies the French, on the evening of the 7th of June. I drew each figure and object as it really appeared on the morning of the 9th inst., at the moment a flag of truce was hoisted for the purpose of burying the dead, and before anything had been moved, or the crowd as is usual on these occasions assembled.”(FN29) Doch trotz der vermeintlichen Authentizität, trotz des Realismus, der aus dieser bebilderten Schlachtenbeschreibung, mehr noch aus Baudelaires Kommentar spricht, scheinen die Federzeichnungen des illustrierten Londoner Blattes bei kriegserfahrenen Lesern eine gewisse Irritation bewirkt zu haben. Der britische Offizier Captain Cuninghame äußerte in einem Brief sein Erstaunen über die geschönten und pittoresken Bilder, die in der Illustrated London News zu finden waren: "Die Abbildungen unserer Kavallerie in The Illustrated, aber auch alle anderen Kriegsbilder werden in London gezeichnet und entsprechen der Realität in keinster Weise. … Es sieht so aus, als würde alles ganz ruhig und ehrenhaft vonstatten gehen, ein bisschen ‘peng! peng!’ und das ist alles."(FN30) Die noch junge Fotografie schien ideal dazu geeignet zu sein, diese Missstände zu beheben. Bereits im Januar 1854, noch vor dem Kriegseintritt Englands, wurde in The Practical Mechanics Journal gefordert, die unpräzisen Zeichnungen durch das neue Medium der Fotografie zu ersetzen: "The dimly allusive information, which alone the conventional works of the painter can convey, is powerless in attempting to describe what occurs in such operations, whilst a photographic picture brings the thing itself before us.”(FN31) Während also Zeichnungen versuchten, etwas zu beschreiben, bringe eine Fotografie "die Sache selbst zu uns". Diese fortschrittliche Forderung sollte aber an einer Reihe organisatorischer und technischer Probleme scheitern, allen voran dem Mangel der Möglichkeit, Fotografien in Zeitungen zu drucken. Nachdem 1839 in Frankreich die erste Daguerreotypie entstanden und die Geburt der Fotografie eingeleitet worden war, sollte es nur noch wenige Jahrzehnte dauern, bis auch diese Erfindung der Kunst und der Wissenschaften in die Dienste der Presse - und des Krieges - gestellt wurde. 1881 wurde die Autotypie (auch Halbtonsystem) entwickelt und damit die Möglichkeit geschaffen, Fotografien in großer Zahl in Zeitungen zu reproduzieren. Das Verfahren wurde von Meisenbach entwickelt, um Fotografien in Zeitungen und Journalen drucken zu können. Es sollten aber noch einige weitere Jahrzente vergehen, bis diese neue Technik zur breiten Anwendung kam. So illustrierte der Daily Mirror aus London seine Seiten erst ab 1904 mit Fotografien, die New Yorker Tageszeitung Illustrated Daily News folgte sogar erst 1919. Lediglich die Wochen- und Monatszeitschriften, die mehr Zeit zur Druckvorbereitung hatten, verwendeten die neue Technik seit etwa 1885.(FN32) Nun traten langsam Fotografien an die Stelle der bis dahin üblichen Zeichnungen und Holzschnitte. Diese Fotografien wurden nun dazu verwendet, den Text zu illustrieren, das Bild kam zum Wort hinzu und ließ es scheinbar klarer werden.

Die "Macht der Bilder", die wir heute den in Echtzeit übermittelten Fotografien und Videosequenzen unserer Kriege zusprechen, war also ansatzweise bereits Mitte des 19. Jahrhunderts zu finden, und dies bei handgezeichneten Lithografien und Holzschnitten. Mit der Ankunft der Fotografie auf dem Schlachtfeld, als nicht mehr die Hand eines fehlbaren Künstlers die Kriegsmotive malte, sondern "die Sonne als Künstler" auftrat und "die Natur den Zeichenstift führte", hat sich jene Macht der Bilder noch gesteigert und ausgeweitet, die Schere zwischen menschengemachter Schrift oder Zeichnung und "naturgemachter Fotografie" hat sich weiter geöffnet.

Während Russell schon mit den alliierten Streitkräften auf der Krim eintraf, kam Roger Fenton erst ungefähr ein Jahr später, am 8.3.1855 in Balaklava an. Wenn man Russell als den Pionier der verbalen Kriegsberichterstattung bezeichnen will, so ist Fenton unzweifelhaft der Vorreiter der fotografischen "Berichterstattung".(FN33) Der Rechtsanwalt und spätere Gründer der Photographic Society in London kann als einer der ersten Kriegsfotografen gelten.(FN34) Fenton hatte sich mit dem neuen Medium im Königreich bereits einen guten Ruf erarbeitet, indem er die königliche Familie porträtiert hatte. Obwohl er seine Reise auf die Krim mindestens teilweise in privatem Interesse unternahm, führte der Fotograf ein Empfehlungsschreiben Prinz Alberts mit sich, das ihm die Gastfreundschaft und Kooperation der jeweiligen Gouverneure und Truppenkommandeure sicherte. Finanzieren konnte Fenton sich dieses teure Unternehmen mit Hilfe der Investitionen des Verlegers und Grafikhändlers Thomas Agnew & Sons aus Manchester, der sich von den Kriegsfotografien ein großes Geschäft erhoffte. Teuer war die Expedition v.a. deswegen, weil die entsprechende Fotoausrüstung Mitte des 19. Jahrhunderts technisch sehr aufwendig war. Der Fotograf hatte den gedeckten Wagen eines Weinhändlers zu einer mobilen Dunkelkammer umbauen lassen, in der er gleichzeitig wohnte. Dieses Gefährt war wegen der Hitze des kontinentalen Sommers weiß angemalt und musste von drei Pferden gezogen werden. Auf den weißen Wagen war mit großen Lettern "photographic van"(FN35) gepinselt. Das auffällige Design hatte zur Folge, dass die abenteuerliche Kutsche sogar gelegentlich unter Beschuss der Russen geriet, die sie wohl fälschlich für einen Munitionswagen hielten. Die zeitgemäße fotografische Technologie arbeitete mit Kollodiumplatten, Fenton musste diese kurz vor der Verwendung nass beschichten und anschließend sofort in einer Dunkelkammer entwickeln. Auf Grund der Hitze und Trockenheit des Sommers am Schwarzen Meer gestaltete sich diese Arbeit schwierig und anstrengend, sie zehrte an der Motivation des Fotografen. An Cholera erkrankt und von den klimatischen und organisatorischen Arbeitsbedingungen frustriert, trat der Brite am 26.6.1855, nach einem gescheiterten alliierten Angriff auf Sewastopol, die Heimreise an.

Während der Reporter der Times in seinen Berichten jenes erschütternde Bild des Krieges zeichnete, das den anfänglich populären Feldzug zu einem Debakel für die britische Regierung werden ließ, entwarf und konstruierte der Fotograf durch seine Bilder die Vorstellung einer idyllischen, abenteuerlichen Expedition, die weniger an gewaltsames oder siechendes Sterben als vielmehr an ein Pfadfinderlager oder Picknick(FN36) erinnerte. Nun könnte man argumentieren, dass Fenton in den vier Sommermonaten, die er im Kriegsgebiet verbrachte, gar nicht die gleichen Szenarien miterlebt hätte, die Russell und die Leser der Times v.a. während des Winters so bewegten. Dieses Argument lässt sich jedoch durch die schriftlichen Hinterlassenschaften des Kriegsfotografen abschwächen. So schreibt er etwa in einem Brief an Agnew: "We came upon many skeletons half buried. One was lying as if he had raised himself upon his ellbow, the bare skull sticking up with still enough flesh left in the muscles to prevent it falling from the shoulders. Another man’s feet and hands were out of the ground, and shoes on the feet and the flesh gone.”(FN37) Fenton produzierte etwa 360 Fotografien vom Krieg auf der Krim. Kein einziges seiner Bilder jedoch zeigt ein Motiv, das dem hier von ihm selbst so grafisch beschriebenen Szenario ähnelt. Statt dessen lichtete er Szenerien ab wie sie beispielhaft in Bild 5 dargestellt sind. Die Frage, warum Fenton ein solch geschöntes, idealisiertes und idyllisches Bild des Krieges in seinen Fotografien festhielt und für die Betrachter zu Hause konservierte, ist schwer zu beantworten. Giesèle Freund spricht von Auftragsarbeit der Regierung: "Fentons Expedition war unter der Bedingung finanziert worden, dass er auf keinen Fall die Schrecken des Krieges fotografieren würde, um die Familien der Soldaten nicht zu ängstigen."(FN38) Auch Knightley mutmaßt eine propagandistische Absicht der Regierung,(FN39) Dominikowski schließt sich dieser Interpretation an.(FN40) Amelunxen spricht von "staatlich koordinierter Bildberichterstattung", und Kunczik zitiert sogar explizit die angebliche Anweisung Prinz Alberts an seinen Fotografen: "no dead bodies".(FN41) Der renommierte Kunsthistoriker Gernsheim hebt hingegen plausibel hervor, dass Fenton vermied, die schrecklichen Gesichter des Krieges zu zeigen, um viktorianische Vorstellungen von gutem Geschmack nicht zu verletzen. Er fragt rhetorisch: "Would the public in England have bought any horrifying pictures of prostrate bodies lying in the field?”(FN42) In der Tat spricht einiges dafür, dass Fenton eher aus kommerziellem Interesse auf die Krim gereist war als Propaganda im Auftrag der Regierung zu betreiben.(FN43) Die Frage jedoch, ob Fentons Werk staatliche Auftragsarbeit darstellt, ob er intendierte "Gegenpropaganda” betrieben hat, ist für die Rezeption seines Werkes und dessen Wirkung auf die britische Öffentlichkeit von sekundärer Bedeutung. Denn gerade die Bilder Fentons bieten sich für eine, möglicherweise nicht intendierte, propagandistische Verwendung an, mit den Worten Gernsheims: "Derartige Fotos vermochten besser als Worte zu beweisen, dass für einen Teil jener von Russell angeprangerten Missstände Abhilfe geschaffen worden war, sie beruhigten die Öffentlichkeit und schienen zu belegen, dass für die Soldaten nach ihrem schlimmen Leiden im Winter zuvor nun endlich angemessen gesorgt wurde."(FN44) Als Beispiel kann das bekannte Foto "Hardships of Camp Life” dienen. Es zeigt drei Pause machende, trinkende und rauchende Männer vor einer kleinen Lagerbaracke. Das Bild könnte etwa konnotiert sein mit "Abenteuer”, "Kameradschaft”, "Lagerleben” oder auch - und wahrscheinlich gerade aus der Sicht eines gebildeten Zeitungslesers des gehobenen Bürgertums im London Mitte des 19. Jahrhunderts - "Hardships” und "Entbehrungen”.(FN45) Jener britische Zeitungsleser mag noch die von Russell lebendig beschriebenen Szenen von sterbenden Soldaten vor dem geistigen Auge gehabt haben; Szenen in denen Britanniens Söhne in matschigen Schützengräben erfrieren oder ohne angemessene medizinische Betreuung an Cholera zu Grunde gehen. Dieses angelesene Hintergrundwissen stellt einen Vorrat an Stereotypen dar, mit dem das Bild verknüpft wird. Vor diesem Hintergrund wird nun die als "thing itself”, die als objektiv und wahr perzipierte Fotografie der drei Männer, als glaubwürdiger wahrgenommen als Russells textuelle Berichterstattung. Die Fotografie lügt nicht, belehrt sogar das Sprichwort.

Während Russell die Leiden und Schrecken des Kriegs in Worte kleidet, enthüllt der Fotograf den Krieg als idyllisches Abenteuerspiel, und er zeigt diese Realität mit der magischen Objektiviät der Fotografie. 312 der schönredenden Fotografien wurden im Oktober 1855 erstmals in London ausgestellt, sie erregten dort und in anderen britischen Städten "gewaltige Neugier”.(FN46) Ein zeitgenössischer Kommentator schrieb im Notes & Queries Folgendes über Fentons Fotografien: "An exhibition of deeper interest was never opened to the public. It is a pictoral and running commentary on the graphic narrative of "The Times” special correspondent (Russell). The stern reality stands revealed to the spectator. Camp life with all its hardships, mixed occasionally with some roughandready enjoyments, is realized as if one stood face to face with it.”(FN47) Die Fotos "enthüllen" also die "ernsthafte Realität" des harten Lagerlebens, "als ob man ihr von Angesicht zu Angesicht gegenüber stünde". Bild 6 zeigt das Foto, auf das sich der Kommentar bezieht. Verglichen mit den schockierenden Beschreibungen aus der Times mag es überraschend wirken, dass der Autor jenes Zitates Fentons Fotografien als "laufenden Kommentar” zu Russells Erzählungen bezeichnet - wo doch mit heutigen Augen betrachtet eine so große Lücke zwischen der verbalen Beschreibung Russells und der visuellen Darstellung Fentons klafft. Müsste die Verzerrung und Verniedlichung des Krieges durch Fentons Fotografien, so könnte man fragen, nicht für jeden Leser offensichtlich sein?

Am Beispiel der bildlichen Berichterstattung des Krimkrieges wird deutlich, wie die fotografische Botschaft als "Objektivität” wahrgenommen wird. Der euphorische und gegenüber der Fotografie noch unkritische Betrachter des 19. Jahrhunderts wagt es nicht, die schillernde Autorität der neuen Technik in Zweifel zu ziehen. In Bemerkungen aus Zeitschriften des 19. Jahrunderts wird dies deutlich, im Art Journal der 1850er ist Folgendes zu lesen: "No verbal description can place before us with such palpable reality the persons who have figured this memorable siege, or the localities which constitute the widespread theatre of operations.”(FN48) Die Beschreibung mit Worten wird als der Fotografie unterlegen erachtet. Dennoch lässt sich die obige Bemerkung Captain Cuninghames, die sich eigentlich auf die Holzstiche in der London Illustrated News bezog, auch auf Fentons Fotografien anwenden, die die Schrecken des Krieges eigentlich so zeigen sollten, wie sie wirklich waren, allerdings mit dem signifikanten Unterschied, dass nun niemand mehr wagte zu sagen, die Fotos "entsprächen nicht der Realität". Niemand wagte mehr die Autorität der Fotos anzuzweifeln - das Bild erhielt gewissermaßen das letzte Wort.

Noch im gleichen Jahr erschienen die Bilder unter dem Titel Photographs taken under the patronage of Her Majesty the Queen in the Crimea by Roger Fenton. Das fotografische Werk Fentons verankerte eine kollektive Vorstellung in der britischen Öffentlichkeit, es schuf somit einen Mythos des Krimkriegs - diesen Mythos könnte man als "Pfadfinderkrieg” umschreiben.(FN49) Gleichwohl war der Krieg im Oktober jenes Jahres weitgehend entschieden, wenige Wochen zuvor fiel Sewastopol in die Hände der Alliierten. Mit dem Blick auf zukünftige Kriege und Expeditionen der Kolonialmacht Großbritannien gerichtet darf die Wirkung jener ersten Fotoausstellungen und Bildbände dennoch keinesfalls unterschätzt werden. So wird man wohl der damaligen britischen Regierung die Absicht unterstellen können, auch im Nachhinein ein geschöntes Bild des Krimkrieges in der kollektiven Erinnerung der Briten verankern zu wollen. Schließlich war abzusehen, dass dies nicht der letzte Krieg sein sollte, für den die Söhne des Königreichs dringend an der Front gebraucht werden würden.

Die Bedeutung der öffentlichen Meinung im modernen Krieg

Welche Erkenntnis lässt sich aus einer Betrachtung des Krimkriegs gewinnen, jenes Kriegsereignisses, in dem erstmals professionelle Kriegsberichterstattung und Kriegsfotografie zum Einsatz kamen, jenes Krieges, in dem Wort und Bild gleichsam konkurrierten? - Ein Vergleich der heutigen, bildbasierten Berichterstattung mit der damaligen, textgestützen Berichterstattung bestätigt die obige These: Der vermeintlich revolutionäre "CNN-Effekt” ist gar nicht so neu. Die Theorie, die sich hinter jenem Begriff versteckt, geht davon aus, dass die bildgestützten Medien selbst einen politischen Einfluss ausüben, dass politische Akteure auf Grund des neuen Einflusses bewegter und bewegender Bilder Dinge tun, die sie sonst nicht tun würden. Ein Blick zurück auf den Krimkrig lässt erkennen, dass der "Times-Effekt”, wie man ihn nennen könnte, Mitte des 19. Jahrhunderts in seinen Auswirkungen nicht weniger wirkungsvoll war. Und dies war zudem völlig ohne die Hilfe von Zeichnungen, Fotografien oder gar bewegter Bilder möglich.(FN50) The Times aus London und ihre Korrespondenten, allen voran William Russell, waren schon Mitte des 19. Jahrhunderts wichtige politische Akteure sowohl bei der Frage des Kriegseintrittes als auch des späteren Sturzes der Regierung Aberdeen. Dieser politische Einfluss wurde völlig ohne aktuelle, in "Echtzeit” übermittelte Fotografien der Kriegsereignisse erreicht. Fentons bildliche Dokumentation konnte erst nach dem Krieg einem größeren Publikum zugänglich gemacht werden. Mir scheint daher nicht übertrieben, den "CNN-Effekt” mit einem "Times-Effekt” zu kontrastieren.

Wenngleich im Krimkrieg der politische Einfluss der Zeichnungen und Fotografien jenem geschriebener Nachrichten nicht als überlegen gelten durfte, so zeichnete sich doch bereits die Wirksamkeit und Einflussgewalt visueller Berichterstattung ab: Argumente und Interpretationen werden visuell in den Schleier der Objektivität gehüllt und sind schließlich nicht mehr als solche erkennbar und kritisierbar.

Berücksichtigt man nun diese Überlegenheit der Bilder, so scheint es, dass in heutigen Kriegen die Fotografien und bewegten Bilder einer verstärkt visuellen Berichterstattung im Verhältnis zu verbaler Information massiv an Bedeutung zugenommen haben. Trifft dies zu, so muss eine "ikonografische Wende” stattgefunden haben. Dies würde einen von dem französischen Semiotiker Roland Barthes geäußerten Gedanken bestärken, nach dem das Bild nicht mehr zum Text hinzukommt, um diesen zu illustrieren, wie dies etwa noch mit den Zeichnungen aus dem Krimkrieg der Fall war, sondern dass das Wort nun zum Bild hinzukommt - sich die Beziehung also in ihr Gegenteil umkehrt. In den Worten Barthes’, "heute belastet der Text das Bild, bürdet ihm eine Kultur, eine Moral, eine Fantasie auf.”(FN51) In den Medien des 21. Jahrhunderts ist es zur Normalität geworden, farbige Fotografien von kriegerischer Gewalt in Zeitungen und Magazinen zu drucken, bewegte Bilder im Fernsehen auszustrahlen, ja diese sogar live zu senden und zu sehen. Man darf daher vermuten, dass die Authentizität vortäuschende Funktion von Fotografien - und somit die Möglichkeit, scheinbar objektive Bilder strategisch zu instrumentalisieren - sich nicht verschlissen, sondern eher noch verstärkt hat. Der Krimkrieg stellt den Anfang einer langen und oft schwierigen Zusammenarbeit des Militärs mit den Massenmedien dar. Nicht erst der in den 90er-Jahren gefeierte "CNN-Effekt" hat einen Lernprozess in Gang gesetzt. Vielmehr markiert das Jahr 1853 den Anfangspunkt einer Lernkurve: Die Stäbe für Öffentlichkeits- und Pressearbeit moderner Streitkräfte haben ihre Lehren aus vergangenen Kriegen gezogen und setzen heute nicht nur neue Technologien, sondern vor allem effizientere Konzepte in der Pressearbeit ein.

Besonders das Pentagon und die US-Streitkräfte haben bereits in den Vorbereitungen des Irakkrieges mit militärischer Ausbildung für Journalisten, emotionaler und organisatorischer "Einbettungsstrategie" sowie durch enge Zusammenarbeit mit Hollywood - einen vorläufigen Höhepunkt dieser Lernkurve erreicht. Dass die Vertreter der Massenmedien demgegenüber in gleichem Maß aus den Erfahrungen vergangener Kriege gelernt haben, ist zu bezweifeln. Vor diesem Hintergrund bleibt die Frage zu debattieren, ob die Massenmedien in ihrer demokratischen Kontrollfunktion beeinträchtigt würden.

Gleichwohl kommt jener ersten Revolution in Reporting Affairs, die sich im Krimkrieg ereignet hat, eine hervorgehobene Bedeutung zu. Sie stellt einen Meilenstein dar auf dem Weg zur Integration massenmedialer Informationskriegführung in das moderne militärstrategische Denken.

ANMERKUNGEN:

(FN1) "(The) Office of Strategic Influence … would use the media, the Internet and a range of covert operations to try to influence public opinion and government policy abroad, including in friendly nations." In: New York Times, 20.2.2002; siehe auch diverse Beiträge der Vortagesausgabe.

(FN2) Die "Öffentlichkeit" war jedoch im England des 19. Jahrhunderts gleichzusetzen mit der gebildeten Oberschicht. So war die Times in einer erstaunlich reichen und komplexen Sprache abgefasst. Selbst längere Depeschen auf französisch konnte die Zeitung ihren Lesern zumuten.

(FN3) Leitartikel des New York Daily Tribune von 22.1.1855, "Britisches Desaster auf der Krim. Das Britische System der Kriegführung", in Marx, Karl und Friedrich Engels. 1897 (1991). Russlands Drang nach Westen (The Eastern Question). Zürich., S.475. In diesem Artikel zitiert Engels mehrmals Russell, bzw. The Times, jedoch ohne den Namen des Korrespondenten zu nennen. Vgl. S.483. Marx und Engels begannen 1851 von London aus als Auslandskorrespondenten für die amerikanische Tageszeitung zu schreiben.

(FN4) The Times, 5.10.1855, S.6.

(FN5) Robinson, Piers: "The CNN effect: can the news media drive foreign policy?" In: Review of International Studies 1999, 25; S.301-309.

Zu einer vergleichbaren Argumentation in Bezug auf den Telegrafen siehe Neuman, Johanna: Lights, camera, war. New York 1996, besonders das Kapitel: The Telegraph annihilates Time and Space.

(FN6) The Illustrated London News, 6.1.1855, S.49.

(FN7) Für eine kurze Darstellung der weiteren Faktoren und diplomatischer Fauxpas, welche schließlich den Krieg herbeiführten, siehe Baumgart, Winfried: Der Krimkrieg 1853-56., In: Wie Kriege entstehen. Zum historischen Hintergrund von Staatenkonflikten. Bernd Wegner (Hg), Paderborn 2000. S.319-367.

(FN8) Ebenda, S.199.

(FN9) Die Telegrafie war damals noch unter der rigiden Kontrolle des War Departments. Zudem war es schwierig, einen längeren Text zu übermitteln. Dadurch sollte die Sprache, besonders im amerikanischen Bürgerkrieg, unter der Technik leiden. Dafür das Beispiel einer telegrafischen Depesche aus The Times, 10.9.1855, S.6.

the timesoffice, 2 o’Clock a.m.

war department, Sept. 9.

Lord Panmure has received the following intelligence from General Simpson, dated the Crimea, September 8, 1855, 11 35 p.m.: - "The allied forces attacked the defences of Sebastopol this day at 12 o’clock.” "The Assault on the Malakhoff has been successful, and the work is in possession of the French.” "The attack of the English against the Redan did not succeed.” (FN10) Vgl. Dominikowski, Thomas: Massenmedien und Massenkrieg. In: Krieg als Medienereignis. Martin Löffelholz (Hg), Opladen 1993.

(FN11) Am 25.2.1856 setzte der neue Oberbefehlshabende der Briten, Sir William Codrington, einen generellen Erlass in Kraft, welcher als die erste militärische Zensur gelten darf. Die Veröffentlichung von Details, die wertvoll für den Feind sein könnten, rechtfertigte von nun an die Suspendierung des betreffenden Korrespondenten. Vgl. Knightley, Phillip: The First Casualty. From the Crimea to Vietnam: The War Correspondent als Hero, Propagandist and Myth Maker. New York 1975, S. 16; uk public record office, w.o. 28/131.

(FN12) Vgl. etwa die Bemerkung von Karl Marx in der New-York Daily Tribune vom 8.7.1853: "… und die Times bekam Order, die öffentliche Meinung auf diese neue Auslegung internationaler Verträge vorzubereiten." Zitiert in Marx und Engels, a.a.O.

(FN13) Clarendon, zitiert in Wentker, Hermann: Zerstörung der Grossmacht Russland? Die britischen Kriegsziele im Krimkrieg. Göttingen 1993, S.86.

(FN14) So schreibt Clarendon in einem Brief an Seymour: "Affairs are becoming extremely serious here, and I doubt that we can keep down the warlike spirit.” Zitiert ebenda, S.77.

(FN15) H.J.T. Palmerston war zu diesem Zeitpunkt Innenminister, er scheute nicht vor einer militärischen Konfrontation mit St. Petersburg als letzter Konsequenz zurück. Ebenda, S.78ff.

(FN16) Vgl. Baumgart, a.a.O., S.200.

(FN17) Zitiert in Kingsley, Martin: The Triumph of Lord Palmerston. A Study of Public Opinion in England before the Crimean War. London 1963, S.82.

(FN18) Marx, Karl: Die Türkei und Russland. Nachsicht des Ministeriums Aberdeen gegenüber Russland. New-York Daily Tribune, vom 08.07.1853. In: Marx und Engels, a.a.O.

(FN19) Kingsley, a.a.O., S.16f.

(FN20) Vgl. Russell, Howard William und Bentley, Nicolas (Hg): Russell’s Despaches from the Crimea 1854-1856. London 1966, S.60ff. Russells Depeschen finden sich im Original im Imperial War Museum in London.

(FN21) The Times, zitiert in Knightley, a.a.O., S.7.

(FN22) Vgl. Young, Peter und Jesser, Peter: The Military and the Media. From the Crimea to Desert Strike. Melbourne 1997.

(FN23) Zitiert in Gernsheim, Helmut: Roger Fenton. London 1954, S.13.

(FN24) Der neue Kriegsminister soll bei einem Besuch auf der Krim zu Russell gesagt haben: "It was you who turned out the Government." Zitiert in Knightley, a.a.O., S.14f.

(FN25) The Army, the Ministry, and the Press. In: The Illustrated London News, 6.1.1855, S.1.

(FN26) Ebenda.

(FN27) Es existieren lediglich einige frühe Fotografien von den Straßenbarrikaden der Pariser Kommune von 1848. Vgl. Gernsheim, Helmut: Geschichte der Photographie. Die ersten hundert Jahre. Frankfurt a.M. 1983.

(FN28) Zitiert nach Amelunxen, Hubertus von: Das Memorial des Jahrhunderts. Fotografie und Ereignis, S.131-148. In: Neue Geschichte der Photographie (Nouvelle histoire de la photographie). Michel Frizlot (Hg). Köln 1994 (1998), S.131.

(FN29) Illustrated London News, 7.7.1855, S.9.

(FN30) Amelunxen, a.a.O., S.137. Zitiert nach James, Lawrence: Crimea 1854-1856. The war with Russia from comtemporary photographs. Oxfordshire 1981.

(FN31) Vgl. Gernsheim, a.a.O., S.11.

(FN32) Vgl. Albert, Pierre und Gilles Feyel: Fotografie und Medien. Die Veränderungen der illustrierten Presse, S.359-369. In: Frizlot, a.a.O., S.364. Freund, Gisèle: Photographie und Gesellschaft. München 1976, S.116. Gernsheim, a.a.O.

(FN33) Das Wort Berichterstattung steht hier in Anführungszeichen, weil Fentons Fotografien 1855 noch nicht in Zeitungen abgedruckt werden konnten und deswegen die Öffentlichkeit erst nach dem Fall von Sewastopol in Ausstellungen erreichten.

(FN34) Genaugenommen trifft dieses Attribut auch auf Fenton nicht zu. Als der früheste Fotograf dieses Krieges darf der rumänische Maler Carol Szathmari gelten, der den türkischrussischen Krieg in der Walachei bereits 1853 dokumentierte. Jedoch sind weder von ihm noch von anderen Vorgängern Fentons Fotografien erhalten. Vgl. Gernsheim, a.a.O., S.320ff.

(FN35) Eine Abbildung von Fentons Wagen findet sich ebenda, S.449.

(FN36) Vgl. Freund, a.a.O., S.118.

(FN37) Gernsheim: Roger Fenton. S.87.

(FN38) Freund, a.a.O., S.118.

(FN39) "At this stage, someone in the establishment, possibly Prince Albert, realised that to restore public confidence in the conduct of the war some form of counterpropaganda was necessary, and what better form could there be than the newly discovered medium that never lied - the camera?” Knightley, a.a.O., S.15.

(FN40) Vgl. Dominikowski, a.a.O., S.38.

(FN41) Vgl. Amelunxen, a.a.O., S.135. Kunczik, Michael: Wie man Feindbilder aufbaut. In: message, 1-1999. Dieser stützt sich auf Fabian, R. und Adam, H.C.: Bilder vom Krieg. 130 Jahre Kriegsfotografie - eine Anklage. Hamburg 1983, S.79.

(FN42) Gernsheim: Roger Fenton. a.a.O., S.13f.

(FN43) Vgl. Weaver, Mike (Hg): British Photography in the Nineteenth Century. The Fine Art Tradition. Cambridge 1989, S.113.

(FN44) Gernsheim: Geschichte der Photographie, a.a.O., S.322.

(FN45) Eine Interpretation von historischen Bildern und Fotografien muss vor einem zeitgenössischen kulturellen Hintergrund geleistet werden. Dies wirft weitreichende Probleme für die historische Bildforschung auf. Vgl. Jäger, Jens: Gesellschaft und Photographie. Formen und Funktionen der Photographie in Deutschland und England 1839-1860. Opladen 1996, S.18f.

(FN46) Vgl. Gernsheim. Geschichte der Photographie, a.a.O., S.325.

(FN47) Zitiert nach Gernsheim: Roger Fenton, a.a.O., S.22.

(FN48) Zitiert ebenda, S.23f.

(FN49) Kunczik spricht von einer "Pfadfinder-Idylle" oder vom Bild eines "vergnüglichen Jagdausflugs", vergleichbar war die Berichterstattung über den Golfkrieg. Kunczik, Michael: Kompliment, Sie schreiben ja famos! In: FAZ, 12.04.1999, 54; auch Kunczik, a.a.O.

(FN50) Vgl. Herman, Edward S. und David Peterson. 2000. »CNN: Selling Nato’s War Globally«, 111-123. In: Degraded Capability: the Media and the Kosovo Crisisy. Philip Hammond und Edward S. Herman (Hg). London 2000.

(FN51) Barthes, Roland: Die Fotographie als Botschaft. In: Der entgegenkommende und der stumpfe Sinn (L’obvie et l’obtus). Barthes, Roland (Hg). Frankfurt a. M. 1961 (1990), S.19.

Dipl.-Soz. Thomas Rid

Geb. 1975; 1997-2002 Studium der Sozialwissenschaften und Internationaler Politik an der Humboldt Universität zu Berlin und der London School of Economics; Praktika in der OECD, Paris, und der Internationalen Organisation für Migration, Genf; seit 2003 Fritz Thyssen Stipendiat und Mitarbeiter in der Forschungsgruppe Sicherheitspolitik, Stiftung Wissenschaft und Politik; Promotion zum Thema Medien-Militär-Beziehungen in USA.



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