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Luftzielschießen in Deutschland

Die österreichische Fliegerabwehr nahm beim International Army Air Defence Symposium (IAADS) vom 27. September bis 9. Oktober 2010 erstmals an einem Luftzielschießen auf dem Heeresflugabwehrschießplatz der Deutschen Bundeswehr in Todendorf/Schleswig-Holstein teil.

Der Verlegung nach Deutschland ging eine bereits mehrjährige Zusammenarbeit der Flieger- und Fliegerabwehrtruppenschule (FlFlATS) mit dem deutschen Partnerschulverband, dem Ausbildungszentrum Heeresflugabwehr voraus, das dann die Einladung für dieses internationale Symposium aussprach. Aufgrund der Einschränkungen der österreichischen Fliegerabwehr, adäquate Schießen auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig durchzuführen, wurde diese Möglichkeit scharf zu schießen aufgegriffen. Ebenfalls bot die Präsenz von etwa 400 Ehrengästen aus 36 verschiedenen Nationen eine gute Gelegenheit, das Können der österreichischen Fliegerabwehr einem breiten Publikum zu präsentieren.

Das österreichische Kontingent verlegte in der Stärke von 29 Soldaten unter dem Kommando von Brigadier Gottfried Eisenberger, einigen Bediensteten des Institutes Fliegerabwehr (FlA) und den Kursteilnehmern der Unteroffizierslehrgänge im Organisationselement mit der Eisenbahn von Langenlebarn nach Oldenburg. Die Durchführung des Luftzielschießens inklusive aller dafür nötigen Planungen wie Erkundung, Verlegung, Unterkunft etc. wurde vom Institut FlA der FlFlATS wahrgenommen.

Verlegung

Vom 27. bis 28. September 2010 verlegten die Soldaten mit dem notwendigen Gerät im Eisenbahntransport. Vorgestaffelt wurde die Kolonne auf dem Fliegerhorst Brumowski in Langenlebarn formiert und die beiden Aufklärungs- und Zielzuweisungsradar-Shelter (AZR-Shelter) mittels zivil angemietetem Kran verladen, sodass am 27. September bis 1200 Uhr sämtliche Fahrzeuge auf dem bereitgestellten Zug verkeilt und verzurrt werden konnten. Dieser hatte inklusive des Personen- und des Munitionswaggons eine Gesamtlänge von fast 400 Metern. Zum Schießen mitgenommen wurden drei Stück 35-mm-Zwillingsfliegerabwehrkanonen (ZFlAK 85), zwei Stück Feuerleitgeräte (FeultGer 98), zwei Stück der neu modifierten Aufklärungs- und Zielzuweisungsradare (AZR), zahlreiche Lastkraftwagen mit Gerät und Ersatzteilen sowie Kleinfahrzeuge.

Um 1800 Uhr erfolgte die Ankunft in Oldenburg/Schleswig-Holstein. Die DBW nutzte nach voriger Absprache die Entladung des österreichischen E-Transportes für die Schulung der eigenen auszubildenden Soldaten. Gestellt wurde ein Logistikelement der Bundeswehr, das die Organisation und großteils die Entladung auf dem Bahnhof übernahm (Absperrelemente, Rungenkommando, Sanitäter, 70-Tonnenkran für die AZR-Shelter etc.). Ein interessantes Detail am Rande war, dass gemäß gesetzlichen Richtlinien die Bundeswehr für die Entladung des Gerätes anderer Nationen zuständig ist und somit die österreichischen Fahrzeuge auch von deutschen Soldaten vom Zug gefahren wurden und nicht von den zuständigen österreichischen Kraftfahrern. Dies führte kurzfristig zu Unstimmigkeiten wegen Lenkberechtigungen bzw. Richtlinien wie das Gerät entladen werden sollte, die allerdings im beiderseitigen Einverständnis rasch beseitigt wurden.

Kurz vor Mitternacht waren alle österreichischen Teile inklusive des Gerätes am 35 Kilometer entfernten Heeresflugabwehrschießplatz in Todendorf angekommen und bezogen die Unterkünfte, nachdem die Aufträge für den Folgetag ausgegeben worden waren.

Methoden der Radargerätbedienung, um Ziele zu verfolgen

Prinzipiell ist die Art der Verfolgung frei wählbar, wird aber zu Trainingszwecken für die jeweiligen Übungen festgelegt.

  • Verfolgung Radar: Vermessung des Zieles erfolgt mittels elektromagnetischer Wellen durch eine Folgeradarantenne.
  • Verfolgung TV: Modus wird von der Vermessung mit dem Radar auf die Verfolgung und Vermessung des Zieles mit einer TV-Kamera gewechselt (Kamera ist fix neben der Folgeradarantenne installiert).
  • Verfolgung Steuerknüppel: Der Bediener kann das Ziel mit einer Art "Joystick" manuell verfolgen, und es wird auf dem TV-Monitor dargestellt.

Scharfschießen

Schon am 29. September bekamen die Österreicher die Stellungen für Kanonen und Feuerleitgeräte direkt an der Ostseeküste zugewiesen, um sämtliche Vorbereitungen für die ersten Schießdurchgänge um die Mittagszeit durchzuführen. Die erste Zieldarstellung in der Dauer von 90 Minuten (PC-9 mit Schleppziel, Geschwindigkeit ca. 100 m/s) wurde erfolgreich bekämpft. 14 Übungen wurden gemäß den gültigen Schießprogrammen vor dem Schießen festgelegt und mit der Note "Ausgezeichnet" absolviert. In den Übungen wurden "Alpha"-Anflüge (Direktanflug auf die Feuereinheit) und deren Bekämpfung in ca. 3 500 bis 1 800 Meter sowie "Bravo"-Anflüge (Schräganflug auf die Feuereinheit) und deren Bekämpfung in ca. 2 800 bis 1 500 Meter dargestellt. So genannte "Charly"-Anflüge (Vorbeiflug) werden auf diesem Flugabwehrschießplatz nicht durchgeführt, da die Ausdehnung des Schießplatzes dafür zu gering ist.

Bei der Ermittlung der Trefferergebnisse im Ziel gibt es verschiedene Abstufungen:

  • 85 bis 100 Prozent "ausgezeichnet";
  • 60 bis 84,9 Prozent "brauchbar";
  • unter 60 Prozent "unbrauchbar".

Direkte Schleppsacktreffer sind besonders schwierig zu erreichen, da auf diesen in einer Entfernung von 2 600 Metern geschossen und das sehr kleine Ziel mit großer Geschwindigkeit gezogen wird. Der Schleppsack selbst ist ca. zwei Meter lang und 50 Zentimeter breit. Er dient nur zur Darstellung des Zieles - d. h. der Indikator, der die Anzahl der Granatdurchgänge misst und einige Meter vor dem Schleppziel an einem Stahlseil ca. 1 500 Meter hinter dem Luftfahrzeug nachgezogen wird, muss nicht direkt getroffen werden, um ein Ziel als "erfolgreich bekämpft" anzuzeigen.

Die übrige Zeit des ersten Schießtages nutzten die Soldaten, um die Datenverbindung von den Feuereinheiten mit dem AZR herzustellen, die für die Feuerleitung innerhalb eines FlA-Verbandes notwendig ist. Dazu waren auch noch etliche Arbeiten im Fernmeldebereich notwendig, da üblicherweise die Datenverbindung von einem AZR zu den Feuereinheiten mittels Funk sichergestellt wird, aber aufgrund der Sicherheitsbestimmungen der Bundeswehr während eines Scharfschießens eine zweite Sicherheitsleitung (Feldkabel) gelegt werden musste.

Eine Feuereinheit (FE) selbst besteht aus einem FeultGer 98 und zwei 35-mm-ZFlAK. Das AZR kann aufgrund der größeren Radarsichtweite (bis 80 Kilometer) Luftziele erkennen, klassifizieren und an verschiedene Feuereinheiten übermitteln. Die Bekämpfung wird dann durch die untergeordneten Feuereinheiten, in diesem Fall durch die 35-mm-FE durchgeführt.

Am Vormittag des 30. September 2010 absolvierten die österreichischen Teile weitere 14 Übungen mit ausgezeichnetem Treffergebnis. Danach startete das erste Schießen auf die Drohne "Banshee" (Geschwindigkeit ca. 120 m/s) der Firma PMM/MEGGITT (Projekt Management & Marketing/MEGGIT). Diese Übung war ein Novum für die österreichische Fliegerabwehr, wurde aber zur vollsten Zufriedenheit ausgeführt. Schwierig dabei war die Verfolgung und die Bekämpfung des Zieles aufgrund der Charakteristik der Drohne, da diese einerseits einen sehr kleinen Radarquerschnitt und eine geringe Größe aufweist, andererseits aber mit einer hohen Geschwindigkeit fliegt. Alle, den Österreichern zugeteilten Zielflüge wurden mit drei bis vier Feuerstößen durch beide ZFlAK 85, teils in Radarsteuerung, teils in TV-Verfolgung oder manuell mit dem Steuerknüppel (siehe Kasten) verfolgt und in Entfernungen von 2 800 bis 2 300 Metern erfolgreich bekämpft.

Die Zuschauer, aber vor allem die Bediener von Systemen anderer Nationen in benachbarten Stellungen waren von den Schießleistungen der Österreicher beeindruckt, als eine der ersten Drohnen durch einen Direkttreffer mit einem gewaltigen Feuerball explodierte und die brennenden Überreste ins Meer stürzten.

Am 1. Oktober erfolgten die Vorbereitungen für die Folgewoche, in der dann das eigentliche Vorüben für das Vorführschießen im Rahmen des Symposiums begann.

Das Wochenende war ohne geplante dienstliche Inanspruchnahme und wurde von den Soldaten zur Regeneration, Kameradschaftspflege bzw. für Ausflüge (z. B. Besuch des U-Boot-Ehrenmales in Laboe) genutzt.

Die zweite Woche begann mit der Überprüfung der Waffensysteme und der Durchführung verschiedener Kontrollen. Überprüft wurden sämtliche Kabelverbindungen, sowohl für Daten-, als auch für Sprachübermittlung, die Waffensysteme und die Munition. Kurz nach Mittag standen dem österreichischen FlA-Zug acht Zielflüge (vorgegebener Anflug des Fliegers mit dem Schleppziel) eines Lear Jets mit Schleppziel zur Verfügung, die inklusive eines Direkttreffers, erfolgreich bekämpft wurden (gleiche Übungen wie an den Tagen zuvor, um erneut den Ablauf für das Schießen im Rahmen des Symposiums zu üben).

Am Nachmittag wurde erstmalig das Programm gemäß dem geplanten Ablauf für das Symposium inklusive der Zieldarstellung durchgeführt. Den Zielflug der Drohne "Banshee" bekämpfte das österreichische Kontingent erneut durch einen Direkttreffer erfolgreich. Die Zielflüge für die Waffensysteme der Bundeswehr wurden zum Mitrichten, d. h. zur weiteren Schulung der Schießteilnehmer sowohl beim Geschütz als auch am Feuerleitgerät genutzt. Die deutschen Soldaten mit ihren Waffensystemen, die ebenfalls im Rahmen des IAADS ihr Können unter Beweis stellten, übten mit dem Fliegerabwehrpanzer "Gepard", sowohl mit der 35-mm-Kanone als auch mit dem Lenkflugkörper, dem Waffensystem "Ozelot" und der MANPAD (Man Portable) Fliegerabwehrlenkwaffe "Stinger". Auch diese Waffensysteme lieferten sehr gute Treffergebnisse.

Am 5. Oktober 2010 führte die Bundeswehr nochmals Zielflüge mit der Drohne durch. Diese dienten hauptsächlich den Vorbereitungen für das Symposium (zusätzliche Absperrungen für Zuschauer, Adjustierung der Soldaten, Munitionszufuhr etc.), und um letzte Details für das einstündige Präsentationsschießen am Folgetag abzuklären. Dabei wurde ein Zielflug erfolgreich bekämpft und es konnten die übrigen Zielflüge von den Feuereinheiten zur Richtausbildung (Trockentraining, um die Tätigkeiten am Geschütz zu festigen) genutzt werden.

Am 6. Oktober um 1100 Uhr war es soweit. Die Ehrengäste, ausgerüstet mit Fotoapparat und Feldstecher, hatten auf der Tribüne direkt hinter den Feuereinheiten Platz genommen. Der Moderator kündigte den ersten Zielflug an. Die für die Zuschauer optisch mit Rauch gekennzeichnete (Smoke on) Drohne wurde durch den 35-mm-FlA-Zug erfolgreich bekämpft. Alle weiteren Bekämpfungsvorgänge lieferten ebenfalls gute Treffergebnisse.

Beim Static Display, das ebenfalls einen Programmpunkt während des Symposiums darstellte, wurde das AZR sowie die lFAL "Mistral" des Bundesheeres präsentiert. Starkes Interesse zeigten die Besucher auch an der dargestellten Datenübertragung inklusive Zielzuweisung vom AZR über den Zieldatenempfänger zum FeultGer 98. Dabei wurde seitens des Bundesheeres die Möglichkeit angeboten, während den Bekämpfungsvorgängen im AZR selbst und live "dabei zu sein", um Abläufe zu beobachten und Erfahrungen auszutauschen.

Das Ende der Vorführung am frühen Nachmittag (Ende der Schießvorführung um 1400 Uhr, danach war noch für die Besucher eine Stunde Zeit, die Waffensysteme aus nächster Nähe zu begutachten) bedeutete auch gleichzeitig das Ende des ersten Luftzielschießens eines österreichischen FlA-Zuges in Todendorf. Die Stellungen wurden geräumt und die Kolonne für die Verladung formiert, damit am nächsten Tag nur mehr der Befehl zum Mot-Marsch Richtung Beladebahnhof Oldenburg gegeben werden musste.

Am 7. Oktober erfolgte die Verladung des österreichischen Gerätes auf dem Bahnhof Oldenburg, wiederum mit Unterstützung durch das Logistikbataillon der Bundeswehr. Der Zug fuhr um 1300 Uhr ab. Die Fahrtdauer erhöhte sich aber wegen zahlreicher Pannen seitens der Deutschen Bahn um elf Stunden. Die Folge war, dass der E-Transport auf dem Fliegerhorst Langenlebarn erst am 9. Oktober 2010 um 0830 Uhr ankam. Die Entladung des Gerätes wurde in der Folgewoche, am Montag den 11. Oktober 2010 durchgeführt.

Auf einen Blick

Das Luftzielschießen auf dem Schießplatz Todendorf in Deutschland kann für die österreichischen Teilnehmer als sehr erfolgreich angesehen werden. Die FlA-Truppe war eine der wenigen ausländischen Truppen, die dort einen Beitrag - ein Luftzielschießen - im Rahmen des Symposiums der Bundeswehr geliefert hat. Die österreichische Fliegerabwehrtruppe hat sich vorbildlich präsentiert, die Schießergebnisse waren ohne Makel (keine technischen Gebrechen, keine Hemmungen etc.).

Für die Zukunft sollte seitens des Bundesheeres bedacht werden, dass die Bundeswehr den Schießplatz für weitere Verlegungen zur Verfügung stellt. Es kann darauf mit allen Waffensystemen, auch mit der Lenkwaffe "Mistral", geschossen werden. Somit könnten die vorgeschriebenen Ausbildungen der Kadersoldaten im Rahmen von Lehrgängen und Schießverpflichtungen erfüllt werden. Erwähnenswert ist, dass die Zusammenarbeit mit der Bundeswehr in allen Bereichen gut funktioniert hat. Hier ist vor allem auch die gemeinsame Sprache ein Vorteil.

Beim österreichischen Kontingent ist die gesamte zweiwöchige Auslandsverlegung im Rahmen des IAADS sehr gut angekommen.

Dieses 2010 auf Einladung der Bundeswehr erstmals durchgeführte Luftzielschießen des ÖBH unter alleiniger Beteiligung des InstFlA war der Startschuss für eine weitere Verlegung im Jahr 2011 auf den Schießplatz nach Todendorf.

Weitere Verlegungen

Im Jahr 2011 führten etwa 100 Soldaten (gestellt wurden je eine 35-mm-Feuereinheit und je ein leichter Fliegerabwehrlenkwaffen (lFAl)-Trp durch die beiden FlA-Bataillone, eine weitere 35-mm-FE, zwei lFAl-Trps und zwei AZR durch das InstFlA/FlFlATS) ein Scharfschießen, diesmal auch mit der lFAL "Mistral" durch. Dabei wurden zwölf Lenkflugkörper zu 100 Prozent ins Ziel gebracht und somit analog zur 35-mm-ZFlAK ein ausgezeichnetes Treffergebnis erzielt.

Bei diesem Vorhaben verlegte, einen Tag vorgestaffelt, das erforderliche Personal vom Fliegerhorst Brumowski mittels E-Transport zum Entladebahnhof Oldenburg, während die Masse der Soldaten mit der C-130 "Hercules" im Lufttransport von Hörsching auf den Militärflugplatz Hohn der Bundeswehr geflogen wurde. Das Luftunterstützungsgeschwader beteiligte sich darüber hinaus mit zwei PC-6 zur Unterstützung der Luftzieldarstellung. Federführend für die Verlegung war erneut das InstFlA der FlFlATS.

In diesem Jahr sind zwei Verlegungen zum Luftzielschießen auf den Heeresflugabwehrschießplatz in Todendorf geplant, allerdings nur mit dem Waffensystem 35-mm-ZFlAK.


Autor: Hauptmann Mag. (FH) Ortwin Preslacher, 2003 Ausmusterung an der Theresianischen Militärakademie, Jahrgang "Reichsgraf Hadik", Waffengattung Fliegerabwehr, 2003 bis 2006 Zugs- bis Batteriekommandant der 2. Batterie/Fliegerabwehrregiment 3, ab Mai 2006 Lehroffizier Radar in der Lehrgruppe 1 der Fliegerabwehrschule, seit Umgliederung und Aufstellung der Flieger- & Fliegerabwehrtruppenschule am 1. Juli 2010 im Institut Fliegerabwehr als Lehroffizier Radardienst; Teilnahme am NATO Staff Officer Orientation Course; Luftzielschießen im Ausland: 2003, 2005 in Ustka/Polen, 2004 in Gluringen/Schweiz, 2010, 2011 in Todendorf/Deutschland.

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