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Ausbildungsphilosophie für das Österreichische Bundesheer 2010

Die Philosophie (griechisch "Liebe zur Weisheit") als wissenschaftliches Medium zur Wahrheitssuche, soll neue Anregungen vermitteln. Die nun vorliegende Ausbildungsphilosophie soll als Grundsatzdokument aber auch als "lebende Materie" sicherstellen, dass die Ausbildung und die Ausbildungsunterstützung stets auf dem Stand der aktuellen Ausbildungsgrundlagen sind.

"Bereits in der Reorganisation des Bundesministeriums für Landesverteidigung (BMLV) im Jahre 2002 wurde in Abstimmung mit dem Planungs- und Führungsstab innerhalb und außerhalb des BMLV eine Ausbildungsvision und eine daraus abgeleitete Ausbildungsphilosophie (wird im Zusammenhang mit Bundesheer 2010 verfügt) für das Österreichische Bundesheer (ÖBH) erarbeitet. Die Inhalte dieses Grundsatzdokumentes bilden die Grundlage für die Konzepte der Ausbildung und Ausbildungsunterstützung im ÖBH und unterliegen einer laufenden Evaluierung. Im Zuge der Bearbeitungen für die Bundesheerreformkommission 2003/04 wurden die Leitlinien dieser Ausbildungsphilosophie einer kritischen Würdigung unterzogen. Vor allem die zukünftigen Erfordernisse der Aufgabenerfüllung im Spektrum Petersberg plus haben zu einer maßgeblichen Beeinflussung der nunmehr vorliegenden Ausbildungsphilosophie beigetragen. Im gegenständlichen Artikel werden nunmehr, nach der Erläuterung des Begriffes, die Leitlinien dieser Ausbildungsphilosophie für das Bundesheer 2010 vorgestellt und erläutert. Selbstverständlich sind Anregungen - entweder in Form eines Leserbriefes oder als direktes Schreiben an das FGG 7 des BMLV - sehr willkommen." (Brigadier Mag. Johann Forster)

Leitlinien

Die Ausbildung im Bundesheer ist ...

... einsatznah und zukunftsorientiert

Die Ausbildung bildet einen integralen Bestandteil der Einsatzvorbereitung. Alle Ausbildungsmaßnahmen sind daher von den Erfordernissen der Einsätze abzuleiten und müssen zwingend auf Einsatzerfahrungen Rücksicht nehmen. Kadersoldaten werden hinkünftig durch die verstärkte Teilnahme des Bundesheeres an Auslandseinsätzen regelmäßig an Auslandseinsätzen teilnehmen. Das führt u. a. zu einer erhöhten Akzeptanz bei den auszubildenden Soldaten sowie bei internationalen Übungen/Einsätzen. Dieser Pradigmenwechsel, bezogen auf die Verwendung des Kaders, soll in weiterer Folge auch zu einem häufigeren Wechsel des Arbeitsplatzes führen (für Spezialisten werden Ausnahmen zu treffen sein). Durch einen in zeitlicher Hinsicht kontinuierlichen Wechsel in der Verwendung zwischen Einsatzvorbereitung, Auslandseinsatz und Einsatz in der Grundlagenarbeit bzw. Lehre der Schulorganisation soll ein laufender Qualitätszuwachs in der Ausbildung durch das regelmäßige Einfließen von Einsatzerfahrungen erzielt werden.

... erwachsenengerecht, leistungsfordernd und leistungsfördernd

Die Ausbildungsmethoden müssen den Prinzipien erwachsenengerechter Ausbildung2) entsprechen und moderne Ausbildungsmittel integrieren, um größtmögliche Fortschritte in optimaler Zeit zu erzielen. Die Ausbildung soll durch einen ausgewogenen zielgruppen-, teilnehmer- und themenadäquaten Methoden- und Mitteleinsatz unter Einschluss moderner Informations- und Kommunikationstechnologie unterstützt und optimiert werden.

... grundsätzlich vor einer Verwendung durchzuführen

Durch "Ausbildung vor einer Verwendung" sollen die Voraussetzungen für eine kompetente Aufgabenerfüllung durch Ressortangehörige geschaffen werden. Im Sinne dieses Grundsatzes ist eine sinnvolle Nutzungsdauer in der entsprechenden Verwendung vorzusehen, um nicht in raschen Abständen neue Ausbildungserfordernisse zu präjudizieren. Damit soll dem Grundsatz der Ökonomie verstärkt Folge geleistet werden.

Die Ausbildung vermittelt ...

... den Soldaten alle Kompetenzen für das Herstellen der Einsatzbereitschaft von Truppen und Stäben des Bundesheeres

Der Fokus aller Ausbildungsmaßnahmen ist auf die Einsatzvorbereitung von Truppen, Stäben und Spezialisten zu legen, um den größtmöglichen Erfolg in Einsätzen sicher zu stellen.

... den Zivilbediensteten des Ressorts jene Kompetenzen, die eine effiziente Mitarbeit in den vorgesehenen Einrichtungen des Bundesheeres ermöglichen und somit das Herstellen der Einsatzbereitschaft von Truppen und Stäben des Bundesheeres unterstützen.

Die Zivilbediensteten des Ressorts sollen sich ihrer Stellung im ÖBH bewusst sein. Dies setzt die entsprechende Kenntnis der Rechte und Pflichten als Zivilbedienstete, aber auch die Kenntnis der Organisation und Aufgaben des Bundesheeres voraus. Ihre fachlichen Kompetenzen sollen auf eine effiziente Mitarbeit in den hiefür vorgesehenen Einrichtungen des Bundesheeres optimiert sein. Die Ausbildung soll neben der fachlichen Dimension auch Einstellungen und Haltungen im Sinne des Leitbildes des Bundes vermitteln.

Die Ausbildung im Bundesheer fördert ...

... teilstreitkräfteübergreifende Befähigungen

Die zukünftigen Einsätze des Bundesheeres sehen eine verstärkte Orientierung auf internationale Einsätze im gesamten Spektrum der Petersberg-Aufgaben (Humanitäre Aufgaben und Rettungseinsätze, friedenserhaltende Aufgaben sowie Kampfeinsätze bei der Krisenbewältigung einschließlich friedensschaffender Maßnahmen im Rahmen der Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik) vor. Die Ausbildung muss daher jene Qualifikationen sicherstellen, die eine rasche und flexible Beteiligung am internationalen Krisenmanagement ermöglichen. Eine effiziente und effektive Auftragserfüllung erfordert daher vom Kader Qualifikationen, die ebenenbezogen, teilstreitkräfteübergreifende Befähigungen einschließen müssen.

... Flexibilität, Mitdenken und Selbstständigkeit

In der Ausbildung ist die Erziehung zu hoher Flexibilität sicherzustellen. Einsatzbezug, hohe Problemlösungskapazität und Professionalität in der Funktion sowie menschenorientiertes Führungsverhalten unter Beachtung pädagogischer Grundsätze bilden wesentliche Eckpfeiler der militärischen Ausbildung. Die Ausbildung des Kaders soll auf den selbstständig denkenden und im Sinne des Auftrags und des Kommandanten handelnden Soldaten, die Ausbildung der Mannschaften auf den mitdenkenden Soldaten abzielen. Auch Zivilbedienstete des Ressorts unterliegen den Erfordernissen, sich flexibel auf Neuerungen/Entwicklungen im Berufsfeld einzustellen.

... Wertebewusstsein, Toleranz, Verantwortungsgefühl und Führungsverhalten

Hohes Wertebewusstsein, Befähigung zur Menschenführung und professionelles Auftreten und Handeln, basierend auf hoher fachlicher, organisatorischer, pädagogisch-didaktischer und sozialer Kompetenz sowie einer ausgeprägten Kommunikationsfähigkeit und hohen charakterlichen Festigkeit, sollen den Berufskader kennzeichnen. Das zu erfüllende Spektrum der zukünftigen Auslandseinsätze erfordert die Ausbildung ergänzender Inhalte, wie z. B. das Verhalten in ethnischen Grenzsituationen oder die Einheit von Operationsführung und Recht. Zu festigen ist auch der Umgang mit Verwundung und Tod sowie die Menschenführung im Gefecht unter Belastung und Stress.

... ethisch korrekte Werthaltungen und Einstellungen

Den Kadersoldaten haben Willen, Selbstdisziplin, Initiative, Gerechtigkeitsverstandnis, Selbstvertrauen und Intelligenz zu kennzeichnen. Er muss gesund und körperlich fit sein, Selbstkontrolle, seelische Ausgewogenheit, Beharrungsvermögen, und ein militärisch professionelles Auftreten haben. Der Kadersoldat muss in der Lage sein, bewusst in die Gefahr hinein zu handeln und verantwortliche Entscheidungen zu treffen, die auch das Leben bzw. die Gesundheit der ihm anvertrauten Soldaten berühren.

... die Kompetenz der Kommandanten für eine qualitative Dienstaufsicht

Die Dienstaufsicht in der Ausbildung bildet einen wesentlichen Teil der Kommandantenverantwortung auf allen Ebenen, wobei der Prüfung, Bewertung und Verbesserung der Qualität der Ausbildung besondere Bedeutung zukommt.

... die Bildung von Kameradschaft, Gefolgschaft und Vertrauen für die Gemeinschaft

In der Ausbildung sind dem Soldaten grundlegende Verhaltensmuster zu vermitteln. Dabei ist auf militärspezifische Werte wie persönlicher Mut, Tapferkeit, Kameradschaft, Gehorsam, Eigenverantwortung (Disziplin), Menschenwürde, Pflichterfüllung, Initiative, aber auch Wachsamkeit besonderes Augenmerk zu richten. Die Ausbildung hat auch den verantwortungsbewussten Umgang miteinander zu vermitteln. Gefolgschaft und Vertrauen in die Gemeinschaft entstehen erst durch das positive Vorbild des jeweiligen Kommandanten bzw. Fachvorgesetzten. Dieser Verpflichtung darf sich kein Kadersoldat entziehen.

... die positive Repräsentation des "Unternehmens Bundesheer" durch die Soldaten

Unsere Soldaten, insbesondere Kadersoldaten, sollen sich ihrer Stellung in der Gesellschaft bewusst sein. Dies setzt die entsprechende Kenntnis der Rechte und Pflichten als Soldat aber auch die Kenntnis der Organisation und Aufgaben des Bundesheeres voraus. Hohe fachliche und soziale Kompetenz soll unser Kader kennzeichnen und somit zu einem positiven Gesamtbild in der Öffentlichkeit beitragen. Demokratisches Wertebewusstsein, Toleranz gegenüber den Mitmenschen und Andersdenkenden, Verantwortungsgefühl und Weltoffenheit bilden deshalb die zentralen Punkte der politischen Bildung des Kaderpersonals.

Die Ausbildung im Bundesheer berücksichtigt ...

... Einsatzerfahrungen

Einsatzerfahrungen sollen zentral zusammengeführt und ausgewertet werden. Sie müssen sowohl in den Lehrbereich der Akademien und Schulen als auch bei der Truppe bzw. in den Vorschriftenbereich einfließen.

... ein breites Anforderungsprofil an Kadersoldaten

Das Einsatzspektrum des Bundesheeres begründet eine breitgefächerte Ausbildung vom Führer über den Kämpfer und Schützer bis zum Helfer. Die verstärkte Orientierung auf internationale Einsätze erweitert das Anforderungsprofil in Richtung Betreuer und Mediator. Aber auch die Anforderungen in Personalunion gleichzeitig Ausbilder/Lehrer, Erzieher, Experte, Organisator und Verwalter zu sein, sind weiterhin vorhanden und erfahren je nach Aufgabenstellung unterschiedliche Ausprägungen. Diese Rollen sind je nach Funktion und Ebene zu gewichten. Der Begriff "Kämpfer" besitzt abhängig von der Funktion unterschiedlichen, aber zunehmenden Stellenwert, was sich letztlich in der Ausbildung niederschlagen muss. Es ist jedoch in allen Rollen des Leitbildes besonders wichtig, als Vorbild zu wirken. Die Fülle an Qualifikationen stellt vor allem an das Kaderpersonal große Anforderungen und verlangt Befähigungen hinsichtlich rollenspezifischen Verhaltens. Dies erfordert daher sowohl die Berücksichtigung der persönlichen Qualifikation als auch eine umfassende Ausbildung.

... gleichartige Ausbildung für Kommandanten und deren Stellvertreter

Soldaten, die in stellvertretenden Kommandantenfunktionen verwendet werden, haben grundsätzlich die gleiche Ausbildung wie die Kommandanten zu absolvieren.

... human- und sozialwissenschaftliche Aspekte zur Förderung der Identität des Soldaten

Durch eine permanente Förderung der Persönlichkeitsentwicklung im Rahmen geleiteter und selbstständiger Bildungsmaßnahmen wird das eigentliche Fundament für eine erfolgreiche Berufsausübung durch mündige Menschen in Zeiten steigender Komplexität im gesellschaftlichen, ökonomischen oder politischen Umfeld gelegt. Neben der klassischen militärischen Ausbildung ist der Bildungsaspekt in modernen Streitkräften daher von steigender Bedeutung. Bereiche, die sich mit dem soldatischen Selbstverständnis beschäftigen, sollen durch human- und sozialwissenschaftliche Bildung vermittelt werden.

Die Ausbildung im Bundesheer wird charakterisiert durch ...

... Interoperabilität

Zur Herstellung der Interoperabilität von Truppen, Stäben und Spezialisten sollen aufeinander abgestimmte Verfahren und Abläufe zur Anwendung gebracht werden. Eine bedarfsbezogene Fremdsprachenaus- und Fremdsprachenfortbildung der Kadersoldaten soll die Zusammenarbeit erleichtern. Zivilbedienstete, die aufgrund ihrer Verwendung die Zusammenarbeit mit ausländischen Dienststellen wahrzunehmen haben, sollen zur erforderlichen (primär englischen) Fremdsprachlichkeit befähigt werden.

... das Prinzip der Kommandantenverantwortung

Den Kommandanten obliegt die ungeteilte Verantwortung für das Erreichen und Erhalten der Einsatzbereitschaft. Dienstaufsicht in der Ausbildung bildet einen wesentlichen Teil der Kommandantenverantwortung aller Ebenen, wobei der Prüfung, Bewertung und Verbesserung der Qualität der Ausbildung besondere Bedeutung zukommt.

... Auswahl zu Lehrgängen

Die Auswahl sollte die Grundlage für eine effiziente und effektive Ausbildung darstellen. Vorhandene Qualifikationen sollen daher verstärkt berücksichtigt werden. Die Zulassung der Kadersoldaten zu Lehrgängen soll unter Berücksichtigung einer Kommandantenbeurteilung durch eine Kurzzeitbewertung erfolgen. Darüber hinaus sollte während eines Lehrganges grundsätzlich eine Langzeitbewertung erfolgen, deren Ergebnis dem jeweiligen Kommandanten zur Verfügung gestellt werden soll. Diese soll den Kommandanten zur Unterstützung bei deren weiterer Beurteilung dienen.

... den integrativen Ansatz von Ausbildung, Bildung und Erziehung

Die militärische Ausbildung vermittelt jene Qualifikationen, die zur Ausübung des Soldatenberufs und zur Wahrnehmung verschiedenster militärischer Tätigkeiten notwendig sind. Der Fokus liegt auf dem Erwerb von Kompetenzen im Sinne von Kenntnissen, Fähigkeiten und Fertigkeiten. Die Ausbildung steht aufgrund der komplexer werdenden Anforderungen in Einsätzen permanent in einem Spannungsfeld zwischen einer möglichst kurzen, aber dennoch umfassenden Durchführung. Es kommt daher der Fort- und Weiterbildung hohe Bedeutung zu. Die Ausbildung umfasst nicht nur Schulungsmaßnahmen für den Berufsvollzug im engeren Sinn, sondern auch die Vermittlung von Werten, somit auch Aspekte der Erziehung und Bildung. Ziele der militärischen Erziehung sind die Übernahme von Eigenverantwortung (Disziplin und Selbstdisziplin) sowie die Bereitschaft zur Aufgabenerfüllung und zur Zusammenarbeit im Team.

... das Prinzip eines lebenslangen, traditionell vermittelten und verstärkt auch selbstständig zu organisierenden Lernprozesses

Lernen muss in weiten Teilen als eigenverantwortliches Lernen verstanden und gefördert werden. Die Ausbildung soll verstärkt flexibel nutzbares Fachwissen vermitteln und Kompetenzen für einen intelligenten und problemlösungsorientierten Umgang mit Information und Wissen fördern. Die Digitalisierung von Lehr- und Lernmaterialien und deren Gestaltung zu multimedialen und modularen Ressourcen für das Selbststudium soll Präsenzphasen in der Aus- und Weiterbildung von Prozessen der reinen Wissensvermittlung entlasten.

... Lehrgänge und Kurse mit curricularem, berufsfeld- und funktionsorientiertem und zunehmend modulartigem Aufbau

Lehrgänge und Kurse müssen sich am Berufsfeld bzw. an der Funktion orientieren und zwingend einen curricularen Aufbau aufweisen. Das ermöglicht die erforderliche Qualitätssicherung und die verstärkte modulartige Strukturierung von Ausbildungsgängen. Eine modulartige Strukturierung wiederum erlaubt eine verbesserte Konsumierbarkeit und erleichterte Anrechnung bereits absolvierter Inhalte. Die Nutzungsphase in einer Funktion wäre auf die jeweilige Ausbildungsdauer abzustimmen.

... eine integrierte Qualitätssicherung

Die Grundlage der Qualitätssicherung bildet ein standardisiertes Verfahren zur Evaluierung der Ausbildung. Das Ziel soll sein, einem Regelkreis zu folgen, der ausgehend von einer Bedarfsanalyse (auf der Basis eines zukunftsorientierten Anforderungsprofils) über die Bedarfsdeckung bis zur Nachsteuerung alle Erfordernisse umfasst, um sowohl die Einzel- als auch die Truppenausbildung stets auf einem aktuellen, und bedarfsorientierten Stand (für die Einsatz- und/oder Friedensfunktion) sicherzustellen. Der Durchführung der Dienstaufsicht mit Fokus auf die Qualität der Aufgabenerfüllung kommt hierbei höchste Bedeutung zu. Zusätzlich soll im Sinne eines gesamtheitlichen Ansatzes auch die Kosten- und Leistungsrechnung mit berücksichtigt werden, um die Kommandanten aller Ebenen sowie die zur Sicherstellung der Rahmenbedingungen berufenen Kommanden/Dienststellen zu einer auf Einsatzerfordernisse abgestimmten effizienten Ausbildung anzuhalten.

... die zunehmende Anrechnung militärischer und ziviler Bundesheer-externer Ausbildung

Verstärkt soll eine abgeschlossene zivile Ausbildung dort anerkannt werden, wo die Inhalte allgemeine Grundlagen für militärische Funktionen abdecken. Das ist sowohl kostensenkend als auch erwachsenengerecht. Das Sicherstellen einer zivilberuflichen Qualifikation wird für Soldaten in Zeitlaufbahnen im Rahmen der Berufsförderung zu forcieren sein, um den Wiedereinstieg in das zivile Berufsfeld zu erleichtern. Es soll aber auch die Ausbildung, die während der Militärzeit vermittelt wurde und für den Zivilberuf relevant sein kann, vom zivilen Berufsfeld anerkannt werden. Das erfordert eine grundsätzliche Vergleichbarkeit bzw. Übereinstimmung von Ausbildungsinhalten zwischen (identischen) zivilen und militärischen Berufsfeldern sowie die Bereitschaft für legistische Maßnahmen zur zivilen Anrechnung der beim Militär absolvierten Kurse.

... die Aus- und Weiterbildung der Mannschaften vorrangig bei der Truppe

Die Ausbildung der Mannschaften erfolgt dezentral durch die Truppe, um einen hohen Bezug der Soldaten zum jeweiligen Verband sowie zu deren Besonderheiten (z. B. Spezialisierung) zu bewirken. Bedarfsbezogen sollen waffengattungsspezifische Anteile, nach Sicherstellung der erforderlichen Rahmenbedingungen, auch durch die Schulen durchgeführt werden.

... den dualen Aufwuchs der Unteroffiziere

Unteroffiziere werden durch die Rahmenbedingungen des zukünftigen Grundwehrdienstes nicht mehr ausschließlich über die Mannschaft aufwachsen können. Um den Nachwuchs an Unteroffizieren unter Berücksichtigung zukünftiger Zeitlaufbahnen zeitgerecht im erforderlichen Umfang sicherstellen zu können, wird daher der überwiegende Anteil - zum Zwecke einer effektiven und elitären Ausbildung analog zu den Offiziersanwärtern - direkt heranzubilden sein. Durch geeignete Maßnahmen wird in diesem Fall frühzeitig sicherzustellen sein, dass die zukünftigen Unteroffiziere den wichtigen Zugang zu den Mannschaften nicht verlieren. Dies ist vor allem deshalb von Bedeutung, weil der Unteroffizier weiterhin das Bindeglied zwischen den Mannschaften und den Offizieren darstellt.

... eine im zivilen Bildungssystem anerkannte Ausbildung für Berufsoffiziere mit wissenschaftlicher Fundierung und hohem Praxisbezug

Die Ausbildung zum Berufsoffizier soll jene Schlüsselqualifikationen vermitteln, die zur Erfüllung der Aufgaben als militärische Führungskraft und als Experte, insbesondere im gewählten beruflichen Spezialzweig (Waffengattung), benötigt werden. Ziel ist eine praxisbezogene Berufsausbildung. Das beinhaltet u. a. auch die Ausbildung für eine ebenenbezogene Verwendung im Rahmen internationaler Aufgaben und Einsätze, einschließlich der erforderlichen Fremdsprachenausbildung sowie eine interkulturelle Kompetenz und eine grundsätzliche Befähigung zur qualifizierten Sportausbildung. Die spezifischen Anforderungen an einen Berufsoffizier sind ausgeprägte Führungsfähigkeit, beispielgebendes Führungsverhalten, ein wissenschaftlich fundiertes Bildungsniveau, hohe physische und psychische Belastbarkeit sowie eine moralisch-ethisch gefestigte Persönlichkeit. Daraus ergeben sich für den Offiziersberuf besondere Verhaltensanforderungen, die im Rahmen der Berufsausbildung begründet und reflektiert werden müssen. Der Berufsoffizier muss seine Aufgaben im Einsatz, in der Ausbildung und im Dienstbetrieb durch professionelles Handeln erfüllen. Das betrifft vor allem die Aufgaben in der Erstverwendung als Zugskommandant, Fachoffizier oder stellvertretender Kompaniekommandant.

... die Förderung der jeweils Besten und erhöhte Durchlässigkeit des Ausbildungssystems

Unter "Besten-Förderung" wird ein umfassendes Anreizsystem verstanden, das Soldaten zu Höchstleistungen motivieren soll. In der Ausbildung bedeutet dies, dass Soldaten, die überdurchschnittliche Leistungen in ihrer Funktion bringen, ihrem Leistungspotenzial entsprechend gefördert werden. Ein durchlässiges Ausbildungssystem soll Aufstiegs- und/oder Umstiegsmöglichkeiten, aber auch Möglichkeiten für Seiteneinstiege bieten und Bildungssackgassen verhindern.

... eine leitbildorientierte Aus- und Weiterbildung

Inhalte des Leitbildes für das Kaderpersonal und für Zivilbedienstete sollen einen integralen Bestandteil der jeweiligen Grundausbildung bilden. Es sollen aber auch ebenenbezogene Bausteine fachlicher und persönlichkeitsbildender Inhalte sowie der Selbstorganisation vermittelt werden.

... eine arbeitsplatzbezogene Fortbildung

Die Fortbildung dient der Vertiefung erworbener Kompetenzen zur bestmöglichen Aufgabenerfüllung in der Funktion. Sie hat für das Kaderpersonal vorrangig die Truppenführung, den fachspezifischen und den allgemeinen Bereich zu umfassen. Die Zivilbediensteten des Ressorts sollen der militärischen Kaderfortbildung zugeführt werden, wenn es die dienstlichen Interessen erfordern. Die Kaderfortbildung ist sowohl in der Einsatz- als auch in der zukünftigen Grundorganisation durchzuführen. Die Verantwortung für die Durchführung obliegt den Kommandanten bzw. Dienststellenleitern. Die Akademien und Waffengattungsschulen sollen vor allem die Einsatzorganisation in spezifischen Bereichen der Kaderfortbildung unterstützen.

... eine grundsätzlich an der Einsatzausbildung des Berufskaders orientierte Ausbildung des Milizkaders

Der Milizkader soll hinsichtlich seiner Qualifikationen an den Berufskader herangeführt werden, um die Einsatzaufgaben im Hinblick auf die zukünftigen Anforderungen durch professionelles Handeln erfüllen zu können.

... das forcierte Erreichen einer hohen physischen und psychischen Leistungsfähigkeit der Soldaten

Das Erreichen und Erhalten einer hohen physischen und psychischen Leistungsfähigkeit bildet einen integralen Bestandteil der Aus-, Fort- und Weiterbildung aller Kadersoldaten. Körperliche Leistungsnormen sollen aufgrund unterschiedlicher Belastungen auf die Verwendung hin abgestuft werden. Es wird darauf ankommen, die Erfordernisse der internationalen Kompatibilität zu berücksichtigen. Daher soll im Hinblick auf die Auftragserfüllung im multinationalen Verbund die Einführung waffengattungsspezifisch angepasster Anforderungsprofile vorbereitet werden.

... eine allgemeine und waffengattungs- bzw. funktionsspezifische Führungsausbildung für Kommandanten

Die Führungsausbildung für Kommandanten muss auch hinkünftig eine allgemeine und waffengattungs- bzw. funktionsspezifische Qualifikation umfassen. Der erforderliche Grundanteil an allgemeinen Qualifikationen wird aufgrund zukünftiger Zeitlaufbahnen neu festzulegen sein. Ebenso soll die Vermittlung waffengattungs- bzw. funktionsspezifischer Qualifikationen einem effizienten Verhältnis zwischen Ausbildung und Nutzen in der Funktion angepasst werden.

... eine simulationsunterstützte und auf einer Mischung verschiedener Übungsformen und Übungsarten aufgebaute Truppenausbildung zur Förderung der Führungsfähigkeit des Kaders im Gefecht

Durch die Truppenausbildung soll die Führungsfähigkeit des Kaders im Gefecht sowie die Befähigung zum Kampf der verbundenen Waffen erreicht bzw. weiterentwickelt werden. Hiezu ist eine Mischung verschiedener Übungsformen bzw. Übungsarten anzustreben, die durch Simulation unterstützt werden soll.

... eine internationalen Einsätzen vorgestaffelte einsatzraumspezifische Ausbildung für friedenserhaltende Operationen

Eine allgemeine Ausbildung für auslandsorientierte Aufgaben ist integraler Bestandteil der Aus- und Weiterbildung des Kaderpersonals. Einsatzraum- und einsatzspezifische Ausbildung wird unmittelbar vor der Entsendung vermittelt. Im Einsatzraum soll ergänzende und weiterführende Ausbildung unter Verantwortung der Kommandanten stattfinden.

Die Akademien und Schulen ...

... sind die Hauptträger der qualifizierten Aus- und Weiterbildung der Offiziere und Unteroffiziere einschließlich der Zivilbediensteten des Ressorts

Die Kaderaus- und -weiterbildung wird zentral an den Akademien und Schulen durchgeführt. Damit wird die stellt, der hervorragende Ruf der österreichischen Offiziere und Unteroffiziere im Ausland aufrechterhalten sowie die Kaderaus- und Kaderweiterbildung von den Zwängen der Truppe freigehalten.

... arbeiten zur Verbesserung der Interoperabilität zunehmend mit adäquaten Ausbildungsstätten anderer Streitkräfte zusammen

Durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit adäquaten Ausbildungsstätten anderer Streitkräfte sollen Synergien genutzt und spezifische Kompetenzen (z. B. im Gebirgskampf) vermehrt anderen Streitkräften angeboten werden.

... streben in der Forschung und Entwicklung im Bereich des Ausbildungswesens grundsätzlich Synergieeffekte durch Vernetzung mit zivilen Bildungs- und Forschungseinrichtungen an

Forschung und Entwicklung im Bereich des Ausbildungswesens soll mit zivilen Bildungs- und Forschungseinrichtungen vernetzt werden, um vom gegenseitigen Erfahrungsaustausch zu profitieren und eigene Ressourcen dort zu investieren, wo ergänzender (allenfalls gemeinsamer) Forschungs- und Entwicklungsbedarf besteht.

... stellen über die Grundlagenarbeit (in den Schulen) im engen Zusammenwirken mit dem Lehrbereich die Weiterentwicklung in der Waffengattung sicher

Eine zukunftsorientierte Grundlagenarbeit bildet die Basis für die Weiterentwicklung in der Waffengattung. Das Erfassen, Auswerten und Dokumentieren von Einsatzerfahrungen, die durch eigene und/oder fremde Streitkräfte gewonnen werden, stehen im Mittelpunkt. Das Lehrpersonal soll durch direktes Mitwirken in der Grundlagenarbeit bei der Umsetzung der Erfahrungen in die Lehre profitieren.

... setzen in der Lehre Kader ein, das einschlägige fachliche Qualifikationen und Vorverwendungen sowie bedarfsbezogene Fremdsprachenkenntnisse und angemessene pädagogische Qualifikationen aufweist

Das Kader, welches als Lehrpersonal an Akademien und Schulen eingesetzt wird, muss dafür besonders qualifiziert sein. Dies setzt einschlägige fachliche Qualifikationen und Vorverwendungen aber auch Einsatzerfahrungen voraus. Bedarfsbezogene Fremdsprachenkenntnisse und eine angemessene pädagogische Qualifikation bilden weitere Eckpfeiler für das Lehrpersonal.

... partizipieren an der Personalrotation mit der Truppe zum Zweck eines regelmäßigen Erfahrungsaustausches

Das Lehrpersonal an Akademien und Schulen soll in regelmäßigen Abständen wechseln. Damit soll sichergestellt werden, dass einerseits Einsatzerfahrungen direkt in die Schulorganisation einfließen und andererseits Erfahrungen aus der Lehrtätigkeit sowie Entwicklungen in der Waffengattung wieder in die Truppe zurückfließen und somit eine ständige gegenseitige Befruchtung erfolgt.

Die Ausbildung im Bundesheer wird unterstützt durch ...

... bedarfsorientierte, moderne Ausbildungsmittel und Simulatoren

Die Ausstattung mit Ausbildungsmitteln soll sich am Standard des nationalen und internationalen Ausbildungswesens in Theorie und Praxis orientieren, wobei handelsüblichen Geräten der Vorzug zu geben ist, sofern nicht militärische Erfordernisse dagegen sprechen. Für die zukünftige Grund- und Einsatzorganisation soll die Ausstattung mit Ausbildungsmitteln festgelegt sein. Ausbildungsmittel, im speziellen Simulatoren, sollen in ihrer Gesamtheit aufeinander abgestimmt sein.

... eine moderne zukunftsorientierte Ausbildungsinfrastruktur

Die zukünftige Ausbildungsinfrastruktur soll eine Ausbildung nach den Grundsätzen der modernen Erwachsenenbildung ermöglichen und die jeweilige Zielerreichung optimal unterstützen.

... Truppenübungsplätze, die die Vorbereitung von Truppen auf Einsätze im urbanen Gelände, im Gelände mit Mittelgebirgs- bzw. Hochgebirgscharakter sowie den Kampf der verbundenen Waffen ermöglichen

Truppenübungsplätze sollen das Üben zukünftiger Einsatzszenarien auch im scharfen Schuss und für Verbände mit Spezialisierung (z. B. Luftlandebefähigung, Befähigung zur Kampfführung im Hochgebirge etc.) sowie der Akademien und Schulen ermöglichen. Darüber hinaus sind die Erfordernisse für das Üben des Kampfes der verbundenen Waffen abzudecken.

... Schießsimulatoren für Infanteriewaffen pro kleinem Verband sowie Schieß- und Wasserübungsplätze in vertretbaren Entfernungen zu den Garnisonen

Das Erreichen, Erhalten und Verbessern der Schießfertigkeit von Soldaten mit den laut Organisationsplan zugewiesenen Hand- und Faustfeuerwaffen soll durch geeignete Schießsimulatoren pro kleinen Verband optimiert werden. Zusätzlich sollen bedarfsbezogen Schieß- und Wasserübungsplätze in vertretbaren Entfernungen zu den Garnisonen vorhanden sein.

... moderne Ausbildungsheime für spezifische Ausbildungsvorhaben

Modern ausgestattete Ausbildungsheime sollen der Einsatz- und Grundorganisation die Durchführung spezifischer Ausbildungsvorhaben in einem bedarfsorientierten Umfang ermöglichen.

... moderne Ausbildungsanlagen und Sportstätten

Moderne Ausbildungsanlagen sollen neben entsprechender fachlicher und didaktisch-methodischer Qualifikation des Kaderpersonals das Erreichen von Ausbildungszielen unterstützen. Das Erreichen und Erhalten der geforderten körperlichen Leistungsfähigkeit von Soldaten erfordert neben regelmäßigem körperlichem Training auch moderne Sportstätten sowie Sporthallen, um die Durchführung der Körperausbildung zu jeder Jahreszeit und bei jeder Witterung zu gewährleisten.

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Begriffserläuterung

Die Ausbildungsphilosophie ist das Grundsatzdokument für die konzeptionelle Planung der Ausbildung im Bundesheer. Sie basiert vor allem (d. h. es können auch andere Dokumente einen grundlegenden Einfluss ausüben) auf der Ausbildungsvision und dem militärstrategischen Konzept und umfasst auf Basis ausbildungsrelevanter Ableitungen begründete Überlegungen zum Ausbildungssystem des Bundesheeres und gibt Leitlinien für die Ausbildung und die Ausbildungsunterstützung vor.

Die Ausbildungsphilosophie wird durch einen Motivenbericht (liegt im Führungsgrundgebiet 7 auf) ergänzt. Während die Ausbildungsphilosophie dem Kriterium der raschen Erfassbarkeit folgt, also kurz gefasst ist, bietet der Motivenbericht eine umfassende Darstellung. Dort werden Vorgaben und Einflussfaktoren für die Ausbildung erfasst und Ableitungen getroffen und schließlich Leitlinien für die Ausbildung und Ausbildungsunterstützung herausgearbeitet. Die Leitlinien für die Ausbildung und Ausbildungsunterstützung der Ausbildungsphilosophie sind als Soll-Vorgaben definiert, um Handlungsfreiheit hinsichtlich der Realisierung zu ermöglichen. Sie bilden die Grundlage für die Konzepte im Ausbildungsbereich (d. s. Ausbildungs- bzw. Ausbildungsunterstützungskonzepte).

Die Ausbildungsphilosophie versteht sich als lebende Materie. Das drückt sich in den Überarbeitungen aus, die entweder anlassbezogen erfolgen oder in periodischen Abständen durchgeführt werden. Damit wird sichergestellt, dass die Ausbildung und Ausbildungsunterstützung stets auf aktuellen Ausbildungsgrundlagen basieren. Periodische Überprüfungen der Ausbildungsphilosophie bezwecken vor allem eine Prüfung der Validität (Gültigkeit/Übereinstimmung) der Inhalte, auch im Konnex (Zusammenhang) mit der Ausbildungsvision, und bewirken im Bedarfsfall entsprechende Anpassungen, deren Auswirkungen auf die Konzepte im Ausbildungsbereich zu prüfen und einzuarbeiten sind.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Oberstleutnant Franz Groß. Jahrgang 1957; Absolvent der Theresianischen Militärakademie Jahrgang Pasubio, 1979 bis 1988 Verwendungen als Zugs- und Kompaniekommandant im LWSR 53; 1988 bis 1994 Referent für Milizausbildung im Arbeitsstab Miliz bzw. in der Abteilung Ausbildung 2/Sektion III/Armeekommando; 1994 bis 1995 Referent im Referat Miliz der Abteilung Ausbildung A/Sektion III; 1995 bis 2002 Referatsleiter für Ausbildungsgrundlagen im Referat a der Abteilung Ausbildung A/Sektion III; seit 2002 Fachoffizier Ausbildungsgrundlagen der Abteilung Ausbildung A/Führungsgrundgebiet 7/Führungsstab jetzt im Planungsstab.

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