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Der Schutz von Transporten

Durchführung und rechtliche Aspekte

Das Militärkommando Steiermark führte im Rahmen der Übung "SCHUTZ 2004" als taktisch führendes Kommando u. a. auch den Schutz der so genannten Multinational Force-(MFOR-)Transporte durch. Da diese MFOR-Transporte eine Voraussetzung für das Gelingen von EU-Missionen darstellen, wurden dazu frei verfügbare bewegliche Kräfte eingesetzt.

Der Schutz von Transporten ist erforderlich, um Personen oder Güter sicher von einem Ort zum anderen zu bringen. Hiezu sind frei verfügbare Kräfte einzusetzen. Der Schutz gliedert sich in:

- Schutz der Marschstrecke; - Überwachung bzw. Aufklärung (entlang der Marschstrecke); - Bereithalten von Reserven; - Einsatz der Bedeckung.

Die Bedeckung ist eine bei Transporten (das ist das Verbringen von Truppen, Personen, Tieren und/oder Versorgungsgütern mit Transportmitteln aller Art) zur Bewachung und/oder Sicherung von Personen und/oder Sachen eingesetzte Truppe.

Vorbereitende Maßnahmen

Nach Bekanntwerden der Transportrouten wurde durch die Zelle Kampfunterstützung eine eingehende Pioniererkundung der Marschwege durchgeführt. Ziel dieser Erkundung war es, etwaige Beschränkungen bei Straßen und Brücken aufzunehmen sowie Ausweichrouten entlang des Marschweges festzulegen. Mögliche Übergabe- und Übernahmeplätze mussten ebenfalls erkundet werden.

Kriterien für diese Plätze sind:

- ein getrenntes Ein- und Abfließen; - genügend Platz zum Formieren einer Kolonne; - möglichst geringer Kräftebedarf für die Sicherung.

Im Rahmen des Führungsverfahrens wurden weiters mögliche Räume für die Reserve festgelegt bzw. neuralgische Punkte entlang des Marschweges erfasst. Ein wesentlicher Teil der Vorbereitung war die Absprache mit den zivilen Behörden bezüglich der Aufgabenverteilung in den verschiedenen Anlassfällen.

Vorstaffelung

24 Stunden vor dem tatsächlichen Transport erfolgte der Ansatz von Aufklärung entlang und beiderseits des Marschweges. Diese Aufklärung wurde sowohl verdeckt als auch demonstrativ durchgeführt, da von der Annahme ausgegangen werden musste, dass der MFOR-Transport durch Österreich bekannt war.

Sechs Stunden vor der Übernahme des Transportes wurden die neuralgischen Punkte entlang des Marschweges durch zumindest gruppenstarke Kräfte besetzt. Neuralgische Punkte waren jene Geländeteile, von denen aus entweder durch direkte Einflussnahme oder durch weitreichendes Feuer der Marschweg unterbrochen werden konnte. Ebenso bezogen zum gleichen Zeitpunkt die Reserven ihre vorgesehenen Räume. Bei einem Marschweg von rund 70 km sind zumindest fünf bis sechs örtliche Reserven mindestens in Zugsstärke gestaffelt bereitzuhalten. Eine andere Möglichkeit wäre eine lufttransportbewegliche Eingreifkraft in Kompaniestärke, die zentral bereitgehalten wird. Zwei Stunden vor der Übernahme des Transportes wurden der Übernahmeplatz durch eigene Kräfte gewonnen und die entsprechenden Sicherungsmaßnahmen eingeleitet.

Durchführung

Der Kommandant der Bedeckung war gleichzeitig der Kommandant des gesamten Transportes. Grundsätzlich sollte der Transport nur bei Tag durchgeführt werden, um so den Gefährdungsgrad wesentlich herabzusetzen. Während des Marsches erfolgte die Überwachung der Marschstrecke durch eigene Patrouillen sowie durch Hubschrauber.

Den Reserven wurden Pionierkräfte sowie Kampfmittelbeseitiger zur raschen Räumung der Marschstrecke zugeteilt.

Die Gliederung der Bedeckung

- Halbzugsstarke Spitze; - Zugsstarke Sicherungskräfte vor, bei und nach den zu schützenden Fahrzeugen; - Halbzugsstarke Nachspitze.

Die Verkehrsleitung erfolgte durch Kräfte der Militärstreife.

Die Funkverbindung zwischen allen Fahrzeugen des Transportes war eine unabdingbare Notwendigkeit. Vor dem Antritt des Transportes wurden alle Kraftfahrer in einer geschlossenen Befehlsausgabe über das grundsätzliche Verhalten während des Marsches (z. B. Verhalten bei Kfz-Ausfall, Minen, Hinterhalt usw.) belehrt.

Kernpunkt der Befehlsausgabe war die Erläuterung der Befugnisse der eingesetzten Soldaten.

Rechtliche Grundlagen

Nach den Bestimmungen der Allgemeinen Dienstvorschrift (ADV) kann der Wachdienst als Dienst zum Schutz und zur Sicherung bestimmter Personen und/oder Sachen aufgrund eines Wachauftrages von Soldaten auch als Bedeckung versehen werden.

Dieser Wachauftrag nach der ADV ist als besonderer Auftrag nach dem Militärbefugnisgesetz (MBG) zu sehen. Allen zur Bewachung eingesetzten Soldaten stehen hiebei grundsätzlich die Befugnisse nach dem MBG zu.

Bei der Bedeckung sind die unterschiedlichen Anlassfälle bei den Transporten im Hinblick auf Begleitschutz (Schutz von Truppen, Personen und/oder Versorgungsgütern) und Streckenschutz (Schutz von Bewegungslinien) sowie die sich daraus jeweils ergebenden Befugnisse dieser Bedeckungen bzw. der fremden Truppen(angehörigen) aufgrund der verfassungsmäßigen Kompetenzen in und/oder durch Österreich zu unterscheiden:

- Der Schutz von österreichischen Soldaten; - Der Schutz von österreichischen Soldaten in einem Einsatz nach § 2 Abs. 1 lit. a Wehrgesetz 2001 (WG); - Der Schutz von fremden Truppen(angehörigen); - Der Schutz von fremden Truppen(angehörigen) in einem Einsatz nach § 2 Abs. 1 lit. a WG.

Der Schutz von österreichischen Soldaten

Begleitschutz von österreichischen Soldaten: Der Schutz österreichischer Soldaten bei Transporten ist ein Wachdienst und es finden die Bestimmungen des MBG (mit den jeweiligen Befugnissen) Anwendung.

Streckenschutz: Der Streckenschutz liegt primär in der Verantwortung der Sicherheitsbehörden. Diese können zu diesem Zweck Assistenz anfordern. Die Organe des Bundesheeres treten dann aber in jene Befugnisse nach dem Sicherheitspolizeigesetz (SPG) ein, die den Behörden zukommen. Den eingesetzten Soldaten kommen dabei grundsätzlich die gleichen Befugnisse wie den für die Erfüllung der jeweiligen Aufgabe primär zuständigen Sicherheitsorganen zu. Alle von den eingesetzten Soldaten wahrgenommenen Aufgaben sind der anfordernden Sicherheitsbehörde zuzurechnen. Die Befugnisse nach dem MBG sind dabei von den eingesetzten Soldaten zur Erfüllung des Assistenzzweckes nicht anzuwenden. Der in zeitlicher und örtlicher Hinsicht einem Transport (eines zu beschützenden militärischen Rechtsgutes) unmittelbar vorgestaffelte Streckenschutz obliegt auch dem Bundesheer nach den Bestimmungen des MBG. Dieser Umstand erfordert in der Praxis eine Absprache beider zuständigen Verantwortungsträger.

Der Schutz von österreichischen Soldaten in einem Einsatz nach § 2 Abs. 1 lit. a Wehrgesetz 2001 (WG)

Begleitschutz: Ein Einsatz des Österreichischen Bundesheeres nach § 2 Abs. 1 lit. a WG 2001 kann nicht zwingend nur dann erfolgen, wenn ein internationaler bewaffneter Konflikt vorliegt. Vielmehr kann das Bundesheer auch zu einem Einsatz im Rahmen der militärischen Landesverteidigung herangezogen werden, wenn noch kein internationaler bewaffneter Konflikt vorliegt, wie es z. B. 1991 bei der Jugoslawien-Krise der Fall war.

Streckenschutz: Der Streckenschutz liegt primär in der Verantwortung der Sicherheitsbehörden. Zusätzlich zum Transport des in zeitlicher und örtlicher Hinsicht unmittelbar vorgestaffelten Streckenschutzes obliegt dem Bundesheer nach den Bestimmungen des MBG auch jener Streckenschutz, welchem für die Erfüllung von Einsatzaufgaben wesentliche Bedeutung zukommt.

Der Schutz von fremden Truppen(angehörigen)

Begleitschutz: Die Aufgaben des Bundesheeres sind unmittelbar und abschließend auf der Ebene des Verfassungsrechts normiert. Der Schutz (die Unterstützung) fremder Truppen(angehöriger) durch österreichische militärische Organe findet nur dort ihre verfassungsrechtliche Deckung, wo dies der Erfüllung einer Aufgabe des Bundesheeres dient. Das Truppenaufenthaltsgesetz (TrAufG) regelt im Wesentlichen die Erlaubnis des Aufenthaltes ausländischer Truppen in Österreich sowie deren rechtliche Stellung. Fremde Truppen(angehörige) sind Vertreter ausländischer Staaten. Ob deren Schutz als Unterstützungsleistung im Rahmen der militärischen Landesverteidigung gewährleistet werden kann, hängt davon ab, ob zwischen ihrem Aufenthalt in Österreich und einer Aufgabe des Bundesheeres ein ursächlicher Zusammenhang besteht. Nur bei Bestehen eines solchen ist ein Host Nation Support gerechtfertigt. Die Bewachung ist dann ein Teil des Host Nation Support. Somit werden die fremden Truppen(angehörigen) militärisches Rechtsgut und können von militärischen Organen im Wachdienst begleitet und gemäß den Bestimmungen des MBG vor drohenden und gegenwärtigen Angriffen geschützt werden. Sowohl für OPCON-(Operational Control-)Kräfte als auch für den Transport der TACON-(Tactical Control-)Kräfte bei der "SCHUTZ 2004" bestand die Zuständigkeit des Bundesheeres im Rahmen des Host Nation Support, weil es sich dabei um die Unterstützung von Truppen handelte, welche gemeinsam mit österreichischen Truppen (in Österreich und im Rahmen von MFOR) wirksam wurden. Sollte aber kein Host Nation Support gewährt werden, ist der Schutz durch die Sicherheitsbehörden sicherzustellen.

Befugnisse und Waffengebrauch fremder Truppen(angehöriger) - (OPCON/TACON-Kräfte): Das Militärbefugnisgesetz zielt inhaltlich ausschließlich auf die militärische Landesverteidigung ab. Die einzelnen Befugnisse sind von (österreichischen) militärischen Organen auszuüben. Ausländische militärische Organe, die sich allenfalls in Österreich aufhalten, sind in diesem Fall nicht berechtigt, Befugnisse nach diesem Bundesgesetz auszuüben. Die Anwendung von Gewalt im Rahmen der Notwehr, Nothilfe und des allgemeinen Anhalterechts ist grundsätzlich auch Angehörigen fremder Streitkräfte erlaubt, solange dadurch nicht die Erfüllung von Einsatzaufgaben behindert oder einem Befehl widersprochen wird, der die Ausübung von Notwehr, Nothilfe oder des allgemeinen Anhalterechts ausdrücklich ausschließt.

Streckenschutz: Der Streckenschutz liegt primär in der Verantwortung der Sicherheitsbehörden. Der in zeitlicher und örtlicher Hinsicht unmittelbar vorgestaffelte Streckenschutz eines im Zuge eines Host Nation Support durchgeführten Transportes obliegt auch dem Bundesheer nach den Bestimmungen des MBG.

Der Schutz von fremden Truppen(angehörigen) in einem Einsatz nach § 2 Abs. 1 lit. a WG

Begleitschutz: Hier kommen die Richtlinien für den Begleitschutz von fremden Truppen(angehörigen) zur Anwendung.

Befugnisse und Waffengebrauch fremder Truppen(angehöriger) in einem Einsatz nach § 2 Abs. 1 lit. a WG (OPCON/TACON-Kräfte): Neben der Anwendung von Gewalt im Rahmen der Notwehr, Nothilfe und des allgemeinen Anhalterechts ist in einem internationalen bewaffneten Konflikt von fremden Truppen(angehörigen) nach dem Völkerrecht gegenüber feindlichen Kombattanten vorzugehen.

Streckenschutz: Streckenschutz liegt primär in der Verantwortung der Sicherheitsbehörden. Neben dem unmittelbar vorgestaffelten Streckenschutz, eines zeitlich und örtlich im Rahmen eines Host Nation Support durchgeführten Transportes, obliegt dem Bundesheer nach den Bestimmungen des MBG auch jener Streckenschutz, welchem für die Erfüllung von Einsatzaufgaben wesentliche Bedeutung zukommt.

Beste Zusammenarbeit mit der Exekutive

Der Schutz von MFOR-Transporten war eine der Kernaufgaben des Militärkommandos Steiermark während der Verbandsübung "SCHUTZ 2004". Der Vorbereitung bzw. den Absprachen mit den zivilen Behörden kam eine zentrale Bedeutung zu. Dabei erwies es sich als enormer Vorteil, dass üblicherweise bereits in der allgemeinen Einsatzvorbereitung eine entsprechende Zusammenarbeit zwischen dem Bundesheer und den zivilen Behörden stattfindet.

___________________________________ ___________________________________ Autoren: Hofrat Oberst des Intendanzdienstes Dr. Günter Sauer, Jahrgang 1956. Einjährig-Freiwilligen-Ausbildung, Studium der Rechtswissenschaften, anschließend Absolvierung des Gerichtsjahres. 1983 als Rechtskundiger Offizier im Militärkommando Niederösterreich eingeteilt; derzeit Rechtsberater im Militärkommando Steiermark.

Major Manfred Hofer, Jahrgang 1962. Ausmusterungsjahrgang 1985 als Infanterieoffizier, Verwendung als Kompaniekommandant. 1997 bis 2001 Jahrgangskommandant an der Theresianischen Militärakademie, anschließend Hauptlehroffizier für Infanterie bis 2003. Derzeit S3 des Militärkommandos Steiermark und Kommandant des Jägerbataillons 37.

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