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NATO-PfP-Übung "COOPERATIVE BEST EFFORT 2004"

Ein österreichischer Übungserfolg trotz Absage

Cooperative Best Effort heißt soviel wie "Zusammenarbeit des besten Bemühens". NATO-PfP-Staaten treffen sich jedes Jahr in einem anderen Land, um gemeinsame Standards zu üben. 2002 Georgien, 2003 Armenien und 2004 Aserbaidschan - das war der Marschplan der NATO - doch sie rechnete nicht mit dem Problem um die Enklave Berg Karabach.

7. September 2004. Ein österreichisches Kontingent trifft in der Kaserne Linz-Hörsching zusammen, um sich für den Lufttransport mit einer österreichischen C-130 "Hercules" nach Aserbaidschan vorzubereiten. Mit dabei eine Jägergruppe, ein Kompaniekommandant, ein Dienstführender, Instruktoren, Evaluators, ein Incident Tracker (Koordinator von Übungseinlagen), Analyser, ein Kontingentsarzt, ein Sanitätsunteroffizier, ein Chief Production and Internal Information Officer sowie der Kontingentskommandant - jene Funktionen, welche Österreich für die Übung Cooperative Best Effort 2004 (CBE 04) eingemeldet hatte.

8. September 2004. Der Flug steht auf des Messers Schneide. Hilfslieferungen nach dem Terroranschlag in Beslan sollten Vorrang haben, eine politische Entscheidung steht an - wären da nicht privatrechtliche Verträge mit Kroatien und völkerrechtliche Vereinbarungen mit der Schweiz hinsichtlich des Mitflugs. Drei Schweizer Offiziere befinden sich bereits beim Kontingent in Hörsching, 13 Kroaten sind am Militärflughafen in Pleso/Zagreb abzuholen. 1000 Uhr - die Entscheidung ist gefallen: Während die Militärmusik Tirol für ein Militärtattoo in Schweden auf Busse ausweichen muss, steht fest, dass das Kontingent wie geplant über Zagreb nach Aserbaidschan geflogen wird.

9. September 2004. 0330 Uhr Tagwache, anschließend wird das Gepäck von einem Suchtmittelhund auf Drogen untersucht. Negativ - alles "clean". 0430 Uhr Abholung durch einen Shuttlebus vom Fliegerregiment 3 - Fahrt zum zivilen Teil des Flughafens. Ein bürokratisches Problem, denn auch Militärpersonal muss im zivilen Teil einchecken und durch den Zoll, so schreibt es das Gesetz vor. Zurück in den Bus und ab auf die Piste - die "Hercules" wartet bereits am militärischen Teil des Flughafens.

Nach einer Stunde Flugzeit landen wir in Pleso/Zagreb und werden dort im Standortkasino mit einem Frühstücksbuffet empfangen. Nach der Eingliederung des kroatischen Kontingentes und einer Zeitumrechnung von plus drei Stunden landen wir um 1715 Uhr am International Airport von Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans. Im Vergleich zur österreichischen Verwaltung muss man für eine bürokratische Abwicklung in einem einstigen Sowjetstaat noch eine Stunde dazurechnen - schließlich erreichte das Kontingent nach der Zollabfertigung und einer eineinhalbstündigen Busfahrt den ca. 30 km von der Hauptstadt entfernten Übungsplatz Garabeiat.

Unglaublich aber wahr - innerhalb von nur wenigen Monaten wurden mit Geldern aus amerikanischen Partnerverbänden frühere verfallene Baracken eines Truppenübungsplatzes in eine hochmoderne Kaserne verwandelt. Neue Unterkünfte - die Zimmer zu je sechs Soldaten - sicherten den Mannschaften unseres Kontingentes eine wohlverdiente erste Nachtruhe in der Ferne.

10. bis 13. September 2004. Da die Übungsleitung Component Command (CC) Land Madrid (Spanien) - Kommandant war ein türkischer Oberst im Generalstab - logistische Probleme mit ihrer Ausrüstung hatte, verzögerten sich schon die Vorbereitungen für die Übung. Außerdem wurde der Dienstplan gleich zwei Mal geändert: Vom 10. bis zum 13. September sollte bereits ein Workshop stattfinden, der vorerst auf den 11. verschoben wurde und letztlich erst am 12. September begann. Es wäre nicht die typisch österreichische Soldatenmentalität, würden unsere Soldaten ohne Auftrag nur "herumhängen", um auf den Übungsbeginn am 14. September zu warten: Englischunterrichte über das Übungsszenario und eine Ausbildungskooperation mit den Schweizer Instruktoren wurden kurzerhand geplant und umgesetzt.

Englischausbildung: Wie es der Zufall so will, studierte der eingeteilte österreichische Kompaniekommandant, der eine der Kompanien - nicht jedoch jene der Österreicher - führen sollte, einst das Lehramt Englisch. Was läge näher, als dass der gewiefte Hauptmann alsbald Englisch unterrichtete. In didaktischer 1A-Manier zauberte er eine leicht verständliche Präsentation über die Ausgangslage in Englisch, damit unsere Soldaten international antwortfähig waren. Aufbauend auf dieser Grundlage wurde das "Scenario" täglich wiederholt und danach im Gruppenrahmen ausgebildet.

Österreichisch-schweizerischeAusbildungskooperation: Ad hoc wurde mit den drei Offizieren des schweizerischen Infanterie-Ausbildungszentrums eine Schulung unserer Soldaten organisiert. Nach den Grundsätzen der Schweizer Infanterie wurde das richtige Verhalten einer Jägergruppe innerhalb der ersten 20 Sekunden nach einem Beschuss derselben geübt. Diese Art der Ausbildung vereint die Praxis des Infanteriekampfes mit den psychischen Anforderungen kämpfender Soldaten im Gefecht.

Die Philosophie, welche hinter dieser Art von Ausbildung steht, kann in wenigen Schlagworten zusammengefasst werden:

- Reduzierung der Befehlsgebung in Krisensituationen auf das absolute Minimum; - Anwendung von standardisierten Maßnahmen, welche bei überraschender Feindberührung vor allem das Überleben der Soldaten sicherstellen sollen; - möglichst rasche Wiedererlangung der Handlungsfreiheit zur Sicherstellung der Auftragserfüllung.

Sonstige Funktionen: Die sonstigen österreichischen Funktionsträger der Übung verteilten sich auf verschiedene Dienststellen, wie die Übungsleitung, die Zelle der Schiedsrichter, die Incident Tracker Cell, die Zelle der Evaluators der Übung oder aber auch auf jene der Analyser. Alle diese Funktionen waren am Truppenübungsplatz eingeteilt, lediglich der Chief Production and Internal Information Officer versah seinen Dienst im Press- and Information Center (PIC) in der Stadt Baku. Das Sanitätselement mit einem Notarzt und einem Sanitätsunteroffizier, der Dienstführende und der Kontingentskommandant leisteten Dienst für und an den Soldaten des Kontingentes im Camp.

13. September 2004. Ein Problem liegt in der Luft: Die Aseris wollen fünf in Georgien wartende Armenier nicht ins Land lassen. Aserbaidschan wie auch Armenien sind NATO-PfP-Länder, eigentlich hätten beide das Recht, im jeweils anderen Land an einer PfP-Übung teilzunehmen. 2003 war die Übung in Armenien, die Aseris nahmen aus Protest nicht teil. Nun titeln die Zeitungen: "Die aserische Bevölkerung ist gegen die Teilnahme von armenischen Soldaten an der NATO-PfP-Übung". Die "Azeri Times" wird bereits am 10. September mit weißem Cover gedruckt. Das Problem ist ein altes: der Konflikt um Berg Karabach.

Morgens im PIC ist die Stimmung am kochen - SHAPE (Supreme Headquarters Allied Powers Europe) will die Übung abbrechen. Die aserischen Offiziere sind verstimmt. So viel Geld wurde investiert, so viele Vorbereitungen getroffen. Der Übungsleiter geht bereits am Morgen mit den Presseoffizieren die "Master Messages" gegenüber den Medien durch.

Zu Mittag im Camp: Noch herrscht munteres Treiben am Übungsplatz. Der Hauptanreisetag fordert den Organisatoren einiges ab. Die Masse der Truppen ist heute früh gelandet und will einchecken, die NATO nennt das "Incoming". Während also bereits 19 Staaten im Übungsraum versammelt sind, warten die fünf Armenier noch immer in Georgien auf die Einreisegenehmigung. Einander widersprüchliche Gerüchte verbreiten sich im Minutentakt. Ich selbst erfahre es von einem Dolmetsch, danach bestätigt der kanadische Fotograf nach Rücksprache mit seinem Kontingent und kurz vor 1500 Uhr wird offiziell verkündet: SHAPE hat die Übung abgesagt. Alle Kontingente mögen die Rückverlegungen einleiten.

Abends im PIC: Die einst gemeinsame Medienfront ist nun geteilt. In einem Office sind alle aserischen Presseoffiziere, im anderen Kanadier und Europäer. Lediglich der türkische Media Operations Officer leistet den Aseris Gesellschaft. Was war passiert?

Ein noch nicht autorisiertes Papierin falschen Händen: Der spanische Chief PIC bereitete schon mittags eine Presseaussendung auf Befehl der NATO vor, um für die bevorstehende Absage im Übungsland gewappnet zu sein. Mit dem Hinweis damit noch nicht vor die Öffentlichkeit zu treten, übergab er das Papier dem aserischen Stellvertreter der PIC zur Übersetzung. Die Übersetzerzelle arbeitete rasch, das Papier wurde wenige Augenblicke danach dem aserischen Fernsehen übergeben. Somit passierte, was nicht passieren durfte: Während die Übungsabsage von SHAPE noch gar nicht offiziell verlautbart wurde, war das Papier im Fernsehen bereits abgelichtet und ausgestrahlt worden. Die aserische Medienfront gegen die Teilnahme der fünf Armenier gewann: Die Printmedien bereiteten den Skandal vor, das Fernsehen gab der Übung den Rest.

14. September 2004. Das Außenministerium Aserbaidschans schreibt ein offizielles Statement zum Übungsabsage - die NATO antwortet mit einem Mail (beide Originale siehe auf dieser Seite). Die Gespräche zwischen Aseris und anderen Übungsteilnehmern werden wieder aufgenommen - keiner der beteiligten Soldaten kann etwas dafür, so der Tenor. Die politische Lage ist wohl zu prekär, als dass sich die NATO auf die eine oder andere Seite der Streitparteien stellen würde. Und als Druckmittel gegen die Armenier will man die im Land befindlichen NATO-PfP-Kontingente mit Waffen und scharfer Munition auch nicht wissen. Während andere Staaten, wie Kanada, versuchen, so rasch als möglich auszuchecken, machen die Österreicher gesellschaftspolitisch das einzig Richtige: Stadtführung und Kameradschaftsflege im Gastgeberland (Host Nation), ohne etwas zu überstürzen - die Lage ist unangenehm genug, um noch weiteren Hass zu schüren. Außerdem: Wann kommt man wieder nach Baku?

Der Abzug: Das österreichische Kontingent bereitete mit den eigenen Luftstreitkräften die Rückverlegung aus Aserbaidschan vor. Das Prozedere ist kaum anders als bei einer Evakuierung im Ernstfall: Geplante Flüge müssen storniert werden, die administrativen Tätigkeiten in der Host Nation (Flugplatzbenützung, Zoll etc.) müssen ad hoc abgesprochen werden, und die Truppe muss sich für alle Eventualitäten bereithalten. Diese Notwendigkeiten würden in einem Evakuierungsfall im Einsatz auch nicht schneller gehen. Am 16. September landete eine "Hercules" in Baku und am 17. September verlegte das Kontingent wieder über Zagreb in die Heimat - das Krisenmanagement des Österreichischen Bundesheeres funktionierte. Innerhalb weniger Stunden war der Lufttransport geplant und in Maßnahmen umgesetzt. Zu diesem Zeitpunkt wussten die Kanadier noch nicht einmal, ob sie überhaupt vor dem 30. September heimkommen würden.

Erfahrungen: Obwohl die Übung "COOPERATIVE BEST EFFORT 2004" abgesagt wurde, nahm das österreichische Kontingent eine Vielzahl an Erfahrungen und Wissen mit zurück nach Hause. Schon die Planung solch einer internationalen Übung erfordert von allen Beteiligten viel Know-how.

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Die Übungsserie CBE

Das Österreichische Bundesheer nimmt seit 1996 jährlich an etwa acht bis zwölf NATO-PfP-Übungen teil. An der Übungsserie "COOPERATIVE BEST EFFORT", einer Ausbildungsveranstaltung auf Ebene Gruppe/Zug, die von der NATO jährlich ausgerichtet wird, beteiligt sich Österreich seit 1999. Die teilnehmenden Nationen bereiten jeweils eine Ausbildungsstation im Bereich Peace Support Operations vor und betreiben diese. Als Höhepunkt dieser Übung ist das multinationale Scharfschießen anzusehen, bei dem alle Übungsteilnehmer die Gelegenheit haben, die Infanteriewaffen der anderen teilnehmenden Nationen kennen zu lernen.

Diese Ausbildung an sich ist als sehr hochwertig zu beurteilen, da sich jede Nation bestmöglich präsentiert wissen möchte und hiezu zumeist hochqualifizierte Berufssoldaten entsendet. Die Teilnahme ist für jedes Land mit ca. 25 Soldaten limitiert, sodass sich eine Gesamtteilnehmerzahl von etwa 500 Soldaten aus 15 bis 20 Nationen ergibt.

Höhepunkt aus österreichischer Sicht war die Übung "COOPERATIVE BEST EFFORT 2001", die von Österreich als Host Nation zusammen mit dem damaligen Joint Command South Centre (JCSC) mit Sitz in Larissa/Griechenland am Truppenübungsplatz Seetaler Alpe veranstaltet wurde.

Das Unternehmen CBE 04

Die ersten Gespräche - die Pre-Initial Planning Conference (PreIPC) - zur Ausrichtung der CBE 04 zwischen dem verantwortlichen NATO-Kommando, Component Command Land Madrid und dem Gastgeberland, der Republik Aserbaidschan, fanden im Oktober 2003 statt. Dort wurden die Rahmenbedingungen und auch das Übungsgelände festgelegt. Danach erfolgte die Einladung zur "Initial Planning Conference (IPC)" über die Partnership Coordination Cell (PCC) in Mons/Belgien im November 2003 an alle NATO- und PfP-Staaten. Zu dieser Veranstaltung, die vom 13. bis 15. Jänner 2004 in Baku, der Hauptstadt Aserbaidschans stattfand, trafen sich Übungsplaner aus 22 NATO- und PfP-Staaten und zwei NATO-Hauptquartieren. Österreich war mit zwei Offizieren des Führungsstabes vertreten.

Während dieser Konferenz wurden durch CC Land Madrid das Ergebnis der PreIPC präsentiert und danach in multinationalen Arbeitsgruppen die Planungen bezüglich Crisis-Establishment - die personelle Struktur - sowie Übungsinhalten und Übungsablauf, Szenario und nicht zuletzt die logistischen Anforderungen an die Republik Aserbaidschan als Host Nation aufgenommen. Die beiden österreichischen Offiziere arbeiteten an der Entwicklung des Szenarios mit und vertraten bei der Erstellung der battalion task organisation sowie der directing staff structure die Interessen des Bundesheeres. Zusätzlich wurden Grundlagen über Art und Umfang der Versorgungseinrichtungen des Gastgeberlandes sowie über Kosten der Inanspruchnahme eingeholt, sodass die durch die Übungsteilnahme entstehenden Kosten kalkulierbar waren. Am zweiten Tag der Konferenz konnten das Übungsgelände mit den Unterkünften sowie der Schießplatz besichtigt werden.

Mit diesen ersten Erkenntnissen ausgestattet wurde durch die Einsatzvorbereitung im Führungsstab über das Kommando Landstreitkräfte die 6. Jägerbrigade als übungsverantwortlicher Verband festgelegt. Die gesetzliche Grundlage zur Teilnahme wurde bereits mit dem Übungs- und Ausbildungsplan 2003 geschaffen.

Die Main Planning Conference (MPC) fand im April 2004 in Kiew/Usbekistan statt. Die österreichischen Teilnehmer wirkten an der Endfertigung der personellen Übungsleitungsstruktur sowie an der Festlegung der benötigten Führungs- und Kommunikationsmittel mit, stellten die endgültige personelle Beteiligung des Bundesheeres dem Veranstalter dar, holten den Entwurf des Memorandum of Understanding (MOU) - der Vertrag zwischen CC Land Madrid und der Republik Aserbaidschan - und die Grundlagen des Technical Agreement (TA) ein.

Nach der Rückkehr wurde das Schlüsselpersonal für die CBE 04 vom Referat Einsatzvorbereitung im Führungsstab eingewiesen. Die Vorbereitungen für die Verlegung in den Übungsraum mit der C-130 konnte beginnen und die für den Mitflug des kroatischen und schweizerischen Kontingentes notwendigen Absprachen und Verträge konnten abgeschlossen werden.

Der nächste Schritt war der Besuch des MEL/MIL Workshop - ein Workshop zur Erarbeitung der einzelnen Übungseinlagen - sowie ein Workshop mit allen Instruktoren zur Vorbereitung der einzelnen Ausbildungsstationen. Beide Workshops fanden zeitgleich im Mai 2004 an der aserischen Militärakademie in Baku statt.

Als Abschluss der internationalen Vorbereitung wurde die Final Planning Conference (FPC) im Juni 2004 wieder in Baku durchgeführt, um sämtliche die Übung betreffenden Dokumente überarbeiten und fertig stellen zu können.

Nach der Rückkehr wurden im Juli alle Übungsteilnehmer zu einer Befehlsausgabe einberufen und vom Kontingentskommandanten in die Übung eingewiesen.

Während der Sommermonate wurden alle notwendigen Vorbereitungsmaßnahmen durchgeführt:

- Tauglichkeitsuntersuchung der Teilnehmer; - notwendige Impfungen; - Abschluss eines Vertrages mit der International Flight Rescue Association (IFRA) zur Sicherstellung von MEDEVAC; - Bereitstellung, Vorbereitung und Verpackung der benötigten Waffen sowie von Munition und Ausrüstung; - Durchführung aller zolltechnischen Maßnahmen, Detailplanung und Vorbereitung des Lufttransportes durch Kommando Luftstreitkräfte; - Bestellung des Kontingentskommandanten durch den Bundesminister für Landesverteidigung; - Verfügen der Entsendeweisung durch das Ministerium.

So konnte mit 7. September das Kontingent in Linz-Hörsching formiert werden.

Lessons Learned

Nachstehende Erfahrungen können für die Teilnahme von österreichischen Soldaten an der CBE 05 abgeleitet werden:

- Die Beteiligung des Österreichischen Bundesheeres sollte darauf abzielen, in jenen Elementen der Übungsstruktur vertreten zu sein, in welchen ein hoher Output sichergestellt ist. Das Schwergewicht sollte daher auf die Gestellung von ein bis zwei Jägergruppen, einem Offizier als Zugskommandant, zwei bis drei Offizieren/Unteroffizieren als Instruktoren und einem Offizier im Rahmen der Evaluierung gelegt werden.

- Die Teilnehmer - insbesondere zur Abdeckung der taktischen Funktionen - sollten, soweit möglich aus den Kaderpräsenzeinheiten rekrutiert werden, weil dadurch sichergestellt ist, dass die im Rahmen der Übung gemachten Erfahrungen direkt in jene Einheiten rückfließen, welche für Auslandseinsätze vorgesehen sind.

- Die Kooperation mit den Soldaten der schweizer Armee sollte intensiviert werden, weil damit ein zusätzlicher Erfahrungsgewinn verbunden wäre. Es wäre anzustreben, Instruktorenteams mit je einem schweizerischen und einem österreichischen Instruktor zu bilden.

Alles in allem konnte einerseits für jeden einzelnen österreichischen Teilnehmer ein individueller Übungserfolg verzeichnet werden. Andererseits wurden kollektiv Erfahrungen gemacht, seien es der Militärtransport im Kontingentsrahmen, die Reaktionen auf politische Spannungen in einem fremden Land und die daraus resultierenden militärischen Konsequenzen, oder die Kameradschaftspflege zu Soldaten anderer Armeen aus anderen Kulturkreisen. Das alles gehört zur Vorbereitung auf einen Auslandseinsatz - und eines ist sicher: Der österreichische Soldat hat sich stets bewährt, flexibel zu sein und zu improvisieren - das hilft in ungewissen Situationen ungemein.

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Nagorny Karabach - eine eingefrorene Krise

Das 4 400 Quadratkilometer große Gebiet (etwas größer als das Burgenland) war mehrheitlich von Armeniern bewohnt und unter der sowjetischen Herrschaft der Unionsrepublik Aserbaidschan zugeordnet. Nicht erst mit dem Zusammenbruch der UdSSR besann sich die Führung in Stepanakert, der Hauptstadt Nagorny Karabachs, der 1920 unter Stalin zugestandenen Autonomie für Nagorny Karabach ( auch Berg Karabach genannt).

Bereits 1988, also noch zu Zeiten der UdSSR, war es zu einer gewaltsamen Eskalation mit schätzungsweise 40 000 Todesopfern gekommen. Der Krieg um die Enklave hatte als erster großer Nationalitätenkonflikt den Zerfall der Sowjetunion eingeleitet. Nach dem Scheitern des Moskauer Putsches im August 1991 erklärte sich Nagorny Karabach von Aserbaidschan unabhängig. Armenien war 1992 der KSZE (heute OSZE) beigetreten und hatte damit völkerrechtlich die territoriale Integrität Aserbaidschans anzuerkennen. Um nicht als Aggressor zu gelten, besteht seine Regierung seitdem auf der Fiktion eines Krieges zwischen Nagorny Karabach und Aserbaidschan, an dem es aber selbst nicht beteiligt ist.

Im Vermittlungsprozess setzte die KSZE 1992 einen Ausschuss aus elf Mitgliedstaaten, darunter Russland, die USA und Frankreich, zur Durchführung einer Friedenskonferenz in Minsk ein. Kurz darauf eskalierte Kampfhandlungen ließen die Konferenz in Minsk nie zustande kommen.

Mit der Eroberung der Städte Latschin und Kelbadschar 1993 öffneten die Armenier zunächst zwei Zugänge zu ihrer Republik und besetzten in weiterer Folge auch die Bezirke im Süden und Osten Nagorny Karabachs. Somit besetzen bzw. kontrollieren sie heute etwa ein Fünftel Aserbaidschans. Die militärische Niederlage Aserbaidschans führte im Mai 1994 zur Unterzeichnung eines Waffenstillstandsabkommens in Moskau.

Abgesehen von gelegentlichen Schusswechseln ist der Waffenstillstand bis heute in Kraft. Durch den Krieg wurden etwa eine Million Aseris bzw. 380 000 Armenier zu Flüchtlingen (Vertriebenen).

Während Nagorny Karabach die absolute Unabhängigkeit anstrebt, was auch nicht im Sinne der internationalen Gemeinschaft ist, und vor allem Sicherheitsgarantien für den Latschin-Korridor verlangt, ist Aserbaidschan lediglich bereit, ein höchstmögliches Maß an Autonomie zuzugestehen. Die Klärung der politischen Statusfrage Nagorny Karabachs ist somit das vordringlichste Problem. Verschiedene Lösungsvorschläge während der letzten zehn Jahre, vor allem im Rahmen der OSZE, wurden entweder von der einen oder von der anderen Seite kategorisch abgelehnt.

Der ehemalige Kommandant der Selbstverteidigungskräfte Nagorny Karabachs wurde inzwischen Präsident Armeniens; er gilt als Hardliner mit Naheverhältnis zu Russland. Wegen einer Blockade seitens der Türkei ist Armenien vor allem vom Warenaustausch mit Russland abhängig. Das jüngste Beslan-Massaker ließ Moskau die Grenze nach Süden schließen, traf damit aber am ehesten Armenien. Außerdem hat Russland auch wieder Truppen auf armenischem Staatsgebiet stationiert.

Die Versorgung Nagorny Karabachs mit Gütern aller Art erfolgt hingegen überwiegend aus dem Iran über das zur Zeit kontrollierte Gebiet im Südwesten der Enklave. Aserbaidschans Präsident wiederum strebt mit dem künftigen Ölexport (die Pipeline Baku-Georgien-Ceyan) die wirtschaftsstrategische Unabhängigkeit von Russland an.

Ohne die Schlüsselfigur Russland im Transkaukasus lässt sich eine Einigung im Konflikt um Nagorny Karabach aber nicht erzielen. Russland ist nach wie vor bemüht, die Konflikte in der Region aus politischen und wirtschaftlichen Gründen (Öl) am "Köcheln" zu halten. Ferner soll auch die in Moskau auf die Instabilität des Krisenraums hinweisende EU aus dem GUS-Bereich herausgehalten werden.

Auch allerjüngste Gespräche der Außenminister aus Aserbaidschan und Armenien brachten grundsätzlich keine Fortschritte. Sie ließen lediglich die Möglichkeit offen, dass die Präsidenten einander wieder treffen würden. Auch wurden Gerüchte dementiert, dass die Truppen Nagorny Karabachs von einigen Bezirken abziehen könnten. Für Armenien sind die Klärung der Statusfrage von Nagorny Karabach und die Sicherheitsgarantien (vor einem möglichen Abzug vom besetzten aserischen Territorium) nach wie vor unverzichtbar. Damit ist aber eine politische Lösung des Konfliktes um Nagorny Karabach in naher Zukunft nicht zu erwarten.

-NB- ___________________________________ ___________________________________ Autor: Hauptmann Michael Mayerböck, Redakteur der Zeitschrift TRUPPENDIENST, war als Chief Production and Internal Information Officer im Press- and Information Center der CBE 04 in Baku eingeteilt.

Co-Autoren: Oberstleutnant Martin Lamprecht, S3 des Jägerbataillons 24, war österreichischer Kontingentskommandant und Projektoffizier der CBE 04. Amtsdirektor Franz Goger, als Referent der Einsatzvorbereitung im BMLV tätig, plante die CBE 04 und nahm als Incident Tracker teil. Oberst i. R. Norbert Baldia war OSZE-Beobachter in Aserbaidschan, Armenien und Nagorny Karabach.

Schweizerische Mitarbeiter: Oberstleutnant i. G. Raymond Bänzinger, Oberstleutnant Jürg Schöttli und Major Dominique Crittin (alle Infanterie-Ausbildungszentrum Walenstadt) waren als Beobachter und Evaluators der CBE 04 tätig.

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