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An fernen Grenzen - Spittaler Gebirgsjäger in Kosovos Bergen

Das Jägerbataillon 26 stellte von April bis Oktober 2002 als erster Verband bei AUCON 6/KFOR eine komplette Jägerkompanie für den Auslandseinsatz. Über ein Monat lang überwachte die 2. gepanzerte Jägerkompanie den Grenzraum in den kosovarischen Bergen.

Die Hauptaufgabe der Task Force "Dulje"/AUCON 6 und ihrer gepanzerten Jägerkompanien war die Überwachung der Verantwortungsbereiche (Areas of Responsibility - AOR) Suva Reka und Malishevo. Mittels motorisierter Patrouillen und Fußpatrouillen, Gesprächsaufklärung, Checkpoints, Hausdurchsuchungen etc. galt es, Sicherheit, Ruhe und Ordnung aufrechtzuerhalten und so das Sicherheitsgefühl für die ansässige Bevölkerung zu heben. Bereits während der Einsatzvorbereitung in Strass wurden die Soldaten informiert, dass die seit April 2001 laufenden Hochgebirgseinsätze zur Grenzraumüberwachung im so genannten "Bootleg" für österreichische Kompanien auch im Verlauf des Einsatzes von AUCON 6 weiter fortgesetzt würden.

Der "Bootleg" ist eine Gebirgslandschaft im Dreiländereck Albanien, Kosovo und Mazedonien, dessen höchste Erhebungen über 2 600 Meter reichen. Für Soldaten eines Hochgebirgsbataillons ist dies geradezu ein maßgeschneiderter Einsatzraum, um die bisher bei Übungen im Hochgebirge gemachten Erfahrungen auch im Einsatz anwenden zu können.

Die Lage

Mit Beginn der Auseinandersetzungen zwischen mazedonischen Armee- bzw. Sicherheitskräften und albanischen Rebellen (M-UCK - mazedonischer Arm der Kosovo-Befreiungsarmee Ushtria Clirimtare e Kosoves) im Jahr 2001 musste die Überwachung der südlichen Staatsgrenze des Kosovo verstärkt werden. Die grenzüberschreitenden Aktivitäten der Rebellen sowie der Waffenschmuggel entlang der Hochgebirgspfade konnten nur durch massive Überwachung hintangehalten werden.

So erhielt das österreichische Bataillon AUCON 4 den Auftrag zur Grenzüberwachung im Hochgebirge des Kosovo. Mit zwei Großaufgriffen sorgten die beiden österreichischen Kompanien im Juli 2001 für Schlagzeilen. Im KFOR-Chronicle schrieb man damals mit großer Hochachtung von den Erfolgen der Österreicher, die man seither die "Kings of the Mountains" nennt.

Die Soldaten des AUCON 5 führten diesen Einsatz im Wechsel mit deutschen Kameraden auch im Winter weiter durch. Die Überwachung der Grenze erfolgte zu dieser Jahreszeit - oft unter schwierigsten Witterungsbedingungen - durch Schipatrouillen.

Der Auftrag an die 2. gepanzerte Jägerkompanie Die 2. gepanzerte Jägerkompanie hatte vom 2. bis zum 30. Mai sowie vom 11. bis zum 20. September 2002 das Grenzgebiet im Dreiländereck Albanien, Kosovo und Mazedonien zu überwachen. Damit sollten illegale Grenzgänger aufgegriffen und Schmuggel verhindert werden, um so Sicherheit, Ruhe und Ordnung im "Bootleg" aufrechtzuerhalten.

Die Einsatzkräfte

Die 2. gepanzerte Jägerkompanie aus Spittal an der Drau ging im Mai 2002 vorerst mit - einer Kommandogruppe, - einer Versorgungsgruppe und - zwei gepanzerten Jägerzügen in den Einsatz. Die Kommando- und Versorgungsgruppen sowie die beiden Jägerzüge waren personell und materiell voll aufgefüllt. Im September verlegte die Kompanie mit allen drei Jägerzügen (Gesamtstärke: 112 Mann) in den Einsatzraum. Eine Besonderheit der 2. gepanzerten Jägerkompanie ist der außergewöhnlich hohe Anteil an alpinqualifiziertem Personal: Die Kompanie verfügt über 25 Kadersoldaten mit alpiner Qualifikation, davon drei Heeresbergführer, sieben Heeresbergführergehilfen und 15 Heereshochalpinisten - ungewöhnlich viel für eine Auslandseinsatzkompanie. Die Masse der Soldaten war körperlich sehr leistungsfähig und verfügte über eine spezialisierte Truppenalpinausbildung. Alle Kommandanten brachten umfangreiche Einsatzerfahrung aus dem Assistenzeinsatz zur Grenzraumüberwachung an der österreichischen Ostgrenze mit. Verstärkt wurde diese österreichische Kompanie durch einen Notarzttrupp, bestehend aus einem Arzt, einem Sanitätsunteroffizier und einem Kraftfahrer. Für die sichere Entfernung von Minen, Blindgängern und Munitionsresten entlang der Patrouillenwege stand der Kompanie auch ein dreiköpfiges EOD-Team (Explosive Ordnance Disposal) zur Verfügung.

Das Gelände

Im hochalpinen Gelände musste ein Gebiet von rund 120 Quadratkilometern überwacht werden. Das Gelände, ein Almgebiet mit weitläufigen Gebirgsrücken - ähnlich den Kärntner Nockbergen -, sanften Hügeln und einigen tiefen Geländeeinschnitten, erstreckt sich etwa zwölf Kilometer in Nord-Süd-Richtung und rund zehn Kilometer in West-Ost-Richtung. Eine Gebirgskette direkt an der Grenze im Osten und Südosten ist felsdurchsetzt, schroff und bietet mit den markanten Pässen ideale Übertrittsstellen für illegale Grenzgänger. Aufgrund der Größe des Einsatzgebietes und der vergleichsweise geringen personellen Ressourcen war der zugewiesene Verantwortungsbereich nicht lückenlos zu überwachen. Dies machte eine klare Schwergewichtsbildung sowie die Konzentration der Kräfte im Bereich möglicher Übertrittsstellen und entlang der Hauptbewegungslinie möglicher illegaler Grenzgänger notwendig.

Im Verantwortungsbereich der Kompanie liegt auf 1 650 Meter Seehöhe die Ortschaft Restelica mit rund 5 000 bis 6 000 Einwohnern, die eine Drehscheibe für alle Bewegungen darstellt. Die Ortschaft ist mit allen Arten von Kraftfahrzeugen zu erreichen. Durch sie hindurch führt eine Schotterstraße, die etwa zehn Kilometer weiter südlich an einer ehemaligen Grenzübertrittsstelle nach Mazedonien endet. Abseits dieser Straße sind Bewegungen mit geländegängigen Fahrzeugen nur bei trockener Witterung möglich. Bei Niederschlägen sind die Bewegungsmöglichkeiten in diesem Gelände sehr eingeschränkt. Eine Fortbewegung ist dann nur noch mit dem Hägglunds BV 206 All Terrain Vehicle der deutschen Bundeswehr (das auch im Österreichischen Bundesheer eingeführt ist) bzw. zu Fuß möglich.

Das Wetter

Beide Einsätze waren aufgrund der extremen Witterungsverhältnisse überaus schwierig. Während am ersten Einsatztag (2. Mai 2005) in 1 300 Meter Seehöhe eine Temperatur von 30° Celsius herrschte, folgte kurz darauf ein Wetterumschwung mit starkem Temperaturabfall, Regen und Schneefall. In Summe gab es während der 29 Einsatztage im Mai 19 Schlechtwettertage. Auch der September war mit fünf Niederschlagstagen von neun Einsatztagen sehr niederschlagsreich; dichter Nebel, Sturm und Frost erschwerten die Einsatzführung zusätzlich.

Auftragserfüllung

Nach den Grundsätzen des Gebirgskampfes und den Erfahrungen aus Gebirgskampfübungen des Heimatverbandes wurden den Zügen aufgrund des vorliegenden Geländes so genannte "isolierte Kampfräume" zugewiesen. Der Einsatz im September gestaltete sich wie folgt: Einsatz der Kräfte

Zwei Züge kamen in Grenznähe zum Einsatz, der 3. Zug bezog gemeinsam mit der Kommandogruppe und der Versorgungsgruppe in der Tiefe des Einsatzraumes in der Nähe der Ortschaft Globocica ein Zeltlager (Basislager). Eingesetzt wurde der 3. Zug zur Verstärkung der Züge vorne bzw. zur Überwachung der Ortschaft Restelica sowie der Straße "Jenny". Außerdem stellte der 3. Zug die Campwache.

Die grenznah eingesetzten Züge (Linienzüge) operierten aus zwei Zeltlagern, die in 1 700 Meter bzw. in 2 050 Meter Höhe errichtet worden waren. Sie hatten ständig zwei Gruppen im Einsatz; durch jede Gruppe wurden in der Regel zwei Beobachtungsposten (Stärke: drei bis vier Mann) besetzt. In der Kompanie waren daher bis zu zwölf Posten ständig besetzt. Bei jedem der Linienzüge standen auch rasch verfügbare, gruppenstarke Eingreifkräfte zur Verfügung.

Der Einsatz der einzelnen Posten erfolgte so, dass eine weit reichende Beobachtung sichergestellt werden konnte. Bei optimalen Sichtverhältnissen war daher ein gegenseitiges Beobachten und Einweisen der Posten möglich. Bei eingeschränkten Sichtverhältnissen bezogen die Posten die vorbereitete Schlechtwetteraufstellung und konzentrierten sich auf die Überwachung der Hauptbewegungslinie der illegalen Grenzgänger und der Gebirgspässe. Illegale Grenzübertritte konnten somit auch unter den widrigsten Bedingungen erkannt werden.

Die Ablösezeiten der Posten in den Linienzügen wurden unterschiedlich gestaltet; sie waren von der Witterung und von den taktischen Bedürfnissen abhängig. Grundsätzlich erfolgte eine Ablöse der Posten nach 48 Stunden, doch wenn es die Lage erforderte, waren Posten fallweise auch bis zu 96 Stunden an der Grenze eingesetzt, was besondere Maßnahmen zur Erhaltung der Kampfkraft erforderlich machte.

Die Aufgriffe von illegalen Grenzgängern im Gebirge sind nur durch richtiges taktisches Verhalten der eingesetzten Soldaten sowie durch eine bewegliche Einsatzführung der Posten und der Züge möglich. Hier kommt es besonders darauf an, dass die einzelnen Gruppenkommandanten, deren Stellvertreter und die Postenbesatzungen selbst ein hohes Maß an Eigeninitiative entwickeln. Der entsprechenden Koordinierung der Beobachtungskräfte und der Eingreifkräfte durch den Zugskommandanten kommt speziell bei größeren Aufgriffen mit Fluchtversuchen eine besondere Bedeutung zu.

Materielle Ausstattung

Für die Posten stand als Witterungsschutz ein Salewa-Kuppelzelt und ein beheizbares Gruppenzelt (für acht Mann) zur Verfügung. Um die Beweglichkeit der eingesetzten Kräfte zu erhöhen, verfügten einige der Posten - je nach Gelände - über einen Mannschaftstransportpanzer "Pandur" oder über ein Kleinkraftfahrzeug. Das sehr offene Gelände erschwerte die Tarnung und machte eine ständig wechselnde Aufstellung der Kräfte erforderlich.

Mit Ferngläsern, Nachtsichtferngläsern und den Wärmebildgeräten "Sofie" verfügten die Soldaten bei diesem Einsatz über sehr taugliche Beobachtungsmittel. Die vorhandenen Verbindungsmittel und Funkgeräte erwiesen sich als ausreichend leistungsfähig.

Versorgung

Die Versorgung der Linienzüge erfolgte aus dem Basislager und wurde durch zwei Versorgungsfahrten pro Tag sichergestellt. Für nicht vorhersehbare Ausfälle verfügten die einzelnen Beobachtungsposten außerdem noch über zwei Tagsätze Combat-Ration. Die Versorgungsgüter wurden am Versorgungsverteilungspunkt durch die Züge abgeholt und ausgeteilt. Hiezu stand pro Zug ein All Terrain Vehicle BV 206 der deutschen Bundeswehr mit eigenem Fahrer zur Verfügung. War aufgrund der Witterung oder wegen Ausfalls des All Terrain Vehicles die Versorgung auf diesem Weg nicht möglich, mussten lange Fußmärsche in Kauf genommen werden.

Nur ganz selten war eine Versorgung durch Hubschrauber möglich. Einerseits gab es zu wenige Piloten mit Gebirgslandeerlaubnis und andererseits verhinderte das schlechte Wetter oftmals den Flugbetrieb.

Die Aufgriffe

Die 2. gepanzerte Jägerkompanie/AUCON 6 erzielte bei den beiden Einsätzen eine außergewöhnlich hohe Erfolgsquote: 111 illegale Grenzgänger wurden von den österreichischen Soldaten während der beiden insgesamt 38 Tage dauernden Einsätze aufgegriffen. Keine andere Kompanie erzielte in vergleichbaren Zeiträumen ähnlich hohe Aufgriffszahlen. Im Vergleich dazu verzeichnete eine deutsche Kompanie nur vier bis acht Aufgriffe in einem Monat.

Während andere Nationen gegen die Unbilden von Wetter und Gelände ankämpfen, konnten sich die Jäger aus Spittal selbst unter diesen schwierigen Bedingungen auf den Auftrag konzentrieren. Im Entwurf der Gebirgskampfvorschrift ist folgender Satz nachzulesen, der genau auf diese Situation zutrifft: "Der Kampfwert einer Truppe liegt weniger in der personellen Stärke und waffenmäßigen Ausrüstung, als vielmehr in der seelischen und körperlichen Belastbarkeit sowie der Anpassungsfähigkeit an die Eigenheiten des Gebirgsgeländes. Persönlicher Mut, Härte gegen sich selbst und das Bewusstsein, sich auf den Kameraden verlassen zu können, sind Eigenschaften, die eine gute Gebirgstruppe seit jeher auszeichnen." Den Soldaten der Spittaler Kompanie wurden während der Hochgebirgsausbildung beim Jägerbataillon 26 und bei der qualifizierten Alpinausbildung an der Jägerschule genau diese für den Gebirgseinsatz notwendigen Fähigkeiten vermittelt.

Lessons Learned

Illegale Grenzübertritte finden auch unter widrigsten Witterungsverhältnissen statt.

Durch richtiges taktisches Verhalten, ein hohes Maß an Initiative und bewegliche Einsatzführung kann die Masse der beobachteten illegalen Grenzgänger gestellt werden.

Einer Konfliktpartei, die zu Fuß agiert, kann wiederum nur mit infanteristischen Kräften begegnet werden. Technische Mittel und Waffen allein reichen dafür nicht aus.

Die Einsatzgrundsätze des Gebirgskampfes gelten auch bei einem friedensunterstützenden Einsatz im Gebirge.

Für den Gebirgseinsatz benötigt der Soldat eine spezielle Mannesausrüstung; die österreichischen Soldaten verfügen über eine solche.

Auch die Verwendung von Tragtieren kann im Zuge eines solchen Einsatzes notwendig werden. So wurden von AUCON 4 und von einer deutschen Nachbarkompanie Tragtiere für den Transport von Versorgungsgütern angemietet und verwendet.

Vor allem im Winter ist qualifiziertes Alpinpersonal zur Beurteilung der Lawinengefahr und zur Aufrechterhaltung der Bewegungsfähigkeit der Truppe im Gebirge erforderlich.

Die Einsatzaufgaben in der Gebirgsregion des "Bootleg" konnten von der 2. gepanzerten Jägerkompanie aus Spittal aufgrund des sehr hohen Alpinkaderanteils, der reichen Alpin- und Gebirgskampferfahrung der Soldaten aller Dienstgrade sowie der umsichtigen Führung der Kommandanten bestens gelöst werden.

Bei der Grenzraumüberwachung wurden - nach Aussage des deutschen Brigadekommandanten - durch die österreichischen Soldaten, insbesondere durch die 2. gepanzerte Jägerkompanie, "neue Maßstäbe gesetzt".

Schlussfolgerungen

Der Gebirgseinsatz erfordert eine spezielle Ausbildung, bei der auch die stark wechselnden Witterungseinflüsse und die erschwerten Geländebedingungen berücksichtigt werden müssen.

Nur durch ständiges Training und Steigerung der körperlichen Leistungsfähigkeit sind Gebirgssoldaten in der Lage, den erhöhten Anforderungen des Gebirgseinsatzes gerecht zu werden.

Das Wissen und die Fähigkeit, den Unbilden des Wetters und der Geländegegebenheiten im Hochgebirge zu trotzen, ermöglichen eine erfolgreiche Auftragserfüllung.

Im internationalen Vergleich ist das Österreichische Bundesheer bezüglich Ausbildung und Ausrüstung für einen friedensunterstützenden Einsatz im Hochgebirge sehr gut gerüstet.

Das All Terrain Vehicle BV 206 von Hägglunds hat sich bei diesem Hochgebirgseinsatz bestens bewährt und wäre eine sinnvolle Ergänzung der Geräteausstattung der österreichischen Gebirgsbataillone.

Für die Überwachung und den Schutz von Grenzen und Grenzräumen im Hochgebirge sind Gebirgstruppen unabdingbar, gleichgültig ob diese Einsätze im Inland oder im Ausland stattfinden. Daher sind Investitionen in die Ausbildung von qualifiziertem Alpinpersonal und von Hochgebirgssoldaten auch in Zukunft sinnvoll und notwendig.

___________________________________ __________________________________ Autor: Major Volkmar Ertl, Jahrgang 1962. EF-Ausbildung ab August 1981 in Klagenfurt; nach der Offiziersausbildung von 1982 bis 1985 an der Theresianischen Militärakademie Verwendungen als Zugskommandant, Ausbildungsoffizier, Kompaniekommandant, S3 (mob) sowie S1 beim Jägerbataillon 26 in Spittal/Drau. Ausgebildeter Heeresbergführer und Heeresschilehrer. Zwei Auslandseinsätze als Kompaniekommandant auf Zypern und im Kosovo. Seit 2004 S3 & stellvertretender Bataillonskommandant beim Jägerbataillon 25 in Klagenfurt.

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