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Der Umgang mit Minen

Kaderfortbildung beim Jägerbataillon 23

Die Minen selbst, der Umgang mit ihnen sowie das Verhalten nach einem Minenunfall sind in der Ausbildung sowohl der Rekruten als auch des Kaderpersonals bisher eher stiefmütterlich behandelt worden. Einen Weg, diese Themen dem Kader näher zu bringen, zeigt der Autor, Kampfmittelbeseitiger beim JgB 23 in Bludesch, auf.

Schießen mit dem StG 77 und der P 80 im freien Gelände. Schießen bei Dunkelheit mit dem Nachtsichtgerät "Lucie". Eine ausführliche Schulung an der P 80 - Handhabung und richtiges Zielen. Klettern mit dem Nachtsichtgerät und eine Nahkampfeinweisung. All das waren Themen einer einwöchigen Kaderfortbildung im Juni 2002. Das Hauptaugenmerk jedoch galt dem Thema "Minen", und dabei vor allem zwei Bereichen, nämlich der Sensibilisierung des Kaders im Umgang mit Minen, Sprengfallen, Blindgängern/Versagern ("Mineawareness") sowie dem Verhalten in Notfällen, bei der Bergung von Verletzten. Im Vordergrund stand dabei die praktische Ausbildung.

Um eine effiziente, für das aktive Kader wichtige, umfassende und interessante Ausbildung zu gewährleisten, wurde auf alle verfügbaren in- und ausländischen Kontakte zurückgegriffen. Nach drei Monaten intensiver Vorbereitung konnte die Kaderfortbildung schlussendlich durchgeführt werden. In drei Tagen wurden neben theoretischen Themen wie der Entwicklungsgeschichte der Minen und deren Einteilung, das Erkennen und Markieren von Minen sowie deren Wirkungsweise und nicht zuletzt der Umgang mit Blindgängern und Versagern dem Kaderpersonal praktisch vermittelt. Darüber hinaus wurden den Teilnehmern die Aufgaben der Pioniertruppenschule, der Einsatz der EOD-Teams (Explosive Ordnance Disposal) bei internationalen Einsätzen sowie allgemeine Zukunftsperspektiven von EOD-Einsätzen nähergebracht. Ein Gastlehrer der Pionierschule der Bundeswehr in München referierte über die Ausbildung bei der Bundeswehr sowie über verschiedene Auslandseinsätze der BW-Räumdienste. Er demonstrierte in einem Stationsbetrieb einen Minenlehrpfad, die Sektorenbeobachtung, verschiedene Arten von Sprengfallen sowie die Minensuche mit verschiedenen Hilfsmitteln.

Die Pioniertruppenschule des Österreichischen Bundesheeres führte eine praktische Einweisung an verschiedenen Minentypen durch, präsentierte die Ausrüstung eines EOD-Teams, wies in verschiedene Formen der Markierung von Minen und Blindgängern ein und zeigte die Minensuche mit Hilfsmitteln vor, wie sie in Österreich durchgeführt wird.

Durch die Teilnahme von 60 Soldaten konnte die Masse des Kaderpersonals aus dem JgB 23 in dieser Thematik so weit geschult werden, dass die Soldaten bei zukünftigen internationalen Einsätzen die Gefahren im Umgang mit Minen richtig abschätzen und im Notfall die entsprechenden Maßnahmen setzen können.

Bleibende Eindrücke

Bei der Station "Minensuche mit Hilfsmitteln" wurde jedem Kadersoldaten deutlich vor Augen geführt, wie zeitaufwändig es ist, sich nur einige wenige Meter mit Hilfe des Feldmessers aus einem Minenfeld "herauszustochern". Vorsichtig und genau wurde jeder Zentimeter Boden für den nächsten Schritt untersucht, bei jedem harten Widerstand eine Mine vermutet. Die gebückte Haltung bereitete vielen zusätzlich Rückenschmerzen, und alle gelangten zu der Erkenntnis: Es dauert endlos lange, bis man die paar Meter geschafft hat!

Die Begeisterung darüber, selbst heil aus dem "Minenfeld" herausgekommen zu sein, wich bald angeregten Diskussionen darüber, wie man sich zu verhalten habe, wenn es darum geht, einen Verletzten zu bergen. Ist es schon schwierig genug für den Gruppenkommandanten, seine Soldaten sicher aus einem Minenfeld herauszubringen, wird es umso kritischer, wenn zusätzlich ein Verletzter zu bergen ist. Der Schock durch die unerwartete Detonation, die Hilfeschreie des Verletzten und die Unsicherheit bei den Soldaten wirken sich so gravierend auf die Physis und Psyche der Soldaten aus, dass es für einen Kommandanten schwierig wird, klaren Kopf zu behalten und die richtigen Entscheidungen zu treffen.

Neben diesen Erkenntnissen gab es zwei weitere Faktoren, welche sicherlich entscheidend für die Änderung der Einstellung des Kaders gegenüber Minen waren, nämlich der Film "Mine Strike" der britischen Streitkräfte, in dem die Wirkungsweise von Minen derart anschaulich demonstriert wurde, wie es bisher noch selten der Fall war sowie die Station der Pioniertruppenschule zum Thema "Minensuche mit Hilfsmitteln".

Zusammenfassung und Erkenntnisse

Diese Kaderfortbildung hat vor allem gezeigt, dass beim Thema "Minen" in der Ausbildung sowohl von Rekruten als auch vom Kader ein Aufholbedarf vorhanden ist. Welcher Gruppen- oder Zugskommandant weiß, wie er im Falle eines Minenunfalls zu handeln hat? Es wäre also wichtig, speziell bei der Ausbildung im gesicherten Marsch und bei Übungen Szenarien einzuplanen, um die Kommandanten und Rekruten an dieses Thema heranzuführen.

Aufgrund des Erfolges dieser Kaderschulung erging durch den Kommandanten des Jägerbataillons 23 der Auftrag, für die zukünftige Ausbildung folgendes vorzubereiten bzw. zu berücksichtigen:

Herstellung von Anschauungs- und Übungsmaterial (Minentypen etc.) aus Holz und Zuweisung je eines Satzes an die Kompanien; Intensivierung der Ausbildung zum Thema "Minen" nicht nur beim Kader, sondern auch bei den Rekruten.

Autor: Vizeleutnant Roland Schreiber, Jahrgang 1962. Grundwehrdienst 1980 beim LWSR 73; Versetzung zum LWSR 91; nach Abschluss der Unteroffiziersausbildung Verwendung als Jägergruppenkommandant. 1984 bis 1990 Verwendung im Feldzeugdienst und als Kompanie-Nachschubunteroffizier. 1990 bis 1997 Ausbildung zum Munitionsunteroffizier und Blindgängersprengbefugten sowie zum Kampfmittelbeseitiger. Besuch verschiedener Minenseminare, Tätigkeit als Gastlehrer an der Pioniertruppenschule; 1999 Einsatz bei ATHUM/ALBA.

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