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1760 - Zum zweiten Mal in Berlin

Während des Siebenjährigen Krieges (1756 - 1762), auch als "Dritter Schlesischer Krieg" bekannt, gelang es den Österreichern zweimal in Berlin einzumarschieren. Während das Unternehmen von Feldmarschallleutnant Andreas Graf Hadik von Futak im Jahr 1757 bereits zur damaligen Zeit als glorioser Triumph ausgeschlachtet wurde, ging die zweite Eroberung im Oktober 1760, an der österreichische Truppen unter Feldzeugmeister Franz Moritz Graf Lacy beteiligt waren und die auch nur mäßigen Ruhm für Österreich brachte, fast gänzlich unter. Heuer jährt sich die zweite Eroberung Berlins zum 250. Mal.

Um seiner Linie vor jener seines Bruders die Erbfolge zu garantieren und die Einheit der Monarchie zu bewahren, erließ Karl VI., Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation und Erzherzog von Österreich, bereits 1713 die Pragmatische Sanktion. Diese regelt unter anderem die Thronfolgeberechtigung für weibliche Nachkommen des letzten Throninhabers, beginnend mit dessen ältester Tochter. Als er 1740 ohne männliche Erben starb, und seine älteste Tochter Maria Theresia sein Erbe antrat, sah sie ihr Reich von zahlreichen europäischen Ländern bedroht. Friedrich II. von Preußen - genannt "der Große" - der schon seit langem bestrebt war, sein Reich auszuweiten, nutzte diese vermeintliche Schwächeposition Österreichs und marschierte mit seinen Truppen in Schlesien ein. Der Österreichische Erbfolgekrieg (1740 - 1748) hatte begonnen. Die Anzahl der Gegner steigerte sich ins Dramatische: Bayern fiel in Oberösterreich ein, Sachsen in Böhmen, Spanien bekämpfte die österreichischen Besitzungen in Italien, und Frankreich jene in Süddeutschland. Österreich konnte zunächst auf keine Verbündete zählen. Die junge Herrscherin stand aber in dieser Situation ihren Mann. Ab 1741 ließ sie sich alle Befehle an die Armeeoberkommandanten zur Unterschrift vorlegen, und auch später, während des Siebenjährigen Krieges, wurden die Kommandanten zusätzlich beauftragt, sie ständig über den Verlauf der Feldzüge zu informieren. Schon bald nach Beginn der Kämpfe sollte sich herausstellen, dass die altehrwürdige österreichische Armee der modern organisierten und durchstrukturierten preußischen Armee unterlegen war. Im Friedensvertrag von Aachen 1748 musste Österreich sein reichstes Gebiet, das hoch industrialisierte Schlesien, an Preußen abgeben. Acht Jahre später, nachdem die österreichische Armee grundlegend reformiert worden war, versuchte die junge "Kaiserin" - Maria Theresia bezeichnete sich selbst als solche - die verlorenen Gebiete wieder zurückzuerobern.

Dauns Armeereformen

Als unmittelbare Folge des verlorenen Erbfolgekrieges kam es zu einschneidenden Reformen innerhalb der österreichischen Streitkräfte unter der Federführung von Feldmarschall Leopold Joseph Graf Daun. Er hatte schon zuvor seine eigenen Infanterieregimenter umorganisiert und diese Veränderungen jetzt auf die gesamte Infanterie übertragen.

Die Umorganisation der Kavallerie sollte erst später erfolgen. Vor allem die Ausbildung der Soldaten, aber auch jene der Offiziere sollte merklich verbessert und intensiviert werden. Eine Vereinheitlichung der Uniformierung, Ausrüstung und Bewaffnung sowie der Kommandosprache war die wesentliche Voraussetzung. Auch wurde die Sollstärke eines Infanterieregiments mit 2 408 Mann festgelegt. Einhergehend mit der Verbesserung der Ausbildung kam es auch zur Normierung des Strafsystems innerhalb der Armee, um so dem ziellosen Verprügeln von Soldaten zur Bestrafung entgegenzuwirken und die Desertionsrate zu senken. Das regelmäßige Auszahlen des Soldes sollte zusätzlich zur Einhaltung der Disziplin innerhalb der Truppe beitragen. Zur besseren Schulung der angehenden Offiziere wurde 1752 eine "Militär-Pflanzschule" in Wien (Stiftskaserne) sowie ein "Cadettenhaus" in Wiener Neustadt eingerichtet. 1769 wurden beide zur Theresianischen Militärakademie zusammengefasst.

Auch Friedrich der Große nutzte die Friedensjahre bis 1756, um die Manövrierfähigkeit der preußischen Armee weiter zu perfektionieren. Er musste davon ausgehen, dass die Österreicher einerseits ihre Armee umstrukturieren und sich andererseits besser auf die preußische "schräge Schlachtordnung" einstellen würden. Beweglichkeit sollte auch künftig der Schlüssel zum Erfolg sein. Zum Zeitpunkt des Kriegsbeginns musste sich das neue System innerhalb der österreichischen Armee erst etablieren. Bei den Preußen war es in jahrzehntelanger Ausbildung erprobt und durch die Kriege auch schon in Fleisch und Blut übergegangen.

1756 - Ein neuer Krieg bricht aus

1754, zwei Jahre vor Kriegsausbruch, verschärfte sich die Situation zwischen Frankreich und Großbritannien am amerikanischen Kontinent. Dies führte dazu, dass beide Großmächte in Europa neue Verbündete suchten. Obwohl Frankreich bereits mit Preußen ein Defensivbündnis eingegangen war, begann man 1755 auch mit Österreich Kontakt aufzunehmen, um einen möglichen Krieg zu verhindern und sich so auf den amerikanischen Kontinent konzentrieren zu können. Im Gegensatz dazu kam es am 16. Jänner 1756 durch die Konvention von Westminster zum Bündnis zwischen Preußen und Großbritannien, das Besitzungen in Hannover hatte und sich von Preußen Schutz gegen Frankreich erhoffte. Weitere Verbündete waren Braunschweig, Hessen-Kassel und Gotha. Als Folge dieses Bündnisses kam es auf Betreiben des österreichischen Staatskanzlers Wenzel Anton Fürst Kaunitz-Rietberg erstmals in der Geschichte zum Bündnis der beiden Erzfeinde Frankreich und Österreich (Vertrag von Versailles, 1. Mai 1756), das als "Umkehr der Allianzen" - "renversement de alliances" - in die Geschichte einging. Frankreich war bis zu diesem Zeitpunkt immer ein Verbündeter Preußens und Gegner Österreichs gewesen. Dieses Bündnis bedeutet auch die erste Annäherung der seit 1477 verfeindeten Häuser Habsburg und Bourbon. Frankreich anerkannte sogar nachträglich die Pragmatische Sanktion. Auch Russland versuchte man als Verbündeten zu gewinnen.

Während zwei österreichische Armeen von Böhmen und Mähren aus operieren sollten, erwartete man einen russischen Angriff aus dem Baltikum gegen das preußische Kernland. Das Bündnis zwischen Österreich, Frankreich, Russland und Sachsen führte dazu, dass Preußen Mitte 1756 am europäischen Festland weitestgehend isoliert war. Um dieser Umzingelung und dem österreichischen Truppenaufmarsch in Böhmen begegnen zu können, marschierte Friedrich ohne Kriegserklärung am 29. August 1756 mit 66 000 Mann in Sachsen ein, um somit einen Puffer und mit dem Erzgebirge und der Sächsischen Schweiz auch eine natürliche Grenze zwischen Preußen und Österreich zu schaffen.

Natürlich ging es dabei auch um die finanzielle, wirtschaftliche und militärische Ausbeutung des reichen Sachsen. Der geplante weitere Vorstoß der preußischen Armee Richtung Süden sowie die Besetzung Prags (Praha) konnte aufgrund der fortgeschrittenen Jahreszeit nicht mehr verwirklicht werden.

1757 - Der Krieg weitet sich aus

Der Angriff Preußens auf Sachsen (Landfriedensbruch) führte dazu, dass am 10. Jänner 1757 der Reichskrieg gegen Preußen erklärt wurde, was die Situation für Friedrich noch schwieriger machte. Obwohl es den Preußen gelang, die Österreicher vor Prag zu schlagen, konnte sich Feldmarschall Karl Alexander von Lothringen mit 46 000 Mann in die Festung zurückziehen, die in der Folge vom 80 000 Mann starken Heer Friedrichs belagert wurde. Währenddessen näherte sich von Süden ein 54 000 Mann starkes Entsatzheer unter dem Kommando von Feldmarschall Daun. Friedrich beließ die Hälfte seiner Streitkräfte vor Prag und zog mit der anderen gegen Süden, wo er in weiterer Folge in der Schlacht von Kolin von Feldmarschall Daun geschlagen wurde und sich aus Böhmen zurückziehen musste.

Mit Unterstützung eines neu aufgestellten Reichsheeres gelang es dem österreichischen Heer, die Preußen weiter zurückzudrängen. Ende November waren große Teile Schlesiens wieder in österreichischer Hand, mussten aber bis April 1758 nach einigen Niederlagen wieder geräumt werden. Am 5. Dezember 1757 erlitten die Österreicher eine der empfindlichsten Niederlagen in der Schlacht bei Leuthen (Lutynia) nahe Breslau (Wroclaw), wo sie trotz großer Überlegenheit vernichtend geschlagen wurden. Diese Niederlage führte zur Ablöse von Feldmarschall Karl von Lothringen durch Feldmarschall Daun als Armeekommandant. Zur gleichen Zeit kämpften preußische Truppen am Rhein gegen Frankreich, in Thüringen und Sachsen gegen das Reichsheer, in Ostpreußen gegen die Russen und in der Ostsee gegen die Schweden.

Der Militär-Maria-Theresien-Orden

Anlässlich des Sieges bei Kolin am 18. Juni 1757 stiftete Maria Theresia den Militär-Maria-Theresien-Orden, der bis zum Ende der Monarchie die höchste Tapferkeitsauszeichnung für Offiziere bleiben sollte. In Verbindung mit der Verleihung standen die Erhebung in den Ritterstand sowie die Auszahlung einer Pension auf Lebenszeit. Diese Auszeichnung, die für aus eigener Initiative unternommene, erfolgreiche und einen Feldzug entscheidende Waffentaten verliehen wurde, musste vom Betroffenen selbst beantragt werden. Die Annahme, dass die Auszeichnung für Taten verliehen wurde, die gegen den Befehl des Vorgesetzten gerichtet waren, ist falsch. Feldmarschall Daun wurde am 7. März 1758 - nach Feldmarschall Karl von Lothringen - für seine Waffentat bei Kolin das zweite Großkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens verliehen. Bis zum Ende der Monarchie wurden 1 241 Personen mit dem Orden ausgezeichnet.

Berliner Husarenstreich

Als "Berliner Husarenstreich" ging die eintägige Besetzung Berlins durch die Österreicher am 16. Oktober 1757 in die Geschichte ein. Während der Kampfhandlungen im Herbst lagerte das rund 5 100 Mann starke Korps von Feldmarschallleutnant Hadik in Radeburg. Als Hadik feststellte, dass sich in Berlin nur wenige feindliche Truppen aufhielten, fasste er den Entschluss, mit rund 3 500 Mann Berlin im Handstreich zu nehmen.

Nach fünftägigem Marsch erreichte die Truppe Berlin, stürmte das Schlesische Tor und rieb die wenigen vorhandenen Truppen auf. Die preußische Königin sowie der Staatsschatz konnten vom Berliner Stadtkommandanten, Generalleutnant Hans Friedrich von Rochow gerade noch rechtzeitig in die Festung Spandau in Sicherheit gebracht werden. Um eine Plünderung zu vermeiden, zahlte die Stadt 200 000 Taler Kontribution sowie 25 000 Taler an die Truppe, die Feldmarschallleutnant Hadik gleich verteilen ließ.

Da sich starker preußischer Entsatz in unmittelbarer Nähe befand, verließen die österreichischen Truppen Berlin in der Nacht zum 17. Oktober. Während des Rückzuges konnten in Frankfurt an der Oder nochmals 30 000 Taler Kontribution eingetrieben werden. Feldmarschallleutnant Hadik wurde für diese Unternehmung mit dem Großkreuz des Militär-Maria-Theresien-Ordens ausgezeichnet. 1758 erfolgte seine Beförderung zum General der Kavallerie.

1758 - Sieg bei Hochkirch

Als neuer Armeekommandant führte Feldmarschall Daun, einige Umgliederungen innerhalb des Heeres durch. So kam es zur Einrichtung eines eigenen Generalquartiermeisterstabes, dessen Kommandant Feldmarschallleutnant Moritz Graf Lacy wurde. Zu Beginn 1758 gelang es russischen Verbänden, ganz Ostpreußen einzunehmen, während die Österreicher große Teile Schlesiens besetzten. Trotz des Sieges bei Hochkirch am 14. Oktober gelang es aber nicht, Dresden zu entsetzen.

Ende des Jahres zogen sich die Österreicher wieder ins Winterquartier nach Böhmen zurück. Zur gleichen Zeit drangen preußische Truppen bis zur Festung Olmütz vor, konnten diese aber nicht erobern und mussten sich wieder nach Schlesien zurückziehen. Am Rhein gelang es den Preußen, nicht nur alle rechtsrheinischen Gebiete zu besetzen, sondern auch die Franzosen in der Schlacht bei Rees-Mehr, einem Ort im Kreis Kleve in Nordrhein-Westfalen, am 5. August 1758 zu schlagen.

1759 - kurz vor Kriegsende

Nach drei Jahren Krieg waren die preußischen Truppen erschöpft. Mit Truppen aus Großbritannien konnte man nicht rechnen, lediglich finanzielle Unterstützung konnte geleistet werden. Die preußischen Waffentaten beschränkten sich nunmehr auf die Verteidigung des eigenen Mutterlandes. Erstmals gelang es den Russen und den Österreichern, sich bei Kunersdorf zu vereinigen. Der Angriff Friedrichs, dessen Truppen zahlenmäßig unterlegen waren, auf das Lager der Verbündeten endete mit einer katastrophalen Niederlage Preußens (12. August) und einer kurzzeitigen Auflösung des preußischen Heeres. Von 21 000 Mann verlor Friedrich um die 18 500, darunter 530 Offiziere sowie 178 Geschütze und 28 Fahnen und Standarten - ein Verlust, der fast nicht auszugleichen war.

Eigentlich hätte der Krieg zu dieser Zeit bereits beendet sein können, wäre da nicht die Uneinigkeit zwischen den Russen, Österreichern und Franzosen gewesen. Anstatt Berlin zu besetzen und den Krieg zu beenden, zogen sich die Russen in ihre Ausgangsstellung und die Österreicher nach Sachsen zurück. Dort vereinigten sich Letztere mit der Reichsarmee und schlugen die Preußen in der Schlacht von Maxen am 20. November. Einen Tag später kapitulierte der preußische General von Finck mit einem Korps in der Stärke von rund 13 000 Mann. Dabei erbeutete Fahnen, Uniformen und Ausrüstungsgegenstände erinnern im Heeresgeschichtlichen Museum bis heute an diesen Sieg. Erstmals blieben Dresden und die südlichen Teile Sachsens auch über den Winter hinweg unter österreichischer Besetzung.

1760 - Zum zweiten Mal in Berlin

Der preußische Versuch, Dresden wiederzugewinnen, schlug fehl und führte lediglich zu erheblichen Zerstörungen in der Innenstadt. Mit den Siegen von 1759 im Gepäck fiel Feldzeugmeister Ernst Gideon Freiherr von Laudon (auch Loudon geschrieben) abermals in Schlesien ein und eroberte einige Festungen, wobei er bei Landshut (Kamienna Góra; auch: Landeshut - nicht mit der bayerischen Stadt zu verwechseln) am 23. Juni 1760 ein weiteres preußisches Korps vernichtend schlug.

Indessen misslang eine von Feldzeugmeister (seit 1759) Lacy geplante gemeinsame Zangenoperation, da Feldzeugmeister Laudon zu früh und Feldmarschall Daun zu spät angriff, was zur Niederlage von Liegnitz (Legnica) am 15. August führte. Unmittelbar danach besetzte die Reichsarmee Sachsen, Russen und Österreicher marschierten abermals in Berlin ein. Obwohl Friedrich Feldmarschall Daun bei Torgau an der Elbe am 3. November besiegen konnte, waren Ostpreußen, Schlesien und Teile Sachsens nunmehr in den Händen seiner Gegner. Durch die hohen Verluste auf beiden Seiten verschlechterte sich auch zusehends der Kampfwert der am Krieg beteiligten Verbände.

Marsch auf Berlin

Mitte September 1760 einigten sich die Alliierten darauf, dass die sicherste Methode, die Preußen aus Schlesien zu vertreiben, ein Marsch auf die Hauptstadt Berlin sei. Dies würde Preußen nicht nur militärisch, sondern vor allem wirtschaftlich in arge Bedrängnis bringen. Die Vernichtung der dortigen Fabriken und auch Lager müsste unweigerlich dazu führen, dass die preußische Armee zusehends mit Versorgungsengpässen zu kämpfen hätte, was wiederum den Feldzug schneller beenden würde. Erst als die Österreicher garantierten, ein Korps für diese Unternehmen zur Verfügung zu stellen, und zustimmten, sich nicht an der "Beute" zu beteiligen, willigten auch die anfangs eher skeptisch wirkenden Russen ein. Den Österreichern war lediglich zugestanden worden, "an der Ehre dieser so glorreichen Unternehmung einigen Anteil zu nehmen". Während der "Petersburger Konferenz" einigte man sich auf einen gemeinsamen Aufmarschplan. Mit der Führung des Unternehmens wurde der Kommandant der leichten russischen Truppen, Generalmajor Gottlob Kurt Heinrich Graf von Tottleben, betraut. Ihm zur Seite stand Generalleutnant Saschar Graf von Tschernyschew. Die eigentliche Hauptarmee, bestehend aus drei Divisionen, marschierte staffelweise nachgezogen. Von österreichischer Seite beauftragte Feldmarschall Daun Feldzeugmeister Lacy mit der Durchführung, worauf dieser am 28. September mit 16 000 Mann von Landshut in Schlesien aufbrach.

Berlin hatte zu dieser Zeit zwar noch Mauern, Tore und Wälle, war allerdings seit mehr als hundert Jahren keine Festungsstadt mehr und konnte daher auch keiner Belagerung standhalten. Im Oktober 1760 bestand die Garnison aus lediglich drei Bataillonen, 40 Stadthusaren sowie einigen genesenen Soldaten aus den Lazaretten. Zusätzlich wurden wegen der bedrohlichen Lage 500 Mann Kavallerie der Truppen des Generalleutnants Friedrich Eugen Herzog von Württemberg in der Stadt belassen, die eigentlich für den Kampf gegen die Schweden vorgesehen waren. Aufgrund der Erfahrung von 1757 wurden die Mauern südlich der Spree ergänzt und die Tore verstärkt. Finanziert wurde dieser Ausbau durch den nicht ausbezahlten Rest der für Feldmarschallleutnant Hadik bestimmten Kontributionsgelder. Das nördliche Spreeufer war lediglich von einem Palisadenzaun umgeben. Stadtkommandant war wie 1757 Generalleutnant Rochow. Bereits am 3. Oktober tauchten russische Einheiten unter Generalmajor Tottleben - insgesamt 6 000 Mann - vor dem Cottbusser Tor auf. Da dieser von anrückenden preußischen Verstärkungen erfuhr, forderte er Verstärkung, die er durch Generalleutnant Tschernyschew, der seinerseits mit 12 000 Mann anrückte, auch erhielt. Die Überraschung der Bürgerschaft ausnutzend wurde sofort die Übergabe der Stadt gefordert. Dem Stadtkommandanten, der wie bereits drei Jahre zuvor mit der Garnison abmarschieren wollte, standen diesmal aber mit dem Gouverneur von Berlin, dem 75 Jahre alten Generalfeldmarschall Johann von Lehwaldt sowie dem erst 38 Jahre alten Generalleutnant Friedrich Wilhelm von Seydlitz-Kurzbach zwei kriegserfahrene Militärs zur Seite. Sie bereiteten die Verteidigung vor und lehnten eine Übergabe ab. Zur gleichen Zeit brach auch der Herzog von Württemberg seine geplante Offensive gegen die Schweden ab, um wieder Richtung Berlin zu marschieren und die Stadt zu schützen. Nach kurzen Scharmützeln mit Kosaken gelang es ihm, mit seinen Truppen am 4. Oktober Berlin zu erreichen. Auch konnte das Infanterieregiment von Salmuth noch rechtzeitig nach Berlin verlegt werden, womit plötzlich 16 000 Verteidiger zur Verfügung standen. Die Stadt wurde zur Verteidigung vorbereitet.

Generalmajor Tottleben begann nun seinerseits mit dem Beschuss und Angriff auf Berlin, scheiterte zunächst aber am Widerstand der Verteidiger. Erst nach dem Eintreffen Generalleutnant Tschernyschews in Köpenick konnten die Angreifer ihre Truppenstärke auf 20 000 Mann steigern. Der Angriff auf Berlin begann aufs Neue und der Beschuss wurde wieder verstärkt. Am 8. Oktober trafen noch weitere russische Truppen unter General Peter Graf Panin sowie das österreichische Korps unter Feldzeugmeister Lacy ein. Es bestand aus acht Infanterieregimentern, zwei Grenadierbataillonen, einem Regiment Kroaten, drei österreichischen und zwei sächsischen Kavallerieregimentern, zwei Husaren- sowie zwei Ulanenregimentern. Obwohl das Korps in zehn Tagen 40 Meilen (eine preußische Meile entspricht etwa 7,5 Kilometern) zurücklegte, traf es doch erst nach den Russen vor Berlin ein. Somit stieg die Anzahl der Belagerer auf 44 000 Mann. Die Verteidiger stagnierten bei 16 000. Da eine Verteidigung unter diesen Umständen aussichtslos erschien, beschloss der Kriegsrat, mit seinen Truppen - bis auf die eigentlichen Garnisonstruppen, die aber keinen Verteidigungsauftrag erhielten - aus der Stadt abzurücken und so unnötiges Blutvergießen und größere Zerstörungen in der Stadt zu vermeiden. In der Nacht vom 8. auf den 9. Oktober bot Generalleutnant Rochow Generalmajor Tottleben, der die Österreicher am liebsten gänzlich von Berlin fernhalten wollte, die Kapitulation an, nicht wissend, dass er so einem für den 9. Oktober geplanten russischen Großangriff zuvorkam. Eine Kapitulationsforderung von Feldzeugmeister Lacy vom 7. Oktober blieb somit unerfüllt, da sich Generalleutnant Rochow ausschließlich Generalmajor Tottleben ergeben wollte.

Viel schwieriger als die eigentliche Kapitulation gestalteten sich die Verhandlungen mit der Bürgerschaft wegen der Kontributionszahlungen, die schlussendlich mit zwei Millionen Talern festgesetzt wurden. Für die während der Belagerung bzw. während der Besatzung entstandenen Schäden mussten die Bürger selbst aufkommen, 1757 übernahm diese noch der Staat. Interessanterweise verhielten sich preußischen Berichten zufolge die russischen Mannschaften bei der Besetzung Berlins weitaus gesitteter als ihre österreichischen Kameraden. Feldzeugmeister Lacy selbst war über den Ablauf der Kapitulation überaus verärgert. Er wollte die Stadt mit Waffen einnehmen und gleichzeitig das Plünderungsrecht geltend machen. Erst nach heftigsten Auseinandersetzungen musste Generalmajor Tottleben den Österreichern drei Stadttore sowie Teile der erpressten Douceurgelder (eine Art Schutzgeld) überlassen. Feldzeugmeister Lacy berichtete Feldmarschall Daun, dass die österreichischen Soldaten von Generalmajor Tottleben "wie Sklaven gehalten würden". Wohl auch aus diesem Grund überließ er ihnen freie Hand und achtete weniger auf die Disziplin der in der Stadt befindlichen Truppen. Anders verhielt es sich in Potsdam, das den Österreichern und nicht den Russen die Kapitulation anbot. Feldzeugmeister Lacy begnügte sich daraufhin mit 18 000 Talern in bar sowie 42 000 Talern in Wechseln. Dank General Emerich Graf von Esterházy kam es in den königlichen Schlössern zu keinen Plünderungen. Vereinzelte Übergriffe konnten aber auch in Potsdam nicht verhindert werden. 426 Österreicher, 318 Sachsen und 173 Schweden konnten während der Besetzung aus der preußischen Kriegsgefangenschaft befreit werden. Die später einsetzenden Unstimmigkeiten zwischen den Alliierten zeichneten sich aber schon in Berlin ab. Bereits am 11. und 12. Oktober rückten die österreichischen Verbände wieder ab. Am 14. Oktober vereinigten sie sich mit der Reichsarmee in Wittenberg.

1761 und 1762

1761 gelang es den Österreichern endgültig, Oberschlesien in ihre Hand zu bekommen. In der Nacht vom 30. September auf den 1. Oktober fiel die Schlüsselfestung Schweidnitz (Swidnica) nach einem gelungenen Handstreich von Feldzeugmeister Laudon.

Lediglich in Vorpommern gelang es den Preußen, die schwedischen Angriffe abzuwehren. In Hinterpommern eroberten die Russen am 16. Dezember 1761 Kolberg (Kolobrzeg). Dennoch spitzte sich die finanzielle Lage derart zu, dass Maria Theresia gezwungen war, in der Monarchie als erstem Staat Mitteleuropas Papiergeld drucken zu lassen, was zumindest eine "Münzverschlechterung" - wie dies in Preußen bereits der Fall war - verhinderte. All diese Maßnahmen reichten jedoch nicht aus, um eine - mitten im Krieg stattfindende - Truppenreduzierung abwenden zu können. Das wichtigste Ereignis des Jahres 1762 war das Ableben von Zarin Elisabeth von Russland am 5. Jänner 1762. Deren Nachfolger, ihr Neffe Peter III., ein Verehrer Friedrichs, schloss am 5. Mai 1762 mit Preußen einen Friedens- und Bündnisvertrag, dem sich Schweden am 22. Mai (Friede von Hamburg) anschloss.

Dies war für Friedrich umso notwendiger, da England eine Verständigung mit Österreich anstrebte und den im Dezember 1761 abgelaufenen englisch-preußischen Subsidienvertrag (Unterstützungsvertrag) nicht mehr erneuerte. Nach Peters Sturz (9. Juli) und dessen Ermordung (17. Juli) löste dessen Gemahlin Katherina II. - genannt die Große - die Zusammenarbeit mit Preußen, beteiligte sich aber nicht mehr am Krieg. Die dadurch freiwerdenden Kräfte setzte Friedrich nun seinerseits gegen die in Schlesien und Sachsen stationierten Österreicher ein. Er schlug Feldmarschall Daun in der Schlacht von Burkersdorf (Burkatów) am 21. Juli und besetzte am 10. Oktober 1762 abermals die Festung Schweidnitz. Auch Sachsen konnte in der Folge wieder zurückgewonnen werden. Am 24. November erfolgte der Waffenstillstand zwischen Österreich und Preußen.

1763 - Friedensverhandlungen

Da auch Frankreich kriegsmüde wurde und sich außer Stande sah, den Krieg weiter fortzuführen, wurde der Krieg mit England endgültig beendet. Der von Sachsen vermittelte Friede von Hubertusburg am 15. Februar 1763 beendete den Krieg zwischen Österreich, Preußen und deren Verbündeten und stellte den Vorkriegszustand wieder her. Schlesien sowie die Grafschaft Glatz waren für Österreich endgültig verloren. Großbritannien und Frankreich hatten ihren Krieg, der vornehmlich in den Kolonien geführt worden war und die britische Vormachtstellung am amerikanischen Kontinent sowie in Indien untermauert hatte, bereits am 10. Februar im Frieden von Paris beendet.

Folgen

Die Folgen des Siebenjährigen Krieges waren für Österreich wenig erbaulich. Dieser Krieg war nicht nur verlustreich und teuer, er brachte auch nichts ein, da es nicht gelang, Schlesien zurückzuerobern. Der Gesamtverlust betrug rund 300 000 Mann, davon 120 000 Tote und 17 000 Kriegsinvalide, die künftig zu versorgen waren. 78 000 Mann waren in Kriegsgefangenschaft geraten, 62 000 Mann desertiert. Demgegenüber standen 62 000 gefangene preußische Soldaten, 282 erbeutete Fahnen sowie 572 erbeutete Geschütze.

Aufgrund ihrer bedeutenden Rolle als Mittelpunkt in der Schlacht sowie Orientierungshilfe für die Soldaten hatte die Fahne eine besondere Bedeutung. Ihr Verlust im Kampf galt als die größte Schmach, die eine Einheit treffen konnte.

Die eigenen Verluste beliefen sich auf 112 Fahnen und 474 Geschütze. Obwohl die Reformen von vor 1756 weitergeführt wurden, musste umso mehr Sparsamkeit an den Tag gelegt werden. In der Führung des Hofkriegsrates löste Feldmarschall Daun den 84jährigen Feldmarschall Johann Graf Harrach ab. Nach dessen frühem Ableben 1766 übernahm Feldzeugmeister Lacy dieses Amt. Mitregent war der älteste Sohn Maria Theresias - und ab 1765 als Josef II. Kaiser des Heiligen Römischen Reiches deutscher Nation. Dieser war nun verantwortlich für Heeresangelegenheiten, was zu zusätzlichen Reformen führte.

Im Sinne der Aufklärung und dem Naturell Kaiser Josefs entsprechend wurde die Organisation der Armee sparsam und einfach gestaltet. Die Regimenter erhielten fortlaufende Nummern und die Inhaberrechte wurden massiv eingeschränkt. Die Aushebungsrichtlinien wurden grundlegend geändert und die Uniformierung der Soldaten der damaligen Zeit angepasst.

Die Artillerie, die zahlenmäßig aufgestockt wurde, war dank der Liechtensteinschen Reform bereits sehr modern. Die Armee setzte sich zu dieser Zeit vornehmlich aus Männern der ländlichen und städtischen Unterschicht zusammen, ihre Dienstzeit war lebenslänglich. 1771 wurde das gesamte Staatsgebiet in annähernd bevölkerungsgleiche Werbebezirke aufgeteilt, die jeweils ein Infanterieregiment befüllen sollten. Österreich modernisierte seine Streitkräfte und schnappte noch einmal Luft, bevor es zur Jahrhundertwende in alt bewährter Tradition wieder gegen Frankreich und einen gewissen Napoleon Bonaparte in den Krieg zog.

Oftmals wird der Siebenjährige Krieg in der Literatur auch als der erste "Weltkrieg" bezeichnet, da er nicht nur weite Teile Europas, sondern auch den nordamerikanischen Kontinent und Indien erfasste. Die Folgen dieses Krieges waren weitreichend. Nordamerika und Indien wurden britisches Einflussgebiet, Russland unterstrich seine Machtstellung genauso wie Preußen, das von nun an neben Frankreich, England, Russland und Österreich als Großmacht am europäischen Festland mitmischte. Der preußisch-österreichische Konflikt um die Vorherrschaft in Zentraleuropa sollte erst 1866 bei Königgrätz ein endgültiges, für Österreich unerfreuliches Ende finden.


Autor: Hauptmann Dr. Thomas Reichl, Jahrgang 1971. 1989/90 Einjährig-Freiwilligenausbildung (Waffengattung Jäger), danach Zugskommandant, stellvertretender Kompaniekommandant und S 1 im Jägerbataillon Wien 1 "Hoch- und Deutschmeister"; Dokumentarkurs an der Nationalbibliothek; Studium der Geschichte (Schwerpunkt Militärgeschichte); 1994 bis 1999 Leiter Input der Zentraldokumentation der Landesverteidigungsakademie; seit 1999 im Heeresgeschichtlichen Museum Wien, derzeit Leiter Marketing und Besucherbetreuung sowie Kurator zahlreicher Ausstellungen (40 Jahre UNO, 50 Jahre ÖBH, 10 Jahre Grenzsicherung, Ungarn 1956, CSSR 1968 u. v. m.).

Weiterführende Literatur:

Allmayer-Beck Johann Christoph, Das Heeresgeschichtliche Museum Wien. Das Museum. Die Repräsentationsräume (Salzburg 1981).

Allmayer-Beck Johann Christoph, Das Heeresgeschichtliche Museum Wien. Saal II. das 18. Jahrhundert bis 1790 (Salzburg 1983).

De Lacy-Bellingari Edward, The Roll of the House of Lacy (Baltimore 1928).

Der Siebenjährige Krieg 1756 - 1763. Band 12 und 13 (Berlin 1913/14).

Duffy Christopher, Sieben Jahre Krieg 1756 bis 1763. Die Armee Maria Theresias; übers. u. bearb. v. Claudia Reichl-Ham (Wien 2003).

Duwe Georg, Berlin in fremder Hand. Schicksalsstunden der preußischen Haupt- und Residenzstadt vom 30jährigen Krieg bis zu den Freiheitskriegen (Osnabrück 1991).

Fiedler Siegfried, Taktik und Strategie der Kabinettskriege 1650 bis 1792 (Augsburg 2002).

Kessel Eberhard, Das Ende des Siebenjährigen Krieges 1760 bis 1763 (Paderborn 2007).

Kotasek Edith, Feldmarschall Graf Lacy. Ein Leben für Österreichs Heer (Horn 1956).

Millar Simon, Kolin 1757. Frederick the Great’s first defeat (Wellingborough 2001).

Ortenburg Georg, Waffen der Kabinettskriege 1650 bis 1792 (Augsburg 2002).

Österreichische Kavallerie. Von den Anfängen bis zur Gegenwart. In: Österreichische Militärgeschichte, Sonderband (Wien 1997).

Thümmler Lars-Holger, Die Österreichische Armee im Siebenjährigen Krieg (Berlin 1993).

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