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Going International: Herausforderungen für das Österreichische Bundesheer nach dem Ende der Reformkommission

Die Bundesheer-Reformkom­mis­sion hat am 14. Juni 2004 ihren Bericht an den Bundesminister für Landes­verteidigung übergeben. Damit ist die Reformarbeit nicht abgeschlossen, sondern eigentlich erst eingeleitet. Ein wesentlicher Baustein der Empfehlungen, welche in diesem Bericht ausgesprochen werden, ist die Ausrichtung des Bundesheeres auf das internationale Umfeld.

In dieser Kolumne sollen einige Kern­sätze der verteidigungspo­li­tischen Empfehlungen herausgegriffen und erläutert werden. Diese Erläuterungen sind wichtig, weil der Entstehungsprozess des Berichtes stark politisch geprägt war und daher der Text stellenweise großen In­ter­pretationsspielraum zulässt. Der Verfasser war auch Leiter des Sach­bereiches "Ver­teidigungspolitik" während der Arbeiten der Kommission und kann auf dieser Grundlage eine Einschätzung der Inter­pretationsspielräume abgeben.

Die einleitende Empfehlung im Bereich Verteidigungspolitik lautet:

... die Kommission empfiehlt:

" ... die Schaffung der Voraussetzungen für eine militärische Beteiligung Österreichs an Operationen der multinationalen Konfliktprä­vention und des Krisenmanagements, wobei die internationalen Aufgaben des Bundesheeres durch die Teilnahme an UN- oder OSZE-mandatierten Einsätzen und an den zunehmend anspruchsvoller werdenden Einsätzen des EU-Krisenmanagements definiert werden." Diese Empfehlung ist in Verbindung mit einem Vorschlag zur verfassungsrechtlichen Verankerung der Aufgabenstellungen des Bundesheeres zu sehen, wonach die oben angeführten Aufgabenfelder "... als neue Aufgabe des Bundesheeres im Rahmen der umfassenden Sicherheitsvorsorge ausdrücklich in der Bundesverfassung zu verankern sind".

Die "Schaffung der Voraussetzungen" umfasst ein breites Feld an Maßnahmen politischer, rechtlicher, finanzieller und personeller Natur. Diese Formulierungen bieten für den Leser dieser Kolumne zunächst wenig neue Substanz, da eine verstärkte Beteiligung Österreichs an internationalen militärischen Operationen hier immer die zentrale Forderung darstellte. Dabei ist aber zu berücksichtigen, dass sich die vorliegenden Empfehlungen erstmals auf den Konsens der vier im Nationalrat vertretenen politischen Parteien abstützen. Sie stellen daher einen sehr brauchbaren Rahmen für die weitere Entwicklung des Bundesheeres dar. Erstmals wird vorgeschlagen, diesen schon seit Jahren erkennbaren und notwendigen Wechsel der Zielsetzung ver­fassungsrechtlich zu verankern. Es wird natürlich weiterer Verhandlungen und eines weiteren politischen Konsenses bedürfen, um diese Empfehlungen auch umzusetzen. Der Bericht und sein Inhalt sind aber nicht mehr wegzuleugnen, ebenso wenig die überwältigende Zustimmung im Rahmen der Kommission.

Diese Zustimmung war auch da­durch erreicht worden, dass der politische Handlungsrahmen für internationale militärische Beteiligungen ausreichend definiert wurde. Dabei hat auch die Neutralität mehrfache Erwähnung gefunden. Dargestellt wird aber auch die Tatsache, dass die Europäische Sicherheits- und Verteidigungspolitik (ESVP) von Österreich ja schon bisher voll mitgetragen wurde. Dementsprechend sind auch die Voraussetzungen für zunehmend anspruchsvoller werdende Einsätze des EU-Krisenmanagements zu schaffen. Diese Forderung wird durch zwei wesentliche Empfehlungen ergänzt, nämlich "... zu prüfen, inwieweit die innerstaatlichen Verfahren im Rahmen des Krisenmanagements, insbesondere im Hinblick auf eine rasche Entsendung militärischer Kräfte in internationale Friedensoperationen den aktuellen Erfordernissen, bei voller Wahrung der Rechte des Parlaments, anzupassen bzw. zu beschleunigen wären ..." und die Empfehlung einer "... engen Kooperation mit europäischen Partnern zum Zweck der Abstimmung multinationaler Verbände (z. B. im Rahmen des EU-Battlegroup-Concept) und (zur Abstimmung von) Operationen".

Diese beiden Empfehlungen sind ein Hinweis auf den Kern der gesamten Kommissionsarbeit. Die Analyse der internationalen Aspekte der Ver­tei­di­gungs­politik hat deutlich ergeben, dass das Bundesheer so rasch wie möglich in die Lage zu versetzen ist, das gesamte militärische Aufgabenspektrum der ESVP auch nach kurzen Vorwarnzeiten zu erfüllen, bzw. Beiträge zu leisten, die dem Stellenwert Österreichs im Rahmen der Europäischen Union entsprechen. Das bedeutet, mehr Kräfte gleichzeitig im Ausland einsetzen zu können, schwierigere Aufgabenstellungen zu erfüllen und zumindest mit Teilkräften rascher verfügbar zu sein. Der Kristallisationspunkt dieser Forderungen ist in der derzeitigen Diskussion im Rahmen der EU das so genannte "Battle Group Concept". Es geht darum, dass sich Staaten bereit erklären, rasch verfügbare Kampfgruppen in einer Stärke von etwa 1 500 Mann bereitzustellen. Das kann durchaus im Rahmen einer Kooperation von mehreren Staaten erfolgen. Staaten, die sich an diesen Kräften beteiligen, tragen zur politischen Handlungsfähigkeit Eu­ropas bei. In einer Periode ungewisser Risken und Bedrohungen kommt es besonders auf rasche und vielfältige Reaktionsmög­lichkeiten an. Eine Beteiligung Österreichs an diesem Konzept würde unser Land in die Reihe jener stellen, die auch in Zukunft die Herausforderungen der europäischen Sicherheit annehmen wollen. Diese Länder sind auch bereit, das Risiko mit anderen zu teilen. Aus der Sicht des Kolumnisten ist das ein zentrales Postulat der Reformkommission.

Brigadier Wolfgang Wosolsobe

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