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Fernmeldeverbindungen im Katastropheneinsatz

Die Zusammenarbeit von militärischen und zivilen Organisationen

Die Katastrophenhilfe zählt zu den wahrscheinlichsten Einsätzen des Österreichischen Bundesheeres. Schon deshalb muss jeder Berufs- und Milizsoldat über die Abläufe und Schwierigkeiten solcher Einsätze Bescheid wissen. Dazu zählt auch die Kenntnis der Kommunikationsmöglichkeiten mit den anderen Einsatzorganisationen.

Der Erfolg eines Einsatzes beruht fast immer auf dem organisierten und disziplinierten Zusammenwirken aller Einsatzkräfte. Je umfangreicher ein Einsatz, desto wichtiger ist diese Zusammenarbeit. Gerade, weil das Bundesheer nicht nur aus Freiwilligen besteht, erwartet jeder von den Soldaten ein professionelles und vorbildliches Vorgehen. Das gilt auch für die Herstellung der Verbindung zu den zivilen Hilfsorganisationen.

Das Bundesheer wird häufig zur Unterstützung angefordert (Transporthubschrauber, Löscheinsätze aus der Luft, Suchmannschaften, Hilfs- und Arbeitskräfte, Fernmeldekräfte, Feldspitäler, ABC-Abwehrkräfte, Pioniereinheiten, Transportmittel usw.). Fallweise muss es aber auch die Einsatzleitung bei einem Unglück oder einer Katastrophe übernehmen (Lawinenkatastrophe in Galtür). Darum sollten - vor allem für mögliche Einsatzleiter - Fortbildungen durchgeführt und die Katastrophenhilfe in die Ausbildung eingebaut werden, so dass praktisch jeder mögliche Beteiligte ein Problembewusstsein für solche Einsätze erlangen kann.

Katastrophen

Katastrophen sind (in der Regel) unerwartete Ereignise, die aber so viele Personen- und/oder Sachschäden verursachen, dass die vorhandenen personellen und materiellen Mittel der betroffenen Gemeinschaft überfordert sind und in größerem Umfang Hilfe von außen notwendig wird. Unfälle sind plötzliche, unerwartete, durch Gewalteinwirkung verursachte Ereignisse, die zu Personen- und/oder Sachschaden führen und mit örtlich vorhandenen Mitteln bewältigt werden können. Der Unterschied zwischen Unfällen und Katastrophen ist allerdings fließend. Stets sind aber - der Ort bzw. die örtlichen Gegebenheiten, - die vorhandene und eventuell zerstörte Infrastruktur und - das (zerstörte) soziale und wirtschaftliche Gefüge der betroffenen Bevölkerung mitentscheidende Faktoren. Unabhängig davon hängt es oft von getroffenen - oder unterlassenen - Vorkehrungen, Planungen, Vorbereitungen und Führungsmaßnahmen ab, ob ein Unfall zur Katastrophe wird oder nicht.

Formal gilt jedenfalls der Katastrophenzustand, nachdem ein Gebiet (grundsätzlich von der Bezirksverwaltungsbehörde) offiziell zum Katastrophengebiet erklärt wurde.

Katastrophenmanagement, Krisenmanagement

In Österreich liegt die Verantwortung für die Katastrophenhilfe bei den zivilen Behörden der Bundesländer und der Bezirke. Sie haben die erforderlichen Vorbereitungen zu treffen und zu koordinieren, um die optimalen Voraussetzungen zur erfolgreichen Bewältigung großer Schadensfälle sicherzustellen.

Die ideale Führungsstruktur umfasst die Behörden, einen Stab und die ausführenden Organe, bestehend aus dem "Kommando Schadenraum" sowie dem "Kommando Rückwärtiges", geführt von einem Einsatzleiter.

Die Behörde (politische Führung) ist verantwortlich für die rechtzeitigen Vorsorgemaßnahmen (Planung, organisatorische Vorbereitungen), fällt Grundsatzentscheidungen und koordiniert.

Der Stab (beratendes und planendes Gremium) ist das Arbeitsinstrument der Behörde bzw. des Einsatzleiters. Er wird durch das Führungspersonal aller beteiligten Organisationen gebildet.

Der Einsatzleiter (operative Führung) koordiniert die Rettungs- sowie die übrigen Maßnahmen und leitet den Gesamteinsatz. Seine Hauptinstrumente sind das "Kommando Schadenraum" und das "Kommando Rückwärtiges".

Dem Einsatzleiter vor Ort oder Chef des Schadenraumes (taktische Führung) obliegt die Führung aller Einsatzkräfte direkt am Ort des Geschehens.

Die Einsatzzentrale (Einsatzstab) besteht aus je einer leitenden Person aller eingesetzten Rettungs- und Hilfsorganisationen.

Der Logistische Leiter oder Chef Rückwärtiges (logistische Führung) ist verantwortlich für alle Belange der Logistik. Er entlastet und unterstützt mit seinen Mitteln und Strukturen das "Kommando Schadenraum".

Die Logistikzentrale (Logistikstab) besteht ebenfalls aus Mitgliedern aller eingesetzten Organisationen.

Als Einsatzkräfte können grundsätzlich zur Verfügung stehen:

- Gendarmerie bzw. Polizei; - Feuerwehren; - Rotes Kreuz und andere Rettungsorganisationen; - Rettungshubschrauber; - Bergrettung; - Wasserrettung; - Höhlenrettung; - Werksrettungen und Werksfeuerwehren; - Katastropheneinsatzzüge des Bundesheeres; - Fachspezialisten; - Hilfskräfte aus Nachbarstaaten.

Die erfolgreiche Bewältigung großer Schadensereignisse hängt weitgehend von zwei Faktoren ab: den Vorbereitungen im Hinblick auf ein solches Ereignis und dem besonnenen, richtigen Vorgehen an Ort und Stelle. Zu den unverzichtbaren Vorbereitungen zählt auch der Aufbau einer funktionierenden Kommunikationsinfrastruktur.

Die Art der Verbindungen bei Katastropheneinsätzen Die Fernmelde- und Datenverbindungen sollen alle Einsatzphasen abdecken. Dies beginnt bereits mit der eingehenden Notfallmeldung in den Leitstellen (Bezirke) der Feuerwehr, des Roten Kreuzes oder der Gendarmerieposten sowie in den in den einzelnen Ländern verschieden organisierten Landeswarnzentralen (LWZ) der Bundesländer (in Kärnten Landeswarn- und Alarmzentrale - LAWZ). Leitstellen und LWZ (in der Folge generell als Leitstellen bezeichnet) haben (annähernd) dieselben Anforderungen zu erfüllen. Dem müssen auch ihre Verbindungsmöglichkeiten entsprechen:

- Alle Notrufe (Feuerwehr 122, Gendarmerie bzw. Polizei 133, Rotes Kreuz 144, Bergrettung 140, Ärztenotdienst 141, Internationaler Notruf 112, ...) müssen, egal in welchem Netz, zur nächsten Leitstelle gelangen. Die Alarmierung der Organisationen ist von den Leitstellen zu steuern, dort ist sie meist von der jeweiligen Organisation vorprogrammiert und gleichsam auf Knopfdruck auslösbar.

- Viele Organisationen nutzen noch Pagernetze. Diese sollen demnächst abgeschaltet werden. In einigen Ländern gibt es aber Bestrebungen, sie zu erneuern und mit besseren Geräten auszustatten.

- Der Trend geht zur Alarmierung per Short Message System (SMS). Mobiltelefon-Netzbetreiber bieten speziell für Rettungsorganisationen solche Dienste mit ausgereiften Möglichkeiten und Sicherheiten an.

- Die Sirenenauslösung wird über ein eigenes Netz der LWZ gesteuert, welches mit Funk überlagert wird und eine landesweite Ansteuerung ermöglicht. Sirenenalarm kann auch durch fix installierte Brandschutzmelder ("Feuermelder") ausgelöst werden.

- Hauptsächlich benutzt werden herkömmliche Telefon- und Fax-Verbindungen, allerdings mit modernen Endgeräten, die eine rasche und einfache Erreichbarkeit aller wichtigen Stellen ermöglichen.

- Auch moderne EDV-gestützte Einsatzleitsysteme werden genutzt. Diese sind speziell auf solche Einsätze abgestimmt und bewirken eine noch einfachere, vor allem aber übersichtlichere und schnellere Abwicklung der Leitstellenarbeit.

- Eine oder mehrere Einbindungen in das Internet sind obligatorisch und zum Großteil vorhanden, um auf schnellem Wege Informationen zu beschaffen und einen Austausch vorhandener Daten durchführen zu können.

- Die direkte Einbindung in Satellitenverbindungen ist noch nicht vorgesehen.

- Notwendig wären auch Überlagerungen aller Bodenverbindungen, die bei größeren Schadenfällen ausfallen können, sowie eine Nutzung des "Global Positioning Systems" (GPS) oder von Satelliten-Aufnahmen.

- Funkverbindungen werden durch die Bereichsfunknetze der leitstellenbetreibenden Organisation sichergestellt. Eine übergreifende Verbindung zu andern Organisationen ist außer am gemeinsam nutzbaren Katastrophenkanal allerdings nicht möglich. Eine direkte Verbindung mit den Rettungshubschraubern ist anzustreben, da der Hubschraubereinsatz so schneller und effizienter ablaufen kann. Aus der Sicht der Katastrophenhilfe wäre ein gemeinsames Funknetz anzustreben, das auch individuell genutzt werden kann, wobei jede Organisation über einen eigenen Funkkreis verfügt.

Verschiedene Aufgaben - verschiedene Systeme

Wenn ein Einsatz angelaufen ist und bereits mehrere Organisationen am Ort des Geschehens eingesetzt sind, muss vor Ort eine Einsatzzentrale (EZ) eingerichtet werden, von der aus der Einsatzleiter (EL) führt und organisiert. In der Einsatzzentrale sind Führungspersonen aller eingesetzten Organisationen vertreten, die den Einsatzleiter unterstützen und die Aufgaben an ihre Einsatzkräfte weiterleiten.

Als Mobile Einsatzzentralen eignen sich oft Kommandowagen der Feuerwehr ("Florian"). Deren Geräte ermöglichen Funkverbindungen mit allen vor Ort zusammenwirkenden Einsatzorganisationen und Leitstellen.

Funknetze

Von der Einsatzzentrale aus wird hauptsächlich mit Funk geführt, dementsprechend leistungsfähig und vielseitig sollte auch das Funknetz sein.

Gendarmerie bzw. Polizei, Feuerwehr, Rotes Kreuz und Bergrettung verfügen jeweils über ein eigenes Bereichsfunknetz, welches das zugewiesene Einsatzgebiet mit Relaisstationen annähernd lückenlos abdeckt.

Die Rettungshubschrauber können mit ihren Breitband-Funkgeräten ihre eigenen Verbindungen sowie jene zu den anderen Organisationen abdecken.

Höhlen- und Wasserrettung werden im Einsatz meist in den Funkkreis des Roten Kreuzes oder der Bergrettung eingebunden.

Alle Funkkreise verfügen über einen gemeinsamen Kanal (Katastrophenkanal), um im Bedarfsfall untereinander kommunizieren zu können.

Das Österreichische Bundesheer verfügt über verschiedene Funksysteme. Diese sind jedoch mit den zivilen Systemen nicht kompatibel sowie durch ihre Bauart oder Verschlüsselung nur beschränkt für Katastropheneinsätze geeignet. Es ist damit also meist keine direkte Verbindung zu den anderen Einsatzkräften möglich.

Mobiltelefonnetze

Die zweitwichtigste Verbindung der Einsatzzentrale ist ein funktionierendes Mobiltelefonnetz (GSM), welches die Einsatzzentrale möglichst schnell arbeitsbereit und mobil einsetzbar macht. Ermöglicht wird dies durch ein Netzmanagement der Netzbetreiber (vor allem der Mobilkom Austria) speziell für Katastropheneinsätze und dabei vor allem für Einsatzkräfte. Viele Organisationen sind deshalb komplett mit Mobiltelefonen ausgestattet und führen die Alarmierung sowie die erforderlichen Absprachen über Mobiltelefone ("Handys") durch. Die Netzstruktur kann zusätzlich auch zur Ortung eines Mobiltelefones genutzt werden.

Allerdings wäre eine Satellitentelefonverbindung als Überlagerung zum GSM-Netz erforderlich, um bei dessen Ausfall darauf zugreifen zu können. Es gibt bereits GSM-taugliche Handgeräte, die bei Verbindungsausfall automatisch auf Satellitenübertragung umschalten. Das satellitengestützte Global Positioning System (GPS) dient vor allem zur Bestimmung und Weitergabe der Position. Es sind Geräte in Entwicklung, die dies zusätzlich zu den weiter oben genannten Funktionen bieten. Eine weitere Möglichkeit wäre die Nutzung von Satellitenaufnahmen, zum Beispiel die Übertragung von Fotos unzugänglicher Katastrophengebiete.

Verbindungen am "Gefechtsstand"

Bei umfangreicheren Ereignissen werden eine Gesamt-Einsatzleitung mit einem Katastrophenstab gebildet und darüber hinaus noch mehrere Einsatzzentralen betrieben. Die Gesamt-Einsatzleitung ist grob mit einem Gefechtsstand vergleichbar (Stabsfunktionen, Meldesammelstelle, …), der Verbindungsbedarf entspricht etwa dem einer Leitstelle. Meist werden dazu Einrichtungen genutzt, die bereits zum Großteil über die erforderliche Infrastruktur verfügen (Schulen, Gemeindeämter, Kasernen, …).

Falls mit einer Zerstörung der vorhandenen Verbindungen zu rechnen ist oder diese bereits erfolgte, muss auch die Arbeitsfähigkeit der Landes- und Bezirksbehörden sowie der Gemeinden sichergestellt werden. Auch sonstige wichtige Einrichtungen wie Krankenhäuser, Energieversorger, Kasernen usw. müssen immer erreichbar sein.

Hauptproblem Funk

Vor Ort wird der Einsatz hauptsächlich mit Handfunkgeräten geleitet. Sind zu wenig oder gar keine Geräte vorhanden, werden Aufträge und Informationen oft nur mündlich erteilt, oder jeder Einsatzgruppe wird (zumindest) ein Funker einer zivilen Organisation zugeteilt. Dies reicht in vielen Fällen aus und funktioniert gut, ist aber nicht für jeden Einsatz zweckmäßig.

Zur Abdeckung einer Einsatzführung mit Funk gilt es daher, die Einsatzkräfte ausreichend mit Geräten auszustatten und primär deren interne Funkkreise sicherzustellen. Darüber hinaus sollen - die Einsatzzentralen die Verbindung zu allen Einsatzkräften herstellen können und - die verschiedenen Einsatzkräfte bei unmittelbarer Zusammenarbeit untereinander Verbindung haben.

Das erfordert ein gemeinsames Funknetz mit einer dementsprechenden Kanalanzahl (Bündelfunk) inklusive eigenen Einsatzkanälen, die für eine Zusammenarbeit mehrerer verschiedener Einsatzkräfte bereitgehalten werden. Ein TETRA- (Terrestrian Trunked Radio-)Netz könnte z. B. diese Anforderungen weitgehend erfüllen. TETRA ist ein ursprünglich für den europäischen Raum entwickeltes Bündelfunksystem, das Sprache und Daten gleichzeitig übertragen kann. Die Verbindung läuft ähnlich wie bei Mobiltelefonnetzen über Basisstationen ("Handymasten") sowie über kurze Distanzen direkt. Der Übergang in andere Systeme/Netze ist möglich.

Nutzungsmöglichkeiten verschiedener Netze

Ideal wäre, alle verfügbaren Netze zu einem multifunktionellen System verbinden zu können oder überhaupt über ein solches zu verfügen. Jede Organisation denkt aber primär an ihre eigenen Verbindungen. Es ist bislang keiner übergeordneten Stelle gelungen, eine komplexe, übergreifende Struktur zu schaffen. Ein digitales Bündelfunknetz ist erst ab 2009 zu erwarten. Also muss mit den zur Verfügung stehenden Mitteln mit möglichst geringem Aufwand ein möglichst gutes Zusammenwirken aller Komponenten erreicht werden.

Dazu können die vorhandenen militärischen Funkgeräte genutzt werden. Das heißt, der militärische Kommandant koordiniert die ihm unterstehenden Kräfte mit heereseigenen Fernmeldemitteln (einschließlich Funker) von der Einsatzzentrale aus, von wo er wiederum durch zivile Einrichtungen zu allen anderen Stellen Verbindung hat. Er hält ständig Kontakt zum Einsatzleiter, setzt seine Aufträge um, bietet sich an, unterstützt ihn und informiert ihn über die Lage bei den Einsatzgruppen. Der stellvertretende Kommandant hält Verbindung zum Kommandanten, gibt diesem alle erforderlichen Informationen, und führt den Einsatz der Gruppen direkt vor Ort. Die Funkgeräteausstattung eines Katastropheneinsatzzuges - ein Gerät (mit Funker) für den Kommandanten, ein Gerät für den Stellvertreter, je ein Gerät pro Gruppe und ein Gerät als Reserve - sollte den Einsatzkräften dabei jederzeit zur Verfügung stehen.

Eine mögliche Lösung des Verbindungsproblems zu anderen Organisationen wäre die fixe Ausstattung der Katastropheneinsatzzüge mit Funkgeräten TFF-39 oder TFF-41. Da diese frequenzprogrammierbar sind, könnten die wichtigsten Kanäle der zivilen Einsatzorganisationen gespeichert werden. Im Bedarfsfall wäre so die Zusammenarbeit sichergestellt.

Zusätzlich sollte in jedem Verband eine angemessene Anzahl von Mobiltelefonen zur Verfügung stehen. So sollten z. B. im Katastropheneinsatzzug mindestens sechs Mobiltelefone (parallel zur Funkgeräteausstattung!) vorhanden sein. Solange das Mobiltelefonnetz funktioniert, kann ein Großteil des einsatzbedingten Fernmeldeverkehrs über Mobiltelefone laufen und die erforderliche Priorität für die Einsatzführung würde durch das Katastrophenmanagement der Mobilkom-Austria sichergestellt. Diese stellt bei Bedarf auch Notfall-Mobiltelefone zur Verfügung. Die Nachteile sind allerdings die Bindung an einen Netzbetreiber und der Verbindungsausfall bei einem großräumigen Netzausfall.

Auch das heereseigene IFMIN-Netz (IFMIN - Integrierte Fernmeldeinfrastruktur) kann in Katastropheneinsätze eingebunden werden. Vor allem bei großräumigen Ereignissen (Hochwasser, Erdbeben, Sturmschäden, …), wo die zivile Infrastruktur zerstört ist oder auszufallen droht, ist die rasche Errichtung eines unabhängigen Netzes zu wichtigen Institutionen und zur nächsten sicheren Festnetzverbindung erforderlich. Zu den wichtigsten einzubindenden Institutionen zählen die Einsatzzentrale, der Einsatzstab, die Leitstellen, die zuständigen Behörden und Einrichtungen der Infrastruktur wie z. B. Krankenhäuser, Energieversorger und Kasernen. Der Übergang in das Festnetz könnte durch den Anschluss mehrerer Telefonleitungen (Einzelanschlüsse) an IFMIN erfolgen. IFMIN ist auch mobiltelefontauglich.

Zusätzlich können die ortsfesten Einbindungen in Kasernen und in anderen Heereseinrichtungen genutzt werden. Da keine andere Institution ein unabhängiges, steuerbares Fernmeldenetz in kürzester Zeit überall in Österreich errichten kann, erscheint die IFMIN-Nutzung unverzichtbar. Dazu muss allerdings die Zusammenarbeit mit den zivilen Organisationen geübt und diesen ein Einblick in das System gewährt werden, um deren Wissen und Verständnis zu heben.

Maßgeschneiderte lokale Einsätze

Fallweise bedarf es allerdings nicht flächendeckender, sondern maßgeschneiderter Einsätze von Fernmeldekräften des Bundesheeres, wie z. B. einfacher, verlässlicher Fernsprechverbindungen mit Feldkabel und Feldfernsprechern in Tunnels, Höhlen oder sonstigen Orten, wo keine Funkverbindung möglich ist. Kurzwellenverbindungen hingegen können als Überlagerung oder als rasch herstellbare Verbindung über größere Entfernungen dienen.

Sehr effizient erscheint auch ein Alarmierungssystem über SMS. Eine solche Alarmierung über Mobiltelefone wäre vermutlich auch in einigen militärischen Bereichen sinnvoll und kostengünstig. Allerdings müsste sichergestellt sein, dass jede zu alarmierende Person ein Mobiltelefon besitzt und ständig erreichbar ist. Dies könnte durch unterstützende Maßnahmen des Dienstgebers (Sammelkauf von Geräten, Nutzung günstiger Tarife, ...) gefördert werden.

Um einen reibungslosen Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel im Ernstfall zu gewährleisten, bedarf es einer gediegenen Vorbereitung durch Koordinierung, Einweisungen, Erprobungen und gemeinsame Übungen mit allen Einsatzkräften.

Erkenntnisse aus Einsätzen

Opferbergung in Kaprun

Nach der Standseilbahn-Brandkatastrophe in Kaprun im November 2000 stand am Einsatzort selbst in den meisten Fällen die Verbindung über Funk im Vordergrund. In der Alarmierungsphase griff man aber meist zu Pagern, zum herkömmlichen Telefon und natürlich zur altbewährten Sirene. Ein Großteil der Anforderungen und Absprachen erfolgte via Festnetz und Mobilnetz. Da natürlich auch die Bevölkerung und viele Gäste telefonierten, führte dies allerdings mehrmals zu Überlastungen der zivilen Netze.

Das Heer wurde - mit Ausnahme dreier sofort angeforderter Hubschrauber - erst zur Opferbergung nach Kaprun gerufen. Die Anforderung erfolgte gemäß § 2 des Wehrgesetzes (siehe weiter unten: Assistenzanforderung).

Die Bergungsarbeiten im Tunnel wurden mit Feldkabelleitungen und Feldtelefonen unterstützt. Die Zusammenarbeit mit den zivilen Einsatzkräften über Funk war jedoch schwierig. Die Hubschrauber des Bundesheeres hatten beispielsweise zwar die Möglichkeit, (auf 126,675 MHz) mit der Feuerwehr zusammenzuarbeiten, nicht jedoch mit den Bergetrupps an der Unglücksstelle. So musste man sich mit geliehenen Funkgeräten der Feuerwehr behelfen. Der Einsatzleiter und die Bergetruppkommandanten konnten damit Anforderungen oder Absprachen mit anderen Einsatzkräften über Funk durchführen.

Anforderungen größeren Ausmaßes erfolgten von den Einsatzleitern meist über das herkömmliche Postnetz, über GSM sowie von Kaserne zu Kaserne mittels IFMIN. Eine Einbindung der Einsatzzentrale in Kaprun über IFMIN war bei diesem Einsatz (aufgrund der intakten und stabilen zivilen Fernmeldeinfrastruktur) nicht erforderlich.

Nicht in allen Fällen steht bei der Verbindungsaufnahme modernes Fernmeldegerät an oberster Stelle. Beim Einsatz in Kaprun waren persönliche und direkte Absprachen in einigen Situationen wichtiger als beispielsweise der Funkverkehr. Militärische und zivile Einsatzorganisationen müssen dabei Hand in Hand arbeiten!

Hochwassereinsatz August 2002

Bei Hochwassereinsätzen wie im August 2002 ist es schwer, in der Anfangsphase von Koordination und geregelten Abläufen in der Einsatzführung zu sprechen, weil - Einsatzkräfte und deren Stützpunkte möglicherweise selbst vom Hochwasser und vom Schlamm betroffen sind, - Mitglieder verschiedenster Einsatzkräfte zum Zeitpunkt der Alarmierung selbst gerade dabei sind, ihr eigenes Hab und Gut vor der Flut zu retten, - Anforderungen und Alarmrufe zum Teil aus dem halben Bundesgebiet kommen und erst Prioritätenreihungen durchgeführt werden müssen und - Kommunikationseinrichtungen, Basisstationen sowie die Energieversorgung (Strom) großflächig ausfallen.

Gerade dann ist es besonders wichtig, dass die verschiedensten Einsatzkräfte, die freiwilligen Helfer und das Österreichische Bundesheer so gut wie möglich zusammenarbeiten und gemeinsam "anpacken". Hat doch das Jahrhunderthochwasser 2002 gezeigt, wie schwer es ist, ein solches Heer von Helfern koordiniert und effektiv zum Einsatz zu bringen. Das Fehlen eines gemeinsamen digitalen Behördenfunksystems hat jedenfalls die Kommunikation und somit die Koordination erschwert. So musste zwangsläufig immer wieder auf das öffentliche Fest- und Mobilnetz zurückgegriffen werden, sofern dieses noch intakt war. Um ausreichende Netzkapazitäten verfügbar zu halten, wurde die Bevölkerung aufgerufen, ihre Mobil- und Festnetztelefone nur im Notfall zu benutzen.

Hier sollte überlegt werden, in solchen Fällen mit Komponenten des mobilen IFMIN-Systems Übergänge (z. B. Leitungsschaltungen) aus dem Katastrophengebiet in das noch intakte Post- und IFMIN-Netz zu schaffen.

Verschiedene Netzbetreiber arbeiten schon seit einiger Zeit an solchen mobilen Komponenten (Netzübergänge), nur wurde bis jetzt kein gemeinsamer Weg mit den Betreibern, den verschiedenen Einsatzkräften sowie der Exekutive und dem Bundesheer gefunden. Im Bereich des gemeinsamen Einsatzfunks soll es aber bis 2009 zu einer effizienten Lösung kommen.

Humanitäre Hilfe in Shkodra

Beim Einsatz in Shkodra (Albanien) im Jahre 1999 wurde ein Flüchtlingscamp für Menschen aus dem Kosovo erricht, betrieben und gesichert. Es war also kein klassischer Katastropheneinsatz. Dennoch spiegelt er die Probleme der Zusammenarbeit der Soldaten mit den zivilen Einsatzkräften sehr gut wider.

Im Großen und Ganzen verlief der Einsatz sehr positiv: das gesteckte Ziel wurde erreicht und den Menschen geholfen.

Den überwiegenden Teil des Lageraufbaues und die Sicherung übernahm das Bundesheer. Das Rote Kreuz war sowohl für den Aufbau mitverantwortlich als auch für die Registrierung und Aufnahme der Flüchtlinge, die Essensausgabe sowie für die Trinkwasseraufbereitung zuständig. Nachdem auch das Bundesheer eine Trinkwasseraufbereitungsanlage zum Einsatz brachte, kam es zu einer Art Wettbewerbsdenken zwischen den beiden Wasseraufbereitungsteams.

Zu den Hauptproblemen in diesem Einsatz zählte die mangelnde Kommunikation der einzelnen Organisationen untereinander. Die Zusammenarbeit auf dem Fernmeldesektor war verbesserungswürdig. Der Bedarf an Fernmeldeverbindungen und -gerät war allerdings mit der erstmaligen Einbindung einer IFMIN-Knotenvermittlung 120 via Satellit und einer Heimatfunkanlage (Verbindung nach Wien) größtenteils abgedeckt. Diese Rückwärtsverbindung stand allen Organisationen zur Verfügung.

Es bestand auch eine Funkverbindung über Kurzwelle (PRC-2200) vom Camp in Shkodra zum Hauptquartier in Tirana. De facto gab es allerdings keinen Funkverkehr mit den zivilen Einsatzkräften, gerade der ist in gemischten Einsätzen aber unumgänglich. Aus sicherheitstechnischen Gründen sowie zur besseren Führung wäre es aber von Vorteil gewesen, militärische Fahrzeuge zumindest außerhalb des Camps mit Funkgeräten auszustatten.

Auf einen Blick

Zu den unverzichtbaren Vorbereitungen auf mögliche Katastrophen gehört auch der Aufbau einer funktionierenden Kommunikationsinfrastruktur. Um einen reibungslosen Einsatz aller zur Verfügung stehenden Mittel im Ernstfall zu gewährleisten, bedarf es einer gediegenen Vorbereitung durch Koordinierung, Einweisungen und Erprobungen sowie gemeinsamer Übungen mit allen Einsatzkräften.

Das Bundesheer sollte daher bei Katastrophen nicht nur die Verbindung innerhalb der eigenen Kräfte sicherstellen können, sondern auch die Verbindungen zu den zivilen Einsatzkräften forcieren. Das würde die Zusammenarbeit mit zivilen Einsatzkräften im In- und Ausland verbessern und effizienter machen.

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Assistenzanforderung

Die Assistenzanforderung des Bundesheeres bei Elementarereignissen und Unglücksfällen außergewöhnlichen Umfanges ist im § 2 des Wehrgesetzes geregelt.

Das Bundesheer kann demnach angefordert werden:

- bei Katastrophenfällen außergewöhnlichen Umfanges; - durch die zivile Gewalt (Ansuchen); - wenn die Zielerreichung ohne Mitwirken des Österreichischen Bundesheeres nicht möglich ist; - zu Arbeiten nach Katastrophenfällen zur Wiederherstellung des staatlichen und wirtschaftlichen Lebens; - zur Vorbereitung für einem solchen Einsatz (z. B. Evakuierungen).

Zur Anforderung berechtigt sind:

Behörden und Organe des Bundes (Bundesministerien), der Länder (Landesregierungen und Bezirkshauptmannschaften) und Gemeinden (Bürgermeister, Gemeinderäte) sowie Personen im Auftrag der Behörden.

Inhalt der Anforderung:

Zweck, voraussichtlicher Umfang und voraussichtliche Dauer.

Die eingesetzten Truppen/Soldaten sind weisungsgebundene Vollzugsorgane der zuständigen Behörde. Selbstständig darf/muss das Bundesheer einschreiten, wenn:

- die zuständige Behörde durch höhere Gewalt außerstande gesetzt ist, Maßnahmen zu setzen; - bei einem Zuwarten ein nicht wieder gutzumachender Schaden für die Allgemeinheit entsteht.

Ablauf einer Assistenzanforderung in der Praxis:

Nach einem Bergsturz, einem Hochwasser, einem Lawinenabgang, einem Chemieunfall usw. erkennt der Katastrophenreferent der Bezirkshauptmannschaft die Notwendigkeit der Assistenz und stellt einen Antrag an die Landesregierung oder direkt an das Militärkommando. Angefordert werden z. B.:

- Fliegerkräfte (für Bergung, Transport, Löscheinsätze, Luftbilder, Verbindung, Erkundung); - Lawineneinsatzzüge; - Katastropheneinsatzzüge; - Pioniere; - Sanitätsdienste; - ABC-Abwehrkräfte; - Fernmeldeeinheiten; - Transportgerät; - Spezialisten (wie Taucher, Bergführer, Lawinensprengbefugte).

Das Militärkommando entscheidet, welche Kräfte eingesetzt werden, und erteilt die entsprechenden Aufträge.

___________________________________ ___________________________________ Für TRUPPENDIENST bearbeiteter Auszug der Projektarbeit "Verbindungsdienste und Bedarf an Fernmeldeverbindungen im Katastrophenfall" des Stabsunteroffizierslehrganges 2003 an der Fernmeldetruppenschule.

Autoren: Stabswachtmeister Georg Oberlechner, Jahrgang 1973; seit 1993 beim Heeresfernmelderegiment (HFMR) in St. Johann/Pongau als Richtfunk-Gruppenkommandant. Heeresbergführer, Heeresflugretter, Heeresschilehrer, Ausbilder im Bergrettungsdienst. Einsatz beim Lawinenunglück in Galtür, verschiedene Bergrettungseinsätze.

Stabswachtmeister Manfred Stindl, Jahrgang 1975; seit 1996 beim HFMR als Nachschubunteroffizier. Heereshochalpinist.

Stabswachtmeister Hannes Saugspier, Jahrgang 1977; seit 1996 beim HFMR als Richtfunk-Gruppenkommandant. Heereshochalpinist-Anwärter. Einsätze bei ATHUM/ALBA, nach dem Standseilbahnbrand in Kaprun und beim Hochwasser 2002.

Stabswachtmeister Gerald Kreyca, Jahrgang 1978; seit 1996 beim HFMR als Richtfunk-Gruppenkommandant. Einsatz beim Lawinenunglück in Galtür.

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