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Im Mittelpunkt steht der Mensch: Mediation und Militär - ein Widerspruch?

Ein Rekrut hat sich im Rahmen von KIOP-KPE als so genannter "Mann­schafts­soldat" für einen Vertragszeit­raum von drei Jahren verpflichtet. Bei der jährlichen Eignungsüberprüfung ergeben sich psychische Auf­fällig­keiten, die sich auch nach einer Nachfrist von sechs Wochen nicht wesentlich ändern, weshalb eine Nichteig­nung ausgesprochen werden muss. Schließlich wird dieser Soldat seitens des Bundesministeriums für Landesverteidigung gekündigt. Zu seiner Verärgerung stellt er nunmehr auch fest, dass er durch die vorzeitige einseitige Ver­tragsauflösung eine Menge Geld verliert. Er fühlt sich massiv benachteiligt und klagt das Bundes­heer beim Arbeitsgericht, indem er für seine Kündigung das schlechte Betriebsklima, mangelnde Informationen und unzureichende Fürsorge durch seinen Kommandanten ins Treffen führt.

Ein junger Offizier gibt ein Ver­setzungsansuchen bei seinem Trup­penkörper ab, da er wenig Förder- und Aufstiegschancen erkennt. Außerdem hätte er durch die Versetzung die Mög­lichkeit, sein weit fortgeschrittenes Studium nach vielen dienstlichen Verzögerungen endlich zu beenden. Aufgrund derzeitiger Personalprobleme und des Umstandes, dass dieser junge Offizier in der jetzigen Funktion für die nächsten Jahre "verplant" ist, gibt der Ba­taillonskommandant eine negative Stel­lungnahme ab.

Haben Sie nicht unmittelbar nach dem Lesen dieser Zeilen schon eine Entscheidung parat? Wer in den bei­den Szenarien, glauben Sie, wird der Gewinner und wer der Verlierer sein?

Diese beiden Beispiele, die nur einen kleinen Auszug möglicher Konfliktsze­narien skizzieren, sollen vor Augen führen, dass Sie mit Ihrer sofortigen Lösung einen Abriss der Konfliktlösungskultur in unserem Ressort darstellen. Es geht in beiden Fällen um Positionen, die ein­ander gegenüberstehen und zu deren Austragung eine Art der Konfliktlösung gewählt wird, nämlich die der Konfliktdelegation. Egal wie weit nun der Konflikt zur möglichen Lösung die Instanzen hinaufwandert, es geht hier immer um Parteilichkeit, um Positionen, um letzt­endlich einseitige Interessen. Be­sonders in Systemen mit ausgeprägter Hierarchie und somit Macht, scheint es fast unmöglich zu sein, ein Betriebsklima zu schaffen, in dem hinter oder vielleicht sogar neben den Positionen Interessen, Bedürfnisse oder Werthaltungen stehen können. Unterschiedliche Sichtweisen und Bewertungen führen zu unterschiedlichen Positionen und somit zum Verteidigen unterschiedlicher Standpunkte.

Es ist den Militärs eigen, lösungsorientiert ausgerichtet zu sein, sehr frühzeitig zu lernen, dass es in einem Kon­flikt zumeist einen Verlierer und einen Sieger gibt. Diese Grundhaltung spiegelt sich besonders bei den so genannten Werte- oder aber auch Be­zie­hungs­kon­flikten wider; beide Formen werden vielfach durch Entscheidungen von Vorgesetzten oder Ranghöheren gelöst. Bedeutet nicht das Eingehen eines Kompromisses als Kommandant oder Leiter bereits ein Abweichen vom vorgelebten Rollenbild? Ist der Umstand, nicht die eine oder andere Position klar zu vertreten und zu entscheiden, ein Zeichen von Schwäche und mangelndem Durch­setzungs­ver­mögen? Was aber passiert, wenn es plötzlich zwei Gewinner geben kann? Wenn sogar die hohe Stufe der Kon­fliktbewältigung zu tragen kommt, nämlich einen Konsens zu erarbeiten, das heißt, etwas neues Gemeinsames zu schaffen? Und dies, ohne selbst als Kommandant eine Lösung oder Entscheidung für die Parteien getroffen zu haben, sondern nur unter Mithilfe von den Betroffenen selbst?

Dies zu bewerkstelligen, bedarf einer sehr ausgeprägten sozialen Kompetenz und eines sehr umfangreichen Wissens sowie der Erfahrung in den Bereichen Konfliktmanagement, Konfliktkultur, rechtliches Hintergrundwissen, Systemverständnis und Gesprächsführung. Ge­nau diese Voraussetzungen bringen mit Ende diesen Jahres 18 ausgebildete Me­diatoren mit, die nicht nur aus dem Bereich der Heerespsychologie stammen, sondern auch aus der Profession der Rechtswissenschaften, Wirtschaftswissenschaften, Führungsverhaltensausbildung etc. Dadurch ist nicht nur eine befruchtende Interdisziplinarität gegeben, sondern eine sinnvolle Kom­pe­tenzansiedelung bei der Personalbe­hörde, Personalführung, Personalge­winnung, Kontrolle, den Akademien etc.

Mediation, mittlerweile in Österreich seit mehreren Jahren eine anerkannte Methode, ja sogar ein eigener Beruf, ist eine Form der Konfliktbearbeitung, bei der die Betroffenen selbst mit Unterstützung eines allparteilichen Mediators versuchen, unterschiedliche Interessen zu einem Konsens zusammenzuführen. Diese Mediatoren sind beim Bundesministerium für Justiz in einer Liste eingetragen, anerkannt und erfüllen vorgeschriebene Qualitätskriterien. Die Vorteile der Mediation sind die Kosten- und Zeitersparnis durch die Effizienz, Besserung des Betriebsklimas, Transparenz, Akzeptanz und die Verkürzung von Entscheidungs­fin­dungen. Es gibt keine "Verlierer". Werbewirksamkeit und Innovation, Abbau von "Feindbildern", Zukunftsorientierung, Erweiterung der Führungs­kräftekompetenz und vieles mehr sind positive Ausflüsse.

Die Methode der Mediation und die Mediatoren verstehen sich im Bundesheer als Führungsins­tru­men­t, als eine Möglichkeit der Führungs­unter­stüt­zung, welches aber verstanden, akzeptiert und sinnvoll eingesetzt werden muss. Der Einsatz von Mediation ist eine Visitenkarte jedes Unternehmens, sozusagen ein Abbild der Konflikt- und Betriebskultur. Es wird sich zeigen, ob solche Angebote seitens der Führung angenommen werden.

Oberstleutnant dhmfD Mag. Christian Langer

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