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Aktuelles Weltgeschehen:

Irak - das Nachkriegsgeschehen

Nach Kriegsereignissen sieht man stets vieles anders als vorher. Das beginnt im Dritten Irak-Krieg bei den Massenvernichtungswaffen, geht über das unmittelbare Kriegsgeschehen und endet beim Öl. Heute scheint es, als wären vor dem Krieg keine Massenvernichtungswaffen mehr vorhanden gewesen. Doch Genaueres weiß man noch immer nicht. Dass sich Saddam Hussein derartige Waffen aneignen wollte, steht außer Zweifel. Dass Saddam auch mit Islamisten kooperieren könnte - wenn dies zu seiner Zeit auch noch nicht geschehen war - war zu befürchten. In Israel zumindest hat er die Palästinenser und deren Terroristen voll unterstützt.

Der Angriff war als militärischer Akt für den Angreifer sehr erfolgreich verlaufen. Weder kam es zur Schlacht um Bagdad noch zu unermesslichen Verlusten bei den Angreifern.

Und das Öl war tatsächlich ein Anliegen der USA. Es ging um die Sicherung der und den Zugriff auf die zweitgrößten und qualitativ besten Erdölvorkommen der Welt für den Westen.

Gravierende Fehler

Im Irak machten die Amerikaner bereits vor dem Krieg und in der Zeit nach der Inbesitznahme der Angriffsziele viele und gravierende Fehler: Ohne völkerrechtliche Legitimation zu handeln, war Unrecht. Es war auch politisch falsch, sich von seinen wichtigsten Alliierten zu isolieren. Ungenügende oder keine konkreten Vorstellungen von der Nachkriegslage zu haben, war ein tödlicher Fehler. Den Besatzungstruppen zu wenig und dann zu spät ausreichende Kräfte als Sicherungselemente zur Verfügung zu stellen, um das Sicherheitsvakuum füllen zu können, war laienhaft. Das Ergebnis waren Plünderungen - einschließlich jener von unwiederbringlichen Kulturschätzen. Die Herrschaft des Pöbels auf den Straßen und damit die Angst der Bürger um ihre Sicherheit waren an der Tagesordnung.

Es folgten weitere Zerstörungen der Infrastruktur durch Iraker und damit die Unterversorgung der Menschen mit Lebenswichtigem: Wasser, Nahrungsmittel und Öl. Einheimische Ordnungskräfte waren vertrieben worden und blieben lange Zeit nicht existent.

Von "Befreiern" erwartet man sich anderes. Die Menschen haben die Eindringlinge zu missachten begonnen. Die Unwissenheit der einfachen Soldaten im Umgang mit den Muslimen, besonders den Frauen, hat die Lage verschärft. Die Art wie man Hausdurchsuchungen und Leibesvisitationen in vielen Fällen sowie die "Behandlung" von Gefangenen durchgeführt hat, musste verletzen und - wo noch nicht vorhanden - Hass auf die "ungläubigen" Besatzer schüren. Ferner ist es nicht gelungen, rasch die Organisationen der Baath-Partei und des Saddam-Clans zu zerschlagen. Deshalb kann noch immer der gewaltsame Widerstand aus diesem Lager agieren. Und dass die Extremfeinde des Westens - die militanten und terroristischen Islamisten - Morgenluft für ihre Aktionspläne im kriegsgeschüttelten Irak wittern würden, durfte nicht wirklich überraschen. Noch dazu, wo die von den Besatzern eingerichtete irakische Führungscrew geringe Sympathiewerte hatte. Es gab also Fehler und Versäumnisse zahlreicher Art.

Weitere massive Kritik

Die Administration in Washington erträgt das Geschehen im Zweistromland und die anhaltende Kritik mit zunehmender Nervosität. Vieles verläuft eben nicht so wie erhofft. Islamische Extremisten haben sich vermehrt eingeschaltet und sogar das Schwergewicht ihrer Aktionen in den Irak verlegt. Die Selbstmordattentate und anderen Anschläge, meistens von sunnitischen Ex-Saddam-Getreuen ausgeführt, erhöhen fast täglich die Zahl der Opfer bei Zivilisten und Uniformierten. Die Lebensumstände für die Bevölkerung verbessern sich nicht wie erwartet. Der Politstreit unter den Einheimischen und der Kampf um die Macht wird stärker und gewalttätiger: Sunniten gegen Schiiten und beide gegen die Kurden und deren Autonomieansprüche. Die Übergangsregierung stünde trotz UN-Resolution ohne militärische Unterstützung durch die USA und ihrer Alliierten hilflos vor einem Chaos. Soll sofort oder erst 2005 gewählt werden? Behalten die Kurden ihre Autonome Region Kurdistan als Teil des Staates? Werden die zahlenmäßig weit überlegenen Schiiten wie bisher von der zentralen Macht ferngehalten? Kommt ein schiitischer Gottesstaat nach iranischem Vorbild? Alles offene Fragen.

Aber dennoch - es ist ein unvorstellbar brutales und gefährliches Terrorregime beseitigt worden. Wie hätte das sonst erfolgen können? Die Beseitigung einer Tyrannei nur durch friedliche Mittel ist leider eine Illusion. Wer das Europa des Zweiten Weltkrieges noch vor Augen hat, weiß von derartigen Geschehnissen in der Geschichte.

UNO und Westen sind gefordert

Nun ist eine irakische Übergangsregierung installiert worden. Einige der Mitglieder wurden bereits ermordet! Wer jetzt jedoch unter diesen Bedingungen rasch den Abzug der von Amerikanern geführten Truppen verlangt und unverzüglich Wahlen, die auch nur halbwegs als "demokratisch" und gerecht empfunden werden, abhalten will, gibt sich einer gefährlichen Illusion hin: Nur ein noch größeres Desaster entstünde.

Ob der Irak nach dem Ende der Besatzung zu einer Diktatur zurückkehrt, in Kleinstaaten zerfällt, islamische Extremisten einen autoritären Gottesstaat errichten oder ein befreites Land mit Freiheit und Menschenrechten entsteht - das hängt vom Westen und der UNO ab. Alle sind gefordert, denn die Islamisten sehen den Irak als Baustein ihrer "neuen islamischen Weltordnung", die sie mit aller Gewalt zu errichten versuchen. Und wichtige Erdölreserven der Welt lagern in der Region. Das sollte man bei aller Kritik an den USA nicht übersehen.

Brigadier i.R. Prof. Dr. Horst Mäder

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