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Kommentar: Und jetzt?

"Da steh´ ich nun, ich armer Tor, und bin so klug als wie zuvor" - so monologisiert in Goethes "Faust I" der ewig Suchende nach dem Sinn des Seins.

Zurück zu Wirklichkeit und Gegenwart. Die mit untauglichen und v. a. zu wenig Information und Mittel geschlagene politische Schlacht um die Zukunft der österreichischen Sicherheitspolitik und damit auch um Sinn und Aufbau des in die Jahre gekommenen Bundesheeres in unserer Zweiten Republik ... aber halt: Das war wirklich keine Schlacht, sondern bestenfalls ein lokales Scharmützel! Sieger dieses rein politischen Gefechtes waren diesmal noch die Befürworter der Wehrpflicht. Die nun folgende Pause im verbalen Parteigezänk dient einzig und allein dem Zweck, Zeit zu gewinnen. Aber erst noch zum Abstimmungsergebnis. Am Beginn das Erfreuliche: Trotz des lange Zeit von den Regierungsparteien gezeigten Desinteresses an der Causa Bundesheer (ähnlich wie in den letzten 50 Jahren) haben rund 50 Prozent der Wahlberechtigten an der Volksbefragung teilgenommen. Das zeigt, dass die Politik einer Fehleinschätzung unterliegt, wenn sie die bewaffnete Macht unserer Republik oft kleinredet und die hervorragenden Leistungen der Soldaten im In- und Ausland offiziell nicht genug würdigt - und v. a., dass sie sich mit den Sorgen und Problemen dieses Bundesheeres viel zu wenig beschäftigt. Bloß am 26. Oktober mit geschwellter Brust auf dem Heldenplatz die Parade der Jungsoldaten abzunehmen, ist zu wenig. Jetzt haben wir es wenigstens amtlich. Knapp 60 Prozent der Österreicher wollen weiter die allgemeine Wehrpflicht. Nochmals halt! Ist es wirklich so ein strahlender Sieg der Volksheer-Unterstützer? Sehen wir genauer hin! Von den knapp 50 Prozent aktiven Befragungsteilnehmern waren wie gesagt 60 Prozent für die Wehrpflicht. Das heißt, von allen Wahlberechtigten in Österreich haben sich rund 30 Pro­zent (!) für den gegenwärtigen Status entschieden. Aber bitte, Sieg ist eben Sieg. Nur die verantwortliche Regierung sollte sich fragen, wieso dieses zentrale Thema einer Staatspolitik nicht auf mehr Interesse stößt?

Jetzt noch ein ganz wichtiger Aspekt, der eigentlich die Verantwortlichen alarmieren müsste. Im Zuge der Wahlanalysen stellte sich heraus, dass das Hauptmotiv, für die Wehrpflicht zu stimmen, nicht das Bundesheer (mit allen seinen Stärken und Schwächen) gewesen ist, sondern der mit dem Heer gekoppelte Zivildienst. Für 75 Prozent der "Wehrpflichtbefürworter" war das ihr Hauptargument!

Das sollte mehr als nachdenklich stimmen. Die Gründe dafür sind vielfältig: die Distanz fast (aller) Regierungen seit 1955 zum Bundesheer, der gewollt nicht vorhandene Stellenwert der rot-weiß-roten Armee in der Gesellschaft und natürlich die materielle Vernachlässigung des Bundesheeres in den letzten Jahrzehnten.

Nun hat der oberste Souverän gesprochen - Causa finita? - zumindest bis zu den nächsten Wahlen. Denn wer dem amtierenden Bundeskanzler in der Abstimmungsnacht, befragt, wie lange diese Volksentscheidung Gültigkeit habe, genau zugehört hatte, konnte Erstaunliches erfahren: So vielleicht zehn Jahre, meinte der Regierungschef. Und dann bitte? Es scheint also auch diese Abstimmung nur eine Zeitaufnahme zu sein - und wieder nicht in Stein gemeißelt zu werden.

Mit dieser schwierigen Situation und der weiterhin ungewissen sicherheitspolitischen Zukunft wird es wohl weitergehen. Da ist guter Rat teuer. Das vor uns liegende Wahljahr - so ist zu befürchten - wird unter den allgemein bekannten Umständen keine positive Lösung für das Bundesheer ermöglichen.

Im Grunde gibt es nur wenige Möglichkeiten, sinnvolle Reformen durchzuführen. Ein Weg wäre die ernsthafte und gewissenhafte Umsetzung des Reformkonzeptes "Bundesheer 2010". Man muss sich das ernsthaft nochmals vor Auge führen. Nach langen und zähen Verhandlungen haben sich alle fünf Parlamentsparteien unter der Leitung des Wiener Altbürgermeisters Helmut Zilk nach einem schweren politischen Ringen auf eine gewaltige Heeresreform geeinigt. Nochmals - das Papier "Bundesheer 2010" liegt seit sage und schreibe neun Jahren (!) in irgend­einer Schublade des Parlaments -, niemand hat sich seither darum gekümmert - eine Schande und Missachtung der staatlichen Sicherheit!

Der zweite Weg: Alle Parlaments­parteien, nämlich deren Chefs und nicht irgendwelche machtlosen Parteifunktionäre, ziehen sich zu einem "Conclave" zurück und beschließen gemeinsam Österreichs Sicherheitspolitik für die nächsten Jahrzehnte. Eine verantwortungsbewußte und realistische Entscheidung erfordert ca. eine Milliarde Euro pro Jahr mehr für das Heeresbudget. Alles andere führt zu keiner positiven Lösung der Wehrpflichtdebatte. Denn, wie sagte einst ein berühmter und erfolgreicher Feldherr im alten Habsburger-Reich: "Für eine ordentliche Armee sind drei Dinge notwendig: Geld, Geld und nochmals Geld".

Das in das Stammbuch der viertreichsten Nation in der EU geschrieben.

Professor Walter Seledec

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