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Psychologie: Der Einsatz im Libanon

Nachdem die 3. Panzergrenadierbrigade mit der Formierungs-, Aufstellungs- und Ausbildungsverantwortung für AUTCON1/UNIFIL betraut worden war, war es nur logisch, dass auch der Brigadepsychologe im Anlassfall in den Libanon entsandt werden sollte.

Der erste Eindruck am Flughafen in Beirut unterschied sich von meinen bisherigen Auslandseinsätzen dadurch, dass es notwendig war, sowohl die Splitterschutzweste, als auch den Kampfhelm zu tragen; allerdings nicht den gesamten Weg von Beirut bis ins Camp in Naqoura, sondern nur bis an die Grenze zum Südlibanon. Dort musste der Helm abgenommen werden - nicht etwa deshalb, weil das Gefahrenpotenzial geringer wäre (immerhin fand erst kürzlich ein Anschlag auf Soldaten der UNIFIL-Mission im Südlibanon statt), sondern als Teil der Politik von UNIFIL, durch symbolische Handlungen der Bevölkerung ein Gefühl von Sicherheit suggerieren zu wollen. Ob das um den Preis der Sicherheit der Soldaten gemacht werden muss, darf allerdings kritisiert werden.

Der große Vorteil für die Moral der Truppe im Einsatzraum Libanon ist (im Gegensatz zu Bosnien und Herzegowina und dem Kosovo) die gute Luftqualität und die umfeldbedingte Möglichkeit, Sport zu betreiben. So bietet der direkt am Meer liegende Teil des Camps ein flaches und der oberhalb liegende und durch die Durchzugsstraße abgetrennte Teil ein steiles Gelände für Lauf- oder Radsporttraining.

Ein weniger erfreulicher Punkt, der mitunter großen Einfluss auf die Moral der Truppe haben kann und auch hat, ist die Verpflegung, die aufgrund der internationalen Beteiligung nicht den mitteleuropäischen Geschmacksgewohnheiten entspricht. Was des Weiteren auf Dauer zur psychischen Belastung werden kann, sind die teils sehr hellhörigen Unterkünfte, sodass gute Kameradschaft und rücksichtsvolles Verhalten untereinander notwendig ist. Oftmals kommen die Soldaten von ihren Patrouillen und anderen Tätigkeiten zurück, hatten jedoch in der Nacht davor kein Auge zugemacht und können nicht schlafen, weil im Nebenzimmer ein Kamerad sein Fernsehgerät eingeschaltet hat oder Musik hört. Es ist also notwendig und kameradschaftlich, auch allgemein die Lärmentwicklung gering zu halten, um ein langfristiges Zusammenleben als halbwegs angenehm erleben zu können.

Was das Thema Angst und Gefahr angeht, so wirkt es beruhigend, wenn man sich vor Augen führt, dass die statistische Wahrscheinlichkeit im Einsatz für UNIFIL ums Leben zu kommen bei 0,003 Prozent liegt. Stellt man die Wahrscheinlichkeit gegenüber, in Österreich an einem Arbeitsunfall zu sterben, so liegt diese mit 0,05 Prozent wesentlich höher.

Der Einsatz des Truppenpsychologen fand nicht mit Beginn des Einsatzes statt, sondern beschränkte sich auf eine kurze Phase, nachdem vor Ort die Notwendigkeit für einen Psychologen erkennbar war und der Kontingentskommandant (AUTCON1) diesen anforderte. In der Reflexionsphase nach dem Einsatz unterstrich der damalige Kontingentskommandant Oberstleutnant Erkinger seine Überzeugung, dass während des gesamten Zeitraumes eines Ersteinsatzes für die Soldaten eine psychologische Betreuung sichergestellt sein sollte.

Die Erfahrungen der letzten Jahre weisen insgesamt darauf hin, dass nicht nur der Einsatzraum im Kosovo (KFOR) durch einen Truppenpsychologen abgedeckt sein sollte, sondern dass der Bedarf über alle Einsatzräume hinweg gegeben ist. Dies sicherzustellen, ist allerdings mit dem zur Verfügung stehenden Personal nicht möglich, was dazu geführt hat, andere Möglichkeiten zu überprüfen. Der Kurzeinsatz bei UNIFIL ermöglichte mir erste Erfahrungswerte und führte zu der Überlegung, eine neue "Psychologische-Versorgungs-Strategie Auslandseinsatz" für das Österreichische Bundesheer anzustreben. Es muss beurteilt werden, ob nicht ein Psychologe die Einsatzvorbereitung mit durchführen und durch Unterrichte etc. den Soldaten auf den Einsatz vorbereiten soll. Damit wäre den Angehörigen des Kontingentes dieser bereits bekannt. Angedacht wäre, dass dieser zweimal für jeweils wenige Wochen in den Einsatzraum verlegt, um vor Ort den Soldaten psychologische Unterstützung anzubieten (z. B. am Ende des zweiten Monats, wenn erfahrungsgemäß erste gruppendynamische Konflikte auftreten, sowie Mitte des vierten Monats, wenn die ersten Langzeitschwierigkeiten zu erwarten sind), oder zur Betreuung im Falle eines belastenden Ereignisses. Angelehnt an diese Überlegungen, befindet sich derzeit der Brigadepsychologe der 4. Pan­­zer­grenadierbrigade in Bosnien und Herzegowina sowie der Brigadepsychologe der­ 7. Jä­­­ger­­brigade auf den Golan-Höhen.

Hauptmann dhmfD Mag. Sascha Noseck

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