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Psychologie "Das ist ein schwerer Fehler"

Diese Aussage begleitet mich schon seit mehr als 30 Jahren im Österreichischen Bundesheer. Unlängst hörte ich diese Bemerkung wieder von einem ranghohen Offizier in einer Präsentation, in der es um einen Fragebogen ging, bei dem seiner Meinung nach eine Frage gefehlt hatte, was ihn veranlasste vor allen zu sagen: "Das ist ein schwerer Fehler"!

Was meinte dieser General mit dieser Aussage? Ist damit der Fragebogen wertlos? Sind die Ergebnisse der Befragung anzuzweifeln? Wurde ein Planungsfehler begangen, indem diese Frage nicht gestellt wurde? In Anbetracht dessen, dass in der einschlägigen Fachliteratur bei einem Fehler von einem intentionalen Verhalten gesprochen wird, muss damit der Vortragende oder der Fragebogenersteller in die Schuld genommen werden? Oder wurden lediglich die persönlichen Erwartungen des Generals nicht erfüllt? Es könnten hier noch weitere Mutmaßungen angestellt werden, was denn hinter der Aussage "Das ist ein schwerer Fehler" stecken könnte. Jedenfalls ist es von zentraler Bedeutung zu berücksichtigen, in welcher vorhandenen Fehlerkultur einer Firma so eine Aussage getätigt wird. Gibt es erfahrene und gelebte Fehlertoleranzen die es ermöglichen, Schwächen in einem System, in einem Prozess sichtbar machen zu lassen und damit die Tür aufzumachen für weitere Entwicklungen, für Verbesserungen, für Innovationen und damit für motivierte Mitarbeiter zu sorgen. Oder geht es vielmehr darum, bestehenden Abläufen, oftmals impliziten aber auch expliziten Erwartungshaltungen und Anforderungen entsprechen zu müssen, Routinen zu bedienen, jegliche Abweichungen nicht aus dem dafür verantwortlichen Umfeld zu entkleiden, Fehler der Persönlichkeit des Betroffenen zuzuschreiben etc.

Vielfach wird von der Annahme ausgegangen und viele internationale Firmen leben diese, dass sich nur jene Firma weiterentwickeln und letztendlich überleben wird, die ein gelebtes Fehlermanagement als Grundlage für erfolgreiches Lernen hat. Jetzt werden vielleicht manche Leser anmerken, dass dies insbesondere nicht für den Non-Profit-Bereich zutrifft. An dieser Stelle muss aber entgegnet werden, dass grundsätzlich in produzierenden Organisationen (auch das ÖBH!!) durch ein funktionierendes Qualitätsmanagement bzw. Kundenrückmeldungen Fehler sehr rasch bemerkt werden. Damit erfolgt in der Regel eine Rückkoppelung an das Management. Jedenfalls wird immer davon ausgegangen, dass der Fehler vorwiegend aus dem Management kommt, denn Vorgaben für Abläufe, Schnittstellen, Qualifizierungsstufen, Materialien, Maschinen etc. kommen aus dem Management. Man kann also davon sprechen, dass Fehler des Managements am Produkt unmittelbar sichtbar werden und durch ein funktionierendes Fehlermanagement eine Rückkoppelung zur Fehlerbehebung erfolgt. In jedem Planungsprozess, der zur Umsetzung kommt, werden heutzutage Fehler mit einberechnet, denn der Prozess gilt als nicht abgeschlossen, solange der Faktor Fehler nicht hinreichend berücksichtigt wurde. Nun kann natürlich die berechtigte Frage hergeleitet werden, worin bzw. woran denn ein Fehler des Managements in einer Non-Profit-Organisation sichtbar wird, was sind denn die jeweiligen Kriterien, um eine Rückkoppelung notwendig und sinnvoll zu machen? Haben Sie in unserem Ressort schon jemals eine Zielvereinbarung gelesen oder davon gehört, die die Transparenz von Fehlern und die damit einhergehenden Verbesserungsmaßnahmen zum Inhalt hatte? Was hätte so eine Maßnahme für Konsequenzen? Wäre das das Ende des Bundesheeres und der militärischen Tugenden? Was würde denn passieren mit unserer Sozialisation, nach erkannten Fehlern nicht vorrangig nach Schuldigen zu suchen und diese zu exponieren? Fakt ist: wir leben in einer blame-culture! In militärischen Operationen ist wenig Platz für Fehler, denn sowohl Planungs- als auch Durchführungsfehler werden zumeist dramatisch sichtbar. Für das militärische Handwerkszeug (Skills) wie das Führungsverfahren liegt ein mehr oder weniger großes Repertoire an "Experten-Regeln" vor. Routinen. ermöglichen in belastenden und beanspruchten Situationen kognitiv möglichst ökonomisch Schlussfolgerungen und Entscheidungen zu treffen und Kapazitäten zu sparen. Darin ist allerdings nach Rasmussen (1980) das größte Fehlerpotenzial zu finden, zumal diese Routinen oftmals nach dem Prinzip der stärksten Assoziationen und Hinweisreize funktionieren. Sind solche Prozesse und Ursachen den Kommandanten bewusst und hätten sie die Möglichkeit während ihrer Ausbildungen diese zu erfahren und rückgemeldet zu bekommen, dann wäre dies ein erster Schritt in Richtung Fehlertransparenz, Fehlertoleranz, Fehlermanagement und Fehlerkultur. Eine positive Fehlerkultur ist meinem Verständnis nach ein wesentlicher Teil der Betriebskultur, und diese entsteht und lebt in einem top-down-Prozess. Fehlerkultur kann durch das Management nicht angeordnet werden, Fehlerkultur muss vorgelebt werden. Dies nicht zu machen bzw. umzusetzen wäre gleichzusetzen mit einer Organisation, die nicht ständig lernt, und dies wäre wirklich ein "schwerer Fehler"!


Oberst dhmfD Mag. Christian Langer

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