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Die Agusta Bell 212 erhält ihr Midlife-Update

Seit dem Jahr 1980 verfügt das Österreichische Bundesheer über das Transporthubschraubersystem Agusta Bell 212. Es hat sich bei Einsätzen im In- und Ausland bewährt. Mit dem Midlife-Update wird die Nutzungsdauer dieses Hubschraubertyps um weitere 25 Jahre erweitert.

Die Geschichte der Agusta Bell 212

In den Jahren 1980 bis 1981 wurden die seit 1963 im Einsatz stehenden und bewährten Transporthubschrauber Agusta Bell 204 B (AB-204 B) nach einem umfangreichen Auswahlverfahren durch die moderneren und leistungsstärkeren Agusta Bell 212 (AB-212) ersetzt. Der Hubschraubertyp AB-212 ist ein Entwurf der "Bell Helicopter Company" und wurde in Lizenz von der Firma Construzioni Aeronautiche Giovanni Agusta als Model "Agusta Bell Modell 212 Austrian Military Configuration Helicopter" produziert.Bis zur Einführung des mittleren Mehrzweckhubschraubers S-70A "Black Hawk" im Jahre 2002 hatte das Transporthubschraubersystem AB-212 alle Transportaufgaben des Österreichischen Bundesheeres (ÖBH) im In- und Ausland zur Gänze wahrgenommen. Auch nach Einführung des "Black Hawk" ist die AB-212 unverändert ein nicht wegzudenkender Teil der Transportkapazität für die Auftragserfüllung des ÖBH im In- als auch im Ausland.

Verbesserungsmaßnahmen vor dem Midlife-Update

Seit der Einführung wurden während des mehr als 30-jährigen Betriebes am Transporthubschraubersystem AB-212 mehrere betriebs- oder materialerhaltungsbedingte Systemverbesserungsmaßnahmen umgesetzt. Von diesen Verbesserungsmaßnahmen werden auch nach dem Midlife-Update (MLU) folgende Nachrüstungen unverändert zur Verfügung stehen:

Wire Strike Protection System

Zur Erhöhung der Sicherheit für Besatzung und Hubschrauber bei Flügen in geringer Höhe wurde eine Seilschneidevorrichtung entwickelt, die zum Kappen von Freileitungen und Seilen geeignet ist. Dieses System ist auf allen Hubschraubern installiert.

Abseilvorrichtung

Zum Abseilen von Einsatzkräften aus dem Hubschrauber wurde ein von der Firma Bell zugelassenes Rappelling System (Abseilsystem) erprobt. Jeder Hubschrauber wurde in weiterer Folge mit den mechanischen Vorkehrungen für die Aufnahme dieses Systems ausgestattet.

Fastroping-Abseilvorrichtung

Für das schnelle Abseilen (Fastroping) aus einem Hubschrauber mit leichter Ausrüstung aus Höhen bis zu maximal 40 Meter wurden die notwendigen Adaptierungen an allen Hubschraubern vorgenommen.

Insgesamt wurden Fastroping-Systeme für zwei Luftfahrzeuge beschafft. Der Fastroping-Kit kann schnell jeweils links und rechts an drei verschiedenen Positionen im Hubschrauber eingebaut werden.

Modifikation der Pilotensitze

Als Maßnahme zur Reduktion der Vibrationsbelastung der Piloten wurden Sitze mit optimierter Polsterung beschafft. Diese stehen in allen Hubschraubern zur Verfügung.

Ballistisches Schutzsystem

Zum Schutz der Besatzung bei Beschuss mit leichten Infanteriewaffen sind Schutzsysteme vorgesehen, die aus gummierten Kevlar-Laminatplatten für den Kabinenbodenbereich im Piloten- und im Passagierraum bestehen. Zusätzlich wurden Elemente aus Weichschutzmaterial für den Passagierraum und die Bugfenster sowie Kevlar-armierte Sitze für den Pilot und den Copilot angeschafft. Dieses ballistische Schutzsystem kann für den Zeitraum des Einsatzes in den jeweiligen Hubschrauber eingebaut werden.

Materialerhaltungsbedingte Modifikationen

Ergänzend zu den beschriebenen Ausstattungsmodifikationen zur Verbesserung der taktisch/operativen Auftragserfüllung wurden im Bereich der Materialerhaltung ebenfalls laufend Maßnahmen zur Steigerung der technischen Leistungsfähigkeit sowie zur Optimierung von planmäßigen Wartungsaktivitäten durchgeführt.

So wurden zum Beispiel die Hauptgetriebe umgerüstet. Diese stellten das limitierende Element im Kraftübertragungsprozess der AB-212 dar. Hinzu kam, dass die Überholzeit des Hauptgetriebes mit 1 000 Betriebsstunden (mit einer Zwischeninspektion nach 500 Betriebsstunden) äußerst gering war und eine Überholung mit bis zu 150 000 Euro zu veranschlagen gewesen wäre. Eine von der Firma Bell für das Modell AB-212 entwickelte Modifikation sah eine Erhöhung der verfügbaren Startleistung von 1 290 SHP (Shaft Horse Power - Wellenleistung; eine der Pferdestärke verwandte Maßeinheit) auf 1 350 SHP vor. Einen weiteren Vorteil dieser Modifikation stellte die beträchtliche Erhöhung der Überholzeiten des Hauptgetriebes (von 1 000 auf 6 000 Stunden) und des 42°- und 90°-Getriebes (von 2 500 auf 5 000 Stunden) dar. Die Erhöhung der Betriebssicherheit durch eine kontinuierliche Zustandsüberwachung durch drei Detektoren (Chip-Detektoren) und einen Debris-Monitor zur Erkennung von Ablagerungen sind weitere Vorteile.

1995 wurde daher die Umrüstung der AB-212-Flotte in einem offenen Verfahren ausgeschrieben. Es beteiligten sich weltweit sieben Firmen an der Ausschreibung, aus der 1996 die Firma Agusta als Bestbieter hervorging. Die für die umfangreiche Modifikation erforderlichen Komponenten wurden durch Agusta geliefert. Die Durchführung der gesamten Umrüstung erfolgte durch die Fliegerwerft 3 in Hörsching.

Midlife-Update

Entscheidungsfindungs- und Vergabeprozess

Die Technologie der Ausstattung der AB-212, vor allem der Funksprech- und Funknavigationssysteme, stammt aus den 1970er-Jahren. Eine Vielzahl der Komponenten wurde daher längst nicht mehr produziert. Um die weitere Versorgung einzelner Bordsysteme und somit den Betrieb des Systems AB-212 weiterhin sicherstellen zu können, wurde frühzeitig mit den Planungen für den Ersatz obsoleter Systemkomponenten begonnen.

Ab 1990 wurden im Bundesministerium für Landesverteidigung (BMLV) Untersuchungen über die Versorgbarkeit der Avionik-Systeme (elektronischer Anteil) der Luftfahrzeugflotten des ÖBH durchgeführt. Die gewonnen Ergebnisse wurden in den zuständigen Gremien behandelt und flossen in die 1996 verfügten Flottendaten für den technisch/logistischen Bereich ein. Anhand dieser Daten wurde unter anderem der Auftrag zur Planung des Ersatzes der Funksprech- und Funknavigationsanlagen und der Bordausrüstungssysteme des AB-212 erteilt.

Daraufhin wurden in den Jahren 1997 bis 1999 in Zusammenarbeit mit einer, auf die Behandlung von technisch/logistischen Problemstellungen spezialisierten Consultingfirma diverse Konzepte mit unterschiedlichem Umfang erarbeitet. Das Ergebnis wurde dem BMLV als Studie zur Kenntnis gebracht.

Mitte 2000 erfolgte die Ermittlung der Kosten sowie des Zeitbedarfes für die Herstellung eines Prototyps durch ein Verhandlungsverfahren mit zwei ausgewählten Firmen, die sowohl die erforderlichen Kriterien als Produzenten von Hauptkomponenten, als auch einschlägige Erfahrung mit der Durchführung von Avionik-Upgrade- Projekten erfüllten.

Die Auswertung der Ergebnisse des Verhandlungsverfahrens erfolgte im dritten Quartal 2001, wobei ein israelisches Unternehmen als potenzieller Auftragnehmer ausgewählt wurde.

Der Bericht der Bewertungskommission enthielt ein detailliertes Konzept zur Herstellung eines Prototypen. Gleichzeitig wurde darüber informiert, dass die Realisierung eines Prototypen ohne Freigabe des Gesamtvorhabens nicht zweckmäßig wäre. Einhergehend mit dem Bericht wurde daher auch um die Beauftragung mit der Gesamtrealisierung ersucht.

Das Vorhaben war bereits zur Freigabe vorgesehen, als es im Jahre 2002 wegen notwendiger Budgetumschichtungen für die vorgezogene Beschaffung des Transporthubschraubers S-70A "Black Hawk" zurückgestellt wurde.

Der Zeitraum bis zum Jahr 2007 wurde zur weiteren Aufbereitung der Beschaffungsgrundlagen unter Einbeziehung der zwischenzeitlich geschaffenen konzeptiven Grundlage für eine Verwendung von Komponenten und Systemen des elektronischen Selbstschutzes genutzt.

Ab Mitte 2007 lagen die erforderlichen Beschaffungsgrundlagen vor, so dass zur Aktualisierung der Aufwandsabschätzung und der technologischen Umsetzung im August 2007 ein Prozess zur Einholung detaillierter Informationen (Request for Information - RfI) über ein Programm zum Avionik-Ersatz bei ausgewählten Firmen gestartet werden konnte. Die notwendigen Modernisierungen basierten auf einer funktionalen Leistungsbeschreibung.

Die Auswertung der eingelangten Unterlagen führte 2008 zur Einleitung der Beschaffung eines Programms zum Avionik-Ersatz und zur Modernisierung des Transporthubschraubersystems AB-212. Durch die Nutzung neuer Technologien konnte in weiterer Folge der Einsatzwert der Flotte angehoben werden, so dass auch Auslandseinsätze möglich wurden.

Rückfragen des Bundesministeriums für Finanzen (BMF) zur Sinnhaftigkeit einer solch umfangreichen Modifikation eines Hubschraubersystems konnten befriedigend beantwortet werden, da:

- bei Nichtdurchführung des Vorhabens dem BMLV in absehbarer Zeit die Masse der Hubschraubertransportkapazität (sowohl für militärische Einsätze, als auch für die Katastrophenhilfe) verloren gegangen wäre.

- eine Ersatzbeschaffung neuer Modelle erforderlich gewesen wäre, wofür (nach der damaligen Marktlage) zumindest 400 Mio. Euro anzusetzen gewesen wären.

- eine derartige Vorgangsweise mit dem Gebot der Zweckmäßigkeit, Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit schon im Hinblick auf den hervorragenden Erhaltungszustand der AB-212 Flotte nicht in Einklang zu bringen gewesen wäre.

- demgegenüber das Vorhaben (bei zu erwartenden Kosten von ca. 63 Mio. Euro) die Nutzung des vorhandenen Inventars für mindestens weitere 25 Jahre bei zeitgemäßer Missionsfähigkeit und hoher Versorgungssicherheit um etwa 20 Prozent des erwartbaren Wertes einer Ersatzinvestition ermöglichte.

Diese Argumentation wurde vom BMF zustimmend zur Kenntnis genommen. Jedoch wurde die Forderung erhoben, das Vorhaben im Wettbewerb abzuwickeln, weshalb ein Vergabeverfahren mit Bestpreis-Prinzip gewählt wurde.

Auf Grundlage einer funktionalen Leistungsbeschreibung erfolgte im August 2008 erneut eine Angebotseinholung. Den Bietern wurde größtmöglicher Entwicklungsspielraum für einen umfassenden und zukunftsorientierten Umsetzungsvorschlag mit optimierten Kosten ermöglicht. Agusta/Westland (AW) und Israel Aerospace Industries (IAI) legten ein Angebot vor.

Nach erfolgter Prüfung der Angebote wurde ab Dezember 2008 das Verhandlungsverfahren mit Bestpreis-Prinzip mit den beiden Bietern AW und IAI eröffnet. Weitere Verhandlungsrunden führten zu einer optimierten Ausstattung und vor allem zu diversen Kostenreduktionen.

Im Februar 2009 erfolgte eine abschließende Verhandlungsrunde mit der vorherigen Aufforderung zur Vorlage eines Final-Best Offer, aus der AW als Bestbieter hervorging. Daraufhin konnte der Vertrag für das Midlife-Update AB-212 vorbereitet werden.

Die Unterzeichnung wurde aufgrund der schwierigen Budgetsituation erst nach Verlängerung des ausverhandelten Angebotes und der finalen Sicherstellung der Finanzierung Anfang 2010 vorgenommen.

Programmabwicklung

Am 31. März 2010 erfolgte die Unterzeichnung des Vertrages zum Midlife-Update, dem neben den Leistungen für die Durchführung des MLU auch die Beistell- und Liefertermine festgelegt wurden. Die Auslieferung des letzten Helikopters nach dem MLU wurde mit Mai 2014 terminisiert.

Am 16. Juni 2010 wurde die erste Maschine zur Durchführung der Modifikationsarbeiten in die vorgesehene Produktionsstätte der Firma Agusta nach Frosinone (ca. 100 km südlich von Rom) überstellt.

Für die Abwicklung der restlichen 22 Hubschrauber wurde besonders auf den Erhalt der operationellen Einsatzfähigkeit der beiden leichten Transporthubschrauberstaffeln Bedacht genommen. So wurde vereinbart, dass sich über die Programmdauer maximal sieben Hubschrauber gleichzeitig in der Produktion beim Auftragnehmer befinden sollten.

Vertragsanpassungen

Während der Projektabwicklung wurden, infolge des technischen Fortschrittes, Änderungen der Hard- und Softwarewareausstattung vorgeschlagen. Diese stellen wesentliche Verbesserungen in technologischer und funktionaler Hinsicht dar und wurden in zwei Vertragsanpassungen umgesetzt.

Hardwareverbesserung - 3. Display:
Ein drittes Display wurde im Cockpit integriert. Diese Anpassung des Cockpitlayouts wurde durch den deutlich geringeren Platzbedarf der neuen vorgeschlagenen Bildschirmsysteme mit integriertem Karten-Computer begünstigt.

Damit konnte die kompromissbehaftete Informationsdarstellung über die zwei vertraglich vorgesehenen Bildschirme behoben werden, was insbesondere im Instrumentenflug und allgemein in kritischen Flugphasen eine Anhebung der Flugsicherheit darstellt.

Die notwendige Vertragsanpassung zur Realisierung dieser Modifikation des Cockpitlayouts konnte im Zeitraum Oktober 2010 bis Mai 2011 eingeleitet und nach erfolgter Genehmigung am 24. Mai 2011 unterzeichnet werden.

Diese zusätzlichen Design- und Herstellungsarbeiten bedingten eine Nachsteuerung der Beistell- und Liefertermine, so dass sich der Abschluss des MLU-Programms um zwölf Monate von Juni 2014 auf Juni 2015 verschob.

Software-Verbesserung:
Auch ein Software-Update für eine integrierte Navigationslösung zur Verfügbarmachung von Fähigkeiten der GPS/Random Area Navigation (GPS/RNAV) unter dem Titel Route Management System (RMS) wurde vorgeschlagen. Die Realisierung wurde durch die bereits verfügbaren leistungsstärkeren Display- und Computersysteme und das technologisch verbesserte embedded GPS-System begünstigt.

RNAV stellt ein zukunftsorientiertes und bereits in Anwendung befindliches Abwicklungsverfahren von Instrumentenflügen dar, wobei die Flugroute über frei wählbare Wegpunkte festgelegt wird. Dieses optimierte Verfahren stellt vor allem eine Steigerung in der Flexibilität der Luftraumnutzung dar und findet in den letzten Jahren mehr und mehr Anwendung durch die zivilen Luftverkehrskontroll-Organisationen (Air Traffic Management Organizations).

Gleichzeitig wurde im Multifunktionsdisplay softwaretechnisch ein justierbares Referenzsymbol ("Flight Director Symbol") zur Kontrolle der Fluglage nachgerüstet. Dies ist wichtig, da die AB-212 keinen Autopiloten besitzt und daher die Fluglage (räumlich) und der Flugzustand (dynamisch) im Instrumentenflug permanent unter Abstützung auf die Fluginstrumente (Fahrtmesser, Höhenmesser, Vertikalgeschwindigkeitsanzeige, Kreiselkompass etc.) und der Lagedarstellung in zwei Achsen auf dem "künstlichen Horizont" überwacht und entsprechend nachgesteuert werden muss. Eine derartige Funktion ist auf den eingeführten elektromechanischen "künstlichen Horizonten" bauartbedingt vorhanden nicht aber bei digitalen Systemen.

Diese zweite Vertragsanpassung wurde im Zeitraum November 2011 bis März 2012 eingeleitet, mit dem Auftragnehmer endverhandelt und konnte nach erfolgter Genehmigung am 26. März 2012 gegengezeichnet werden.

Die resultierenden Softwarearbeiten führten ebenfalls zu einer Adaptierung der Beistell- und Liefertermine und damit zu einer zusätzlichen Programmerstreckung von Juni 2015 auf November 2015.

Programmbeschreibung Midlife-Update

Das Mildlife Update für die AB-212 wird, neben der Abwicklung von Flugaufträgen bei Tag und Nacht den modernen Anforderungen entsprechend, vor allem auch die hohe "Arbeitsintensität" der Piloten reduzieren. Hier liegt das Schwergewicht des MLU. Das Ziel ist es, bei gleichzeitiger Herabsetzung der Arbeitsbelastung der Piloten das Situationsbewusstsein (Situational Awareness) und damit die Flugsicherheit zu steigern. Dies wird durch folgende Teilsysteme erreicht:

- State-of-the-art Überwachungs- und Anzeigesystem inklusive einer redundanter Farbdarstellung.

- moderne Navigationssysteme und Sensoren mit hoher Genauigkeit und Redundanz.

- Ein zeitgemäßes Mission Management System (MMS) als Ersatz der überholten und zeitraubenden Flugvorbereitungsprozesse mit herkömmlichen Papierunterlagen (Karten- und Fluginformationsmaterial etc.).

- Missionsdatenbank zur Abwicklung von Flugaufträgen auf einem "digitalen" Missionsschauplatz.

- Rechnerunterstützung zur Abwicklung taktischer Kalkulationsvor- gänge unter Herabsetzung der Arbeitsbelastung und permanente Bereitstellung von Echtzeitdaten.

- Ständige Anzeige der wichtigsten Fluginformationen im Sichtfeld des Piloten ("Head out") unter Verwendung eines Helmdisplays (Helmet Mounted Display - HMD) zur Steigerung der Flugsicherheit und der Überlebensfähigkeit.

- Monitoring- und Warnsysteme zur Überwachung von wichtigen Flugabwicklungs- und Missionsparametern als permanente Unterstützung der Piloten zur Prävention und letztendlich zur Verminderung von Fehl- entscheidungen.

- Ein nachtsichttaugliches Cockpit sowie Nachtsichtbrillen-(NVG)-kompatible Hubschrauber-Innen- und Außenbeleuchtung.

Das modifizierte Hubschraubersystem wird wie bisher zur Flugabwicklung unter Sicht- und Instrumentenflugbedingungen im Normalbetrieb und unter Notverfahrensbedingungen (Back Up-Status) eingesetzt - nach dem Midlife-Update erfolgt dies unter Verwendung hoch moderner Sensoren und Darstellungssystemen.

Weiters wird das Transporthubschraubersystem AB-212 im Zuge des MLU mit einem modernen Missions-Planungssystem ausgestattet. Die Datenübertragung von den Flugplanungsrechnern in das Missions-Planungssystem des Hubschraubers erfolgt über entsprechende Massenspeicher. Gleichzeitig kann dieses System Flugdaten, einschließlich Videosignale, aufzeichnen und damit einen effizienten Flugnachbereitungsvorgang sicherstellen.

Somit basiert das durchgeführte Midlife-Update des Transporthubschraubers Agusta Bell 212 auf einer Gesamtlösung, die den Piloten mit der verwendeten Darstellungs- und Verarbeitungstechnologie die Möglichkeit bietet, eine sichere, auftragsorientierte und effiziente Flugabwicklung sowohl im In- als auch im Ausland durchzuführen.

Systemübersicht

Das MLU des Transporthubschraubers AB-212 umfasst folgende Teilsysteme:

- Anzeige- und Steuerungsteilsystem (Multi Function Color Display - MFCD und Control Display Units - CDU).

- Tag/Nacht-Helmet Mounted Display (HMD) Teilsystem.

- Funksprech- und Funknavigations-Teilsystem.

- Ein Mission Management System (MMS).

- Navigationssensoren; - Elektronisches Selbstschutzsystem.

- Nachtsichtsystemverträgliche Innen- und Außenbeleuchtung.

Betriebskonzept

Für beide Piloten ist je ein unabhängiger Arbeitsplatz mit den erforderlichen Anzeige- (MFCD) und Eingabesystemen (CDU) sowie ein gemeinsam zu nutzendes drittes Missionsanzeigegerät (Mission Multi Function Color Dispaly - MMFCD) vorgesehen. Diese Konfiguration gibt den beiden Hubschrauberführern eine hohe Flexibilität in der Auswahl der Informationen, die zur Anzeige gebracht werden sollen.

Auf den MFCD-Systemen kann wahlweise das Primary Flight Display (PFD), eine Auswahl aus dem Mission Management (Karten, Charts Checklisten etc.) oder auf dem geteilten Bildschirm eine Kombination daraus zur Darstellung gebracht werden.

Das MMS ermöglicht der Besatzung eine einfache Routenplanung und Navigation im Gelände sowie die Durchführung von Anflugverfahren, die durch Bodensysteme unterstützt werden. Eine Navigations-Datenbank (JEPPESEN) ermöglicht ein Instrumentenlandeverfahren auf Zivilflugplätzen.

Zentral im Instrumentenbrett, für beide Piloten gut sichtbar, ist ein BackUp-Flight Instrument (BFI) als Redundanzsystem bei Ausfall der MFCD angeordnet. Die Bedienung der Avioniksysteme kann von beiden Cockpit-Arbeitsplätzen aus identisch und damit redundant erfolgen.

Das zukunftsorientierte und einfach zu bedienende Missionsplanungssystem ist in die Avionikanlage integriert und erlaubt den Hubschrauberführern die kontinuierliche Feststellung der Luftfahrzeugposition, die Anwendung der computergestützten Berechnungsverfahren und die Verwendung von Satellitenbildern, Kartendarstellungen und diverser Checklisten.

Das Helmet Mounted-Anzeigesystem stellt eine wesentliche Verbesserung dar und liefert alle wesentlichen Flugdaten und Informationen wie Navigationswegpunkte, Luftgeschwindigkeit oder die aktuelle Höhe. Dies ermöglicht den Piloten die Flugabwicklung bei Nacht, Schlechtwetter und im Tiefflug, ohne auf die Anzeigen im Cockpit blicken zu müssen.

Die gesamte Avionikanlage ist über die beiden zentralen Eingabe- und Steuergeräte von jedem Pilotenarbeitsplatz unabhängig bedienbar.

Nutzungsmöglichkeiten für den Flugbetrieb

Der Durchführung des Flugbetriebes ist ein gesamtheitliches Konzept, genannt Mission Management System, zugrunde gelegt. Wesentliche Kernelemente des Mission Management Systems sind:

- Bereitstellung und Aufbereitung Missions relevanter Daten.

- Mission Planning mit einer Mission Planning Station.

- Datenübertragung an den Hubschrauber und vom Hubschrauber.

- Mission-Execution unter Gewährleistung maximaler Situational Awareness mit dem Konzept eines papierlosen Cockpits.

- Mission-Debriefing zur umfassenden Analyse und Auswertung von Daten, welche die Mission betreffen, und auch Aufschluss über den Zustand des technischen Systems des Hubschraubers geben.

Dieses moderne Konzept gewährleistet eine sehr kurze Reaktionszeit für Einsätze der AB-212 im In- und Ausland unter:

- VFR (Visual Flight Rules) bei Tag in kontrolliertem oder auch unkontrolliertem Luftraum, als auch bei Nacht mit Unterstützung durch Night Vision Devices.

- IFR (Instrument Flight Rules) bei Tag und Nacht in kontrolliertem Luftraum, mit u. a. Area Navigation/Performance-based Navigation Fähigkeiten (Satelliten-Navigation), als auch im unkontrollierten Luftraum (Point in Space).

Das AB-212-MLU ist dabei zukünftig nicht mehr unbedingt auf externe Navigationshilfen angewiesen.

Für den taktischen Flugbetrieb kann durch das Midlife-Update das gesamte Einsatzspektrum der AB-212 jetzt auch auf den Nachtbetrieb erweitert werden. Die Vorteile liegen insbesondere in der präzisen Navigationsfähigkeit, als auch in der übersichtlichen und adäquaten Daten- bzw. Informationsbereitstellung durch das System. Das Helmet Mounted Display ermöglicht dabei eine fortwährende "Eyes out" Operation.

Auf externe Bedrohungen verschiedenster Art kann sowohl durch passive als auch durch aktive Maßnahmen reagiert werden (passiv z. B. durch Feindlageinformationen zur Aussparung von Bedrohungsräumen; aktiv z. B. durch den Ausstoß von Täuschkörpern wie Düppel/Chaff oder Fackeln/Flares).

Im Rahmen von Assistenzleistungen, Assistenzeinsätzen oder Katastrophenhilfen erweitert sich das Aufgabenspektrum nach dem Midlife-Update ebenfalls um die Möglichkeit eines Nachtbetriebes.

Kurz und bündig

Zusammenfassend kann seitens der Abteilung Flugbetrieb festgestellt werden, dass sich das Einsatzspektrum sowie die Fähigkeiten der AB-212 bei gleichzeitiger Reduzierung der Arbeitsbelastung der Besatzung (Crew-Workload) mit dem Midlife-Update wesentlich erweitert haben. Das Gesamtpaket gewährleistet somit einen wesentlichen Beitrag zur Erhöhung der Flugsicherheit im täglichen Betrieb der AB-212-Flotte.


Autor: ADir RgR (Obst) Ing. Manfred Siegl; Jahrgang 1977; zur EF-Ausbildung beim AusbR2 eingerückt; 1979 - 1987 Verwendung als Offizier auf Zeit bei der FlWft 1 als Leiter der Elektronikwerkstätte; 1988 Grundausbildung zum Beamten und Verwendung in der PVFl; seit 1989 Verwendung beim BMLV/Abteilung Luftzeugwesen und deren Nachfolgeorganisation der Luftzeugabteilung mit Schwergewicht technisch-logistischer Flottenplanung und der Mitwirkung bei diversen Projektabwicklungen (Einführung S-70 "Black Hawk", C-130K, Projektleiter MEDEVAC-Module C-130K etc.); seit 2010 Projektleiter Midlife Update AB212; Milizverwendung im Stab der Luftunterstützungsbrigade.

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