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... aus Brüssel: ÖBH - 20 Jahre "Partnerschaft für den Frieden"

Am 20. Februar 1995 unterzeichnete der damalige österreichische Außenminister, Dr. Alois Mock, das Rahmenabkommen zur Teilnahme an der 1994 von den NATO Staats- und Regierungschefs ins Leben gerufenen Partnerschaft für den Frieden/Partnership for Peace (PfF/PfP). Österreich war damit der 25. Staat, der sich an dieser Initiative beteiligte. Aktuell gehören 22 europäische und asiatische Staaten diesem Programm an.

Die PfP beruht auf dem Prinzip der Selbstdifferenzierung und konzentriert sich auf die bilaterale Zusammenarbeit zwischen den PfP-Partnerländern und der NATO. Das Programm bietet dem jeweiligen Partnerstaat die Möglichkeit selbst zu entscheiden, an welchen Aktivitäten bzw. Einsätzen er teilnimmt. Es gibt also keine direkten Verpflichtungen gegenüber der NATO. Mehr als zehn ehemalige Teilnehmerstaaten der PfP sind mittlerweile Mitglieder der Allianz. Viele Staaten, darunter auch Österreich, haben aber keine Beitrittsambitionen zur NATO und nutzen die PfP als sicherheitspolitisches Konsultationsforum. Innerhalb der westeuropäischen neutralen Partnerstaaten hat sich eine informelle Gruppe gebildet, die Western European Partners (WEP-5; Österreich, Finnland, Irland, Schweden, Schweiz) genannt wird. Da die Interessen der WEP-5 oft ähnlich sind, treten sie in vielen sicherheits-, verteidigungs- und militärpolitischen Belangen gemeinsam gegenüber dem Bündnis auf.

Vorteile der Zusammenarbeit

Die aktuelle geopolitische Lage und die damit verbundenen neuen Herausforderungen sowie die Komplexität derzeitiger Bedrohungen kön­nen heutzutage nur gemeinsam mit anderen Staaten und Organisationen bewältigt werden. Die Österreichische Sicherheitsstrategie, die Teilstrategie Verteidigungspolitik und das erst vor kurzem erstellte Militärstrategische Konzept beziehen sich daher in vielen Belangen auf die Kooperation mit anderen Staaten bzw. internationalen Organisationen. Die hier beschriebene Partnerschaft mit der Nordatlantischen Vertragsorganisation bietet eine Reihe von Vorteilen für Österreich und das Bundesheer. Die PfP bietet die Möglichkeit, die österreichischen sicherheits-, verteidigungs- und militärpolitischen Interessen, die im internationalen Bereich vorrangig im Rahmen der österreichischen Mitgliedschaft bei der EU vertreten werden, auch in die NATO einzubringen. Dies ist insofern wichtig, als 22 EU-Staaten zugleich auch NATO-Mitglieder sind, und beide Organisationen aufgrund der aktuellen Bedrohungs- und der angespannten Ressourcenlage immer enger zusammenarbeiten.

Neben dem politischen Dialog ist aber für das Bundesheer vor allem eines entscheidend: Die NATO ist von den europäischen, nordamerikanischen und vielen anderen Staaten als "Standardisierungsagentur" für Streitkräfte anerkannt. Militärische Begriffe, Planungs- und Entscheidungsprozesse, Leistungsparameter von militärischen Einheiten oder auch technische Standards im IT-Bereich werden bei der NATO, unter österreichischer Mitwirkung entwickelt. Diese gemeinsamen Standards sind für die gemeinsame Auftragserfüllung in internationalen Krisenmanagementeinsätzen, auch im Bereich der UNO oder der EU, unverzichtbar.

Zusammenarbeitsprogramme

Um die beschriebenen Vorteile (siehe Kasten) der Partnerschaft tatsächlich zur Wirkung zu bringen, ist die aktive Beteiligung an verschiedenen Partnerprogrammen erforderlich. Das BMLVS nimmt beispielsweise seit Jahren sehr erfolgreich am Planning and Review Process (PARP) teil, worin Partnerschaftsziele zum Zweck der Erhöhung von militärischen Fähigkeiten und der Interoperabilität zwischen Österreich und der NATO vereinbart werden. Als weiteres Beispiel sei das Operational Capabilities Concept (OCC) genannt, wonach die Einsatzbereitschaft österreichischer Einheiten für die internationale Aufgabenerfüllung überprüft wird.

Beim NATO-Gipfel in Wales 2014 wurden eine Reihe von Initiativen verabschiedet und Weichenstellungen vorgenommen, die sowohl für das Bündnis und seine Mitglieder als auch für Partner wesentliche Herausforderungen bringen. Partner werden in Zukunft vermehrt an ihren tatsächlichen Beiträgen in den unterschiedlichen Programmen und Einsätzen gemessen.

In Wales wurde auch die Partnership Interoperability Initiative gestartet. Der Grund für diese Initiative liegt in der Tatsache, dass die NATO und die Partnerstaaten seit nunmehr 20 Jahren in Einsätzen zusammenarbeiten und dadurch ein hoher Grad der beschriebenen Interoperabilität erreicht wurde. Diese Fähigkeit zur Zusammenarbeit soll, auch vor dem Hintergrund immer strengerer Sparvorgaben, unbedingt erhalten werden. In dieser Initiative kooperieren daher 28 Alliierte und 25 Partnerländer (gesamt 53 Staaten) hauptsächlich im Bereich gemeinsamer Ausbildung und Übungen sowie in vielen anderen Bereichen wie Logistik oder Cyber.

In spezifischen Bereichen arbeiten auch kleinere Staatengruppen zusammen. Ein Beispiel hierfür ist das Federated Mission Networking (FMN), das auf Erfahrungen vergangener Einsätze basiert und dabei im Wesentlichen zum Ziel hat, E-Mail-, Sprach- und Videokommunikation zu vereinheitlichen. Ebenso wird dadurch die Erstellung und Darstellung eines gemeinsamen Lagebildes in Einsatznetzen ermöglicht. Durch die Teilnahme an diesem Projekt von Beginn an, bietet sich für Österreich die Möglichkeit, aktiv am Aufbau dieses Programms als gleichberechtigter Partner mitzuwirken.

Viele Mitwirkungsmöglichkeiten ergeben sich daraus, dass die bereits erwähnten WEP-5 (also auch Österreich) sowie Australien und Neuseeland ein besonderes Sicherheitsabkommen mit der Allianz haben. Um höhere Aufmerksamkeit für unsere Anliegen zu erhalten, arbeitet Österreich mit diesen sechs Partnern in der Partnership Interoperability Advocacy Group (PIAG) zusammen. Die PIAG versteht sich als Ideengeber und gemeinsames Sprachrohr dieser Staaten in Interoperabilitätsfragen.

Als weiteren wichtigen Aspekt bietet die PfP für Österreich auch die Möglichkeit, Personal in Organisationen der Allianz zu entsenden, um zusätzliches Know-how für das Österreichische Bundesheer zu erlangen. So befinden sich österreichische Personalbeiträge beispielsweise im NATO-Hauptquartier, bei den beiden strategischen Kommanden in Mons und in Norfolk, an der NATO-Schule in Oberammergau sowie im Cyber Defence Centre of Excellence in Tallin.

Alle hier beschriebenen Initiativen und Maßnahmen dienen letztendlich dazu, dass österreichische Soldaten einen Beitrag unter optimalen Bedingungen innerhalb des internationalen Krisenmanagements oder allgemein in der internationalen Zusammenarbeit leisten können. Dass dies gelingt, beweisen die international anerkannten österreichischen Beiträge zu NATO geführten Operationen in Südosteuropa, im Speziellen bei KFOR, aber auch bei der Resolute Support Mission in Afghanistan. Österreichische Soldaten genießen einen ausgezeichneten Ruf innerhalb der Alliierten und bei den Partnern.

Zukunft der Partnerschaft

Nach 20 Jahren PfP ist die Partnerschaft keinesfalls in die Jahre gekommen. Damit das Bundesheer auch in Zukunft in der Lage ist, einen angemessenen Beitrag in Kooperation mit anderen Staaten zu leisten, ist diese Partnerschaft aktiv weiterzuführen. Dies ist für Österreich als EU-Mitglied besonders wichtig, da vor allem jene Staaten, die beiden Organisationen angehören, eine verstärkte Zusammenarbeit zwischen der EU und der NATO fordern. Als mögliche Kooperationsbereiche zwischen der EU und der NATO wurden bereits der Umgang mit hybriden Bedrohungen, Cybersicherheit oder Projekte zur Sicherheitssektorreform (SSR) in Staaten der europäischen Peripherie identifiziert. Eine aktive Rolle innerhalb der Partnerschaft unterstützt die Berücksichtigung österreichischer Interessen bei zukünftigen Entwicklungen maßgeblich.

Einige Vorteile der Partnerschaft

Die Partnerschaft beruht auf dem Prinzip der Selbstdifferenzierung - es gibt keine Verpflichtungen für Österreich gegenüber der NATO.

Berücksichtigung österreichischer Interessen.

Bewältigung von Bedrohungen und Krisen im Verbund mit anderen Staaten - internationales Krisenmanagement und Sicherheit durch Kooperation.

Mitwirkung an Standardisierungsprozessen.

Sicherstellung der Interoperabilität der österrei­chischen Streitkräfte.

Mitgestaltung der EU-NATO Kooperation.

Berücksichtigung besonderer nationaler politischer Akzente (z. B. Schutz der Zivilbevölkerung).

Gewährleistung von vernetzter Sicherheit - Cyber Security.

Nutzung von Ausbildungsangeboten.

Zugang zu Forschungsergebnissen etc.


Autor: Oberst dG Mag. Rainer Winter, Jahrgang 1971; 1991 GWD als EF; 1992 bis 1994 Jägergruppenkommandant LWSR33/JgR3 in Mautern; 1994 bis 1997 Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt; 1997 bis 2003 verschiedene Kommandanten- und Stabsfunktionen im PiB3 in Melk; 2003 bis 2006 Absolvierung des 17. Generalstabslehrganges an der Landesverteidigungsakademie in Wien; 2006 bis 2008 Verwendung in der Projektabteilung Management ÖBH 2010 im BMLVS; 2008 bis 2009 Chief Operations Officer und Nationaler Kontingentskommandant bei UNDOF/Golan; 2009 bis 2012 stellvertretender Abteilungsleiter der Abteilung Personalführung im BMLVS; 2012 Postgraduate Senior Course am NATO Defence College in Rom; seit August 2012 Leiter der NATO-Abteilung in der Militärvertretung Brüssel.

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