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Psychologie: Attraktivierung des Kaderdienstes

Vor etwa zwei Jahren wurden durch den Generalstab des Österreichischen Bundesheeres 180 Maßnahmen zur Attraktivierung des Grundwehrdienstes angeordnet. Die zeitgemäße Anpassung des Umfeldes, in dem junge Frauen und Männer ihren Grundwehrdienst leisten, ist notwendig und unbestritten. Neben neuen Kommunikationsmitteln (Internet bzw. WLAN in den Kasernen), einer verstärkten internen und externen Informationsverbreitung oder dem Feedbacksystem für Grundwehrdiener, gibt es noch eine Reihe weiterer sinnvoller Maßnahmen, die vom Berufskader laufend, zum Teil mit großem Enthusiasmus, umgesetzt werden.

Dennoch sei die Frage gestattet, ob der Fokus auf die Verbesserung der Bedingungen für Grundwehrdiener nicht zu kurz gefasst ist. Allzu oft hört man in letzter Zeit von Berufssoldaten: "Für die Grundwehrdiener macht das Bundesheer ‚alles‘ - aber wer schaut auf das Kaderpersonal?"

Die Attraktivierungsmaßnahmen sollten über den Grundwehrdienst hinausgehen. Im Bundesheer (wie in vielen großen zivilen Unternehmen auch) gibt es innerhalb von Teilen des Führungskaders noch immer die hartnäckige Überzeugung, die Motivation von Menschen durch Angst oder Geld steuern zu können. Auch, dass die Gesundheit von Mitarbeitern deren Privatsache sei oder die Qualität der Führung bzw. das Betriebsklima irrelevant für den Betriebserfolg seien, ist manchmal zu hören. Darüber hinaus gibt es viele Personen, die meinen, durch das Prinzip "Befehl und Gehorsam" wäre das Verhalten von Soldaten in der Armee erschöpfend geregelt.

Das Grundprinzip des Umganges in Organisationen hat im 21. Jahrhundert schlicht "Vertrauen" zu heißen. Die Mitarbeiter müssen ihrem direkten Vorgesetzten, aber auch der militärischen und politischen Führung vertrauen können. Ein einfaches Beispiel anhand eines Kindes, das mit seinen Eltern einen Kletterausflug unternimmt: Sofern das Kind nicht durch frühere Erfahrungen misstrauisch ist, wird es seinen Eltern blind vertrauen. Es fühlt (weil wissen kann es das Kind vermutlich noch nicht), dass seine Eltern die notwendigen Knoten sicher knüpfen, das Seil richtig einhängen und diese Situation "sicher" ist. Wenn dieses Grundvertrauen besteht, wird das Kind schwierige Felsen bezwingen und mit Freude klettern. Es weiß, dass es auf seine Eltern zählen kann.

Dieses Grundvertrauen ist auch im Arbeitsleben ein wesentlicher Bestandteil eines Dienstverhältnisses. Unter der Voraussetzung des Vertrauens in den Arbeitgeber wird ein Mitarbeiter große Herausforderungen meistern und selbst in schwierigen Situationen loyal zum Unternehmen stehen. Theodor Storm meinte, "Autorität wie Vertrauen werden durch nichts mehr erschüttert als durch das Gefühl, ungerecht behandelt worden zu sein".

Vertrauen wird aufgebaut und gestärkt durch erlebte Fairness des Arbeitgebers gegenüber den Mitarbeitern. Vertieft wird es durch eine qualitativ hochwertige Führung, eine gelebte authentische Unternehmenskultur und ein Betriebsklima, in dem es Wertschätzung und eine konstruktive Fehlerkultur gibt. Neben vielen anderen Einflussfaktoren sollten diese Grundsätze besonders berücksichtigt werden.

Wertschätzung kann dadurch erreicht werden, dass man die Anliegen der Untergebenen hört, ernst nimmt und gegebenenfalls Veränderungen herbeiführt. Die Einstellung unserer Grundwehrdiener zu ihrem militärischen Umfeld erheben wir in regelmäßigen Abständen. Vereinzelte Versuche von Kaderbefragungen wurden im Österreichischen Bundesheer ebenfalls durchgeführt.

Die Ergebnisse sind allerdings oftmals weder den Feedbackgebern noch dem Führungspersonal bekannt. Deswegen wird in vielen Fällen ein offensichtliches Verbesserungspotenzial nicht wahrgenommen und es kommt zu keinen Veränderungen. In der Folge resignieren die Mitarbeiter - was bleibt ist ein Gefühl der Ohnmacht. So eine Entwicklung ist jedoch nicht dazu geeignet, das Vertrauen in die Unternehmensführung zu stärken.

Wenn das Vertrauen und der gegenseitige Respekt schwinden und das gemeinsame Denken, Fühlen und Handeln nachlassen, entsteht Arbeitsunzufriedenheit. Diese wiederum beeinflusst die Motivation und die Arbeitsqualität negativ.

Einmal verloren gegangenes Vertrauen ist nur schwer zurück zu gewinnen. Vertrauensbildende Maßnahmen, die ehrliche Wertschätzung und ein echtes Interesse an Untergebenen und ihrer Tätigkeit können im Krisenfall das "Schiff" aber wieder auf Kurs bringen.

Der römische Politiker und Philosoph Seneca soll einst gesagt haben: "Den guten Steuermann lernt man erst im Sturm kennen". Für Kommandanten und Vorgesetzte gilt dieser Spruch heute noch genauso, wie vor zweitausend Jahren.

Major dhmfD Ing. Mag. Stefan Rakowsky

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