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Psychologie: Flüchtlingstragödie - hautnah

Das Heerespersonalamt (HPA) hat in Zusammenarbeit mit dem Kommando Einsatzunterstützung (KdoEU) einen Pool von Psychologen aufgestellt. Der Auftrag an dieses Psychologenteam lautete: Betreuung der vor dem Krieg im Libanon geflüchteten österreichischen- und EU-Staatsbürger.

Der Abflug

Am Montag, den 17. Juli 2006 um 1330 Uhr erfolgte der Abflug mit einem Heereshubschrauber von Stammersdorf nach Linz und dann mit der C-130K "Hercules" nach Larnaka auf Zypern. Mit an Bord waren die Pressesprecherin des Bundesministerium für auswärtige Angelegenheiten (BMaA), ein weiterer Vertreter des Außenministeriums, ein Heeresarzt, ein Sanitätsunteroffizier, ein Presseoffizier, ein Fotograf der Heeres Bild und Filmstelle (HBF) und drei Mitarbeiter des ORF.

Gegen 2300 Uhr trafen wir auf dem Flughafen von Larnaka ein. Nach einer Lageeinweisung wurde der nächste Tag geplant.

Der Einsatz

Frühstück um 0500 Uhr, dann die erste Fahrt zum Hafen, um die ersten österreichischen Flüchtlinge in Empfang zu nehmen. Dort belagerten Journalisten, Fotografen und Vertreter von TV-Sendern verschiedenster Nationen die Hafeneinfahrt. Im Hafengebäude warteten ebenfalls Mitarbeiter von Hilfsorganisationen aus aller Welt auf die Flüchtlinge und waren mit dem Aufbau ihrer Informationsstände und der Aufbereitung von Proviant für die betroffenen Personen beschäftigt. Die ersten Flüchtlinge kamen gegen 0730 Uhr erschöpft und von den Kriegsgeschehnissen gezeichnet an. Österreichische Flüchtlinge waren zu diesem Zeitpunkt noch keine an Bord, daher galt es die Lage neu zu beurteilen. Der ursprüngliche Auftrag lautete österreichische Flüchtlinge mit der "Hercules" nach Österreich zu transportieren. Anstelle der österreichischen Flüchtlinge wurden dann an diesem Tag 23 Italiener und vier Dänen ausgeflogen. Unser Kriseninterventionsteam blieb in der Zwischenzeit vor Ort.

Vom Kommando Internationale Einsätze (KdoIE) wurde nun auch die Einsatzdauer neu befohlen. Der geplante Aufenthalt sollte jetzt bis Samstag den 22. Juli 2006 dauern.

Die nächsten Tage pendelten wir im Schichtbetrieb zu verschiedensten Tages- und Nachtzeiten zwischen Hotel und Hafen hin und her und erwarteten die österreichische Flüchtlinge, welche dann durch das österreichische Einsatzteam gemeinsam versorgt werden sollten.

Die Flüchtlinge

Bei den betroffenen Personen handelte es sich überwiegend um Libanesen mit österreichischer Staatsbürgerschaft. Zahlreiche Flüchtlinge mussten ihre Eltern, Schwiegereltern, Verwandte und Freunde zurücklassen. Ein Großteil der Flüchtlinge war psychisch und physisch überfordert, teilweise geschockt, aber auch verängstigt aus Sorge um ihre zurückgelassenen Angehörigen. Dazu kam noch die Verärgerung über die schlechten Zustände auf dem Transportschiff, welches sie in einer sechs Stunden dauernden Fahrt von Beirut nach Larnaka gebracht hatte. Viele klagten über Albträume durch das Erlebte. Die Tatsache, dass zahlreiche Familien mit ihren Kleinkinder und Babys unterwegs waren, stellte einen zusätzlichen Belastungsfaktor für die Familien dar.

Die Betreuung

So wurde in erster Linie versucht, Ruhe und Sicherheit für diese physisch und psychisch leidenden Menschen zu gewährleisten. Neben der Beratung über die weitere Vorgangsweise wurden die Betroffenen während der psychologischen Betreuung vor Ort, auch über Methoden zur Verarbeitung möglicher Folgen der Ereignisse sowie über eine Weiterbetreuung in Österreich informiert. In Österreich standen zusätzliche Militärpsychologen für eine eventuelle Nachbetreuung bereit.

Bis zum 22. Juli 2006 wurden täglich österreichische Flüchtlinge mit der "Hercules" nach Österreich zurückgeflogen. Insgesamt wurden fast 100 österreichische Staatsbürger von unserem Team betreut. Selbst am Rückflug von diesem Einsatz hatten wir einige Passagiere an Bord, die sowohl medizinisch als auch psychologisch zu betreuen waren.

Solche Einsätze werden vermutlich auch in Zukunft immer wieder notwendig sein, und daher ist es wichtig, ausgebildetes und erfahrenes militärpsychologisches Personal einsatzbereit zu haben.

Die eigene Betroffenheit

Einsätze dieser Art verlangen ein großes Maß an Flexibilität, Spontanität, Kraft und Energie zur Bewältigung der Ungewissheit in Bezug auf den bevorstehenden Einsatz und dessen Dauer. So wird in einem derartigen Einsatz die Teamarbeit auf die Probe gestellt und es muss die eigene Betroffenheit über die menschlichen Schicksale bewältigt werden.

Autorin: Mag. Birgit Maurer

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