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Durchsuchen von Eisenbahnzügen

In der Einsatzart "Schutz" ist es Aufgabe der eingesetzten Kräfte, die uneingeschränkte Nutzung des Raumes durch subversive Kräfte zu unterbinden. Der Überwachung von Verkehrswegen kommt dabei eine besondere Bedeutung zu.

Die in diesem Beitrag dargestellten Gefechtstechniken wurden bei Übungen der Theresianischen Militärakademie entwickelt und praktisch erprobt. Für Erfahrungen anderer Truppenteile ist der Autor dankbar und bittet, diese an die Militärakademie (Telefonnummer +432622381, Durchwahl: 2132) weiterzuleiten.

Während der Gefechtstechnik "Überwachung von Straßen durch Kontrollpunkte" im Merkblatt des Österreichischen Bundesheeres "Schutz, Aufgaben und Techniken" umfassend Augenmerk geschenkt wird, ist das Thema der Nutzung der Bahn als Bewegungsmöglichkeit und somit die Kontrolle des Bahnverkehrs bis dato vernachlässigt worden.

Eine derartige Aufgabenstellung könnte sich aber sowohl im Zuge eines sicherheitspolizeilichen Assistenzeinsatzes als auch in einem internationalen Einsatz ergeben. Die hiezu notwendigen rechtlichen Grundlagen sind durch das Militärbefugnisgesetz, das Sicherheitspolizeigesetz bzw. die jeweiligen Rules of Engagement gegeben.

Nachfolgend dargestellte Gefechtstechniken mögen einen Lösungsansatz bieten.

Es bestehen grundsätzlich drei Möglichkeiten, die Bahnreisenden zu kontrollieren.

Kontrollpunkt am Bahnhof - Kontrolle aller wartenden und aussteigenden Reisenden

Die Vorteile des Kontrollpunktes am Bahnhof liegen einerseits in der zur Verfügung stehenden Zeit zur Kontrolle von Reisenden, andererseits darin, dass der Bahnverkehr nicht behindert wird. Der Nachteil ist, dass nur diejenigen Reisenden kontrolliert werden können, die sich bereits am Bahnhof befinden bzw. den Zug gerade verlassen. Dieser Nachteil kann dadurch minimiert werden, dass eine verdeckte Aufstellung gewählt wird und somit der Einsatz von eigenen Kräften vor dem Verlassen des Zuges nicht erkannt werden kann. Diese Möglichkeit ist dann zweckmäßig, wenn sich nur ein Bahnhof innerhalb des zugeordneten Verantwortungsbereiches befindet oder wenn an allen Bahnhöfen Kontrollen durchgeführt werden.

Kontrolle im fahrenden Zug

Eigene Kräfte fahren einen Streckenabschnitt mit und führen in dieser Zeit Kontrollen durch. Der Vorteil ist, dass dabei mit wenigen Kräften alle Reisenden kontrolliert werden. Der Bahnverkehr wird nicht behindert und mehrere Züge können gleichzeitig kontrolliert werden.

Nachteilig ist, dass für die im Zug eingesetzten Kräfte keine Unterstützung möglich ist. Diese Variante ist nur bei Zügen mit großen Zeitabständen zwischen planmäßigen Halten sinnvoll. Nur dann ist gewährleistet, dass Personen, welche sich der Kontrolle entziehen wollen, den Zug nicht verlassen können.

Anhaltung eines Zuges

Diese Variante bietet die größte Effizienz, führt jedoch einen sehr hohen Kräftebedarf mit sich und hat die meisten Auswirkungen auf den Bahnverkehr. Sie wird daher nur bei hoher Feindbedrohung bzw. konkretem Verdacht im Einvernehmen mit der Bahnverwaltung angewendet werden können.

Gefechtstechnik zur Kontrolle im Zug

Grundsatz: Das Verlassen bzw. das Betreten des Waggons ist zu verhindern. Es ist daher an den Waggonenden jeweils ein Sicherungsposten (SiPo) einzusetzen. Ein Kontrolltrupp hat aus drei Mann zu bestehen.

Der Mindestbedarf zur Kontrolle eines Waggons beträgt daher fünf Mann. Steht eine gesamte Jägergruppe zur Verfügung, kann ein Waggon durch zwei Kontrolltrupps gleichzeitig kontrolliert werden. Bei Verstärkung einer Gruppe um zwei Mann können gleichzeitig zwei Waggons kontrolliert werden.

Da die Kräfte für die gleichzeitige Kontrolle aller Waggons eines Zuges meist nicht zur Verfügung stehen, wird grundsätzlich ein Waggon nach dem anderen kontrolliert.

Zu Beginn der Kontrolle ist zu befehlen: - Wonach/nach wem wird gesucht!

- Kontrolle aller Fahrgäste oder stichprobenartig!

- Kontrolle des Gepäcks: ja oder nein!

Bei der Suche nach Sprengstoff ist der Einsatz eines Sprengstoffsuchhundes zweckmäßig. Die Miteinbeziehung eines Verantwortlichen der Bahn zum Öffnen von verschlossenen Räumen und Abteilen ist anzustreben.

Gefechtstechnik für die äußere Sicherung bei Anhaltung eines Zuges

Erfolgt die Kontrolle mit der Gefechtstechnik Anhaltung des Zuges, sind zusätzlich Posten vor den Ausstiegstüren einzusetzen, um ein Verlassen und/oder Betreten des Zuges zu verhindern. Hierbei gilt, dass ein Posten zwei Türen überwacht. Bei bestimmten Waggontypen, zum Beispiel bei einem Doppelstockwagen, ist dies aufgrund des Abstandes der Türen zueinander nicht möglich. Daher muss je Türe ein Posten eingeteilt werden. Für je vier Waggons (als Anhalt) ist ein Fängertrupp einzuteilen, mit dem Auftrag, flüchtende Personen zu stellen. Zusätzlich sind lagebedingt Zugangsmöglichkeiten zum Bahnhofsgelände sowie dessen Umfeld zu überwachen.

Eine Jägergruppe kann daher im Normalfall die Sicherung einer Seite von vier Waggons stellen. Für einen Zug mit neun Waggons sind daher für die äußere Sicherung vier Gruppen notwendig.

Die Aufstellung der Trupps hat bereits bei Einfahrt des Zuges eingenommen zu sein. Bei Dunkelheit ist die Beleuchtung der Waggons sicherzustellen, wie zum Beispiel durch Scheinwerfer von Kraftfahrzeugen. Auf an Nebengleisen vorbeifahrende Züge ist aufgrund der großen Unfallgefahr zu achten!

Vor der Kontrolle eines Zuges werden mit einem Verantwortlichen der Bahn Absprachen getroffen. Diese Absprachen haben zu umfassen: - Welcher Zug wird kontrolliert?

- Anzahl der Waggons (Kräftebedarf).

- Art der Waggons.

- Anzahl der Reisenden im Zug.

- Gleis, auf dem der Zug angehalten wird.

- Maximale Dauer der Anhaltung des Zuges.

Bei Dunkelheit zusätzlich abzuklären: - Ausleuchtung des Haltebereichs des Zuges.

Die Fahrgäste im Zug sollten durch den Zugchef (Schaffner) mittels Zuglautsprecher über die Durchführung der Kontrolle informiert werden. Wichtig ist hierbei, dass die Fahrgäste auf den Plätzen sitzen bleiben. Ist diese Möglichkeit nicht gegeben, so hat die Information durch den militärischen Kommandanten über Lautsprecher zu erfolgen.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Major Thomas Lampersberger, MSD. Jahrgang 1969, eingerückt im Oktober 1988; 1989 bis 1992 Offiziersausbildung an der Theresianischen Militärakademie, 1992 bis 1999 Verwendungen als Zugskommandant, und Kompaniekommandant beim Panzerartilleriebataillon 4 und beim KdoFMB 3. 1999 Versetzung an die Militärakademie; 2000 bis 2004 Kommandant des Jahrganges Kaiserjäger und seit 2005 Hauptlehroffizier Gefechtsmittellehre.

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