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Als HeliOps in Bosnien

Einen Monat vor Beginn der österreichischen EU-Präsidentschaft 2006 übernahm Österreich auch die Rolle der Framework-Nation der Multinational Task Force North bei der EUFOR-Mission "Althea" in Bosnien und Herzegowina. Zur Unterstützung wurden drei "Alouette" III nach Tuzla entsandt. Für den österreichischen G3 Air Staff Officer Helicopter Operations (kurz HeliOps genannt) bedeutete dies, dass umfangreiche Aufträge im multinationalen Stabsbereich und zahlreiche nationale Aufgaben bewältigt werden mussten.

Mit Dezember 2005 übernahm Österreich die Rolle der Framework-Nation der Multinational Task Force North (MNTF-N) bei der European Force (EUFOR) "Althea" in Bosnien für die Dauer eines Jahres. Dies war ein sichtbares Zeichen der besonderen Verantwortung, die Österreich während der EU-Präsidentschaft in der ersten Jahreshälfte 2006 innehatte. Mit dieser speziellen Rolle als Framework-Nation waren auch für das Bundesheer neue Aufgaben verbunden. Besonders internationale Verwaltungsaufgaben, die Übernahme der Infrastruktur von anderen Nationen (beispielsweise von den Amerikanern errichtete Hallen, die als Hangars für die "Alouette" III verwendet wurden) und das Eintreten in verschiedene Verträge mit Liegenschaftseigentümern und Dienstleistern waren - inklusive der damit verbundenen Kosten und Risken - zu bewältigen.

Mit der Führung der MNTF-N stellte Österreich nicht nur den Kommandanten, sondern auch den politischen Berater, den Rechtsberater, den Chef des Visitors and Observer Bureau, den G2, den Kommandanten des Tactical Operation Centers (TOC), einen Stabsoffizier für das Hubschrauberelement, den Chief Medical Offizier, einen Quartiermeister, einen CIMIC-Offizier (Civil Military Cooperation) und einen Geistlichen. Darüber hinaus waren auch der stellvertretende G6 sowie einige Stabsoffiziere und Unteroffiziere im G2-, Information Operations-, Medien- und Logistik-Bereich Angehörige des Österreichischen Bundesheeres.

Die Aufgaben des Hubschrauberelementes

Die Hauptaufgabe des Hubschrauberelementes bestand in der Durchführung von Verbindungs- und Transportflügen mit zwei Hubschraubern. Weiters erfolgten auch Aufklärungsflüge mit der RECCE-COY (Reconnaissance Company). Darüber hinaus war das Hubschrauberelement noch mit CASEVAC (Casual Evacuation), also mit dem Transport von medizinisch stabilisierten Patienten, die von Notarztsanitätern in ein Krankenhaus begleitet werden, beauftragt. Da dem Einsatzplan entsprechend keine der drei "Alouette" III in Tuzla für MEDEVAC (Medical Evacuation) ausgestattet war, wurde diese Aufgabe von den beiden am Airfield in Tuzla stationierten Transporthubschraubern UH-60A "Black Hawk" der US Army durchgeführt.

Die Hubschrauber der MNTF-N

Aufgrund der durch einen Ministerratsbeschluss festgesetzten Obergrenze von 300 Soldaten für AUCON/EUFOR "Althea" war auch der fliegerische Anteil personell entsprechend knapp gehalten. Ein aus lediglich sieben Mann und einem Stabsmitglied bestehendes Hubschrauberelement (Heli-Det - Helicopter-Detachment) kann mittelfristig jedoch nur mit temporären Zusatzentsendungen (in diesem Fall zwei Techniker der Fliegerwerft Aigen/Ennstal), die nicht der Kontingentsstärke zuzurechnen sind, betrieben werden. Die Obergrenze von 300 Mann hatte auch zur Folge, dass nur Hubschrauber vom Typ SA.316B "Alouette" III, die wenig wartungsintensiv sind und mit geringem logistischem Aufwand betrieben werden können, zum Einsatz kommen konnten.

Das österreichische Hubschrauberelement befand sich vom 15. Dezember 2005 bis zum 1. Dezember 2006 im Einsatzraum der Multinational Task Force North und bestand aus - drei Hubschraubern "Alouette" III (davon zwei operationell, einer in Reserve), - zwei Piloten, - drei Bordtechnikern (von der 1. und 2. Staffel/Hubschraubergeschwader), - einem Flugsicherungs-/Einsatzunteroffizier (FSi/EUO), - einem Kanzleiunteroffizier (KzlUO), - zwei Technikern (Zusatzentsendung aus der Fliegerwerft Aigen/Ennstal) sowie - einem G3 Air HeliOps (Stabsmitglied).

Im Vergleich dazu bestand das belgische Hubschrauberelement, das von den österreichischen Fliegerkräften abgelöst worden war, aus - vier Hubschraubern Agusta A.109 (davon drei operationell, einer in Reserve), - 10 Piloten, - 20 Technikern sowie - 18 Soldaten (Kommando-, Sanitäts- und Versorgungsgruppe).

Das belgische Heli-Det hatte auch einen MEDEVAC-Hubschrauber betrieben; ansonsten hatte sich an der Auftragslage und der Durchführung für das österreichische Hubschrauberelement nichts geändert. An das österreichische Hubschrauberelement wurden also sehr hohe Anforderungen gestellt, die aber - nicht zuletzt aufgrund der guten internationalen Verbindungen und der Kooperation mit der US Army und der US Air Force - alle erfüllt werden konnten.

Leistungsparameter und Sicherheitsmaßnahmen

Die Einsatzflugdauer der "Alouette" III beträgt rund 135 Minuten bei vollem Tank. Je nach Auftrag, Flugdauer und Landeplatz können maximal vier Personen befördert werden. Weiters können mit der "Alouette" III Außenlasten bis zu 750 Kilogramm transportiert werden. Sämtliche Flüge müssen bei Tag und unter Sichtflugwetterbedingungen erfolgen.

Im Einsatzgebiet durften die Hubschrauber nur auf Hubschrauberlandeplätzen (HLS - Helicopter Landing Sites), die durch das EOD-Team (EOD - Explosive Ordnance Disposal) freigegeben sind, oder auf Flugplätzen landen und starten, um die Gefährdung durch die noch immer vorhandenen Minen auszuschließen.

Upgrades für künftige Einsätze

Für die "Alouette" III, die zuvor noch nicht für internationale Operationen vorgesehen waren, werden zusätzliche Beschaffungen und Nachrüstungen durchgeführt. Für zwei Hubschrauber wurden Kevlar-Splitterschutzmatten beschafft und probeweise eingebaut. Weiters erhielten sechs Hubschrauber Beleuchtungssätze für Night Vision Goggles (NVGs); zusätzlich dient ein Satz als Umlaufreserve. Die NVG-Grundausbildung (Flüge von "A" nach "B" inklusive Außenlandungen) konnte für das gesamte fliegerische Personal der "Alouette" III in Aigen/Ennstal erfolgreich abgeschlossen werden. Damit ist auch die Durchführung von Aufträgen in der Nacht möglich.

Darüber hinaus erfolgte in Hörsching eine Verladeübung, bei der zwei vollständig ausgerüstete "Alouette" III innerhalb weniger Stunden in eine C-130 "Hercules" verladen wurden.

Allgemeine Aufgaben des G3 HeliOps

Der G3 Air HeliOps des Österreichischen Bundesheeres war zusammen mit seinem Stellvertreter, einem Flieger-Offizier aus dem tschechischen Kontingent, im Stabsbereich der G3-Abteilung tätig. Grundsätzlich ist der HeliOps der fliegerische Berater für den Kommandanten der Multinational Task Force North und arbeitet eng mit dem Chef des Stabes (COS) zusammen. Auch die Einweisung der Stabsmitglieder der MNTF-N, wie ein Hubschrauber anzufordern ist, zählte zu seinen Aufgaben. Dies erfolgte mittels eines so genannten Heli-Request, der in den Standing Operating Procedures (SOP 312) detailliert beschrieben ist. Solche Heli-Requests sollten in der Regel 36 Stunden vor dem Flug erfolgen, da dies die Tagesplanung des HeliOps für die jeweiligen Flüge erleichterte und den Piloten und Technikern des Hubschrauberelementes eine gewisse Vorlaufzeit ermöglichte. Je nach Priorität, Tagesplanung, Wetterverhältnissen und Verfügbarkeit der Hubschrauber wurden diese Flüge dann durch den HeliOps genehmigt oder abgelehnt.

Eine weitere wichtige Aufgabe war auch die regelmäßige Überprüfung der Hubschrauberlandeplätze. Etwaige Änderungen mussten in den Karten berichtigt bzw. aktualisiert und an das Heli-Det weitergegeben werden. In enger Zusammenarbeit mit den Piloten des Heli-Det wurden auch Hinderniskarten erstellt und aktualisiert.

Aufgaben des G3 HeliOps im multinationalen Stabsbereich

Der G3 Air HeliOps stand in engem Kontakt mit allen in der Multinational Task Force North arbeitenden Nationen. Nach dem Daily Morning Update Briefing, dem auch der HeliOps beiwohnte, wurden alle Heli-Requests, die von den Branch Heads eingebracht worden waren, überprüft. Präzision bei der Planung war dabei oberstes Gebot. Die Hubschrauber sollten - dem Gebot der Sparsamkeit folgend, was durch Zusammenlegungen von Flügen erreicht werden konnte - möglichst ausgelastet sein.

Der HeliOps war auch für die Einhaltung der Prioritätenliste gemäß SOP 311 verantwortlich: Priorität 1: Kommandant MNTF-N (Verbindungsflüge, Dienstaufsicht über die Liaison and Observation Teams); Priorität 2: Operationelle Flüge (Verbindungs-, Aufklärungs-, Transportflüge); Priorität 3: HLS (Aufklärungsflüge); Priorität 4: VIPs (von den anderen Task Forces des HQ sowie der MNTF South, North und Northwest oder Transportflüge mit sensiblem Material bzw. der Geheimhaltung unterliegenden Dokumenten); Priorität 5: Trainingsflüge.

Der HeliOps hielt auch ständigen Kontakt mit dem Airfield Commander. Dabei ging es in erster Linie darum, Absprachen für die An- und Abflugverfahren zu treffen beziehungsweise Verfahren für das Schweben von und zur Piste zu erleichtern.

Der G3 Air HeliOps meldete täglich an das HQ EUFOR und an das Tactical Operation Center MNTF-N die geplanten Flüge für den jeweils darauffolgenden Tag. Das HQ EUFOR wurde auch täglich informiert, welche Flüge absolviert werden konnten beziehungsweise welche - beispielsweise wetterbedingt - abgesagt werden mussten. Die Bedarfsträger wurden rechtzeitig benachrichtigt, ob ein angeforderter Flug durchgeführt werden konnte oder nicht, sodass sie immer noch die Möglichkeit hatten, ersatzweise mit einem Fahrzeug zu fahren, um rechtzeitig an ihr Ziel zu kommen.

Weiters meldete der HeliOps an den COS MNTF-N, wenn neue Piloten des Heli-Det die erforderlichen Trainingsflüge abgeschlossen hatten und einsatzbereit waren.

Die Piloten des Heli-Det wurden durch den HeliOps auch immer wieder über die fliegerischen Vorhaben und Übungen vom HQ EUFOR oder von den anderen MNTFs - quasi als vorgestaffelte Verkehrsmeldung - informiert.

Darüber hinaus plante und organisierte der HeliOps bei Übungen das Zusammenwirken der Bodentruppen mit den fliegerischen Teilen der MNTF-N und den fliegerischen Teilen aus den anderen MNTFs. Bei Großübungen konnte er auch Hubschrauber von den anderen MNTFs anfordern, falls die Kapazitäten der eigenen fliegerischen Teile nicht mehr ausreichten.

Weiters war der HeliOps gegenüber den Medien die Auskunftsperson beziehungsweise der Auskunftsberechtigte, was die Aufgaben des Hubschrauberelementes in der MNTF-N betraf. Bei internationalen und nationalen Veranstaltungen und Besuchen war er somit auch dessen Repräsentant.

Der G3 HeliOps und seine nationalen Aufgaben

Beim Morgen-Briefing mit den Besatzungen des Heli-Det wurden noch einmal die für den jeweiligen Tag anfallenden Flüge und deren Prioritäten abgesprochen. Nach Einholung der Wetterdaten entschied der HeliOps, ob ein Flug durchgeführt werden konnte oder nicht.

Einzuplanen waren auch immer wieder Bergeübungen mit dem vor Ort vorhandenen österreichischen Flugretter. Einerseits, damit dieser seine Qualifikation aufrechterhalten konnte, und andererseits, damit die Hubschraubercrew für etwaige Einsätze vorbereitet war.

Außerdem erarbeitete der HeliOps eine monatliche Flugstatistik und erstellte Karten mit den aktuellen Gefahrengebieten (z. B. Schießplätzen) für das Heli-Det.

Der HeliOps war auch verantwortlich für die Einhaltung der national vorgegebenen maximalen operationellen Flugstunden und der notwendigen Trainingsstunden pro Monat. Die für die "Alouette" III vorgegebenen maximal 40 operationellen Flugstunden bzw. die notwendigen 25 Trainingsstunden resultierten aus einem von der Typenwerft in Aigen/Ennstal errechneten Durchschnittswert, damit die technischen Wartungsintervalle der im Einsatzgebiet verwendeten Hubschrauber eingehalten werden konnten.

Weiters war der HeliOps dafür verantwortlich, dringend benötigte Ersatzteile so rasch wie möglich über das nationale Kontingent anzufordern.

Risikobewertung

Im Rahmen des Truppenschutzes wurde auf die Sicherheit der Soldaten großes Augenmerk gelegt. Grundsätzlich bestand für das Hubschrauberelement und dessen Soldaten keine direkte Gefährdung, ein entsprechend risikobewusstes Verhalten ist bei derartigen Einsätzen jedoch stets notwendig. Das Gefahrenpotenzial resultierte hauptsächlich aus dem so genannten "Happy Shooting". (Die einheimische Bevölkerung, die bei jeder sich bietenden Gelegenheit Freudenschüsse mit scharfer Munition in die Luft abgibt, kann dabei - unabsichtlich, aber dennoch wirksam - zu einer der Fliegerabwehr ähnlichen Gefahr für startende und landende bzw. tief fliegende Luftfahrzeuge werden. Spätestens dann, wenn nach dem Gesetz der Schwerkraft die Geschoße nach Erreichen des Scheitelpunktes ihrer Flugbahn wieder zur Erde zurückfallen, stellen sie aufgrund der beträchtlichen Geschwindigkeit, die sie dabei erreichen können, auch für abgestellte Luftfahrzeuge sowie für das gesamte im Freien befindliche Personal eine beträchtliche Sekundärgefahrenquelle dar. Die üblicherweise nahezu senkrecht in die Luft abgegebenen Schüsse können durchaus auch zu einer primären Gefahrenquelle mutieren, insbesondere dann, wenn der Lauf der Waffe - oft unter Alkoholeinfluss des Schützen - in den horizontalen Bereich geschwenkt wird.) sowie aus den noch immer vorhandenen Minen und Blindgängern, weshalb die Hubschrauber ausschließlich auf den vorgesehenen Hubschrauberlandeplätzen landen durften. Außerdem müssen bei künftigen Einsätzen die Hubschrauber mit den bereits im Dezember 2005 angeforderten Kevlar-Splitterschutzmatten ausgerüstet werden. Sparsamkeit darf nicht auf Kosten der Sicherheit gehen.

Schlussbetrachtung

Die Verwendung der "Alouette" III für diesen Einsatz hat sich - angesichts der vorgegebenen Rahmenbedingungen - als die einzig mögliche Entscheidung herausgestellt. Dem mit wenig Wartungspersonal und geringem logistischen Aufwand betreibbaren Hubschraubertyp und den Besatzungen wurde sowohl national als auch international eine sehr hohe Wertschätzung zuteil. Nahezu alle Aufträge (Flüge mit zwei bis drei Personen) bzw. Spezialaufträge konnten zur vollsten Zufriedenheit der MNTF-N erfüllt werden.

Genau dieser Einsatz bestätigt auch die Richtigkeit der Entscheidung, den Standort Aigen/Ennstal als einzigen Heimatflugplatz der "Alouette" III zu erhalten, und die Notwendigkeit, rechtzeitig ein Folgemuster für diese Hubschrauber zu beschaffen.

___________________________________ ___________________________________ Autor: Hauptmann Gerald Schmutzler, Jahrgang 1972. Eingerückt 1991 zum Jagdpanzerbataillon 7 in Salzburg. 1992 bis 1995 Theresianische Militärakademie in Wiener Neustadt; danach Flugsicherungsausbildung in Langenlebarn. Von Mai 2000 bis Mai 2001 Auslandseinsatz UNDOF/AUSBATT, danach Flugverkehrsleiter in Aigen/Ennstal; von Dezember 2004 bis Juni 2005 Auslandseinsatz UNDOF/AUSBATT und von April 2006 bis Juni 2006 Auslandseinsatz als G3Air Staff Officer Helicopter Operations bei EUFOR/ALTHEA. Seit Juli 2006 Flugverkehrsleiter und seit Dezember 2006 zusätzlich S3 in Aigen/Ennstal.

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