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Assistenzeinsatz in Westösterreich

Massive Schneefälle in Westösterreich führten seit dem 26. Jänner 1999 zu einschneidenden Verkehrsbehinderungen im Strassen- und Eisenbahnverkehr und in der Folge zur Nichterreichbarkeit von Orten und ganzen Talschaften.
Ab 11. Februar 1999 waren auf Grund von zusätzlichen massiven Schneefällen das Stanzertal ab Pians, das Paznauntal ab Gries, das Lechtal im Raum Warth, Lech und Zürs von der Außenwelt abgeschnitten und auf dem Landwege nicht erreichbar.
Das Bundesheer unterstützte zu diesem Zeitpunkt die zivilen Behörden im Wege der Assistenz durch Beistellung von Lufttransportkapazität für Versorgungsmaßnahmen.
Ab 22. Februar verschärfte sich auf Grund des fortwährenden Neuschneezuwachses die Lawinensituation in Westtirol und Vorarlberg zusehends.
Am 23. Februar gegen 16.30 Uhr verschüttete eine Staublawine katastrophalen Ausmaßes mehrere Häuser im Ortszentrum von Galtür. Die sofort einsetzenden Rettungsmaßnahmen konnten allerdings nur von örtlich verfügbaren Kräften durchgeführt werden, da die katastrophale Wettersituation ein Einfliegen von Hilfsmannschaften unmöglich machte.
Dichter Schneefall, verbunden mit der einbrechenden Dunkelheit und orkanartige Sturmböen, schlossen einen verantwortbaren Einsatz von Luftfahrzeugen absolut aus.

Aktivierung der Einsatzführung

Auf Grund der dramatischen Ereignisse wurde zusätzlich zum Katastropheneinsatzstab vor Ort die Einsatzführung im BMLV bestehend aus Teilen der Operationsabteilung sowie der Luftabteilung aktiviert. Sie begann unverzüglich mit der Koordinierung der notwendigen Unterstützungmaßnahmen.
Dabei stellte sich sehr bald heraus, dass auf Grund des Umfanges der zu erwartenden Aufgabenstellung wie Ausfliegen von Verletzten bzw. traumatisierten Personen sowie Evakuierung tausender Urlaubsgäste aus lawinenbedrohten Räumen die bundesheereigenen Hubschraubertransportkapazitäten nicht ausreichen würden.
Noch im Verlauf der Nachtstunden wurde eine Verbalnote mit entsprechendem Hilfeansuchen an Deutschland, die Vereinigten Staaten, Frankreich, Großbritannien und die Schweiz gerichtet.

Ablauf der Hilfsmaßnahmen

Mit Tagesanbruch des 24. Februar begannen sämtliche vor Ort verfügbaren österreichischen Lufttransportfahrzeuge die Gemeinde Galtür anzufliegen. Zunächst wurden Lawineneinsatzkräfte im Umfang von drei Assistenzzügen, zivile Bergretter und Hundeführer sowie Notärzte an den Lawinenkegel verbracht, in der Folge die Verletzten bzw. traumatisierten Lawinenopfer in die Krankenhäuser ausgeflogen bzw. zur ärztlichen Erstversorgung in die Kaserne Landeck gebracht.
Der Einsatz der Transporthubschrauber war durch schlechte Witterungsbedingungen mit wieder einsetzendem Schneefall sowie Nebel und Sturm erheblich behindert.
Im Laufe des Mittwoch Nachmittag trafen dann Hubschrauber der US-Army sowie der Deutschen Bundeswehr und der schweizerischen Luftwaffe ein. Ein Einfliegen in das Katastrophengebiet Paznauntal war jedoch auf Grund der Wetterlage ab den Nachmittagstunden nicht mehr möglich.
Durch einen weiteren Lawinenabgang im Raum Valzur in den Nachmittagstunden des 24. Februar verschärfte sich die Situation neuerlich. In den Nachtstunden zum 25. Februar konnten an den Lawinenkegeln nur örtlich vorhandene Einsatzkräfte arbeiten. Eine Verstärkung von außen war nicht möglich.
In den Morgenstunden des 25. Februar begann eine groß angelegte Evakuierungsoperation durch alle beteiligten Hubschrauberkräfte. Dabei konnten bis in die Abendstunden sämtliche ausreisewilligen Touristen und Einheimische aus Galtür ausgeflogen werden. Gefährdete Gehöfte in der Umgebung von Ischgl bzw. Mathon wurden ebenfalls evakuiert. Im Einsatz standen dabei insgesamt 37 Hubschrauber aus Österreich und den unterstützenden Staaten.
Am 26. Februar wurden in arbeitsteiliger Vorgangsweise durch die amerikanischen und deutschen Hubschrauber sämtliche ausreisewilligen Touristen und Einheimische aus dem Raum Ischgl ausgeflogen, während die österreichischen Hubschrauberkräfte die gefährdete Bevölkerung bzw. Touristen aus Mathon bzw. Kappl evakuierte.

Kräfteeinsatz und erbrachte Leistungen

Hubschraubereinsatz
Im Einsatz standen nach Verstärkung insgesamt 47 Hubschrauber davon:
- 19 aus Österreich, Typen: AB 212, AB 204 und AL III
- 10 aus Deutschland, Typen: CH 53 (Großtransporter) und UH 1
- 9 aus den US-Streitkräften, Typen: UH 60 BLACK HAWK
- 5 aus Frankreich, Typ: SUPERPUMA
- 1 aus der Schweiz, Typ: SUPERPUMA

Erbrachte Leistungen im Lufttransport
- 17.495 Personen und
- 22.870 Versorgungsgüter wie Medikamente und Rettungsmaterial wurden transportiert,
- 2.774 Landungen wurden durchgeführt sowie
- 840 Flugstunden absolviert.

Erbrachte Leistungen der Einsatz- und Hilfskräfte am Boden
In Vorarlberg standen sieben Lawineneinsatzzüge und Hilfsmannschaften mit insgesamt 350 Mann im Dauereinsatz.
Im Schwergewicht des Einsatzes in Tirol waren ständig vier Lawineneinsatzzüge und vier zugstarke Hilfsmannschaften in Galtür und Valzur mit insgesamt 350 Mann eingesetzt. Zusätzlich wurden drei Lawineneinsatzzüge sowie Hilfskräfte von insgesamt 420 Mann in Westtirol bereitgehalten bzw. eingesetzt und aus Salzburg vier Lawineneinsatzzüge bzw. vierundzwanzig Hilfszüge (Pionier-, Versorgungs-, ABC-, Fernmelde- und Jägerkräfte) mit insgesamt 700 Mann für eine Einsatz vorbereitet. Dabei wurden in Summe ca. 45.000 Mannstunden erbracht.

Logistische Unterstützung

Mehr als 80.000 Liter Hubschraubertreibstoff wurden verbraucht, 8.600 Tagesportionen an Einsatzkräfte, Heer und Zivil, verabreicht und 10.200 Zivilpersonen (Gäste) verköstigt und betreut.

Die Erfahrung hat gezeigt

Die Beistellung der erforderlichen Assistenzkräfte erfolgte aus der Präsenzorganisation des Bundesheeres. Die Lawineneinsatzkräfte kamen dabei aus den Ländern Tirol, Vorarlberg und Salzburg. Bei den fliegerischen Einsatzmitteln war allerdings festzustellen, dass sehr bald nach Einsatzbeginn Kapazitätsgrenzen erreicht wurden. Sowohl von der Anzahl der verfügbaren Hubschrauber als auch von deren Transportleistung wäre eine erfolgreiche Auftragserfüllung in der geforderten Zeit ohne die internationale Unterstützung nicht möglich gewesen.
Die Erfahrungswerte aus internationalen Übungen machten es möglich, nach kurzen Einweisungsbriefings eine reibungslose Zusammenarbeit aller beteiligten Staaten vor Ort zu gewährleisten.
Die Zusammenarbeit mit der Einsatzleitung (Landeshauptmann, Bezirkshauptmann sowie zivile Einsatz- und Rettungsorganisationen) konnte problemlos ablaufen. Dies ist als Ergebnis der laufend durchgeführten koordinierten Übungen ziviler und militärischer Einsatzkräfte besonders positiv hervorzuheben.

Obstlt Thomas Rapatz, Op

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