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Die kleinen Wehrverbände in der Ersten Republik

Neben den großen Wehrverbänden Republikanischer Schutzbund und Heimwehr (Heimatschutz) waren im Österreich der Zwischenkriegszeit viele kleine paramilitärische Gruppen entstanden. Ähnlich den Heimwehren besaßen diese oft keine einheitliche Struktur. Ein Großteil dieser kleinen Wehrverbände löste sich nach wenigen Jahren selbst auf, wurde verboten oder ging in anderen Organisationen auf.

Die genaue Mitgliederzahl und die Organisation der meisten kleinen Wehrverbände werden vermutlich unbekannt bleiben, weil nur wenig Archivmaterial vorhanden ist, das darauf Rückschlüsse zulässt. Auch die publizistische Tätigkeit dieser Gruppen (Plakate, Postillen, Zeitungen, …) zeichnet kein klares Bild, handelt es sich doch dabei generell um Propagandamaterial. Nimmt man die Auflagen und die Erscheinungszeiträume dieser Publikationen als Messlatte, fällt auf, dass die meisten Druckwerke nur geringe Auflagen hatten und schnell wieder verschwanden. Die Zeitung des Studentenfreikorps, der "Heimatschutz-Student", erschien z. B. nur in den Jahren 1932/33 und 1935/36.

Ideologisch stand die Mehrzahl der kleinen Wehrverbände meist deutlich rechts der Mitte, manche sogar extrem rechts, denn im Bereich der "Linken" verhinderte die Dominanz des Republikanischen Schutzbundes der österreichischen Sozialdemokraten die Entstehung nennenswerter anderer linker (z. B. kommunistischer) Wehrverbände. (In Deutschland hingegen sah sich das sozialdemokratische Reichsbanner Schwarz-Rot-Gold, das deutsche Pendant zum Schutzbund, dem kommunistischen Rotfrontkämpferbund gegenüber.) Auch kleinere Parteien Österreichs - wie der konservative Landbund - hielten sich paramilitärische Verbände (Bauernfront, Grüne Wehr, Grüne Front). Selbst einzelne Berufsgruppen wie Eisenbahner, Straßenbahner oder Postbedienstete gründeten waffentragende Organisationen (Eisenbahnerwehr, Straßenbahnerwehr, Post- und Telegraphenwehr) ebenso die christlichen Turnerbünde (Wehrabteilungen der Christlich-Deutschen Turnerschaft Österreichs).

In der Art ihres Auftretens und in ihren Zielen waren manche dieser Wehrverbände selbst von zeitgenössischen Beobachtern kaum voneinander unterscheidbar - außer es handelte sich um optisch und ideologisch eindeutig zuordenbare Verbände wie die Sturmabteilung (SA) und die Schutzstaffel (SS) der Nationalsozialisten.

Die kleinen Wehrverbände "rechts der Mitte" schienen sich zwar in der "Bekämpfung des Marxismus" einig zu sein, gewaltsame Konflikte untereinander sowie mit den Heimwehren blieben aber nicht aus. In mehreren kleinen Wehrverbänden trafen sich christlich-soziale Anschauungen mit monarchistischen bis hin zu deutschnationalen und nationalsozialistischen Ansichten. Selbst "sektiererische" Tendenzen und Weltanschauungen konnten sich so entfalten.

Eine Besonderheit war die Verschränkung untereinander - viele Personen traten mehreren Verbänden gleichzeitig bei. Doch auch die Organisationen schlossen sich mit anderen zusammen, trennten sich wieder oder gründeten mit Splittergruppen neue Vereine und paramilitärische Gruppen. Beispiele dafür sind das Studentenfreikorps und die Akademische Legion. Beide traten geschlossen der Heimwehr bei und gingen dann in ihr auf.

Das Ende der kleineren Wehrverbände erfolgte meist durch Selbstauflösung, das Aufgehen in einer anderen Gruppe, spätestens aber mit der Zwangsauflösung durch die Regierung 1936 und die damit verbundene Eingliederung in die Vaterländische Front und deren Teilorganisationen. Einzig die (seit 1933 verbotenen) Verbände der Nationalsozialistischen Deutschen Arbeiterpartei (NSDAP), die SA und die SS, entzogen sich dieser Zwangseingliederung.

Typisch für alle kleineren Wehrverbände mit Ausnahme der SA und der SS, die Unterstützung aus Deutschland erhielten, war ihre relative militärische und - damit verbundene - politische Schwäche. Es fehlte oft an Waffen (außer die Regierung teilte den Verbänden aus staatlichen Depots solche zu), an Uniformen, an einer straffen Organisation sowie an einer geregelten Finanzierung.

Die in der Folge beschriebenen paramilitärischen Gruppen zeigen zwar die Vielfalt, umfassen aber nur die größeren und bedeutenderen der damals existierenden Wehrverbände.

Die Ostara - eine frühe paramilitärische Gruppe

1919 gründete die winzige Partei Österreichischer Monarchisten (PÖM) in Wien den Bund der Unerschrockenen, aus dem der Selbstschutzverband Ostara entstand. (Ostara/Eostrae galt in der Romantik als eine germanische Frühlingsgöttin, von deren Namen sich angeblich das Wort Ostern ableitet. Der monarchistische Wehrverband Ostara hat übrigens nichts mit den Ostara-Schriften - den wirren rassentheoretischen Pamphleten von Jörg Lanz von Liebenfels - zu tun, die zwischen 1905 und 1931 erschienen. Anm.) Obwohl die gewaltbereite Ostara kaum mehr als 200 bis 300 Mann aufbieten konnte, kam es 1922/23 zu heftigen Zusammenstößen mit Sozialdemokraten, wobei (am 17. Februar 1923) sogar ein Toter zu beklagen war. Nach dem Tode Kaiser Karls (1922) schien jeder Restaurationsversuch ausgeschlossen, weil Karls Sohn Otto von Habsburg erst zehn Jahre alt war. Die Ostara rutschte in die Bedeutungslosigkeit ab, erfreute sich aber weiterhin guter Kontakte zur Kirche und zu den Heimwehren. Auch im Wiener Heimatschutz tauchen einige Ostara-Mitglieder auf. Militärische und innenpolitische Bedeutung erlangte dieser winzige monarchistische Verband jedoch nie.

Die Ostmärkischen Sturmscharen

Die Ostmärkischen Sturmscharen wurden mit Hilfe der Kirche - vor allem des späteren Erzbischofs von Salzburg, Sigismund Waitz - am 7. Dezember 1930 in Innsbruck gegründet. Sie standen unter der Führung des späteren Bundeskanzlers Dr. Kurt Schuschnigg. Anfangs als kirchliche Reformbewegung gedacht, bildete sich ab 1933 daraus ein Wehrverband, der auch gegen die Heimwehren Front machen sollte. Schuschnigg, selbst ein Tiroler, wollte sich mit den Ostmärkischen Sturmscharen möglicherweise eine eigene paramilitärische Hausmacht schaffen. Das Mitgliederreservoir bildeten die katholischen Gesellen- und Lehrerorganisationen. Auch katholische Kleriker engagierten sich in den Ostmärkischen Sturmscharen sehr stark, vorwiegend als Seelsorger und Ausbildner.

Selbst Bundeskanzler Dollfuß stand den Ostmärkischen Sturmscharen positiv gegenüber, da er diese für berechenbarer hielt als die zerstrittene, labile Heimwehr. Angeblich hatten die Sturmscharen 1933 rund 15 000 Mitglieder. Bei den Februarkämpfen 1934 griffen auch die Sturmscharen ein und hatten dabei angeblich auch Tote zu beklagen. (Allerdings trugen das Bundesheer und die Polizei die Hauptlast der Kämpfe.) Ab 1934 erfreuten sich die Ostmärkischen Sturmscharen der Regierungsprotektion und es gelang ihnen in der Steiermark sogar, die Heimwehren kurzzeitig an Mannschaftsstärke zu übertreffen.

Trotz starken gegenseitigen Misstrauens legten der Heimatschutz und die Ostmärkischen Sturmscharen im Jahre 1935 ihre Jugendorganisationen zusammen. Ebenso wie den Heimatschutz wandelte Bundeskanzler Schuschnigg die Ostmärkischen Sturmscharen in eine Kulturorganisation um und ließ deren Waffen einsammeln. Ehemalige Mitglieder versuchte er in die Frontmiliz zu integrieren. Die Auflösung aller Wehrverbände im Oktober 1936 betraf die Ostmärkischen Sturmscharen deshalb nur mehr formal.

Wie die Heimwehren führten auch die Ostmärkischen Sturmscharen in Niederösterreich ein starkes Eigenleben (Niederösterreichische Sturmscharen). Sie genossen die Unterstützung des Bauernbundes (wie auch die niederösterreichische Heimwehr unter Julius Raab) und stellten mit dem niederösterreichischen Bauernbunddirektor Ing. Leopold Figl den Landesführer.

Die Ostmärkischen Sturmscharen waren einheitlich uniformiert. Sie trugen graue Hemden, Hosen und Kappen sowie schwarze Krawatten bzw. Armbinden mit einem christlichen Symbol.

Exkurs Ing. Leopold Figl (1902 - 1965):

Der in Rust in Niederösterreich (Bezirk Tulln) geborene Leopold Figl studierte ab 1923 an der Hochschule für Bodenkultur in Wien. Er wurde 1931 stellvertretender Direktor des niederösterreichischen Bauernbundes und 1933 dessen Direktor. Figl fungierte auch als Landesführer der Niederösterreichischen Sturmscharen. Im Ständestaat exponierte sich Figl als regimetreu (1937 wurde er Obmann des Reichsbauernbundes). U. a. deshalb wurde er am 12. April 1938 verhaftet und von den Nationalsozialisten (im sogenannten "Prominententransport") nach Dachau verschleppt. 1943 freigelassen, arbeitete er als Erdölingenieur in Niederösterreich, bevor er 1944 erneut verhaftet und nach Mauthausen gebracht wurde. Es folgte eine Anklage wegen "Hochverrates" und die Überstellung in das Landesgericht Wien. Dem drohenden Todesurteil entging er durch das Kriegsende.

Noch vor Kriegsende gründete Leopold Figl den Bauernbund (am 14. April 1945) erneut. Drei Tage später hob er mit Leopold Kunschak, Hans Pernter, Lois Weinberger, Julius Raab sowie Felix Hurdes die ÖVP aus der Taufe. Zuerst fungierte Figl als provisorischer Landeshauptmann von Niederösterreich und als Staatssekretär der Regierung Renner bevor er - nach dem Sieg bei den Nationalratswahlen am 20. Dezember 1945 - Bundeskanzler wurde. Dieses Amt übte er bis 1953 aus. Nach parteiinterner Kritik, er sei gegenüber der SPÖ zu kompromissbereit, erfolgte seine Ablöse durch Julius Raab. Figl wurde Außenminister und war als solcher wesentlich am Abschluss des Staatsvertrags 1955 beteiligt. (Mit den Worten "Österreich ist frei!" zeigte er dieses Schriftstück der jubelnden Menge vor dem Belvedere.) 1959 löste der Sozialist Bruno Kreisky Figl als Außenminister ab. Figl war von 1959 bis 1962 Nationalratspräsident und danach bis zu seinem Tode 1965 Landeshauptmann von Niederösterreich.

Ing. Leopold Figl, der als Anhänger von Engelbert Dollfuß galt und der sich in der "Vaterländischen Front" engagiert hatte, wandelte sich in und nach den Kriegsjahren zum überzeugten Demokraten und Kompromisspolitiker.

Exkurs Dr. Kurt Schuschnigg (1897 - 1977):

Kurt Schuschnigg kam in Reif (Südtirol, heute Riva del Garda) als Sohn eines Offiziers zur Welt. Er absolvierte die Eliteschule "Stella Matutina" der Jesuiten in Feldkirch und nahm am Ersten Weltkrieg teil. Danach studierte er in Innsbruck Rechtswissenschaften und eröffnete 1924 seine eigene Kanzlei.

Schuschnigg engagierte sich in der Christlich-Sozialen Partei und errang 1927 einen Sitz im Nationalrat. An der Gründung und am Aufbau der Ostmärkischen Sturmscharen beteiligte sich Schuschnigg, weil er gegenüber den Heimwehren großes Misstrauen hegte. 1932 wurde er Justizminister und 1933 zusätzlich Unterrichtsminister. Auf sein Betreiben kam es 1933 zur Wiedereinführung der Todesstrafe in Österreich. 1934 ließ er als "abschreckendes Beispiel" acht Schutzbundführer - darunter den schwerverwundeten Karl Münichreiter - hinrichten.

Nach der Ermordung von Engelbert Dollfuß folgte Kurt Schuschnigg diesem als Bundeskanzler nach. Seine gegen das Dritte Reich gerichteten Versuche, den austrofaschistischen Bundesstaat zum "zweiten deutschen Staat" hoch zu stilisieren, scheiterten kläglich. Ab dem Einmarsch im März 1938 befand sich Schuschnigg in Haft (u. a. in den Konzentrationslagern Sachsenhausen, Flossenbürg und Dachau).

1945 von den Amerikanern befreit, begab sich Schuschnigg in die USA und wurde Professor für Staatsrecht in St. Louis. 1968 kehrte er nach Österreich zurück, ohne jemals für seine Rolle im Ständestaat zur Verantwortung gezogen zu werden. Schuschnigg starb am 18. November 1977 in Mutters (Tirol).

Der Freiheitsbund

Der Freiheitsbund war ein am 17. Juli 1927 (zwei Tage nach dem Justizpalastbrand) aufgestellter Wehrverband der christlich-sozialen Arbeiterschaft. Er sollte "sozialdemokratischen Betriebsterror" verhindern und eigene Versammlungen schützen. Trotz des "gemeinsamen Feindes" zählten aber auch die Heimwehren zu den Gegnern des Freiheitsbundes, der unter der Führung des christlich-sozialen Arbeiterführers Leopold Kunschak stand.

Ungeachtet dieser Rivalitäten war auch ein Führer des Freiheitsbundes am 18. Mai 1930 in Korneuburg anwesend (siehe "Die Heimwehr" in TD 1/2010, Kasten "Der Korneuburger Eid"), doch im Gegensatz zum Führer der niederösterreichischen Heimwehr, Julius Raab, verweigerte der anwesende Funktionär des Freiheitsbundes als einziger den "Korneuburger Eid". Ob der Freiheitsbund im Februar 1934 gegen die Sozialdemokraten zu den Waffen griff, ist bis heute umstritten.

Nach den Bürgerkriegen vom Februar und Juli 1934 strömten dem Freiheitsbund zahlreiche ehemalige Sozialdemokraten und Nationalsozialisten zu, sodass dieser 1935 angeblich über 30 000 Mann zählte. Wahrscheinlich hatte bei den meisten neuen Mitgliedern kein Gesinnungswandel stattgefunden, doch erwarteten sie sich vom Freiheitsbund Schutz und Arbeit. Durch die nunmehr integrierten Nationalsozialisten driftete aber der Freiheitsbund nach rechts und hielt nun gute Kontakte zum deutschen Gesandten in Österreich, Franz von Papen. 1936 vertrat der Freiheitsbund bereits offen antisemitische Tendenzen. Gustav Blenk, Kommandant des Akademischen Korps des Freiheitsbundes gab unumwunden zu, dass im Freiheitsbund "am Schluss lauter Nazis waren". Die Finanzierung erfolgte durch die christlichen und später durch die Einheitsgewerkschaften. Obwohl auch der Freiheitsbund im Oktober 1936 offiziell aufgelöst wurde, existierte er inoffiziell bis 1938 weiter.

Die Uniform des Freiheitsbundes bestand aus gelbgrünen Windjacken, schwarzen Hosen, schwarzen oder gelbgrünen Kappen mit schwarzen Lackschirmen und rotweißroten Kokarden in einem Dornenkranz.

Der Frontkämpferverband

Der im April 1920 gegründete paramilitärische Frontkämpferverband (auch Frontkämpfervereinigung Deutsch-Österreichs) führte viele ehemalige Soldaten der kaiserlichen Streitkräfte in seinen Reihen. Kommandanten waren meist ehemalige Offiziere, wie die Obersten Hermann Hiltl und Oskar Zeiß sowie Major Kopschitz.

Als Ziele des Frontkämpferverbandes galten der Kampf "auf arischer Grundlage gegen die volkszerstörenden Elemente wie Sozialdemokraten und Kommunisten", die Pflege der Frontkameradschaft und die Einigung des "gesamten deutschen Volkes".

Der Frontkämpferverband veranstaltete zahlreiche Gedenktage und -märsche sowie Feldübungen und trat offensiv gegen die Sozialdemokraten und den Republikanischen Schutzbund auf, hielt jedoch Distanz zu den Heimwehren.

Traurige Berühmtheit erlangte der Frontkämpferverband aufgrund der Ereignisse von Schattendorf (Burgenland) am 30. Jänner 1927. Schutzbündler waren dort gegen eine Veranstaltung von Frontkämpfern vorgegangen und hatten viele davon bereits am Bahnhof gezwungen, wieder in einen Zug zu steigen. Auf dem Rückmarsch drangen Schutzbundangehörige in Siegesstimmung in das Gasthaus Tscharmann ein, beschimpften dort Anwesende und warfen Steine. Drei dort befindliche Frontkämpfer schossen mit Schrotflinten auf die bereits abziehenden Schutzbündler und töteten dabei einen Invaliden und ein achtjähriges Kind. Der Freispruch der Täter am 15. Juli 1927 löste in Wien einen Massenprotest von Arbeitern aus. Diese zogen in die Innenstadt und steckten den Justizpalast in Brand. Die Polizei schoss daraufhin in die Menge. Die Folge waren 94 Tote und mehr als 1 000 Verletzte.

Als Uniformen dienten dem Frontkämpferverband braungelbe Windjacken, Reithosen, hohe Schuhe und schwarze Hauben mit Nackenschutz. Das Frontkämpferabzeichen zeigte eine Hand auf einem Schwertknauf, einen Lorbeerzweig und einen Lorbeerkranz. Häufig wurden auch militärische Auszeichnungen der Monarchie getragen.

In den frühen dreißiger Jahren unterwanderten Nationalsozialisten den Frontkämpferverband, worauf dieser 1935 behördlich aufgelöst wurde.

Die Verbände der Nationalsozialisten

Ab 1922 waren die Nationalsozialisten vor allem in Wien sehr aktiv. Die in diesem Jahr gegründete Bezirksgruppe in Favoriten stellte auch eine eigene Ordnertruppe (später Sturmabteilung - SA) auf, geführt von Hans Lechner aus München. Rund 10 000 der im Jahre 1923 eingetragenen 34 000 Parteimitglieder sollen in dieser Ordnertruppe gedient haben. Am 4. März 1923 gab es in Favoriten erste Zusammenstöße mit sozialdemokratischen Ordnerwehren - und den ersten Toten.

Die SA trug nach 1923 braune Hemden (ab 1932 u. a. das standardisierte Modell der deutschen Bekleidungsfirma Hugo Boss), braune Krawatten, Breeches (Reithosen), Schaftmützen (käppiähnliche Schirmmützen) und Hakenkreuzarmbinden. Die "österreichische" SS hingegen trug generell Zivilkleidung, fallweise mit Hakenkreuzarmbinden.

Der deutliche Aufstieg der NSDAP in Österreich - und damit der SA und SS - begann erst mit der Wirtschaftskrise und dem Niedergang der Heimwehren. Ab 1932 kam es immer öfter zu Zusammenstößen zwischen den "Braunhemden", den Heimwehren und dem Schutzbund, z. B. in Wien-Simmering und in Innsbruck (die so genannte "Saalschlacht von Hötting").

In den letzten Wahlen der Ersten Republik gewann die NSDAP, die auch in Österreich große Versammlungen abhielt, deutlich an Stimmen. Nach der Machtergreifung Hitlers in Deutschland (30. Jänner 1933) überzogen die SA und die in Zivil agierende SS Österreich mit einer Terrorwelle. Fast täglich gab es Anschläge und Sabotageakte, bis nach einem Attentat in Krems die österreichische Regierung am 19. Juni 1933 die NSDAP und ihre Verbände verbot. Diese tauchten in die Illegalität ab und führten den Kampf aus dem Untergrund weiter.

Nach dem Bürgerkrieg im Februar 1934 steigerte sich der NS-Terror und fand im Juni 1934 seinen Höhepunkt. Der schlecht koordinierte Juni-Putsch der sich nun wieder offen zeigenden Nationalsozialisten wurde in Wien von der SS und in den Bundesländern zumeist von der SA getragen. Das Vorgehen Hitlers gegen die SA-Führung in Deutschland hatte aber dazu beigetragen, dass die SA in Österreich nur zögerlich handelte. Auch die Rivalität zwischen der SA und der (in Deutschland elitäreren) SS hatte dabei eine Rolle gespielt. Der Juliputsch wurde vom Bundesheer und den Heimwehren niedergeschlagen, Bundeskanzler Dollfuß war jedoch im Zuge des Putsches von NSDAP-Leuten ermordet worden. Die österreichischen Nationalsozialisten befanden sich somit weiterhin in der Illegalität. Während des Verbotes der "Braunhemden" erfolgten die Nazi-Aufmärsche mit weißen Hemden (einmal sogar mit nacktem Oberkörper).

Nach dem Berchtesgadener Abkommen zwischen Österreich und Deutschland (12. Februar 1938) traten die Nationalsozialisten und ihre Verbände wieder uniformiert an die Öffentlichkeit. Der Einfluss der SA hatte inzwischen allerdings stark ab- und der Einfluss der SS stark zugenommen. Mit dem Einmarsch im März 1938 wurden beide Verbände quasi legalisiert, die Vaterländische Front hingegen aufgelöst.


Autor: Mag. Martin Prieschl, Jahrgang 1976. 2004 Wehrdienst im Panzergrenadierbataillon 13, Angehöriger des Milizbataillons Oberösterreich. Studium der Rechtswissenschaft und Geschichte an der Universität Salzburg. Abschluss in Geschichte 2003 mit Auszeichnung; Auszeichnung des Bundesministeriums für Unterricht und Kunst für die besten Studierenden 2003/2004; Ausbildung zum Archivar am Institut für Österreichische Geschichtsforschung und der Fachhochschule Potsdam (Archiv, Bibliothekswesen, Dokumentation); Dissertation an der Universität Wien. Neben zahlreichen Publikationen u. a. Tätigkeiten im Verlagswesen; Hospitant im Kriegsarchiv; im Haus-, Hof- und Staatsarchiv und im Parlamentsarchiv sowie als Koordinator und Mitgestalter der Ausstellung "Liberale Politik in Österreich" (Parlament 2006). Seit März 2007 Archivbeauftragter der Evangelischen Kirche A und HB sowie Archivar der Diözesen Niederösterreich und Salzburg-Tirol. Seit 2009 Geschäftsführer der Firma Archivtechnik & Systeme.

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