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Evaluierung von Kaderpräsenzeinheiten

Das Operational Capabilities Concept Evaluation and Feedback Programme

Das Österreichische Bundesheer ist eine Einsatzarmee. Die für die EU Battle Groups vorgesehenen österreichischen Soldaten, aber auch die anderen Kräfte für Internationale Operationen/Kaderpräsenzeinheiten dieser Einsatzarmee müssen fähig sein, gemeinsam mit Soldaten anderer Länder die einsatzspezifischen Aufgaben zu erfüllen. Diese Fähigkeit zur Interoperabilität wird vor dem Einsatz mittels eines Evaluierungsprogramms überprüft, das gleichsam die jeweilige Einsatzausbildung abschließt und gleichzeitig ein Teil der mittelbaren Einsatzvorbereitung ist.

Im Zusammenhang mit der Evaluierung von Teileinheiten und Einheiten, die für die EU Battle Groups (2011-1 und 2012-2) vorgesehen sind, aber auch anderer Kräfte für Internationale Operationen/Kaderpräsenzeinheiten (KIOP/KPE), wird im Bundesheer häufig "verkürzt" vom Operational Capabilities Concept (OCC) gesprochen, obwohl damit das Operational Capabilities Concept Evaluation and Feedback Programme (OCC E&F Evaluierungsprogramm) gemeint ist. Denn das Operational Capabilities Concept hat vier Bereiche (siehe Kasten rechts oben auf dieser Doppelseite), von denen jedoch nur einer die Truppe direkt betrifft und dieser ist das Operational Capabilities Concept Evaluation and Feedback Programme, in der Folge kurz "Evaluierungsprogramm" genannt. Die anderen drei Bereiche werden vorwiegend auf militärpolitischer bzw. militärstrategischer Ebene bearbeitet und betreffen die Truppe daher nur indirekt.

Auch das Evaluierungsprogramm betrifft nicht "das Bundesheer" sondern nur die (im Rahmen der NATO Partnership for Peace) in den OCC Pool of Forces sowie in den EU Force Catalogue eingemeldeten Kräfte für Internationale Operationen/Kaderpräsenzeinheiten und diese nur im Zuge der mittelbaren Einsatzvorbereitung. Derzeit sind folgende Kräfte im OCC Pool of Forces und im EU Force Catalogue eingemeldet:

  • ein Jägerbataillon,
  • eine Aufklärungskompanie,
  • eine Panzergrenadierkompanie,
  • eine ABC-Abwehrkompanie,
  • eine Pionierbaukompanie,
  • ein Räumzug einer technischen Kompanie eines Pionierbataillons,
  • ein Hubschrauberelement und
  • ein vermindertes Stabsbataillon (mit einem verminderten Bataillonskommando, einer Stabskompanie, einer Nachschub- und Transportkompanie, einem Sanitätszug, einem Trinkwasseraufbereitungszug, einem Zug Militärpolizei, einem CIMIC-Team sowie einem Humanitarian Intelligence-Team).

Das Ziel der Evaluierung ist die Überprüfung bzw. die Feststellung von Grundfertigkeiten der Truppe. Das Evaluierungsprogramm basiert auf NATO-Standards und ist international - vor allem auch in den EU-Staaten - anerkannt. Der Großteil der EU-Nationen sind NATO-Mitglieder, und deren Standards, Ausrüstung, Verfahren usw. entsprechen deshalb ohnedies den NATO-Richtlinien. Die EU hat diese Standards - in Ermangelung eigener Standards - zum Großteil anerkannt (siehe u. a. EU Battle Group Concept, Annex C, Interoperability).

Österreich nutzt das Evaluierungsprogramm derzeit mit Priorität zur Evaluierung (siehe Kapitel Terminologie) der österreichischen Teile der EU Battle Groups der Jahre 2011 und 2012. Das Ergebnis wird an den jeweiligen Kommandanten (Force Commander) der Battle Group übermittelt, um von diesem die Zertifizierung (siehe ebenfalls Kapitel Terminologie) zu erlangen.

Das Evaluierungsprogramm

Ziel des Evaluierungsprogramms ist es, in einem strukturierten Prozess eine umfassende Überprüfung aller Fähigkeiten und Leistungen nach vordefinierten Standards und Kriterien durchzuführen. Des Weiteren soll, speziell durch die Evaluierung selbst und das sofortige Geben eines Feedbacks vor Ort, die Interoperabilität (Zusammenarbeitsfähigkeit) und die operationelle Effizienz verbessert werden.

Indirekt reflektiert das Evaluierungsprogramm aber auch die Gültigkeit und die Vertrauenswürdigkeit des Ausbildungssystems, der Abläufe, Programme und Zielvorstellungen der betroffenen Kräfte.

Derzeit (Stand Mai 2010) nehmen zwölf der 22 Partnership for Peace-Länder (PfP-Länder) am Evaluierungsprogramm teil: Armenien, Aserbaidschan, Finnland, die ehemalige jugoslawische Republik Mazedonien, Georgien, Kasachstan, Moldawien, Montenegro, Österreich, Schweden, die Schweiz und die Ukraine. Die genannten Länder haben insgesamt 77 Teileinheiten, Einheiten und Verbände (von Trupps bis zu Bataillonen) mit insgesamt ca. 12 000 Soldaten in den OCC Pool of Forces eingemeldet. Die Evaluierungen nach dem Evaluierungsprogramm sind darüber hinaus auch ein wesentlicher "Motor" der Transformation des Österreichischen Bundesheeres.

Wie wird evaluiert?

Die Evaluierung umfasst grundsätzlich zwei Ebenen, Level 1 und 2.

Die Level 1-Evaluierung dient der Herstellung der Interoperabilität multinationaler Truppen (im Einsatzraum) vor allem in den Bereichen Ausrüstung, Strukturen, Organisation, Ausbildung und Training. Praktische Beispiele der Evaluierung sind die Überprüfung der Sprachkenntnis bzw. des Funksprechverkehrs, sowie die Durchführung von Patrouillen, der Dienst an Kontrollpunkten und Ähnliches. Für Schlüsselpersonal - dies sind alle Kommandanten und deren Stellvertreter sowie die Funker/Melder - sind z. B. generell Englischkenntnisse der Stufe 2 (vormals B) vorgesehen, auf Bataillonsebene für Stabsoffiziere Stufe 3 (vormals C), alle anderen Soldaten sollten zumindest einfache Sätze verstehen (Stufe 1, vormals A). Die Level 1-Evaluierung erfolgt gemäß der NATO Task List (früher Military Tasks for Interoperability). Die wichtigsten Überprüfungslisten für Evaluierungen von PfP-Einheiten sind bereits erstellt und im Österreichischen Bundesheer verfügbar. Sie werden für verschiedene Fachbereiche laufend ergänzt und weiter entwickelt. Österreich war und ist an der Entwicklung des Evaluierungsprogramms und der Ausarbeitung der Überprüfungslisten maßgeblich beteiligt. Hiezu arbeiten österreichische Offiziere im Rahmen des PfP Staff Element-Konzepts (PSE-Konzept) in verschiedenen NATO-Hauptquartieren. Derzeit versehen in Mons (Belgien), in Neapel (Italien), in Lissabon (Portugal) und in Heidelberg (Deutschland) vier Österreicher Dienst als PSE-Offiziere und ein Österreicher als PSE-Unteroffizier. Im Evaluierungsbericht wird jede Aufgabe separat mit "interoperabel", "teilweise interoperabel" oder "nicht interoperabel" bewertet. Es gibt aber keine Gesamtbewertung ("Zeugnisnote") für die Teileinheit, die Einheit oder den Verband.

Die Level 2-Evaluierung dient der Überprüfung der militärischen Fähigkeiten (Capabilities) und der Fähigkeit zur Auftragserfüllung (Mission Accomplishment). Die Level 2-Evaluierung ist mit einer Alarm- oder Formierungsübung vergleichbar, in der schriftliche Grundlagen, Abläufe sowie die Erfüllung einer Gefechtsaufgabe überprüft werden. Für ein Infanteriebataillon bedeutet dies z. B. die Durchführung eines Marsches im Gefecht, das Beziehen eines Verfügungsraumes und die Durchführung einer taktischen Aufgabe nach eigener Wahl (Angriff, Verteidigung oder Verzögerung, weil die Level 2-Evaluierungen primär auf den Artikel 5 der NATO-Doktrin, die Beistandspflicht, ausgerichtet sind und nicht auf Peace Support Operations; Anm.). Level 2-Evaluierungen für Landstreitkräfte erfolgen nach der Combat Readiness Evaluation of Land Headquarters and Units (CREVAL) und für Fliegerkräfte nach der Tactical Evaluation for Air Assets (TACEVAL). Das Ergebnis für die Teileinheit, Einheit oder den Verband im Evaluierungsbericht lautet "combat ready" (einsatzbereit) oder "not combat ready" (nicht einsatzbereit).

Jede der beiden Evaluierungsebenen wird mittels Selbstevaluierung und NATO-Evaluierung durchgeführt (Zweistufenmodell). Die Selbstevaluierung ist gleichsam ein "nationales Vorüben" unter Beobachtung durch ein NATO-Team. Das Ergebnis wird durch das Beobachterteam validiert und anschließend in die Datenbank aufgenommen. Die zweite Stufe der Evaluierung, die NATO-Evaluierung, wird im Level 1 durch ein NATO-Team geleitet.

Sofort nach der Evaluierung gibt der Evaluierungsdirektor dem Einheits- oder Verbandskommandanten einen Initial Field Report (IFR) als "Erstbericht", damit der Kommandant in der Ausbildung unverzüglich nachsteuern kann. Innerhalb von 60 Tagen muss der Final Feedback Report (FFR) als "Endbericht" fertig gestellt werden. Dieser wird analysiert und für weitere Anpassungen des Ausbildungssystems als Ganzes herangezogen.

Für alle eingemeldeten Kaderpräsenzeinheiten ergibt sich damit als grundsätzlicher Evaluierungsablauf die Selbstevaluierung Level 1 (SEL 1) gefolgt von der NATO-Evaluierung Level 1 (NEL 1), danach die Selbstevaluierung Level 2 (SEL 2) und als Abschluss die NATO-Evaluierung Level 2 (NEL 2).

Die jeweils nächste Evaluierung wird jedoch erst nach Prüfung des Evaluierungsergebnisses durch das Supreme Headquarters Allied Powers Europe (SHAPE) genehmigt. Auf Antrag kann dieses auch das "Überspringen" einer Evaluierungsstufe gestatten. Das Evaluierungsergebnis für evaluierte und für artgleiche Einheiten gilt drei Jahre. Das Ergebnis wird im Lessons Identified/Lessons Learned-Prozess detailliert nachbereitet. Gegebenenfalls wird auf allen Ebenen nachgesteuert.

Dieses Nachsteuern beginnt z. B. bei der Überarbeitung/Anpassung von Zielkatalogen bzw. der Ausarbeitung von nationalen Überprüfungslisten für die Durchführungsbestimmungen zur Truppenausbildung der Kaderpräsenzeinheit, der Neuerstellung oder der Anpassung von Vorschriften, Merkblättern, Übungsanlagen, Übungsdurchführungen, im Besonderen aber bei der Ausbildung der evaluierten Einheit.

Im Rahmen der EU Battle Group 2011-1 wird u. a. die Jägerkompanie des Jägerbataillons 17 im Juli 2010 einer Level 2-Evaluierung unterzogen. Zusätzlich werden dabei auch einige Bereiche des Level 1 überprüft und das Ergebnis als nationales Evaluierungsergebnis dem Niederländischen Army Command (Kommando der EU Battle Group 2011-1) gemeldet.

Terminologie

Bewertung: der Prozess des Ermittelns der Fähigkeiten und Leistungen von Organisationen, Personen, Gerät und Systemen.

Analyse: die Studie eines Ganzen durch die Untersuchung ihrer Bestandteile sowie deren Wechselwirkungen.

Evaluierung: der strukturierte Prozess der Überprüfung der Aktivitäten, Fähigkeiten und Leistungen anhand von definierten Standards und Kriterien.

Validierung: die Bestätigung der Fähigkeiten und Leistungen von Organisationen, Einzelpersonen, Gerät oder Systemen, dass diese die definierten Standards oder Kriterien durch die Erbringung eines objektiven Nachweises erfüllen.

Zertifizierung: der Prozess, der offiziell bescheinigt, dass Organisationen, Personen, Geräte oder Systeme die definierten Standards oder Kriterien erfüllen.

Die Begriffserklärung erfolgte nach dem NATO-Verständnis, die Reihenfolge des Ablaufes ist Bewertung - Analyse - Evaluierung - Validierung - Zertifizierung.

Bisherige Evaluierungen

Das Österreichische Bundesheer hat bis März 2010 zwanzig Level 1- und drei Level 2-Evaluierungen erfolgreich durchgeführt. Anfangs betrafen diese die KFOR-Kontingente und erfolgten während des Force Integration Trainings. Mittlerweile laufen die Evaluierungen der Einheiten und Verbände nach einem EU Battle Group- bzw. einem OCC-Masterplan ab. Dieser Plan ist auf die Beteiligung an den und auf die Bedürfnisse der Battle Groups abgestimmt.

Mit Absolvierung der NATO-Evaluierung Level 2 (NEL 2) der ABC-Abwehrkompanie der ABC-Abwehrschule und eines Kampfmittelabwehrelementes des Pionierbataillons 1 im März 2010 hat das Bundesheer als erste Streitkraft eines PfP-Landes den gesamten Zyklus für Landstreitkräfte gemäß den Vorgaben des Evaluierungsprogramms absolviert.

Bei verschiedenen Evaluierungen der letzten Jahre entstand allerdings bei der Masse der Truppe der Eindruck "Evaluierung ist gleich Schularbeit", und damit war die Evaluierung automatisch negativ belegt. Jeder einzelne Soldat, speziell aber die Stabsmitglieder sollten die Evaluierung als Chance sehen. Ein unabhängiges, zum Teil international besetztes Evaluierungsteam zeigt der Teileinheit, der Einheit oder dem Verband deren realen Ausbildungsstand und vergleicht den Ablauf verschiedener militärischer Prozesse mit feststehenden internationalen Vorgaben. Das Evaluierungsergebnis richtet sich dabei nie gegen Personen!

Nach Analyse des Ergebnisses und dessen Umsetzung in der Folgeplanung werden die Beobachtungen als Lessons Identified festgehalten, die dann in die Ausbildung einfließen und als Lessons Learned Verbesserungen herbeiführen (sollen). Zusätzlich kommt es auf nationaler Ebene auch zu Änderungen von oder in Grundsatzdokumenten (z. B. Vorschriften), aber auch zur Beschaffung von interoperablem Gerät (z. B. Funksystem CONRAD).

Ziel jedes Kommandanten muss es sein, seine Truppe bestmöglich auszubilden bzw. deren Ausbildungsstand permanent zu verbessern, um bei einem möglichen Einsatz Probleme im multinationalen Umfeld zu vermeiden. Das Evaluierungsprogramm unterstützt den Kommandanten dabei. Mit Ausnahme der Überprüfung der Basisausbildung für Grundwehrdiener gibt es in Österreich jedoch derzeit keine normierten Überprüfungslisten. Zielkataloge für die Kaderpräsenzeinheiten auf Basis des Evaluierungsprogramms werden derzeit erstellt, denn eine damit kompatible, nationale Evaluierung ist unverzichtbar.

Schon die ersten Evaluierungen zeigten, dass einige nationale Vorschriften den internationalen Vorgaben nicht oder nur zum Teil angepasst sind. Es wird daher daran gearbeitet, diese Situation zu verbessern. Beispiele für bereits überarbeitete schriftliche Grundlagen sind die Vorschrift "Schutz, Aufgaben und Techniken" (Umsetzung der Allied Tactical Publication 3.4.1.1 "PSO-Techniques and Procedures") und das Merkblatt "Der Funksprechverkehr im Rahmen von internationalen Übungen und Einsätzen" (Stichwort: NATO Voice Procedure, siehe Kasten rechts).

Evaluierung versus Ausbildung?

Das Bundesheer ist eine Armee mit vergleichsweise hohen mitteleuropäischen Standards. Anpassungen in der Ausbildung sowie in Verfahren und Abläufen sind daher nur in Teilbereichen notwendig und diese erfolgen Schritt für Schritt. Dabei werden aber keine englischsprachigen Dokumente an die Truppe verteilt, sondern die Evaluierungserkenntnisse in die nationalen Ausbildungsvorschriften und Dokumente fließend eingearbeitet bzw. diese neu gestaltet. Dies erfordert aber viel Zeit: NATO-Dokumente müssen zunächst einmal analysiert werden, was davon übernommen werden soll - es besteht ja das Prinzip der Freiwilligkeit. Erst danach kann die Arbeit an den Vorschriften oder Merkblättern beginnen. Dies ist ein stetiger Prozess, u. a. weil sich auch Grundlagen (z. B. NATO-Vorschriften) ändern. Derzeit werden die Zielkataloge für die Ausbildung der Kaderpräsenzeinheiten überarbeitet. Der nächste Schritt ist die Erstellung nationaler Überprüfungslisten auf Basis der internationalen Operational Capabilities Concept Evaluation and Feedback-Checklisten.

In Österreich Evaluieren lernen

Die NATO-Evaluierung Level 1 (also die zweite Stufe der Level 1-Evaluierung) der eingemeldeten Pionierbaukompanie und der Nachschub- und Transportkompanie erfolgt im Juni 2010 in Österreich. Diese beantragte NATO-Evaluierung Level 1 wird auf dem Truppenübungsplatz Allentsteig durchgeführt. Österreich hat angeboten, im Zusammenhang mit dieser Evaluierung einen Evaluator Training Course (ETC) abzuhalten, einen Ausbildungskurs für Evaluatoren des Level 1. Dieser Kurs (Kurssprache Englisch) wird von SHAPE organisiert und geleitet. SHAPE stellt auch den Kurskommandanten und den Evaluierungsdirektor. Die Kursteilnehmer erlernen dabei eine einheitliche Methode der Evaluierung und die dabei zu verwendenden Standards. Der Kurs steht grundsätzlich Offizieren und geeigneten Unteroffizieren offen. Er wird dreimal jährlich abgehalten, das Bundesheer bietet jedes zweite Jahr einen solchen Kurs an.

Die Evaluierungsteams bestehen aus Offizieren und Unteroffizieren aus NATO- und PfP-Ländern. Jeder Kursteilnehmer hat dabei die Möglichkeit, für eine Woche in seiner Ausbildungsgruppe internationale Erfahrungen zu sammeln und diese in weiterer Folge im eigenen Verband zu nutzen.

Die Ausbildung zum Evaluator läuft grundsätzlich als "On the Job Training" ab. Am ersten Tag erfolgt die Vermittlung der Grundsätze des Operational Capabilities Concept Evaluation and Feedback Programme und eine Einweisung in die OCC-Datenbank. Der zweite Tag beginnt mit der persönlichen Evaluierungsvorbereitung und dem Beginn der Evaluierung, die (normalerweise) mit dem vierten Tag abgeschlossen wird. Am fünften und letzten Tag erfolgt der Initial Field Report an den Einheitskommandanten, damit dieser weiß, wo er in der Ausbildung seiner Kaderpräsenzeinheit eventuell nachjustieren muss.

Die Evaluierungsteams arbeiten unter Führung und Beobachtung eines bereits zertifizierten, erfahrenen Teamleaders, der für die Ergebnisse auch die Verantwortung trägt.

Was wird im Level 1 evaluiert?

Die NATO Task List, nach der bei der Level 1-Evaluierung vorgegangen wird, umfasst sieben Bereiche (die so genannten Essential Operational Capabilities - EOC). Diese Bereiche sind jeweils in drei Ebenen gegliedert: die strategische, die operationelle und die taktische. Grundsätzlich dienen der Evaluierung taktische und (einige) operationelle Aufgaben.

SHAPE stellte dafür ein Minimum Requirement Package (Minimalforderungen) für Kompanien und Bataillone zusammen, die von der Einheit bzw. von jeder Einheit des Verbandes erfüllt werden müssen. Die sieben Essential Operational Capabilities umfassen folgende Themen:

EOC 1 - Timely Force Availability: die Bildung und Erhaltung einer ausreichend effektiven militärischen Präsenz zur richtigen Zeit einschließlich der Fähigkeit, Truppen mit dem entsprechenden Bereitschaftsgrad zu designieren und bereit zu halten sowie Folgerotationen der bereits eingesetzten Kräfte durchzuführen.

EOC 2 - Effective Intelligence: die Fähigkeit, rechtzeitig verlässliche Informationen zu sammeln und zu verteilen, um vorausschauend bzw. wenn nötig reaktiv auf mögliche Herausforderungen für die Sicherheitsinteressen reagieren zu können.

EOC 3 - Deployability and Mobility: die Fähigkeit, Kräfte und Wirkmittel zeitgerecht am richtigen Ort zu konzentrieren und die eingesetzten Kräfte rasch zu verlegen.

EOC 4 - Effective Engagement: die Fähigkeit zum Einsatz militärischer Kräfte und Waffensysteme im gesamten Konfliktspektrum.

EOC 5 - Effective Command, Control and Communications (C3): die Fähigkeit zur Führung von Truppen und Kommanden zur Sicherstellung der Auftragserfüllung.

EOC 6 - Logistics Sustainability: die Fähigkeit, jede Operation in logistischer Hinsicht zeitgerecht und effektiv zu unterstützen, bis die vorgegebenen Ziele erreicht sind.

EOC 7 - Survivability and Force Protection: die Fähigkeit, die Wirkung jeder gegnerischen Handlung, einschließlich der Auswirkungen von ABC-Waffen und toxischen industriellen Materialien, herabzusetzen und dabei die Handlungsfreiheit und Einsatzbereitschaft der eigenen Kräfte zu erhalten.

Beispiel Task Use NATO Voice Procedure:

Sub Task A Working Procedure:

Do operators know the call signs in use at all operating positions?

Does the command have a working reporting chain for passing on signals received?

Do operators have a thorough knowledge of voice procedures and techniques?

Do operators have knowledge of important Prowords and their meanings?

Can operators use Brevity Codewords?

Do operators know the difference in procedures between a free net and a directed net?

Can operators correct a signal after/during transmission?

Can operators verify a signal?

Can operators conduct ‚Break in‘ procedure on a net?

Can operators verify a transmission after receipt?

Have they adopted the principles and procedures for establishing CIS connectivity and interoperability to the minimum scale?

Have they adopted the directory system?

Sub Task Net Discipline:

Are operators aware of the Standard Occasions for breaking Radio Silence?

Can operators impose/lift silence on a net?

Can operators transmit an enemy locating report?

Are operators aware of the Practices Specifically Forbidden and Practices to be Avoided?

Do they understand requirements for physical and info security?

Sub Task Voice Log:

Is the correct information shown in the operators voice log:

a. Name, rank/grade, signature.

b. Time of opening/closing the circuit.

c. Frequency adjustments and circuit changes.

d. Unusual occurrences, such as procedure and security violations.

e. Are changes in the log lined out and initialled by the operator making the change.

f. Do operators ‚sign on/off‘ when going on/off watch.

Sub Task Operating Equipment:

Do they have required documentation (manuals and instructions) available in the unit?

Do they have technical means to achieve necessary level of interoperable connectivity?

Can they fulfil requirements on secure CIS connectivity?

Can they fulfil principles of connectivity when the nations are not capable to satisfy all requirements?

(Auszug aus der Task List der Tactical Task-Ebene des EOC 5. Die Fragen innerhalb des hier als Beispiel angeführten Tasks sind vollzählig.)

Auf einen Blick

Das Österreichische Bundesheer ist eine Einsatzarmee. Daher sollte der Evaluierungsprozess als Abschluss der Ausbildung und als Teil der mittelbaren Einsatzvorbereitung gesehen werden. Prüfungsangst ist dabei völlig fehl am Platz. Es wird ohnehin nur überprüft, was ausgebildet wurde. Die Evaluierung ist dabei gleichsam ein Spiegel, der der Truppe zeigt, wo sie ihre unmittelbare Einsatzvorbereitung verbessern kann.

Die Level 1-Evaluierung besteht aus der Selbstevaluierung Level 1 (SEL 1) sowie der NATO-Evaluierung Level 1 (NEL 1) und dient der Herstellung der Interoperabilität multinationaler Truppen (im Einsatzraum) vor allem in den Bereichen Ausrüstung, Strukturen, Organisation, Ausbildung und Training. Jede Aufgabe wird separat mit "interoperabel", "teilweise interoperabel" oder "nicht interoperabel" bewertet. Dabei erfolgt keine Gesamtbewertung der Teileinheit, der Einheit oder des Verbandes.

Die Level 2-Evaluierung besteht aus der Selbstevaluierung Level 2 (SEL 2) sowie der NATO-Evaluierung Level 2 (NEL 2) und dient der Überprüfung der militärischen Fähigkeiten (Capabilities) sowie der Fähigkeit zur Auftragserfüllung (Mission Accomplishment). Das Ergebnis gilt für die Teileinheit, die Einheit oder den Verband und lautet "combat ready" (einsatzbereit) oder "not combat ready" (nicht einsatzbereit).

Das Ziel des Evaluierungsprogramms ist die Verbesserung der Interoperabilität der Truppe, um Probleme zu verhindern und im Einsatzraum gemeinsam mit Anderen erfolgreich zu sein. Und genau das muss ein Anliegen der Kommandanten aller Ebenen sein! Bedienen wir uns also eines existierenden NATO-Programms, um insbesondere unsere Kaderpräsenzeinheiten einsatzbereit zu machen - derzeit für die EU Battle Groups, aber auch für andere mögliche Einsätze.

Dabei gilt als Grundsatz: Miss Dich mit anderen und entdecke so Deine Schwächen, um besser zu werden.


Autor: Major Alexander Vargyas, Jahrgang 1967, Ausmusterung 1989 als Panzergrenadieroffizier zum Panzergrenadierbataillon 35 nach Großmittel, dort Verwendung als Zugs- und Kompaniekommandant sowie im Stab und als stellvertretender Bataillonskommandant; ab 2006 Verwendung als OCC PSE Offizier im Joint Command Lisbon (Portugal). Seit 2009 in der Abteilung Einsatzvorbereitung/Einsatzsektion zuständig für die Planung von Operational Capabilities Concept Evaluation and Feedback-Vorhaben im Rahmen der mittelbaren Einsatzvorbereitung im Österreichischen Bundesheer. Auslandseinsatz als Kompaniekommandant bei UNDOF (1995/96) und im HQ UNFICYP (1998/99).

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