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Demagogen und Scharlatane

Kommentar: "Die allgemeine Wehrpflicht fällt" und "Das Heer vergeudet unser Geld" sind nur zwei von vielen ähnlichen Schlagzeilen in den österreichischen Zeitungen der letzten Monate. Griffige Schlagzeilen - doch haben sich die verantwortlichen Journalisten auch mit der Gesamtproblematik sachlich auseinandergesetzt? Hinter diesen Überlegungen - besser Attacken - ge­gen das Bundesheer steckt als Endziel vieler Gruppen und politischer Scharlatane die Abschaffung des Bundesheeres in seiner derzeitigen Form - und damit des geeigneten Instrumentariums zur Wahrnehmung der gesetzlichen Pflichten zum Schutz der Republik. Bei dieser Demagogik fällt eines besonders auf: Ganz egal wie - Hauptsache das Heer der Zukunft (?) soll und muss billiger sein! Und kleiner und viel effizienter. Doch niemand stellt das eigentliche Problem in den Mittelpunkt, das die politische Führung entscheiden müsste: Was ist für Österreich wichtig? Welchen sicherheitspolitischen Beitrag hat unser Land im Rahmen der EU in den nächsten Jahrzehnten zu leisten, und wie sollte das Heer der Zukunft organisiert werden?

Nach Jahrzehnten haben unsere Politiker plötzlich das Instrument der Volksbefragung entdeckt, obwohl man bei vielen anderen wichtigen Themen den Staatsbürger vorher auch nicht befragt hat. Jetzt möchte man wissen, wie er dazu steht. Man könnte ja auch fragen: Wollt ihr weniger arbeiten und dafür mehr Geld bekommen? Das Ergebnis wäre ebensoleicht zu erraten wie das für die Reduzierung der Wehrpflicht, die Verkleinerung des Bundesheeres und die Kürzung des Heeresbudgets. Genau hier versagt also die Regierung in der Wahrnehmung ihrer staatspolitischen Aufgaben.

Es ist unbedingt notwendig, massiv über Ziele und Stand der österreichischen Sicherheitspolitik im Hinblick auf die nächsten Jahrzehnte und besonders auf unsere Mitgliedschaft in der EU zu informieren. Erfolgt dies nicht, droht der Landesverteidigung ein Desaster. An dessen Schlusspunkt könnte die Auflösung des Bundesheeres stehen.

Die politischen Demagogen werden das Fehlen jeglicher Information ausnützen und - unterstützt von großen Boulevardmedien - gegen das Bundesheer Sturm laufen. Die Chancen der Demagogen, diese Schlacht zu gewinnen, stehen gut.

In anderen EU-Staaten verläuft die Diskussion über die Zukunft der Streitkräfte anders. In Spanien, Italien oder Frankreich steht die Armee mehr oder minder außer Streit. Dort gilt, was für den Staat und die EU wichtig ist, und was man dazu national beizutragen hat.

Hierzulande hört man von Politikern und liest in den Zeitungen Erklärungen wie "Wir sind heute nur mehr umgeben von Freunden", "Niemand wird uns angreifen" und ähnliches. Damit suggeriert man dem Volk, das uns alle lieb haben, wir im ewigen Frieden leben und das Geld für die Landesverteidigung hinausgeschmissen ist. Kein Politiker und kein Journalist sagt unserer Bevölkerung, dass jetzt die Mittel der klassischen Landesverteidigung bis auf wenige Aufgaben (Aufrechterhaltung der nationalen Miliz für territoriale Sicherheitsaufgaben) zu einem Großteil in der Gemeinsamen Europäischen Sicherheits- und Verteidigungspolitik (GSVP) aufgehen müssten. Und damit für Maßnahmen, die zum Schutz und der Aufrechterhaltung unserer europäischen Sicherheit dienen. Darüber spricht man in der österreichischen Politik nicht.

Der Begriff "Neutralität" geistert durch die politische Diskussion und findet sich auch in skurrilen Zeitungsberichten. Interessanterweise sind jene Kräfte, die am lautesten eine Verkleinerung des Bundesheeres fordern, jene, die am lautesten nach der Aufrechterhaltung der Neutralität rufen, oft mit der sonderbaren Begründung, die Neutralität sei der wichtigste Bestandteil der österreichischen Identität. Die österreichische Identität ist aber das Ergebnis einer mehr als tausendjährigen Geschichte. Die Zeit von 1955 bis zum Ende der klassischen Neutralität (mit dem EU-Beitritt 1995) kann daher nur ein Bruchteil dieses (zu) oft strapazierten Identitätsbegriffes sein. Heute und in Zukunft ist die europäische Solidarität gefragt.

Wer in der bekannten österreichischen "mir-san-mir"-Mentalität glaubt, "alle hätten uns lieb" und wir bräuchten sicherheitspolitisch nichts zu tun, der irrt gewaltig! Als EU-Mitglied haben auch wir einen Beitrag zu leisten. Unser Verteidigungsbudget als viertreichstes EU-Land ist ohnedies beschämend. Das Feld Demagogen und Scharlatanen zu überlassen, die in Österreich ein "Paradies" (ohne Militär und ohne Sicherheitseinrichtungen) anstreben, ist ein gefährlicher Weg!

Nach 50jähriger Vernachlässigung des Bundesheeres müsste endlich eine umfangreiche Informationsarbeit erfolgen. Ansonsten gehen wir einen gefährlichen Weg - zum Schaden unserer Republik und zum Gespött in der EU.

Prof. Walter Seledec

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