Fettstoffwechselstörungen - was tun?
Bei angeborenen Störungen des Fettstoffwechsels können bereits Kinder und Jugendliche erhöhte Blutfettwerte (Cholesterin, LDL- und HDL-Cholesterin, Triglyceride) haben. Die häufigste Ursache von erhöhten Cholesterin- und Triglyceridwerten (über 160 mg/dl) bei Menschen unter 20 - also auch bei Rekruten - sind jedoch falsche Lebens- und Ernährungsgewohnheiten, vor allem Überernährung.
Hohe LDL-Cholesterinwerte (über 100 mg/dl) gemeinsam mit Bluthochdruck (über 135/85 mm Hg), erhöhtem Blutzucker (nüchtern über 100 mg/dl), Übergewicht (Bauchumfang bei Männern größer als 100 cm, bei Frauen über 90 cm) und Rauchen (kardiovaskuläre Risikofaktoren) bewirken Fettablagerungen an den Gefäßwänden und diese eine frühzeitige Gefäßverkalkung (Arteriosklerose). Diese führt oftmals aufgrund der meist Jahre, oft sogar Jahrzehnte lang unbemerkt verlaufenden Verengung der Herzkranzgefäße zum lebensbedrohenden Herzinfarkt, durch den Befall der Hirngefäße zum Schlaganfall und durch die Schädigung der Beinarterien zum Gliedmaßenverlust.
Untersuchungen zeigten, dass jeder zehnte vierzigjährige Mann mit einer angeborenen Störung des Fettstoffwechsels einem Herzinfarkt zum Opfer fällt. Jeder zwanzigste leidet bereits vor dem 30. Lebensjahr an einer krankhaften Verengung der Herzkranzgefäße (koronare Herzkrankheit) - auch wenn er das nicht spürt. Sichtbare Zeichen einer familiär bedingten Erhöhung der Cholesterinwerte (Hypercholesterinaemie) sind die Trübung der Hornhaut (durch Fetteinlagerung), Cholesterinablagerungen an den Augenlidern und Knoten an den Achillessehnen, Knien und Ellbogen.
Durch die klinischen und apparativen Prüfungsverfahren zur Feststellung der körperlichen und geistigen Eignung von männlichen Jugendlichen zur Ableistung ihres Grundwehrdienstes (Stellungsuntersuchung) können bei den jungen Männern "flächendeckend" bisher nicht offenbar gewordene Gesundheitsschädigungen, darunter auch Störungen des Fettstoffwechsels, entdeckt werden. Das erst macht es möglich, diese umgehend zu behandeln und auszuheilen.
Weniger tierische Fette ...
Die wirkungsvollste Behandlungsmaßnahme bei erhöhten Blutfetten ist dabei die Verringerung des Anteiles an gesättigten Fettsäuren am Nahrungsfett (Senkung des LDL-Cholesterins). Statt tierischen Fetten (Butter, Schmalz, Speck) und fettreichen Lebensmitteln, wie Innereien, Leberkäse, Blut- und Bratwurst, Vollmilch, Mehl- und Süßspeisen (Eidotter!), Semmeln, paniertem Fisch, ungefiltertem Kaffee und Mayonnaise sollte der Betroffene magere Produkte (Putenfleisch, Wild, Scholle, Seelachs, Mager- und Buttermilch, Hüttenkäse) essen.
Pflanzliches Eiweiß ist generell dem tierischen vorzuziehen. Fettarme Zubereitungsarten (dünsten, dämpfen, grillen, garen in Folie) und der Gebrauch von pflanzlichen Fetten (einfach und mehrfach ungesättigte Fettsäuren, z. B. Oliven-, Erdnuss-, Raps-, Sonnenblumen-, Mais-, Weizenkeim- und Distelöl) sind empfehlenswert. Die Ernährung soll salz-, fett- (höchstens 30 Prozent der Nahrungsenergie) und zuckerarm sein, dafür aber reich an Kohlenhydraten (mindestens 60 Prozent der Nahrungsenergie) und Ballaststoffen (mindestens 35 g/Tag), darunter Frisch- und Trockenobst, Äpfel, Birnen, Beerenobst, Frischgemüse, Blattsalate, Hülsenfrüchte, Kartoffeln sowie Teigwaren aus Vollkornmehl. Eine solche Ernährung senkt vor allem die LDL-Cholesterinwerte und verhindert die Entstehung der Arteriosklerose. Darüber hinaus ist die tägliche Zufuhr von mindestens zwei Litern Flüssigkeit (Trinkwasser, ungesüßte Kräutertees, Mineralwasser) erforderlich.
... und mehr Ausdauer-Sport
Regelmäßiger Ausdauer-Sport (mindestens dreimal wöchentlich 30 Minuten) wie z. B. Laufen auf weichem Waldboden, Radfahren, Schilanglaufen ist zur Erreichung des Normalgewichtes (Körpergröße in cm minus 100) unentbehrlich. Des Weiteren wird durch die körperliche Aktivität das HDL-Cholesterin (Normalwert: über 50 mg/dl, Gesamtcholesterin zu HDL-Cholesterin nicht größer als 4:1!), das den Abbau der gefäßwandschädigenden Fettablagerungen fördert, erhöht. Es ist sinnvoll, während der Sportausübung die Herzfrequenz (Anzahl der Herzschläge/Minute) mit einem Pulsmessgerät zu überwachen. Davor ist ein sportmedizinischer Belastungstest unumgänglich.
Blutfettsenkende Medikamente sollten erst bei Nichtansprechen der "Diät" (Nichterreichen der Zielwerte) nach frühestens drei Monaten - und da zurückhaltend - eingenommen werden.
Eine gesundheitsbewusste Lebensführung (nicht Rauchen, kein Alkohol) kann also schützen! Die jährliche labormedizinische Untersuchung der Blutfettwerte (vollständiges Lipidprofil) gewährleistet, vor allem bei Verdacht auf familiäre Hypercholesterinaemie, die Früherkennung von Störungen des Fettstoffwechsels. Für Jugendliche bzw. Rekruten
- mit der Veranlagung zu hohen Blutfetten und/oder
- mit mehreren Familienangehörigen mit krankhaften Verengungen der Herzkranzgefäße (Gefäßerkrankungen vor dem 55. Lebensjahr) bzw. deren Folgeschäden
ist ein Fettstoffwechselbefund (kardiovaskuläres Risikoprofil) vor dem 20. Lebensjahr zwingend notwendig!
Autor: Oberstarzt Medizinalrat Dr. Peter Heinz Hutzler, Jahrgang 1948. Medizinstudium und Promotion an der Universität Wien. Seit 1982 niedergelassen als Arzt für Allgemeinmedizin und Gemeindearzt in Thaya, NÖ. Buchautor und Autor verschiedenster Veröffentlichungen in medizinischen Fachzeitschriften; zahlreiche Preise für Medizin-Journalismus. 1996 erwarb er das Diplom zum "akademisch geprüften Krankenhausmanager" an der Wirtschaftsuniversität Wien. 2002 wurde ihm von der Wirtschaftsuniversität Wien der akademische Grad "Master of Advanced Studies (Hospital Management)" verliehen.