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Psychologie: Lasst uns bitte Narren sein?!

Die Zeit der Hofnarren, die vor allem im Mittelalter, aber auch noch in der Neuzeit ihre Herrscher unterhielten, ist bereits einige Jahrhunderte vergangen. Und trotzdem könnten wir davon profitieren, einen Blick auf die Hinter­gründe des Narrentums zu werfen.

So diente zum Beispiel im 14. Jahr­hundert ein Herr Kunz von der Rosen am Hofe Maximilians I. Kunz von der Rosen wurde als Hofnarr angestellt und hatte diese Funktion viele Jahre inne. Allerdings hatte er als einziger auch das Privileg zu kritisieren. Als wieder einmal ein Friedensangebot an den Kaiser herangetragen wurde, bat man ihn um seine Meinung. Er fragte kurzerhand die Anwesenden, wie alt man ihn denn schätze. Nach mehreren Versuchen erklärte er, schon 200 Jahre alt zu sein, da er schon mindestens zwei Friedensangebote habe in Kraft treten sehen, die beide über jeweils 100 Jahre abgeschlossen wurden.

Für den Herrscher war diese Form des Feedbacks eine Möglichkeit, Rückmeldungen zu empfangen, ohne das Gesicht zu verlieren. War die Kritik zu verwegen, tat man das als Hirngespinst eines Hofnarren ab. Konnte der Kaiser allerdings in Situationen einen Vorteil durch die Rückmeldungen erlangen, tat er gut daran auf seinen Narren (und im eigentlichen Sinne auch Berater) zu hören.

Rückmeldungen sind immens wichtig. Ohne laufende Rückmeldungen (Feedback) könnten wir uns praktisch nicht entwickeln. Und im Laufe der Jahre lernen wir mit Feedback umzugehen. Natürlich kann eine Rückmeldung zu unserem eigenen Verhalten schmerzen, und wir benötigen Zeit, um die Botschaft aufzunehmen. Oft ist man auch versucht, auf Kritik einfach mit noch größerer Kritik zu antworten - man bräuchte sich dann nicht mit dem erhaltenen Feedback zu beschäftigen.

Um die Arbeit mit Rückmeldungen etwas zu erleichtern, wurden einige Feedbackregeln entworfen. So sollte der Feedbackgeber bemüht sein, seine Rückmeldung konstruktiv zu formulieren. Er muss also Wege für die Zukunft aufzeigen, Verhalten im positiven Sinne zu ändern. Richtigerweise spricht man immer nur von den eigenen, subjektiven Wahrnehmungen und von einem konkreten Verhalten, das wir beschreibend und nicht wertend formulieren. Eine Kritik wie "Wenn man diese und jene Handlung setzt, ist das blöd" ist nicht nur unpräzise, wertend und verletzend - sie ist schlichtweg unbrauchbar, da der Feedbacknehmer sie als allgemeines Verhalten nicht umsetzen kann. Viel besser wäre die Formulierung "Als du soeben die Handlung XY gesetzt hast, war diese für mich verletzend, weil …".

Allerdings muss ich mich als Feedbackgeber dann auch wirklich mit meinen Wahrnehmungen und Gefühlen bei einer unangenehmen Situation auseinandersetzen und diese dann auch konkret für mein Gegenüber beschreiben.

Als Feedbacknehmer sind die Regeln nicht weniger fordernd. Muss ich doch denjenigen, der sich die Mühe gemacht hat, ein Feedback zu formulieren, ausreden lassen. Darüber hinaus sollte man sich auf erhaltenes Feedback nicht rechtfertigen oder verteidigen. Diese Größe kann ich nur zeigen, wenn ich gelernt habe, mit Feedback umzugehen. Wenn ich verstanden habe, dass meine eigene Sicht der Dinge nicht unbedingt der Wahrheit letzter Schluss ist und ich mein Selbstbild einer Situation mit dem Fremdbild anderer Anwesender abgleichen kann, um meinen Horizont zu erweitern, dann schaffe ich es vielleicht auch, meinen blinden Fleck (jenen Bereich, der zwar den anderen bekannt ist, mir aber nicht) zu verringern. Mit dem Zulassen von Feedback und dem Willen, dieses auch ernst zu nehmen und zu überdenken, erfahre ich einen Wissensgewinn - nämlich wie ich auf andere wirke. Dadurch kann ich mein Verhalten eventuell besser auf andere Personen einstellen, um gemeinsam noch mehr zu erreichen.

Im Österreichischen Bundesheer gibt es vielfältige Möglichkeiten, Rück­meldungen zu geben bzw. anzunehmen. Neben dem klassischen Feedback im Anschluss an eine Handlung seien hier nur zwei standardisierte Möglichkeiten beispielhaft erwähnt. Jeder Mitarbeiter sollte/muss einmal jährlich sein Mitarbeiterg­espräch führen. Dabei besteht die Möglichkeit des Feedbacks für beide Seiten. Eine für den Mitarbeiter möglicherweise einfachere und auch für den Vorgesetzten eventuell angenehmere Form der Rückmeldung ermöglicht das vom Psychologischen Dienst neu entwickelte Führungskräfte-Feedback. Dabei wird in standardi­sier­ter Form das erlebte Verhalten der Führungskraft aus Fremd- und Selbstsicht beschrieben wird. In freiwilliger und anonymisierter Form haben die Führungskräfte nun die Möglichkeit, ihre blinden Flecken zu verringern, um so noch besser für zukünftige, herausfordernde Aufgaben gewappnet zu sein.

In diesem Sinne lasst uns vielleicht doch das eine oder andere Mal Narren sein und vermehrt - nach allen Regeln dieser Kunst - Feedback geben. Wie einst Paul Watzlawick sagte: "Ich weiß nicht, was ich gesagt habe, bevor ich die Antwort meines Gegenübers gehört habe".

Major dhmfD Ing. Mag. Stefan Rakowsky

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