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Kommentar: Wo bleiben die Soldaten?

Das Jahr 2012, so ist überall zu hören und zu lesen, wird die Entscheidung über eine Reform des Bundesheeres bringen. Unbestritten scheint zu sein, dass eine grundlegende Änderung unserer Verteidigungskonzeption und damit verbunden eine Neugliederung des Heeres notwendig erscheint. Politisch gibt es zurzeit in dieser für unseren Staat wichtigen Frage leider keine Übereinstimmung, was sich nicht positiv auf den Zustand und die weitere Entwicklung der Armee auswirkt. In dieser schwierigen staatspolitischen Situation belastet die Landesverteidigung ein anderes Problem, das die Lage noch zusätzlich verschärft. Die Rede ist von der so genannten Schuldenbremse, deren gesamte Auswirkung auf das Budget derzeit noch nicht abgeschätzt werden kann. Eines aber steht mit Sicherheit fest. Im Bereich des BMLVS war das Wort "sparen" immer Wegbegleiter im täglichen militärischen Leben. Nie lebte dieses Heer in Saus und Braus oder gar über seine Verhältnisse. Es war zu allen Zeiten ein Musterbeispiel an verantwortungsbewusstem Haushalten - im nationalen Bereich wie im internationalen Maßstab. Mit bescheidenen Ressourcen erzielte die Heeresführung in den zurückliegenden Jahrzehnten beachtliche Erfolge. Allerdings wurde der Rucksack von Jahr zu Jahr größer und schwerer. Das wehrpolitische Umfeld veränderte sich kontinuierlich, was immer neue Herausforderungen bedeutete.

Jetzt ist der Punkt erreicht, wo man nicht einfach so weitermachen kann. Nur was ist der richtige Weg, wie kann Österreich die neuen Aufgaben bewältigen, woran soll sich der Staatsbürger, der Wehrpflichtige und die Bevölkerung orientieren?

So wie bei der Schuldenbremse des Staates alle zusammenarbeiten müssen - Stichwort Verfassungsbestimmung - so muss es auch bei der Landesverteidigung sein. Nur so wird es gehen! Hier steht man jetzt an einer Weggabelung - weiter auf dem Weg der allgemeinen Wehrpflicht (wie?) oder zu neuen verteidigungspolitischen Alternativen mit einer Profiarmee (mit wem?).

Da geschah in den letzten Wochen etwas Seltsames, das im Trubel der weihnachtlichen Festtage medial im Allgemeinen komplett unterging. Über die deutschen Nachrichten meldete sich der Wehrbeauftragte des deutschen Bundestages, der ehemalige FDP-Abgeordnete Hellmut Königshaus, zu Wort. Ein erfahrener Parlamentarier, der seit mehr als einem Jahr die verantwortungsvolle Position des wehrpolitischen Beraters im Reichstag wahrnimmt, und wie kein anderer über die Sorgen und Nöte der Bundeswehr Bescheid weiß und ihre Entwicklung besonders in der angelaufenen Umstellung vom Wehrpflichtigen- auf ein Freiwilligenheer genau verfolgt. Königshaus ließ am 24. Dezember mit einer Erklärung aufhorchen. Er sagte: "(…) Der Bundeswehr laufen die Soldaten davon (...)" und es gebe größte Probleme, die vorhandenen Dienstposten zu besetzten. Er, Königshaus, schlage deshalb vor, die Bundeswehr für Ausländer (!!!) zu öffnen, um den Personalstand aufzufüllen. Ansonsten käme das Heer in eine prekäre Lage und könne auf Sicht nur mehr schwer seine Aufträge erfüllen. Voraussetzung für Ausländer für den Dienst in der Bundeswehr wäre allerdings deren Bekenntnis zum deutschen Grundgesetz und zum Rechtsstaat. Unklar blieb allerdings, ob der Wehrbeauftragte mit "Ausländern" nur EU-Bürger meinte oder auch Angehörige außereuropäischer Nationen.

Wenige Tage später erstaunte ein konkreter Plan aus dem fernen Australien viele Verteidigungsexperten. Auch dort sollen in der Berufsarmee viele tausend Soldaten fehlen. Also schlägt nun das Verteidigungsministerium in Canberra vor, ebenfalls die Armee für Ausländer zu öffnen. Besonders wären bereits gediente Armeeangehörige aus anderen Staaten herzlich willkommen. Der Anreiz für den Dienst in der australischen Armee ist dabei: Jeder, der sich freiwillig melde und den militärischen Anforderungen entspreche, soll sogleich die australische Staatsbürgerschaft (!!!) erhalten. Ganz nach dem Motto: Pass gegen Gewehr!

Die Lehre aus den beiden angeführten Beispielen ist, dass man mit Ruhe und Gelassenheit alles für und wider einer Reform abwägen und sich nicht unter politischen Druck setzen lassen sollte. Eines aber scheint klar. Ein besseres Heer um weniger Geld wird es sicher nicht geben. Mehr Geld steht aber in naher Zukunft auch nicht zur Verfügung - siehe Schuldenbremse. Also wird man Umfang und Aufgaben reduzieren müssen. Dies soll dem Staatsbürger aber auch klar gesagt werden - bevor man ein neues Heer, dafür aber vielleicht zu wenige Soldaten hat.

Professor Walter Seledec

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