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Im Mittelpunkt steht der Mensch: Wenn das Leben wird zur Qual …

Der Soldat und die Neigung zum Selbstmord (Suizid):

Was Vorgesetzte und Kameraden wissen und tun sollten

Die versuchte oder vollzogene Selbst­­tötung bzw. deren Ankündigung bei Rekruten oder Kadersol­daten gehört wohl zu den Albträumen eines jeden Vorgesetzten oder Kameraden, der damit in Berührung kommt. Es sind aber nicht nur die unmittelbar Betroffenen mit solchen Themen sehr gefordert und häufig überfordert, sondern auch Fachkräfte der psychosozialen Arbeit kommen bei diesen spezifischen Lebenssituationen häufig an ihre Grenzen. Die Selbst­mord­rate im Bun­des­heer unterscheidet sich nicht wesentlich von den entsprechenden Ver­gleichsgruppen in der Zivilbevölkerung. Die öffentliche Sensibilität ist jedoch eine andere, wenn sich ein Soldat das Leben nimmt. Sehr schnell wird diese fatale Entscheidung mit dem Dienst im Bun­desheer in Verbindung gebracht. In keinem uns bekanntem Fall ist der Dienst als Soldat der Hauptgrund gewesen. Für Kadersol­daten gilt der Truppenkörper vielmehr als Schutzfaktor, da die Kameradschaft unter den Soldaten doch sehr ernst genommen wird. Bei den Rekruten wird die besondere Lebenssituation in seiner vorübergehenden Sol­da­tenfunktion eher zum Tropfen, der das Fass zum Überlaufen bringt. Vielfältige, sich gegenseitig verstärkende Belastungsfaktoren, wie Be­ziehungsschwierigkeiten, Ver­schul­­dung und psychische Vor­er­kran­kun­gen sowie psychische Vor­­trau­ma­ti­sierungen oder kritische Le­bens­er­eignisse sind in den Vorgeschichten dieser Menschen zu finden. Die kumulierende Belastung führt zu einer Einschränkung der Wahrnehmung für alternative Lö­sungs­mö­glichkeiten und der Fokus des krisen­geschüttelten Menschen engt sich massiv auf das Problem ein, das schließ­lich tages - ja lebensbestimmend wird. Diese sui­zidale Einengung, wie sie Erwin Ringel nennt, kündigt sich an und ist ähnlich wie bei depressiven Verläufen mit Losigkeitsgefühlen (hilf­los, hoffnungs­los, sinnlos…), mit sozialem Rückzug (Kontaktver­mei­dung) und versteckten Anspielungen ("Ich brauche kein neues Bettzeug mehr") verbunden. Die Einschätzung von Selbstmordneigung ist nicht ganz einfach. Sie erfordert Kennt­nisse über Risikogruppen, sui­zidale Entwicklung und über das so genannte Präsuizidale Syndrom. Als Hochri­sikogruppen gelten dabei substanzabhängige Menschen, de­pressive Zustandsbilder aller Art, Alte und Vereinsamte, Menschen, die Suizide ankündigen und jene, die bereits einen Sui­zidversuch hinter sich haben. Zirka ein Drittel, die einen Suizid versuchten, starten in den darauf folgenden zehn Jahren einen erneuten Versuch. Darüber hinaus steigt die Wahrscheinlichkeit bei Personen, in deren Familie es bereits Suizide gab. So gut wie jedem Suizid geht eine Krise voraus und der Selbsttötungsversuch gilt als ein verzweifelter Hilfeschrei. Der Entschluss zur Selbst­tötung repräsentiert schließlich die Vorstellung des letzten und einzigen Ausweges. Einer der Kardinalirr­tümer in der Suizidprä­vention ist, dass man krisenge­schüt­telte Menschen auf ihre möglichen Selbst­tötungsabsichten nicht ansprechen dürfe, um sie ja nicht erst auf die Idee zu bringen. Das Gegenteil ist der Fall. Der Psychiater und Psychotherapeut Gernot Sonneck meint dazu: "Wenn Sie das Gefühl haben, ihr Gegenüber könnte an Selbstmord denken, bitte fragen Sie ihn danach." Und was wir uns be­son­ders bei Rekruten vor Augen halten müssen, ist die Tatsache, dass ihre krisenschaffenden Probleme für den nicht betroffenen und reifen Kadermann als durchaus gering und unwesentlich, ja geradezu unbedeutend erscheinen mögen. Für den jungen Soldaten sind diese Probleme jedoch aus seiner subjektiven Sicht so massiv, um ihn an Selbsttötung denken zu lassen und diese Gedanken vielleicht auch in die Tat umzusetzen. Nehmen wir also die Anzeichen dafür ernst. Der Umgang mit Krisen wird zunehmend ein Thema in vielen Ausbildungsinhalten des Öster­rei­chischen Bundesheeres, was als eine sehr günstige Entwicklung zu werten ist, zumal diese Kenntnisse auch im Privatbe­reich anwendbar sind. Für uns Klinische- und Ge­sund­heits­psy­cho­logen des Mi­litär­spitals in Inns­­bruck sind diese Themen von zentraler Bedeutung. Wir wollen unser erworbenes Wissen und Können im Rahmen unseres angestrebten Kom­petenzzen­trums für Psycho­trauma­to­logie und Stressma­nagement einer breiten Be­trof­fenen­gruppe anbieten. Gleich­zeitig ermutigen wir Kameraden, Vorgesetzte, Betroffene und deren Angehörige unsere Dienste in Anspruch zu nehmen.

Mag. Bernhard Penz und Mag. Hans-Jörg Steiner

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