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Lehren aus dem Grundwehrdienst für das Berufsleben

Während der Grundwehrdienstzeit kann ein Rekrut viel Nützliches lernen, was er in seinem späteren Berufsleben umsetzen kann. Im Beitrag werden u. a. einige im Wehrdienst gewonnene Kenntnisse aufgezählt, die später im Beruf von Vorteil sein können.

Wenn man Bekannte nach ihrem abgeleisteten Wehrdienst fragt, bekommt man entweder Anekdoten oder abweisende Aussagen, beispielsweise "eine verlorene Zeit", "verlorene sechs Monate", "Befehle befolgen und das Hirn ausschalten", zu hören. In der Privatwirtschaft wird aber zunehmend das aus dem militärischen Kreis stammenden­ Know-how wie das strategische Denken, Teamarbeit etc. hoch geschätzt. Viele Grundwehrdiener kommen gerade aus der Schule und stehen vor dem Einstieg in das Berufsleben.

Einschulung

Ein neuer Mitarbeiter in der Privatwirtschaft wird leider häufig mit Folgendem konfrontiert: Man überschüttet ihn schon am ersten Tag mit zahlreichen Aufträgen. Eine gründliche Einführung bzw. Einschulung wird dabei oft als Zeitverschwendung betrachtet. Die vorherrschende Überzeugung ist, dass der neue Mitarbeiter durch das so genannte "learning by doing" irgendwie die Firma, ihre Kultur und seine Zuständigkeiten näher kennenlernen wird. Dies zur Theorie. Die Praxis sieht noch düsterer aus: Der neue Mitarbeiter erfüllt die Aufträge nicht im Sinne der Vorgesetzten. Es kommt in der Folge zu Spannungen, die etwas später zu einer Kündigung führen können. Im Laufe dieses Prozesses gehen auf beiden Seiten (Arbeitgeber und -nehmer) viel Geld, Zeit sowie Nerven verloren. Eine ordentliche (sogar eintägige) Einschulung hätte dies wahrscheinlich verhindern können.

Anders sieht die Sache beim Bundesheer aus. Während der Grundausbildung werden die Soldaten gründlich auf grundlegende Fertigkeiten eingeschult. Erste Hilfe, Brandschutz, Waffen- und Schießdienst, Gefechtsdienst etc. sind einige von Ausbildungsinhalten, die auf dem Unterrichtsplan stehen. Auch das Buch "Soldat" stellt für den Rekruten eine hilfreiche Unterlage zur Wissensgenerierung dar. Natürlich kann man darüber streiten, ob in dieser Phase den jeweiligen Teilbereichen ausreichend Zeit gewidmet wird. Die Tatsache jedoch ist, dass die Grundwehrdiener in den militärischen Alltag eingeführt werden und sich selbstständig in diesem zurechtfinden können.

Lektion 1

Eine Einschulung ist von enormer Bedeutung und verhindert Zeit-, Nerven- und Geldverluste in der Zukunft. Sie ist sowohl für den Arbeitgeber als auch für den Arbeitnehmer von großem Vorteil. Ein junger Mitarbeiter soll deswegen an seinem neuen Arbeitsplatz darauf bestehen, eingeschult zu werden. Eine firmeninterne Einführungsunterlage wäre dabei ein großer Vorteil.

Kameradschaft alias Teamwork

Am Anfang der Grundausbildung sind die ausbildenden Unteroffiziere meist mit den Rekruten unzufrieden, da diese nur langsam Fortschritte machen. Dem ist aber nicht so. Alleine während der ersten zwei Wochen der Grundausbildung lernt ein Rekrut mehr über die Bedeutung der Kameradschaft und der Gruppenarbeit als während des gesamten bisherigen Lebens. Im Laufe dieses Lernprozesses erkennt man, dass die Zusammenarbeit mit anderen Menschen bei der Ausführung der Befehle unerlässlich ist - bei einer Erste-Hilfe-Leistung kann sie sogar Menschenleben retten. Im Bereich der Privatwirtschaft wird oft über die Bedeutung von Zusammenarbeit gesprochen - jedoch selten praktiziert. Es gibt Fälle, wo viel Geld und Zeit alleine deswegen verloren gehen, da die Menschen bzw. Firmen miteinander nicht zusammenarbeiten können.

Lektion 2

Die eigene Individualität ist wichtig. Dabei darf nicht vergessen werden, dass man im Leben auf die Hilfe der und die Zusammenarbeit mit anderen Menschen angewiesen ist. Im Team kommt man weiter als ein Einzelkämpfer.

Delegieren

Wie bereits erwähnt, hat Teamwork im Bundesheer große Bedeutung. Damit hängt auch das Delegieren zusammen. Es kommt in den Kasernen oft vor, dass der Gruppenkommandant den Zimmerkommendanten einige Pflichten überträgt (sei es die Überprüfung der Zimmerordnung, die Weiterleitung der Befehle etc.) und ihre Ausführung überprüft. In der Privatwirtschaft steht das Delegieren auf der Tagesordnung. Die Mitarbeiter arbeiten an den jeweiligen Abschnitten eines Projektes, während der Vorgesetzte das Gesamtbild im Auge behält und die Fortschritte der jeweiligen Abschnitte überprüft.

Lektion 3

Sowohl beim Militär als auch in großen Projekten in der Privatwirtschaft ist das Delegieren ein Muss. Genauso wie im Fall des Teamworks, kann man im Wege des Delegierens ein Ziel schneller erreichen.

Assume the worst and hope for the best

Es gehört zur Grundausbildung, dass man den Kampfanzug 03/03 oder 03/05 (je nach Verband) packen muss. Das heißt, man muss unzählige Male seine Ausrüstung schnell aus dem Spind in den Rucksack räumen. Diese Übung gehört nicht zum beliebten Teil der Grundausbildung. Jedoch im Fall eines Alarmes sind diese Kenntnisse und Fertigkeiten unerlässlich. Auch in der Privatwirtschaft ist man häufig mit Fällen ähnlich einer Alarmstufe Rot konfrontiert. Diese können im Wege eines besseren Zeitmanagementes und einer konsequenten Disziplin auf ein Minimum reduziert werden. - dennoch kommen sie vor.

Lektion 4

Sowohl im Privat- als auch im Berufsleben wird es zu Ausnahmezuständen kommen. Aus diesem Grund soll man bereits im Vorfeld vorbereitet sein, um in solchen Situationen mit klarem Kopf zu handeln. Lieber im Frieden zu schwitzen als im Krieg zu bluten.

Der Teufel steckt in den Details

"Schuhe putzen!" oder "Uniform adjustieren!" - diese und ähnliche Kommandos sind Bestandteil des Rekrutenalltags. Die Begründung dahinter ist, dass ein Soldat ordentlich aussehen soll und durch die eigene Kontrolle nichts vergessen kann. Auch in der Privatwirtschaft gibt es "Uniformen", nämlich Anzüge bzw. andere Arbeitskleidung. Das Aussehen des Mitarbeiters vermittelt einen Eindruck über den Arbeitgeber. Aus diesem Grund wird in der Privatwirtschaft auf die (ordentliche) Bekleidung der Angestellten (fast immer) geachtet.

Lektion 5

Das Aussehen jedes Einzelnen ist wichtig und sagt vieles über den Menschen dahinter aus. Deshalb soll man seinem Auftreten und einer korrekten Adjustierung viel Aufmerksamkeit schenken.

Augen zu und durch

Als meinen Kameraden und mir am Beginn der Grundausbildung verkündet wurde, dass uns ein Marsch von zwölf Kilometern erwartet, war die Reaktion weit von einer Begeisterung entfernt. Dennoch sind wir dann den ganzen Weg mit Gepäck und Sturmgewehr marschiert. Keiner konnte am Ende die Füße, Beine und den Rücken mehr spüren - dennoch haben wir das Ziel erreicht. Das Geheimnis des Erfolges war: Die Zähne zusammenbeißen und den Befehl/Auftrag ausführen. In der Privatwirtschaft sind ähnliche Situationen keine Seltenheit. Man kann unangenehme oder schwierige Aufträge/Situationen nicht einfach umgehen, sondern man muss sie erledigen. Überlegungen nach Sinn und Zweck stellen nur einen Zeitverlust dar. Es gilt die Regel: Augen zu und durch!

Lektion 6

Oft ist man mit Aufträgen konfrontiert, die man nicht machen will, aber dennoch durchführen muss. Die Überlegungen über den Sinn und Zweck der Aufgabe machen das Ganze noch schlimmer. Eine Aufgabe im Sinne des Chefs zu erledigen, ohne diese dauernd zu hinterfragen, zeichnet einen guten Mitarbeiter aus und wird auch von der Chefetage (früher oder später) wahrgenommen.

Übung macht den Meister

"Herr Wachtmeister, Rekrut X meldet sich mit einer Frage: Wann werden wir mit scharfer Munition schießen?". Wahrscheinlich hat jeder Gruppenkommandant diese Frage schon gehört. Die Rekruten bekommen als Antwort, dass man vor dem Schießen zuerst einiges über den Umgang mit der Waffe lernen muss. Logisch - wie kann man schießen, ohne zu wissen, wie eine Sicherheitsüberprüfung abläuft. Man übt zuerst, wie die Waffe zu handhaben ist (laden, entladen, putzen, sichern etc.), bevor man die ersten Knallpatronen für Übungen und schließlich die scharfen Patronen in die Hand bekommt. Es muss alles Gelernte erst sitzen, denn bei scharfer Munition wird es ernst. In der Privatwirtschaft bekommt ein neuer Mitarbeiter am Anfang (idealerweise) oft kleine technische bzw. administrative Aufträge (Kopieren, Faxen, Übersichten erstellen etc.), bevor er eine komplizierte Aufgabe zur Bearbeitung bekommt. Der Zweck dahinter ist, dass ein Angestellter alle Tätigkeitsarten kennen muss, um sie später an neue Teammitglieder delegieren zu können. Es gilt die Regel: ein Vorgesetzter muss jene Tätigkeiten kennen, die er normalerweise von seinen Mitarbeitern erledigen lässt.

Lektion 7

Man muss am Anfang geduldig sein. Manche Dinge brauchen Zeit und Erfahrung. Man kann nicht gleich laufen, ohne zuerst gehen zu können.

Auf einen Blick

Der Grundwehrdienst ist eine Zeit, in der man viele Leute und interessante Dinge kennenlernt. Mehrere erworbene Kenntnisse sind dann im Berufsleben umsetzungsfähig. Natürlich dauert es eine gewisse Zeit, bis das Gelernte in Fleisch und Blut übergeht. Auf jeden Fall ist die schwere Arbeit der Unteroffiziere während der Grundausbildung für Rekruten keinesfalls umsonst.


Autor: Mag. Juliusz Czajka, Jahrgang 1981. 2013 Wehrdienst im Aufklärungs- und Artilleriebataillon 4 und in der Stellungskommission des Militärkommandos Wien. Studium der Rechtswissenschaften an der Universität Wien. 2007 Magister der Rechtswissenschaften. 2007/2008 Gerichtspraktikum im Sprengel des Oberlandesgerichtes Wien. Seit 2008 als Rechtsanwaltsanwärter in Wien tätig. 2012/2013 Schiedsrichter beim internationalen Schiedsrechtswettbewerb Willem C. Vis International Moot Arbitration Competition.

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