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1914 . . . . . . und heute?

In unserem Vaterland geschehen oft seltsame Dinge, für die es so gut wie keine Erklärungen - oder doch? - gibt. An großen Feiertagen, wie zuletzt am Nationalfeiertag, aber auch beim Allerseelengedenken passieren für den traditionsbewussten Staatsbürger im öffentlichen Leben Ereignisse, die Ratlosigkeit auslösen und für die man wenig Verständnis aufbringen kann. Es gehört zum jahrzehntelangen und darüber hinaus erhaltenen Brauchtum, am Tag des Totengedenkens an den Gräbern der Gefallenen Kränze niederzulegen. Die armen Mitbürger wurden zu ihren Lebzeiten meist nicht freiwillig zu den Waffen gerufen und starben auf den Schlachtfeldern Europas aber auch weltweit oft einen grausamen und einsamen Tod. Aber statt in aufrechter und stiller Trauer diesem millionenfachen Sterben dieser Soldaten zu gedenken, beginnt sich in unserer Gesellschaft - ähnlich wie in Deutschland - das "Phänomen" der Abrechnung mit diesen Geschichtsepochen breit zu machen.

Was noch vor Jahren undenkbar gewesen wäre, gehört jetzt offenbar zum guten politischen "Ton". Nicht unmittelbar, sondern erst viele Jahre später begann die "Anklage" gegen die Soldaten des Zweiten Weltkrieges. Pauschal wurde argumentiert, sie wären alle "Verbrecher" gewesen. Auch in dieser Zeit verliehene Ehrengräber wurden z. B. aberkannt und auch nach 1945 geschaffene Kasernennamen getilgt, die Erinnerungen an berühmte Feldherren, die im Widerstand ihr Leben gaben, gelöscht. Das betraf viele Angehörige der damaligen Armee. Dieser Prozess ist beinahe ab- geschlossen und dient - auch zu recht - der politischen Hygiene.

Aber vor jener Entwicklung, die jetzt immer mehr Platz greift, steht der politische Beobachter mit Kopfschütteln. Es geht um nicht mehr und weniger als um die Dämonisierung und den Versuch, unsere alte k.u.k. Armee mehrheitlich als Kriegstreiber und Kriegsverbrecher zu brandmarken. Diese politische Agitation ist mehr als verwerflich. Beispiele für diese verschiedentlich unglaublichen Taten gibt es genug. Dem ehemaligen Generalstabs-chef der Monarchie, Conrad von Hötzendorf, wurde sein Ehrengrab auf dem Hietzinger Friedhof aberkannt. Der Vorwurf:

mögliche Kriegsverbrechen seiner Soldaten in Serbien und Planung eines Angriffskrieges. In Salzburg wird diskutiert, eine Straße, benannt nach dem ehemaligen Feldmarschall der k.u.k. Armee, Freiherr von Böhm-Ermolli, umzubenennen. Der Vorwurf: seine Rolle als Besatzungschef in der Ukraine. Der ehemalige Direktor der Wiener Staatsoper erhebt die Forderung, am Schluss des weltbekannten Neujahrskonzertes das traditionelle Spielen des Radetzky - Marsches, zu unterlassen. Seine Argumente:

Radetzky war für Kriegsverbrechen der Österreicher 1848 in Italien verantwortlich! Seit langem wird darüber diskutiert, die unzähligen Kriegsgräber in den Gemeinden des Landes aufzulassen oder zumindest zu verändern, weil sie der "Kriegsverherrlichung" dienen. Stichwort: Kameradschaftsbünde. Aber es kommt noch besser: nach Jahrzehnten hat man unter den hunderttausend Namen der Ver- storbenen des Zweiten Weltkrieges tatsächlich jenen eines mutmaßlichen Kriegverbrechers entdeckt und diesen zu Recht be- seitigt. "Sicherheitshalber" hat man aber auch die Totenbücher aller gefallenen Soldaten der kaiserlich - königlichen Armee entfernt.

Ergebnis: seit damals gibt es auch keine Kranzniederlegung vor dem Epitaph der Gefallenen von 1914 - 1918. Aber auch in Literatur und Forschung ist es offenbar in Mode gekommen, die Führung der Monarchie zu diskreditieren. So steht zu lesen: der Kaiser war es, der Europa 1914 ins Unglück geführt hat. Formell wahrscheinlich richtig, aber so einfach ist es nicht. Zur Klarstellung: Der australische Historiker und Wissenschaftler Christopher Clark hat in seinem großartigen Werk über den Ersten Weltkrieg und 1914 festgehalten, dass aus der Sicht von heute der Kaiser damals nicht anders handeln konnte und die so genannte Kriegsschuld keinesfalls Österreich und Deutschland alleine zuzurechnen sei. Der US-Forscher Adam Hochschild schreibt sinngemäß in seinem Buch "Europa und der Erste Weltkrieg": Kein anderes Volk als die Deutschen und die Österreicher nehmen offenbar bereitwillig und masochistisch gerne die Alleinverantwortung für die Geschehnisse von 1914 für sich in Anspruch und die so genannten Friedensverträge von Versailles und St. Germain als gerechte Konsequenz nach dem von diesen beiden Staaten ausgelösten Völkerkrieg. Will Österreich heute Stück für Stück seine Besinnung auf die Geschichte der k.u.k. Armee abbauen und verleugnen? Es wäre Zeit, dem energisch entgegenzutreten!

Professor Walter Seledec

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