Bundesheer Bundesheer Hoheitszeichen

Bundesheer auf Twitter

Weltgeschehen: Explosionsgefahr im Orient

Die aktuellen Szenen aus dem Nahen und Mittleren Osten wirken auf den Betrachter nicht beruhigend. Im Gegenteil: In einigen Gebieten scheint sich - teils offen, teils hinter den Kulissen - etwas zu entwickeln, was Anlass zur Sorge bereitet.

Bei den bürgerkriegsähnlichen Zuständen im Irak gelingt es den US-Truppen trotz intensiver Bemühungen nicht, eine Beruhigung der Lage zu erreichen. So lange die "Player" in der Region - insbesondere der Iran, Saudi-Arabien und Syrien - nicht für eine Friedenslösung gewonnen werden können, so lange wird die Gewaltorgie weitergehen. Eine große Gefahr stellt dabei das mögliche Auseinanderbrechen des Landes in drei Teile - entsprechend den irakischen Ethnien der Schiiten, der Sunniten und der Kurden - dar. Dahinter stehen massive ausländische Interessen: das der Türkei am Öl im nordirakischen Kurdengebiet, jenes des Iran am ölreichen Gebiet der Schiiten und das Interesse Saudi-Arabiens, das Vordringen des schiitischen Iran auf der arabischen Halbinsel zu verhindern und die Sunniten zu stärken. Natürlich spielt in der Südosttürkei auch das Kurdenproblem selbst mit dem Streben nach einem selbstständigen "Kurdistan" eine Rolle. Würde sich die Türkei vom Einsatz militärischer Gewalt im Nordirak zurückhalten lassen? Können die USA die irakischen Ölquellen im Süden dem Iran überlassen? Belässt es Saudi-Arabien "bloß" bei der Ölpreispolitik gegenüber Teheran?

In Afghanistan versuchen die Taliban erneut, an die Macht zu kommen und die Regierung zu stürzen. Sie strömen aus ihren Verstecken in Pakistan und überrennen die lokalen Strukturen in den Süd- und Ostprovinzen Afghanistans. Die NATO und die USA versuchen, dieser Gewalt Widerstand entgegenzusetzen. Doch die Probleme mit den lokalen Warlords und deren Milizen, mit dem Mohnanbau für die Drogenproduktion und den damit zusammenhängenden Existenzfragen der ländlichen Bevölkerung sind bisher ungelöst. Ein weiteres Konfliktpotenzial stellen die Öl- und Erdgas-Pipelines dar, die quer durch den Süden Afghanistans führen sollen. Für deren Betrieb wird politische Stabilität benötigt und sei es nur eine Schein-Stabilität, welche die lokalen Warlords gewährleisten könnten. Doch um deren Unterstützung zu erhalten, müssten Drogenhandel, Waffenschmuggel sowie zweifelhafte Finanzquellen geduldet werden. Wie lässt sich dieser Teufelskreis durchbrechen? Nachdem die NATO-Staaten nur sehr zögernd weitere Truppen abstellen wollen, könnte der erfolgreiche Einsatz der ISAF im Süden in Frage stehen. Und was dann?

Der Libanon steht im Zentrum des Begehrens der schiitischen Hisbollah zur Machtübernahme. Deren Milizen werden gegenwärtig von den am Geschehen überaus interessierten Staaten Iran und Syrien massiv aufgerüstet, obwohl dies offiziell bestritten wird. Die von der UNO verstärkten UNIFIL-Truppen im Südlibanon haben keine Chance, den Waffenschmuggel zu verhindern - weder vor der Küste des Libanon, noch an dessen Grenze mit Syrien, wo die UNIFIL nicht einmal über ein Mandat verfügt. Syrien und der Iran haben großes Interesse, dass die westlich orientierte Regierung unter Premierminister Fouad Siniora stürzt und von einer schiitisch-syrienfreundlichen Gruppierung abgelöst wird. Dass dies nicht ohne Gewalt geschehen kann, haben die Demonstrationen des vergangenen Jänner gezeigt. Die Gefahr eines neuerlichen Auflebens des Bürgerkrieges wird von vielen Beobachtern als sehr real eingeschätzt. Ob die mittlerweile etwas aufgerüstete libanesische Armee dieses Szenario verhindern könnte, ist fraglich. Offen bleibt auch, wie lange Israel dem für seine Sicherheit gefährlichen Treiben seiner Feinde noch zusehen wird.

Syrien wird nach Angaben internationaler Berichterstatter von Russland weiter aufgerüstet. Moskau versucht, nicht nur im Iran, sondern auch in anderen Staaten des Vorderen Orients wieder politisch Fuß zu fassen.

Der Iran treibt sein machtpolitisches Taktieren vehement voran. Das Atomprogramm dient zwar offiziell nur friedlichen Zwecken, gleichzeitig werden aber Mittelstreckenraketen getestet, die mit Atomsprengköpfen ausgerüstet werden könnten. Ein Nachgeben in der Atomdebatte scheint undenkbar. Israel wird durch die Hisbollah und durch die vom Iran unterstützten Palästinenser im Gaza-Streifen in die Zange genommen. Darüber und wegen des politischen Gehabes des iranischen Staatspräsidenten Mahmoud Ahmadinedjad, das nach Ansicht israelischer Politiker jenem Adolf Hitlers gleiche, ist das um seine Existenz fürchtende Israel höchst bestürzt. Und mit ihm auch die USA. Immer wieder werden Kriegspläne gegen den Iran kolportiert. Damit würde jedoch das Problem weder gelöst noch die Lage stabiler gestaltet, sondern nur eine weitere "Büchse der Pandora" geöffnet werden. Denn die gesamte Region ist instabiler als je zuvor. Ein Funke könnte genügen, um einen Flächenbrand auszulösen, bei dem selbst der Einsatz von kleinen, taktischen Nuklearwaffen (so genannten Mini-Nukes) nicht ausgeschlossen werden könnte. An dieser Stelle sei daran erinnert, dass der israelische Militärgeheimdienst 2006 bereits frühzeitig den Krieg gegen die Hisbollah erwartet hat (jedoch kein Gehör fand!) und auch für dieses Jahr einen Waffengang prognostiziert.

Autor: Brigadier i. R. Prof. Dr. Horst Mäder (abgeschlossen am 30. März 2007)

Eigentümer und Herausgeber: Bundesministerium für Landesverteidigung | Roßauer Lände 1, 1090 Wien
Impressum | Kontakt | Datenschutz | Barrierefreiheit

Hinweisgeberstelle