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Fokus: Zur aktuellen Diskussion über die Offiziersausbildung im Bundesheer

Als Studiengangsleiter des Fachhochschul-Diplomstudienganges "Militärische Führung" läuft man angesichts der positiven Erfahrungen (z. B. der Ergebnisse von Absolventenanalysen) Gefahr, bei der derzeit laufenden Diskussion über die künftige Offiziersausbildung den Status quo verteidigen zu wollen und möglichen Änderungen sehr skeptisch gegenüberzustehen. Es stellte sich auch die Frage, ob es sinnvoll ist, den bereits vorhandenen Modellen ein weiteres hinzuzufügen bzw. die vorhandenen vergleichend zu analysieren. Auf beides möchte ich verzichten.

Allen möglichen Vorstellungen gemeinsam scheint die Forderung nach einer Ausbildung auf Hochschulniveau zu sein. Offen ist aber die rechtliche und damit institutionelle Einbindung; "Militäruniversität" versus eine Institution nach dem Fachhochschulrecht, Notwendigkeit der Strukturierung nach den Zielen des Bologna-Prozesses und lebenslanges Lernen sind die diesbezüglichen Schlagworte. Angesichts so mancher Modelle, in denen mögliche Berufslaufbahnen vermehrt mit "Kästchen" (als Symbole für notwendige Ausbildungen) gefüllt werden, liegt der Verdacht nahe, dass lebenslang immer weniger mit der Bildung im eigentlichen Sinne zu tun hat. In diesem Zusammenhang stellt sich auch die Frage, ob die Mitarbeiter des Österreichischen Bundesheeres überhaupt so viel mehr Ausbildung brauchen als vergleichbare Funktionsträger in der Wirtschaft. Man wird vermutlich auch nicht umhinkommen, diese Problematik in Verbindung mit den Wertigkeiten der beim Bundesheer angebotenen Arbeitsplätze zu sehen.

Höhere Anforderungen - bessere Bezahlung

Die Ausbildung hat die Kompetenzen für jene Qualifikationsprofile zu vermitteln, welche sich aus den Anforderungen des Berufsfeldes ableiten lassen. Wenn die künftigen Anforderungen an das Berufsbild des Offiziers mit den Schlagworten Bewältigung komplexerer Aufgaben und der Notwendigkeit persönlicher und sozialer Flexibilität beschrieben werden, ist eine Forderung nach einer entsprechenden besoldungsrechtlichen Anerkennung die logische Folge. Insbesondere sollte der "Wert" des Aufgabenvollzuges der Kommandanten und deren besondere Verantwortung in Relation zu Stabsfunktionen neu beurteilt werden.

Lebensphasenmodell

Für die Qualifizierungsstufen bietet sich - neben der Strukturierung nach dem hierarchischen Führungssystem - ein der Erwachsenenbildung besser gerecht werdendes Lebensphasenmodell an. Die Lebensphase von 20 bis 40 Jahren ist geprägt durch das Streben nach persönlichem und vor allem beruflichem Aufstieg, wobei in der Regel die wesentlichen Abschlüsse bis zum 30. Lebensjahr absolviert werden. Die Phase vom 40. bis zum 50. Lebensjahr ist nur sehr eingeschränkt für zusätzliche Bildungsmaßnahmen nutzbar, weil in dieser Zeit ein Höchstmaß an Engagement und Auslastung im Beruf gegeben sind. Ab dem 50. Lebensjahr bieten sich wiederum gute Ansätze für die Fort- und Weiterbildung, weil dann neue Bedürfnisse nach Lebensorientierung entstehen. Grundsätzlich sollte innerhalb dieser drei Phasen mit einem deutlich differenzierten Angebot von Ausbildungsmöglichkeiten der Ausbildungsbedarf für die unterschiedlichen Funktionen abdeckbar sein.

Ein Aus- und Weiterbildungssystem sollte sich am abgestuften Modell (Bachelor, Master und Doktor) orientieren, um die notwendige Durchlässigkeit und Vergleichbarkeit der Abschlüsse sicherzustellen. Dies schließt keineswegs das Anbieten von einzelnen Modulen zwischen den normierten Lehrgängen aus und ermöglicht auch deren Einbeziehung in die Lehrgänge im Wege der Anerkennung von nachgewiesenen Teilqualifikationen. Die Durchlässigkeit im Bildungssystem muss jedenfalls gewährleistet werden. Gegenwärtig diskutierte Lösungen (wie beispielsweise die Ausbildung zum Fachoffizier), abseits der normierten Ausbildungsgänge, führen jedoch zu "Bildungssackgassen".

Lebenslanges Lernen muss auch selbstverantwortetes Lernen sein. Durch ein Angebot berufsbegleitender Ausbildungen sollte der individuelle Kompetenzerwerb unter Berücksichtigung der jeweiligen Situation des Einzelnen gefördert werden. Entsprechende Initiativen wären auch nicht zuletzt aufgrund des Kostenaspektes dringend erforderlich.

Angesichts der Herausforderungen der Zukunft und der sich bietenden Chancen auf zwei gleichwertige, jedoch andersartige Institutionen (Universität und Fachhochschule) sollte der Konkurrenzgedanke den Blick für mögliche Synergien - gerade wegen dieses Umstandes - nicht verstellen.

Autor: Brigadier Mag. Karl Pichlkastner

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