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Der Gebirgsstraßen- und -wegebau

Seit der Unterstellung des Pionierbataillons 2 unter das Kommando der 6. Jägerbrigade, der Gebirgsbrigade des Österreichischen Bundesheeres, im Jahr 2002 werden die Ausbildung und die Einsatzvorbereitung dieses Verbandes konsequent auf die Pionierunterstützung im gebirgigen Umfeld ausgerichtet. Die Erkenntnisse der Auswertung von Gebirgseinsätzen seit Bestehen des Bataillons vermitteln dem Kaderpersonal das nötige Basiswissen.

Gebirgsstraßenbau

Eine Neuanlage einer Gebirgsstraße ist aufwändig und zeitintensiv. Wenn immer möglich werden daher bestehende Wege oder Steige erweitert und ausgebaut. Das erspart in der Regel die Trassierung und einen gänzlichen Neubau. Neuerrichtungen von Gebirgsstraßen werden meist nur vorgenommen zum:

  • Errichten von Stichstraßen z. B. zu Materialseilbahnstationen, Lagerplätzen etc. sowie zum
  • Zusammenschluss von bestehenden Forst- oder Gebirgsstraßen.

Die Steigung einer Straße sollte möglichst gleichmäßig angelegt werden und 15 Prozent nicht übersteigen. Der Kurven- und Kehrenradius beträgt neun Meter in der Mitte der Straße gemessen. Die Breite der Gebirgsstraße ist abhängig von den zum Bau verfügbaren Pioniermaschinen und variiert zwischen 3,5 und fünf Metern in den Kehren.

Als Anhalt gilt: Fahrspurbreite 3,5 Meter zuzüglich 0,5 Meter für den Berggraben (Entwässerung) und 0,5 Meter für das Bankett. Zuzüglich müssen je nach vorhandenen Sichtstrecken Ausweichen eingeplant werden, wenn eine Verkehrsleitung entfallen soll.

Kann mit der Baggerschaufel bzw. dem Hydraulikmeißel der Fels nicht gerissen bzw. geschremmt werden, wird gesprengt. Dabei werden in der Regel im Abstand von etwa einem Meter rund 1,2 Meter tiefe Bohrlöcher gebohrt, mit ca. 200 bis 400 Gramm TNT geladen und mittels Verzögerungszündung von außen nach innen bzw. nach einer Seite hin, abgesprengt.

Der Oberflächenentwässerung kommt höchste Bedeutung zu. Die Oberfläche ist zu bombieren (die Oberfläche fällt von der Mitte zu den Rändern ab) oder mit ca. drei Grad Neigung zum Berggraben auszuführen. Eine Entwässerung mit talwärts geneigter Fahrbahndecke ist nur dann zulässig, wenn ein Erodieren des Straßenfußes ausgeschlossen ist.

Berggrabenentwässerungsrohre müssen mindestens 50 Zentimeter Durchmesser aufweisen, um eine rasche Verklausung zu vermeiden. Die Einlässe müssen bergseitig mit Gestein ausgelegt werden, um ein Auswaschen zu vermeiden. Talseitig muss das Rohr über den Straßenfuß hinausragen. Werden Wasserausleiten eingebaut, eignen sich ausgeschiedene Leitschienenprofile dafür besonders gut.

Beim Bau entstehende Böschungen werden durch Begrünung haltbar gemacht und vor Erosion geschützt. Hafer vermengt mit abgelagertem Pferdemist eignet sich dafür sehr gut. Das Abwaschen der Hänge durch Regen wird fallweise auch durch Einbringen von Weidengeflechten in die Böschungen verhindert.

Werden Gebirgsstraßen entlang von Bächen errichtet, muss auf einen Niveauunterschied von mindestens einem Meter über der Hochwassermarke (Schmelzwassermarke) geachtet werden. Der Straßenfuß wird mit einem Gesteinswurf gegen das Wegschwemmen gesichert.

Nach dem Winter (Frost- und Lawinenschäden) und dem Niedergang von Unwettern müssen die Berggräben und Entwässerungseinrichtungen gereinigt und gewartet werden.

Gebirgswegebau

Analog zum Gebirgsstraßenbau gilt auch hier, dass dem Ausbau vorhandener Saumpfade oder Fußsteige der Vorrang vor einer Neuerrichtung zu geben ist. Die Umgehung von Hindernissen ist oft zweckmäßiger als ein zeitaufwändiger Wegebau.

Die Breite der Gebirgswege ist davon abhängig, ob diese durch Gebirgssoldaten alleine oder von Tragtierführern mit ihren Tragtieren begangen oder von Karretten (einachsige, von Maultieren oder Haflingern gezogene Karren zum Transport schwerer Lasten z. B. Granatwerfer) befahren werden sollen.

Im Gebirgswegebau ist der Einsatz von schweren Pioniermaschinen nicht zweckmäßig. Eine Ausnahme bildet der Bau von Karrettenwegen, wo Minibagger und Schreitbagger eingesetzt werden.

Die Erkundung aller Steige und Wege erfolgt grundsätzlich gemeinsam mit den zukünftigen Nutzern. Daran nehmen teil:

  • der im Raum verantwortliche taktische Kommandant;
  • der Wegebaukommandant (Pioniergruppen- oder Zugskommandant);
  • Tragtierführer;
  • Bergführer.

Mit dem taktischen Kommandanten kann dabei auch die Mithilfe durch Jägerkräfte abgesprochen werden sowie die Festlegung der Sicherheitsbereiche bei Sprengarbeiten erfolgen.

An notwendigen Pionierarbeiten für Steige und Wege können anfallen:

  • Erstellung des Steiges oder Weges in geforderter Breite;
  • Beseitigung von Bewuchs;
  • Befestigung des talseitigen Wege­randes;
  • Verstärkung oder Neuerrichtung kleinerer Holzbrücken und Stege;
  • Anschneiden der Böschungen an Stellen, wo die Seitenlasten anstoßen würden;
  • Beseitigung von großen Steinen, ausgleichen von Stufen und ausfüllen von Löchern;
  • Gangbarmachung von sumpfigen Stellen durch Einlegen von Steinen, Holz und Ästen (Knüppelwege);
  • Abgraben zu starker Steigungen;
  • Erstellung von Geländern;
  • Wahl und Kennzeichnung von Furten bei Gebirgsbächen.

Steige für Gebirgssoldaten

Ein Steig hat eine Mindestbreite von 60 Zentimetern. Bei reinen Fußsteigen werden vor allem Hölzer zum Höhenausgleich und für Stufen mittels Vorsteckeisen eingebaut und hinterschüttet beziehungsweise eingegraben. Sprengtechnische Vorarbeiten in noch bewachsenen Regionen sind eine Ausnahme, zumal in der Regel Humus und Verwitterungsgestein vorhanden ist. Der hinderliche Bewuchs wird entfernt. Das Material wird vor Ort mittels Krampen gebrochen und mit Schaufeln eingebaut. Den höchsten Zeitaufwand erfordern das Heranbringen des Materials und das Bohren der Löcher für die Vorsteckeisen. Einzelne Felsnasen werden nach der Massenformel (einfache Berechnung der Gesteinskubatur) berechnet und gesprengt.

Die Steige sollten eine gleichmäßige Steigung bis maximal 30 Prozent aufweisen. Bei Einbau von Stufen ist auf eine Tritthöhe von maximal 25 Zentimetern und eine Trittlänge von mindestens 40 Zentimetern zu achten. Die Kurven und Kehren müssen mit einem Radius von mindestens 1,6 Metern ausgebaut werden, damit Waffe und Gepäck nicht am Hang anstoßen und dem Soldaten einen Impuls zur bergabgekehrten Seite verleihen. Absturzgefährdete Bereiche sind zu versichern. Stahlseile sind zu erden. Auch Stege aus Rohrgerüstmaterial müssen geerdet werden.

Brücken und Stege sind auf mindes­tens MLC2 ("Military Load Class", 2 t Mindestbelastung) auszurichten.

Seitenhangneigungen bis zehn Grad werden mittels Rundhölzern ausgeglichen. In der Felszone erfolgt der Ausbau ab einer Seitenhangneigung von mindestens zehn Grad sprengtechnisch.

Dabei werden bei der Erkundung mittels Böschungswaage, Schrotwaage (einfache Geräte zur Messung von Böschungswinkeln) oder Wasserwaage die Hangneigungen und die entsprechenden Laufmeter hiezu gemessen.

Tragtiersteige

Die Steige für Haflinger oder für Maultiere unterscheiden sich von den Steigen für Soldaten lediglich in der Breite auf Höhe der Tragekörbe oder Lasten.

Bei der Erkundung von Engstellen gilt als Faustregel: Die Basis des Tragtiersteiges ist 60 Zentimeter breit. Ein auf einem Knie abgestützter Pioniererkunder mit beiderseits ausgestreckten Armen ergibt die geforderte Steigbreite auf Höhe der Tragekörbe bzw. der Lasten. Die Hindernisfreiheit nach oben für Auflasten wird mittels ausgestreckten Arms nach oben ermittelt.

Die Errichtung erfolgt analog der des Gebirgssteigebaues. Die Steige sollten eine gleichmäßige Steigung bis maximal 35 Prozent aufweisen. Wenn Stufen eingebaut werden, ist auf eine Trittlänge von mindestens einem Meter zu achten. Tritthöhen bis 40 Zentimeter können ohne die Last abzusatteln überwunden werden.

Bei Stufenfolgen sollten jedoch die einzelnen Stufen 30 Zentimeter Höhe nicht überschreiten. Die Kurven und Kehren müssen großzügig mit einem Radius von mindestens 1,6 Meter ausgebaut werden, damit die Tragekörbe oder das Ladegut nicht am Hang anstoßen und dem Tragtier einen Druck zur bergabgekehrten Seite verleihen.

Brücken müssen eine Tragfähigkeit von MLC4 (Tragtier beladen ca. 700 Kilogramm und Schneeauflast) aufweisen.

Geländer an Brücken oder Strecken mit hoher Absturzgefahr dürfen nicht höher als 70 Zentimeter sein, damit die Tragelasten nicht behindert werden. Markierungen mittels Trassierbändern an Stellen mit Absturzgefahr verhindern ein Nebenaustreten der Tragtiere.

Glatte Felsplatten sind mittels Meißel der Gesteinsbohrgeräte mit Dellen zu versehen, um ein Abrutschen zu vermeiden.

Am Beginn von Tragtiersteigen muss ein Umschlagplatz vom Lastwagen auf das Tragtier eingeplant werden. Im Zuge längerer Tragtiersteige sind Rastplätze oder Unterziehräume zum Schutz vor Gewittern und Blitzschlaggefahr vorzusehen und als Standfläche auszubauen.

Die Bauzeit unterscheidet sich nicht wesentlich von der des Fußsteigebaues für Gebirgssoldaten, ausgenommen es handelt sich um sehr steiles Gelände wo die Böschungen stark nachgearbeitet werden müssen.

Karrettenwege

Der Bau von Karrettenwegen erfolgt analog zum Gebirgsstraßenbau.

Die Bauzeit bei Neubau ist in etwa gleich wie bei einer Gebirgsstraße, da der schwere Maschineneinsatz entfällt. Stehen Minibagger oder Schreitbagger zur Verfügung, kann der Faktor 0,75 als Anhalt angegeben werden. Bei Ausbau eines bestehenden Steiges mit Pioniermaschineneinsatz kann ein Faktor von 0,5 angenommen werden.

Die Breite eines Karrettenweges ist abhängig von den bei der Truppe verfügbaren Transportfahrzeugen (Karrette, Traktor, Quad mit Anhänger etc.) Als Anhalt gilt: Fahrspurbreite zwei Meter zuzüglich 0,5 Meter für den Berggraben (Entwässerung) und 0,5 Meter für das Bankett.

Die Wege sollten eine gleichmäßige Steigung bis maximal 25 Prozent aufweisen. Kurven und Kehren müssen einen Radius vom mindestens fünf Metern aufweisen. Die Straßenbreite in Kurven und Kehren beträgt 3,5 Meter, um mit den Anhängern an den Böschungen nicht anzustoßen.

Zuzüglich müssen je nach vorhandenen Sichtstrecken Ausweichen eingeplant werden, wenn eine Verkehrsleitung entfallen soll.

Die Oberflächenentwässerung erfolgt analog zum Straßenbau.

Steht nicht ausreichend tragfähiger Untergrund und Schottermaterial zur Verfügung können in bewaldeten Berghängen Rundhölzer (Knüppel) zum raschen Herstellen der Tragfähigkeit eingebaut werden. Ansonsten wird Bau-Fleece als Trennschicht vom Schotter zur Erdschicht eingebaut.


Autor: Oberst Josef Schnöll MSD, Jahrgang 1959. Absolvent des Militärrealgymnasiums. Ausmusterung 1981 als Leutnant zum damaligen Pionierbataillon 3 nach Salzburg; Funktionen: Zugskommandant, Vermessungsoffizier, Kompaniekommandant einer Pionierkompanie und der Stabs­kompanie, S3/Pionierbataillon 3. 1995 Versetzung zum Militärkommando Salzburg als Pionier- & Sperroffizier, danach S3/Militärkommando Salzburg. 2003 bis 2010 Kommandant des Pionierbataillons 2. Seit November 2010 in der Abteilung Controlling & Inspektion des Streitkräfte­führungskommandos, derzeit: Fachoffizier/Inspektion Kampfunterstützung.

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