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Novelle zum Wehrgesetz 1990

Mit 1. Jänner 2001 ist eine umfassende Novelle zum Wehrgesetz 1990 (WG) in Kraft getreten. Die Kundmachung erfolgte am 29. Dezember 2000 im BGBl. I Nr. 140/2000. Neben zahlreichen legistischen und systematischen Verbesserungen, die der Vorbereitung einer noch in diesem Jahr geplanten neuerlichen Wiederverlautbarung des Wehrgesetzes dienen, weist die vorliegende Novelle folgende inhaltliche Schwerpunkte auf:
- eine gesetzliche Normierung der im Rahmen der militärischen Landesverteidigung durch das Bundesheer wahrzunehmenden Aufgaben,
- eine vereinfachende Neugestaltung der gesetzlichen Normen betreffend die militärischen Dienstgrade und die Beförderung,
- Modifizierungen bei der Stellung,
- Modifizierungen betreffend den zeitlichen Rahmen der Heranziehungsmöglichkeit Wehrpflichtiger zu Kaderübungen, freiwilligen Waffenübungen und Funktionsdiensten,
- die teilweise Verkürzung der gesetzlichen Fristen betreffend den Übergang zwischen dem Milizstand und dem Reservestand,
- die gesetzliche Öffnung von Miliztätigkeiten für Frauen,
- gesetzlicher Ausschluss einer Heranziehung Jugendlicher zu militärischen Kampfeinsätzen,
- umfassende Neuregelung der Soldatenvertretung von Zeitsoldaten mit einem Verpflichtungszeitraum von mindestens einem Jahr (sog. „ZS-lang“).

Aufgaben des Bundesheeres

Der § 2 WG, in welchem die Aufgaben des Bundesheeres zusammengefasst sind, wurde neu strukturiert. Der Aufgabenkatalog des Bundesheeres in Abs. 1 wie
* militärische Landesverteidigung,
* sicherheitspolizeiliche Assistenz,
* Assistenz in Katastrophenfällen sowie
* Auslandseinsätze
bleibt unverändert beibehalten.

Die folgenden Absätze 2 bis 4 regeln nunmehr die im Rahmen der militärischen Landesverteidigung durch das Bundesheer zu erfüllenden Obliegenheiten, die bisher auf Gesetzesstufe nicht ausdrücklich normiert waren. Die dabei verwendeten Termini sind im wesentlichen der „Verteidigungsdoktrin“ und dem „Landesverteidigungsplan“ entnommen.
Im Abs. 2 sind zunächst die Teilaspekte der militärischen Landesverteidigung wie
* allgemeine Einsatzvorbereitung,
* unmittelbare Vorbereitung eines Einsatzes und zur Erfüllung eines Einsatzzweckes militärisch notwendige Maßnahmen
aufgezählt, die in den folgenden Abs. 3 und 4 näher spezifiziert werden.
Alle Maßnahmen der „allgemeinen Einsatzvorbereitung“ (Abs. 3) sind jederzeit – unabhängig von einem aktuellen Bedrohungsfall - nach Maßgabe der militärischen Notwendigkeiten auszuüben.
Als Beispiele dafür wären die
* Planung, Vorbereitung, Schaffung und Weiterentwicklung der Organisation des Bundesheeres,
* Ausbildung militärischer Organe, Kommanden und Truppen,
* Bewaffnung, Ausrüstung und Ausstattung des Bundesheeres,
* Vorbereitung und Durchführung der personellen Ergänzung,
* Planung und Vorbereitung territorialer Einsatzvorsorgen und der Einsatzversorgung des Bundesheeres
zu nennen.
Im Gegensatz zur allgemeinen Einsatzvorbereitung, kommen die Maßnahmen der unmittelbaren Vorbereitung eines Einsatzes (Abs. 4) erst ab einem Zeitpunkt zum Tragen, zu dem auf Grund der militärischen und sicherheitspolitischen Lagebeurteilung mit hinreichender Sicherheit mit einem bevorstehenden Einsatz des Bundesheeres zur militärischen Landesverteidigung zu rechnen ist.
Darunter sind in erster Linie heeresinterne Maßnahmen wie z.B.
* eine vorsorgliche Truppenverlegung in bedrohte Gebiete,
* die Bereitstellung von Versorgungsgütern,
* eine verstärkte Luftraumüberwachung,
* die Erhöhung des Bereitschaftsgrades bestimmter Truppen oder
* die Aufbietung milizartig strukturierter Truppen
zu verstehen.

Dienstgrad und Beförderung

Die begriffliche Unterscheidung gleicher Sachverhalte wie „Ernennung“ bei Offizieren und „Beförderung“ bei Unteroffizieren und Chargen führte wiederholt zu Unklarheiten und Missverständnissen.
Zukünftig wird für jede Verleihung eines höheren Dienstgrades der Terminus „Beförderung“ verwendet. Inhaltliche Änderungen in der Organzuständigkeit für Beförderungen, insbesondere der Delegierungsbefugnis des Bundespräsidenten für bestimmte Offiziersdienstgrade, sind damit nicht verbunden.
Die im Rahmen der 2. Dienstrechts-Novelle 1998, BGBl. I Nr. 6/1999, für Berufssoldaten eingeführte Regelungstechnik, die konkreten militärischen Dienstgrade künftig auf Verordnungsebene festzulegen, findet nunmehr auch Anwendung im Wehrrecht.
Der § 10 WG legt daher lediglich die – auch bisher geltenden – Dienstgradgruppen fest, die konkrete Festlegung der einzelnen militärischen Dienstgrade ist einer Verordnung des Bundesministers für Landesverteidigung vorbehalten. Diese Verordnung befindet sich derzeit in Vorbereitung.
Für wehrpflichtige Männer ergeben sich hinsichtlich des Führens militärischer Dienstgrade außerhalb von Wehrdienstleistungen keinerlei inhaltliche Änderungen.
Unter Bedachtnahme auf den Umstand, dass Frauen nunmehr zusätzliche Wehrdienstleistungen in freiwilligen Waffenübungen und Funktionsdiensten sowie künftig auch im Auslandseinsatzpräsenzdienst offen stehen, war auch für Frauen die Einräumung einer Weiterführung ihres Dienstgrades ins Auge zu fassen. Da Frauen auch weiterhin nicht der Wehrpflicht unterliegen, ist diesbezüglich – wie für Männer nach (zeitlicher) Beendigung der Wehrpflicht - die Beifügung des Zusatzes „aD“ vorgesehen.

Modifizierungen bei der Stellung

Zur Vermeidung in der Vergangenheit öfters aufgetretener Unklarheiten hinsichtlich der Zulässigkeit einer neuerlichen Stellung und derer Rechtswirkung erfolgte eine gesetzliche Klarstellung.
Eine neuerliche Stellung kommt jetzt in jedem Fall in Betracht, in dem eine Änderung des bei der (letzten) Stellung festgelegten Tauglichkeitskalküls zu erwarten ist. Des weiteren bleibt im Falle einer neuerlichen Stellung der (alte) Stellungsbeschluss bis zur Rechtswirksamkeit eines neuerlichen Beschlusses uneingeschränkt aufrecht.

Zeitliche Möglichkeit der Heranziehung

Die Gesamtdauer weiterer Kaderübungen auf Grund freiwilliger Meldungen wurde auf das Doppelte erhöht.
Dies bedeutet, dass jene Wehrpflichtigen, die auf Grund freiwilliger Meldung oder eines Auswahlbescheides Kaderübungen in der gesetzlich festgelegten Dauer (90 Tage für Offiziersfunktionen, 60 Tage für übrige Kaderfunktionen) zu leisten haben, sich nunmehr freiwillig zu weiteren Kaderübungen von insgesamt 180 bzw. 120 Tagen melden können.
Auf Grund dieser Änderung, die sowohl den Interessen der betroffenen Wehrpflichtigen als auch jenen der militärischen Personalplanung Rechnung trägt, beträgt das jetzt mögliche Gesamtausmaß somit 270 bzw. 180 Tage.
Darüber hinaus ist in Einzelfällen eine Überschreitung der höchstmöglichen Heranziehbarkeit unselbständig erwerbstätiger Wehrpflichtiger zu Kaderübungen sowie zu freiwilligen Waffenübungen und Funktionsdiensten vorgesehen.
Konnten diese Wehrpflichtigen bisher ohne die Zustimmung ihres Arbeitgebers nur für insgesamt höchstens 30 Tage innerhalb von zwei Kalenderjahren zu den genannten Präsenzdienstarten einberufen werden, kann jetzt bei Vorliegen „zwingender militärischer Erfordernisse“ diese Höchstgrenzeüberschritten werden.
Dies wird in erster Linie bei jenen Wehrpflichtigen zum Tragen kommen, die sich einer Offiziers- oder Unteroffiziersausbildung unterziehen. So kann sich im Rahmen dieser Ausbildungen die Notwendigkeit ergeben, bestimmte Ausbildungsabschnitte im einem zusammenhängenden Zeitraum zu absolvieren. Es soll an dieser Stelle jedoch darauf hingewiesen werden, dass bei der Beurteilung des Einzelfalles ein strenger Maßstab, insbesondere unter Bedachtnahme auf den konkreten Wehrpflichtigen und seine jeweilige militärische Funktion, anzulegen sein wird.

Neue Fristen

Die einschlägigen Fristen beim Übergang zwischen dem Milizstand und dem Reservestand wurden im § 41 Abs. 2 partikulär verkürzt. Im Interesse der betroffenen Wehrpflichtigen erfolgt der ex lege Übergang in den Reservestand nunmehr vier Jahre nach der Entlassung aus dem vollständig geleisteten Grundwehrdienst in der Dauer von acht Monaten (gegenüber sechs Jahren bisher) sowie acht Jahre nach Beendigung der letzten Wehrdienstleistung (gegenüber zehn Jahren bisher).

„Milizlaufbahnen“ für Frauen

Die Öffnung des Zuganges zu „Miliztätigkeiten“ für Frauen“ bildet einen wesentlichen Punkt der vorliegenden Novelle.
Bisher konnten Frauen Wehrdienst ausschließlich im Rahmen eines Ausbildungsdienstes bzw. in einem öffentlich-rechtlichen Dienstverhältnis als Militärperson leisten. Nunmehr stehen ihnen sämtliche freiwilligen militärische Dienstleistungen uneingeschränkt offen, die auch für Männer „in der Miliz“ vorgesehen sind. Frauen können daher freiwillige Waffenübungen und Funktionsdienste nach den selben rechtlichen Bedingungen wie Männer leisten.
Während solcher Wehrdienstleistungen gelten die gleichen mutterschutzrechtlichen Bestimmungen wie im Ausbildungsdienst. Weiters genießen Frauen das Recht zur Verrichtung Freiwilliger Milizarbeit sowie das allgemeine Vorschlags- und Informationsrecht betreffend entsprechende militärische Angelegenheiten.
Bei derartigen Tätigkeiten kommt ihnen die „Stellung als Organ des Bundes in Vollziehung militärischer Angelegenheiten“ zu. Sie sind berechtigt, die militärische Uniform außerhalb einer Dienstleistung als Soldatin in gleichem Umfang wie Männer zu tragen und können die erforderlichen militärischen Güter unter den selben rechtlichen Bedingungen wie für wehrpflichtige Männer des Milizstandes zur Verfügung gestellt bekommen. Alle diese zusätzlichen militärischen Verwendungsprofile werden im § 46d WG unter dem gemeinsamen Begriff „Miliztätigkeiten“ zusammengefasst.
Obwohl in der vorliegenden Novelle eine möglichst weitgehende Angleichung der für die diversen militärischen Tätigkeiten von Männern „in der Miliz“ geltenden gesetzlichen Bestimmungen angestrebt wurde, kam eine vollständige Übernahme aller einschlägiger für Männer geltenden Bestimmungen nicht in Betracht.
Diese Bestimmungen, insbesondere auch das Rechtsinstitut des Milizstandes beruhen nämlich auf der verfassungsrechtlich verankerten allgemeinen Wehrpflicht für Männer und sehen daher für diese Personengruppe sowohl freiwillige als auch gesetzlich verpflichtende militärische Tätigkeiten „in der Miliz“ vor.
Für Frauen ist jedoch die ebenfalls verfassungsrechtlich normierte absolute und jederzeitige Freiwilligkeit jeglicher militärischer Tätigkeit zu beachten. Deshalb müssen alle Rechtsinstitute, die auf verpflichtenden Tätigkeiten beruhen wie z.B. die Einbeziehung der Frauen in den Milizstand im Sinne des § 1 Abs. 4 oder das Anordnungsrecht der mit einer Kommandantenfunktion betrauten Wehrpflichtigen des Milizstandes an in der Einsatzorganisation Unterstellte nach § 42 Abs. 1 für Frauen außer Betracht bleiben.
Obwohl Frauen auf Grund des für sie herrschenden absoluten Freiwilligkeitsprinzips gesetzlich nicht dem Milizstand zugerechnet werden können, stehen die einschlägigen Bestimmungen des Wehrgesetzes 1990 einer allfälligen Ausbildung von Frauen zu Offiziers- oder Unteroffiziersfunktionen im Hinblick auf eine künftige Ausübung dieser Funktion im Rahmen einer Wehrdienstleistung nicht entgegen.
Als einzige gesetzlich geregelte Formalvoraussetzung für alle Miliztätigkeiten von Frauen ist deren vorherige Leistung eines Ausbildungsdienstes – unabhängig von dessen Dauer - vorgesehen. Damit soll die grundsätzliche Eignung der Betroffenen und ein Mindestmaß an militärischen Kenntnissen und Fähigkeiten sicher gestellt werden.
Die konkreten Regelungen für die Durchführung der freiwilligen „Miliztätigkeiten“ von Frauen sowie deren mögliche Eingliederung in die Einsatzorganisation des Bundesheeres bleiben diesbezüglich verwaltungsinternen Anordnungen wie Erlässen, Durchführungsbestimmungen vorbehalten.

Sonderregelungen für Jugendliche

In Umsetzung einer Entschließung des Nationalrates vom 19. Mai 1999 betreffend Maßnahmen zum Schutze von Kindern in Kriegen und bewaffneten Konflikten sowie eines durch die Republik Österreich ratifizierten einschlägigen völkerrechtlichen Abkommens, ist die unmittelbare Teilnahme von Personen unter 18. Jahren an Feindseligkeiten im Rahmen eines Einsatzes – darunter sind Einsätze zur militärischen Landesverteidigung zu verstehen - gesetzlich ausgeschlossen.
Im Sinne des oben genannten Abkommens wurde weiters die Einberufung einer Person, die das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, von der ausdrücklichen Zustimmung des gesetzlichen Vertreters abhängig gemacht. Zur Vermeidung von Missverständnissen sei an dieser Stelle darauf hingewiesen, dass in allen anderen Angelegenheiten des Wehrgesetzes 1990, wie zB im Falle der freiwilligen Meldung zur Stellung (§ 24 Abs. 9) oder der Austrittserklärung aus dem Ausbildungsdienst bei Frauen (§ 46a Abs. 3) – wie bisher – die fehlende Zustimmung des gesetzlichen Vertreters deren Rechtswirksamkeit nicht hindert.

Soldatenvertreter für ZS-lang

Mit der zwischenzeitlich erfolgten Gesetzesänderung im Bereich des Dienstrechtes (Einführung einer Besoldungsgruppe „Militärischer Dienst“) war eine starke Reduzierung der Anzahl der Zeitsoldaten mit einem Verpflichtungszeitraum von mindestens einem Jahr verbunden. Die Regelungen der Soldatenvertretung für diese Gruppe von Zeitsoldaten waren dem anzupassen.
Im Gegensatz zu bisher geltenden Rechtslage, die eine weitgehende Angleichung an die Strukturen der Personalvertretung der Bundesbediensteten vorsah, wählen diese Zeitsoldaten nunmehr aus ihrer Mitte neun Soldatenvertreter samt Ersatzmänner, denen die Wahrnehmung der Interessen dieser Personengruppe auf allen militärischen Ebenen obliegen.

OR Mag. Andreas Edlinger, LegC

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